Byronismus
Der Byronismus[1] ist eine romantische Bewegung in der kontinentaleuropäischen Literatur des frühen 19. Jahrhunderts, die von dem englischen Dichter Lord Byron – das ist George Gordon Byron (1788–1824), der Dichter der englischen Spätromantik – beeinflusst wurde. Die Anhänger werden als Byronisten bezeichnet. Diese zeichnen sich durch Enttäuschung über die Gesellschaft und die Welt, Stimmungen des Weltschmerzes, scharfe Zwietracht zwischen dem Dichter und den anderen sowie den Kult des 'Übermenschen' (Napoleon eignet sich ideal für diese Definition) aus.
Markenzeichen des Byronismus ist die (meist erfolglose) Rebellion eines begabten, außergewöhnlichen Individuums gegen die Gesellschaft. Das Individuum fordert für sein Leben und sein Talent die Freiheit von der Welt; Freiheit ist auch ein häufiges Thema in den Werken dieser Bewegung. Da die Rebellion in der Regel erfolglos ist, sind die Werke dieser Strömung in der Regel sehr pessimistisch.
Der britische Dichter wurde durch andere europäische Autoren bis ins Russische Reich nachgeahmt. Der lyrische Held ihrer Werke wird als Byronic Hero (Byron'scher Held) bezeichnet. Der Begriff wird häufig als weltanschauliche Kategorie, synonym zu Weltschmerz, ennui oder mal du siècle verwendet.[2] Goethe zufolge zerfielen die Schriftsteller (seiner Zeit) in zwei Parteien: die Scottisten (nach Walter Scott) und die Byronisten.[3]
Parodien und Verspottung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Byronismus wurde von verschiedenen Dichtern – wie beispielsweise Johann Nestroy (1801–1862), Heinrich Heine (1797–1856) und Alexander Puschkin (1799–1837) – parodiert und verspottet.
Über Nestroys Posse Der Zerrissene urteilte Egon Friedell:
- Eine lebensgefährlichere Parodie auf den Byronismus als der „Zerrissene“ ist nie geschrieben worden, und dieser Kampf gegen die Mode der Sentimentalität war ungleich schlagender als der seines berühmten Zeitgenossen Heine.[4]
Der russische Dichter Alexander Puschkin spottete in seinem Eugen Onegin:[5]
Russisch | Übersetzung |
---|---|
Британской музы небылицы |
Was Englands Musen wild gebären, |
Der Puschkin-Biographie von Troyat zufolge waren die Rajewskis – in deren Gesellschaft sich der Dichter im Kaukasus aufgehalten hatte – von Byron begeistert und Puschkin unterlag diesem Einfluss.[6]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gerhart Hoffmeister: Byron und der europäische Byronismus. Erträge der Forschung, Band 188. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983; ISBN 3-534-09108-6.
- Lord Byron Ein Lesebuch mit Texten, Dokumenten und farbigen Abbildungen. Ueding (Hrsg.), Gert und Byron Gordon. Insel, 1988, ISBN 3-458-32751-7.
- Anastasia Risch: wir schaffen aus Ruinen : Der Byronismus als Paradigma der ästhetischen Moderne bei Heine, Lenau, Platen und Grabbe. Königshausen und Neumann 2013; ISBN 978-3-8260-5098-5.
- Leonard, William Ellery: Byron and Byronism in America. The Nichols Press, 1905.
- Byron’s political and cultural influence in nineteenth-century Europe. Humanities Press, New Jersey 1981.
- The reception of Byron in Europe. Band 1: Southern Europe, France and Romania. Thoemmes Continuum, London / New York 2004.
- The reception of Byron in Europe. Band 2: Northern, Central, and Eastern Europe. Thoemmes Continuum, London / New York: 2004.
- Edmond Estève: Byron et le romantisme français. Essai sur la fortune et l’influence de l’oeuvre de Byron en France de 1812 a 1850. Boivin, Paris 1929.
- Tjeerd Popma: Byron en het Byronisme in de Nederlandsche letterkunde. Amsterdam 1928.
- Ghislaine McDayter: Byromania and the birth of celebrity culture. State Univ. of New York Press, Albany, NY 2009
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Byronisme (Centre National de Ressources Textuelles et Lexicales)
- Byronism (The Literary Encyclopedia)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ engl. Byronism; frz. Byronisme; russ. Байронизм usw.
- ↑ vgl. Anastasia Risch (2013, Verlagstext)
- ↑ Katharina Mommsen: Die Entstehung von Goethes Werken in Dokumenten: Feradeddin – Gypsabgüsse. 2010 (Online-Teilansicht)
- ↑ Egon Friedell: Wozu das Theater?, 2016, S. 98 (Online-Teilansicht). – Vgl. den Abschnitt „Byronismus“ in seiner Kulturgeschichte der Neuzeit.
- ↑ Eugen Onegin. Drittes Kapitel, 12 (Ausschnitt, zeno.org – im Original).
- ↑ Henri Troyat: Puschkin. München 1979, S. 138.