Geometrische brownsche Bewegung
Die geometrische brownsche Bewegung ist ein stochastischer Prozess, der sich vom Wiener-Prozess (auch brownsche Bewegung genannt) ableitet. Sie findet vor allem in der Finanzmathematik Verwendung.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sei eine Standard-brownsche-Bewegung, d. h. ein Wiener-Prozess. So ist
eine geometrische brownsche Bewegung.
Herleitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die geometrische brownsche Bewegung ist die Lösung der stochastischen Differentialgleichung
Der Parameter heißt dabei Drift und beschreibt die deterministische Tendenz des Prozesses. Ist , so wächst der Wert von in Erwartung, ist er negativ, fällt tendenziell. Für ist ein Martingal.
Der Parameter beschreibt die Volatilität und steuert den Einfluss des Zufalls auf den Prozess . Ist , so verschwindet der Diffusionsterm in der obigen Differentialgleichung, übrig bleibt die gewöhnliche Differentialgleichung
- ,
die die Exponentialfunktion als Lösung besitzt. Deshalb kann man die geometrische brownsche Bewegung als stochastisches Pendant zur Exponentialfunktion auffassen.
Die stochastische Differentialgleichung der geometrischen brownschen Bewegung kann mit dem Exponentialansatz gelöst werden. Mit Hilfe der Itō-Formel ergibt sich für :
Es ergibt sich also
und folglich nach Integration
Anschließende Exponentiation ergibt die in der Definition angegebene Formel.
Eine andere Möglichkeit, die Lösung zu bestimmen, ist die Verwendung des stochastischen Exponentials: Mit gilt .
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Erwartungswert: für alle gilt:
- Kovarianz: Für alle gilt:
- Insbesondere gilt also .
- Die geometrische brownsche Bewegung hat unabhängige multiplikative Zuwächse, d. h., für alle sind
- Verteilungsfunktion: ist logarithmisch normalverteilt mit Parametern und .
Anwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Black-Scholes-Modell, dem einfachsten und am weitesten verbreiteten (zeitstetigen) finanzmathematischen Modell zur Bewertung von Optionen, wird die geometrische brownsche Bewegung als Näherung für den Preisprozess eines Basiswertes (zum Beispiel einer Aktie) herangezogen. Dazu führte die vereinfachende Annahme, dass die prozentuale Rendite über disjunkte Zeitintervalle unabhängig und normalverteilt ist. µ spielt hier die Rolle des risikofreien Zinssatzes, σ repräsentiert das Schwankungsrisiko an der Börse. Die oben erwähnte Martingaleigenschaft spielt hier eine zentrale Rolle.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bernt Øksendal: Stochastic Differential Equations: An Introduction with Applications. Springer, 2003, ISBN 3-540-04758-1.
- Steven E. Shreve: Stochastic Calculus for Finance II: Continuous-Time Models. Springer, 2004, ISBN 0-387-40101-6.