Elafibranor

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Strukturformel
Strukturformel von Elafibranor
Allgemeines
Freiname Elafibranor[1]
Andere Namen
  • 2-(2,6-Dimethyl-4-{(1E)-3-[4-(methylsulfanyl)phenyl]-3-oxoprop-1-en-1-yl}phenoxy)-2-methyl­propansäure
  • GFT505
Summenformel C22H24O4S
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 923978-27-2
PubChem 9864881
ChemSpider 8040573
DrugBank DB05187
Wikidata Q15409440
Arzneistoffangaben
ATC-Code

A05AX06

Wirkstoffklasse

Gallentherapeutika

Wirkmechanismus

Agonist an PPAR α und δ

Eigenschaften
Molare Masse 384,49 g·mol−1
Aggregatzustand

Fest[2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[4]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​315​‐​319​‐​335
P: 261​‐​264​‐​270​‐​271​‐​280​‐​301 312​‐​330​‐​302 352​‐​321​‐​304 340​‐​305 351 338​‐​332 313​‐​362 364​‐​337 313​‐​403 233​‐​405​‐​501[4]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Pharmakologische Daten[5]
Verabreichungsweg Oral (Einnahme)
Plasmaeiweißbindung Ca. 99,7 %
Maximaler Plasmaspiegel Nach 1,25 Stunden
Halbwertzeit 68,2 Stunden (Elafibranor)
15,4 Stunden (GFT1007)
Metabolisierung
Ausscheidung
  • Fäzes (etwa 77 % der Dosis)
  • Urin (etwa 19 % der Dosis)

Elafibranor ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Gallentherapeutika. Unter dem Präparatenamen Iqirvo (Hersteller: Ipsen Pharma) wurde er 2024 in den USA[6] und in der EU[7] zugelassen für die Zweitlinienbehandlung der primär biliären Cholangitis (PBC). Dies ist eine seltene Autoimmunerkrankung der Leber, die mit einer schrittweisen Zerstörung der Gallengänge einhergeht mit dem Risiko eines Leberversagens.

Die Verabreichung erfolgt peroral (Einnahme).

Chemisch-physikalische Eigenschaften

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Elafibranor ist ein nichthygroskopisches Pulver. Es ist schwer wasserlöslich, wobei die Löslichkeit mit höherem pH-Wert zunimmt. Die Substanz zeigt Polymorphie.[2]

Elafibranor liegt stereochemisch an der Doppelbindung in einer trans-Konfiguration vor. In Lösung kann es unter Lichteinwirkung zu einer cis-trans-Isomerisierung kommen.[2]

Wirkungsmechanismus

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Elafibranor und sein rasch gebildeter Hauptmetabolit GFT1007 wirken als Agonisten an den Peroxisomen-Proliferator-aktivierten Rezeptoren (PPAR) α und δ. Diese Rezeptoren gelten als Regulatoren im Gallensäure-Stoffwechsel. Ihre Aktivierung verringert die Gallentoxizität und verbessert die Cholestase durch Modulation der Gallensäuresynthese, der Entgiftung und der Transporter. Aus der Beeinflussung verschiedener Signalwege resultieren zudem entzündungshemmende Eigenschaften.[5]

Es handelt sich um einen neuen Wirkungsmechanismus in der Behandlung der PBC („First-in-class“).[8]

Anwendungsgebiet

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Das zugelassene Anwendungsgebiet ist die Behandlung der primär biliären Cholangitis bei Erwachsenen. Elafibranor wird zusätzlich zu Ursodeoxycholsäure (UDCA) gegeben, wenn Patienten nicht ausreichend auf UDCA ansprechen, oder als Monotherapie bei Patienten, die UDCA nicht vertragen.[5][3]

Nebenwirkungen und Anwendungsbeschränkungen

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Die häufigsten Nebenwirkungen, die bei mehr als 10 % der Studienteilnehmer und mit einer höheren Inzidenz als in der Placebogruppe auftraten, waren Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen.[5]

In der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, darf Elafibranor nicht angewendet werden. Studien mit Elafibranor an trächtigen Tieren haben eine Reproduktionstoxizität (Verlust des Föten, Missbildungen, Totgeburten) gezeigt.[5] Die US-Zulassung empfiehlt die Anwendung nicht für Patienten mit Leberzirrhose.[3]

Klinische Prüfung

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Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen der Studie ELATIVE, einer doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Phase-3-Studie an 161 Patienten mit PBC, die Elafibranor (allein oder in Kombination mit UDCA) oder Placebo mindesten 52 Wochen erhielten.[5][9]

Der primäre Endpunkt war das Cholestase-Ansprechen in Woche 52, definiert als zusammengesetzter Endpunkt aus drei biochemischen Parametern:

  • Erreichen einer Serumkonzentration für alkalische Phosphatase von weniger als dem 1,67-fachen des oberen Normwerts,
  • Abnahme der alkalischen Phosphatase um mindestens 15 % gegenüber dem Ausgangswert, und
  • Gesamtbilirubin-Serumkonzentration weniger als oder gleich dem oberen Normwert.

Die wichtigsten sekundären Endpunkte waren die Normalisierung der alkalischen Phosphatase in Woche 52 und die Veränderung des Juckreizes (Pruritus), eines häufigen und stark beeinträchtigenden Symptoms der PBC.

Die Behandlung mit Elafibranor führte zu größeren Verbesserungen der relevanten Endpunkte als die Behandlung mit Placebo: Den primären Endpunkt erreichten 51 % der mit Elafibranor behandelten Patienten gegenüber 4 % in der Placebogruppe.[9] Eine Normalisierung der alkalischen Phosphatase erreichten 15 % in der Verumgruppe gegenüber 0 % in der Placebogruppe. Ein mittelschwerer bis schwerer Juckreiz verbesserte sich unter Elafibranor stärker, der Unterschied war aber nicht statistisch signifikant.[9]

Die Zulassung erfolgte unter besonderen Bedingungen (bedingte Zulassung in der EU, accelerated approval in den USA) und auf Basis von Surrogatmarkern.[3][5] Eine Verbesserung der Überlebensrate oder eine Vorbeugung vor Einschränkungen der Leberfunktion wurden nicht gezeigt.[3] Zur Bewertung der Wirksamkeit und Sicherheit in Bezug auf langfristige klinische Ergebnisse führt der Zulassungsinhaber weiteren Studien (ELFIDENCE) durch.[5][10]

Der Status als Orphan-Arzneimittel wurde 2019 (USA,[11] EU[12]) zugewiesen.

Potentielle Anwendungsgebiete

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Die Phase-2-Studie ELMWOOD untersucht die Sicherheit und Wirksamkeit von Elafibranor bei Erwachsenen mit primär sklerosierender Cholangitis (PSC).[8]

Einzelnachweise

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  1. INN Recommended List 74, World Health Organisation (WHO), 8. Dezember 2015.
  2. a b c Public Assessment Report Iqirvo, 25. Juli 2024 (PDF-Datei) auf ema.europa.eu
  3. a b c d e f g h Iqirvo Prescribing Information, FDA, Juni 2024.
  4. a b Elafibranor (CAS 923978-27-2). In: caymanchem.com. Abgerufen am 13. Dezember 2024 (englisch).
  5. a b c d e f g h Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels, Stand September 2024, ema.europa.eu (PDF-Datei). Kopie/Übernahme von Texten aus urheberrechtlich geschützten Quellen der Europäischen Arzneimittel-Agentur ist mit Quellenangabe gestattet.
  6. Drug Trials Snapshots: IQIRVO, abgerufen am 11. Dezember 2024.
  7. Union Register of medicinal products - Public health - European Commission, abgerufen am 11. Dezember 2024.
  8. a b Hannah A. Blair: Elafibranor: First Approval. In: Drugs. 2024, Band 84, Nummer 9, S. 1143–1148. doi:10.1007/s40265-024-02075-8.
  9. a b c Kris V. Kowdley, Christopher L. Bowlus, Cynthia Levy, Ulus Salih Akarca, Mário Reis Álvares‐da‐Silva, Pietro Andreoné, Marco Arrese, Christophe Corpechot, Sven Francque, Michael A. Heneghan, Pietro Invernizzi, David Jones, Frederik C. Kruger, Eric Lawitz, Marlyn J. Mayo, Mitchell L. Shiffman, Mark G. Swain, José Miguel Valera, Vı́ctor Vargas, John M. Vierling, Alejandra Villamil, Carol Addy, Julie Dietrich, Jean‐Michel Germain, Sarah Mazain, Dragutin Rafailovic, Bachirou Taddé, Benjamin F. Miller, Jianfen Shu, Claudia O. Zein, Jörn M. Schattenberg: Efficacy and Safety of Elafibranor in Primary Biliary Cholangitis. In: New England Journal of Medicine. 2023, Band 390, Nummer 9, S. 795–805. doi:10.1056/NEJMoa2306185.
  10. Iqirvo for the Treatment of Primary Biliary Cholangitis, US. In: clinicaltrialsarena.com. 27. September 2024, abgerufen am 12. Dezember 2024 (englisch).
  11. Orphan Drug Designations and Approvals. In: accessdata.fda.gov. 25. Juli 2019, abgerufen am 12. Dezember 2024.
  12. Community Register of orphan medicinal products, abgerufen am 13. Dezember 2024.