Edith Ruß

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Edith Maria Ruß (auch Russ; * 22. Januar 1919 in Hildesheim; † 18. Juli 1993 in Oldenburg) war eine deutsche Mäzenin. Sie ist die Stifterin des Edith-Russ-Hauses für Medienkunst in Oldenburg.

Ruß wurde am 22. Januar 1919 in Hildesheim geboren. Im Herbst 1929 zog die Familie nach Oldenburg um. Im Jahr 1939 begann Edith Ruß mit einem Volontariat bei den „Oldenburger Nachrichten“ eine Karriere als Journalistin. Sie übernahm die Schriftleitung der kulturpolitischen Abteilung und wechselte 1941 nach Berlin zum Modemagazin „Hella“, bis dieses 1943 kriegsbedingt eingestellt wurde. Sie kehrte zurück nach Oldenburg und leitete das Feuilleton der „Oldenburgischen Staatszeitung“ bis Kriegsende. 1945 gab sie ihre Tätigkeit im Zeitungsbereich auf und begann ein Lehramtsstudium an der Pädagogischen Akademie in Oldenburg. Erfolgreich schloss sie noch mit 53 Jahren ein Zusatzstudium als Sonderschullehrerin ab und unterrichtete bis zu ihrer Pensionierung geistig behinderte Kinder. 1978 wurde die Studienrätin pensioniert. 1990 erkrankte Edith Ruß an Krebs, woran sie am 18. Juli 1993 starb.

Sie interessierte sich zeitlebens für Literatur, Theater, Musik und die bildenden Künste. Sie erwarb ab den 1980er Jahren überwiegend Kleinplastiken. Diese stellte sie der Dauerausstellung „Kunst des 20. Jahrhunderts“ im Augusteum (Teil des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte) zunächst als Leihgabe zur Verfügung. Nach ihrer Krebserkrankung begann sie, ihren Nachlass zu regeln; die früheren Leihgaben wurden zu Schenkungen. Ihr gesamtes Barvermögen vermachte sie der Stadt Oldenburg mit der Maßgabe, ein Haus für die „Kunst im Übergang ins neue Jahrtausend“ zu erschaffen. So entstand das Edith-Russ-Haus für Medienkunst.

Ruß war laut einem Bericht der Taz eine „fanatische Nationalsozialistin“, die während des Zweiten Weltkriegs in ihrer Rolle als Feuilleton-Chefin der Oldenburgischen Staatszeitung ihre ideologischen Ansichten verbreitete.[1] Trotz ihres Engagements für das NS-Regime, ihrer Bewunderung für NS-Künstler und ihrer öffentlichen propagandistischen Tätigkeit, hatten die Stadt Oldenburg und das Edith-Russ-Haus zunächst auf eine Aufarbeitung dieser Aspekte ihrer Biografie verzichtet.[1] Lange verließ man sich auf ihre eigenen Angaben im Entnazifizierungsverfahren, in dem sie ihre Parteimitgliedschaft wie auch ihre Arbeit für den „NS-Gauverlag Schlesien“ verschwiegen hatte und als „entlastet“ eingestuft worden war.[2]

Eine Veröffentlichung ihrer NSDAP-Mitgliedskarte[3] im April 2024 widerlegte die eigene Darstellung, die in einer vom Kulturamt der Stadt Oldenburg zur Eröffnung des Edith-Russ-Hauses im Jahr 2000 herausgegebenen Biografie noch unkritisch verbreitet worden war. In Wirklichkeit hatte Edith Ruß zehn Monate nach dem Erreichen der Volljährigkeit am 21. November 1940 ihre Mitgliedschaft in der NSDAP beantragt und diese zum 1. Januar 1941 erhalten (Mitgliedsnummer 8.346.788).[2] Die 2024 von der Stadt beauftragten Experten Mareike Witkowski und Joachim Tautz kamen in ihrem Gutachten[4] zum Ergebnis, dass Ruß mit Sicherheit mit ihren journalistischen Artikeln übers Kino, über Filme und Musik und weiteren Beiträgen das NS-System stabilisiert und dazu beigetragen hatte, dass es normalisiert wirkte. „In dem Sinne war sie eine, die das System stabilisiert hatte, aber – das muss man auch deutlich sagen – auf einer untergeordneten Ebene.“ Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann sprach sich aufgrund der Erkenntnisse zur NS-Vergangenheit der Namensgeberin dafür aus, das Edith-Russ-Haus für Medienkunst umzubenennen.[5]

  • Paula von Sydow, Stadt Oldenburg Kulturamt (Hg.): Ich wollte das Geld immer für die Allgemeinheit verwenden. Biographie der Oldenburger Mäzenin Edith Maria Ruß, Isensee-Verlag, Oldenburg 2000, ISBN 3-89598-660-7.

Einzelnachweise

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  1. a b Aljoscha Hoepfner: Edith-Russ-Haus in Oldenburg: Braune Wurzeln. In: Die Tageszeitung. 29. Februar 2024, abgerufen am 24. April 2024.
  2. a b Aljoscha Hoepfner: Der Nazi-Propagandistin geglaubt. In: Die Tageszeitung. 23. April 2024, abgerufen am 24. April 2024.
  3. oldenburg-transparent.de: oldenburg transparent | Edith Russ und die NSDAP-Zugehörigkeit. Abgerufen am 23. April 2024.
  4. Mareike Witkowski, Joachim Tautz: Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung zur Person Edith Ruß. Oldenburg, 25. September 2024 (Onlineveröffentlichung der Stadt Oldenburg, hier abrufbar).
  5. Pascal Klug: NSDAP-Mitgliedschaft von Edith Russ belegt: Folgt die Umbenennung? In: NDR. 8. Oktober 2024, abgerufen am 8. Oktober 2024.