Gewehrschlossfabrik Linden
Die Gewehrschlossfabrik in Linden vor Hannover,[1] auch Schlossmacher-Fabrik oder Schlossfabrik genannt,[2] war eine im 18. Jahrhundert staatlich geförderte Waffenfabrik zur Produktion von Gewehrschlössern.[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nachdem der Kurfürst von Hannover Georg Ludwig als Georg I. in London den englischen Thron bestiegen und damit die Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover begründet hatte, ließ er zur Wirtschaftsförderung von Kurhannover im Jahr 1718 ein – 1730 erneutes – Plakat zur Anwerbung ausländischer Fachleute wie „Commercianten, Handelsleuten, Manufacturiers oder andere nützliche Handwerkern“ verteilen. Gedruckte Patente für Ausländer versprachen zahlreiche Vorteile und Unterstützungen für Niederlassungs-Willige, durch die sich insbesondere auch viele aus Frankreich fliehende Glaubensflüchtlinge, die Hugenotten, anwerben ließen.[2]
Spätestens Anfang der 1730er Jahre plante die hannoversche Kriegskanzlei die Einrichtung einer einheimischen Gewehrfabrik, um von ausländischen Waffenimporten unabhängiger zu werden und zugleich die Kosten für die Ausrüstung des Militärs zu senken.[1] Hierzu entsandte die Kriegskanzlei den Oberrüstmeister und designierten Direktor der Gewehrfabrik Johann Bernhard Fischer nach Lüttich, um in Zusammenarbeit mit einem dort tätigen Büchsenmacher passende Meister ausfindig zu machen und durch Zusage wirtschaftlicher Vorteile und persönlicher Unterstützung für das hannoversche Kurfürstentum anzuwerben.[2]
Die „1729/31“ gegründete hannoversche Gewehr-Schloß-Fabrik, an der Johann Bernhard Fischer beteiligt war,[3] war zeitweilig in Fischers Lindener Wohnhaus untergebracht, das die Kriegskanzlei am 4. September 1732 von Fischer für sechs Jahre anmietete.[2]
Ebenfalls 1732 übernahm der zu der aus Cressy in der Normandie stammenden hugenottischen Büchsenmacherfamilie gehörende „armourier de la cour“, der Hofrüstmeister Abraham Houel II., die Leitung der Lindener Gewehr-Schloß-Fabrik. Er starb jedoch schon 1734 in Linden.[4]
1736 beschwerten sich die angeworbenen, in der Lindener Schlossmacherfabrik tätigen Arbeiter bei der Kriegskanzlei, dass trotz des von König Georg I. 1730 erneuerten Patentes zur Abgabenfreiheit nun der Graf von Platen einen Schutztaler von ihnen verlange. Doch trotz der Aufforderung der Kriegskanzlei an die Geheime Ratsstube Hannovers, den Lindener Arbeitern Recht zu verschaffen, gab die Ratsstube Graf Platen Recht, da das vom König erlassene Patent zwar für Städte und Flecken im Lande gelte, nicht aber gegenüber einem Gerichtsherren auf dessen Dörfern.[2]
So wurde die Gewehrschlossfabrik in Linden 1736 aufgelöst. Die Werkstatt-Einrichtung wurde zunächst nach Lonau und Osterfeld am Südharz überführt und 1738 schließlich nach Herzberg am Oberharz in die Herzberger Gewehrfabrik verlegt.[1]
Archivalien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Archivalien von und über die Lindener Gewehrschlossfabrik finden sich beispielsweise
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d Wolfgang Glage: Die Herzberger Gewehrfabrik und die Produktion von feinen Gewehren, in ders.: Die Büchsenmacherkunst in Hannover, Begleitschrift zur Ausstellung im Historischen Museum am Hohen Ufer vom 10. Dezember 1978 bis 21. Januar 1979 in Hannover, Langenhagen: Hartwig Popp KG, S. 29–30
- ↑ a b c d e f g Johann von Diest: Wirtschaftspolitik und Lobbyismus im 18. Jahrhundert. Eine quellenbasierte Neubewertung der wechselseitigen Einflussnahme von Obrigkeit und Wirtschaft in Brandenburg-Preußen und Kurhannover ( = Herrschaft und soziale Systeme in der frühen Neuzeit, Band 23), zugleich Dissertation 2014 an der Universität Potsdam, Göttingen: V&R unipress, [2016], ISBN 978-3-8471-0603-6 und ISBN 3-8471-0603-1, S. 69f. u.ö.; Vorschau über Google-Bücher
- ↑ Wolfgang Glage: Die bedeutenden hannoverschen Büchsenmacher, in ders.: Die Büchsenmacherkunst in Hannover, S. 15–18; hier: S. 17
- ↑ Wolfgang Glage: Büchsenmacher und Rustmeister in Hannover - Namen und Daten, in ders.: Die Büchsenmacherkunst in Hannover, S. 25–28