Ektromelie-Virus

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Ektromelie-Virus
Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: Varidnaviria[1]
Reich: Bamfordvirae[1]
Phylum: Nucleocytoviricota[1]
Klasse: Pokkesviricetes[1]
Ordnung: Chitovirales[1]
Familie: Poxviridae
Unterfamilie: Chordopoxvirinae
Gattung: Orthopoxvirus
Art: Ektromelia virus
Taxonomische Merkmale
Genom: dsDNA linear
Baltimore: Gruppe 1
Symmetrie: komplex
Hülle: vorhanden (doppelt)
Wissenschaftlicher Name
Ectromelia virus
Kurzbezeichnung
ECTV
Links
Struktur des SECRET-Proteins aus dem Ectromelie-Virus. Das SECRET-Protein (links) und das an CX3CL1 gebundene SECRET-Protein (rechts). Das Chemokin ist in Magenta dar­gestellt.

Das Ektromelie-Virus (Mäusepocken-Virus, wissenschaftlich Ektromelia virus, ECTV) ist das einzige Mitglied der Virusfamilie Poxviridae (Pockenviren), das bei Mäusen eine Erkrankung auslösen kann. Die Erkrankung durch das ECTV wurde 1930 erstmals beschrieben[2] und 1948 die serologische Ähnlichkeit mit dem Vaccinia-Virus erkannt.[3]

Das ECTV verursacht zwei verschiedene Krankheitsbilder: Eine milde, chronische Form mit typischen, pockenartigen Hautläsionen (Mäusepocken) und eine akute, disseminierte Infektion, die mit dem Befall verschiedener innerer Organe oft tödlich verläuft. Bei Mäuseembryonen verursacht das ECTV eine schwere Fehlbildung der langen Röhrenknochen (Ektromelie), nach der das Virus benannt ist. Eine Erkrankung durch ECTV wurde ausschließlich an Labormäusen beobachtet. Das Virus selbst wurde auch in wildlebenden Mäusen vermutet.[4] Es wird innerhalb von Laborpopulationen sehr leicht durch Tröpfchen- und Schmierinfektion übertragen.

Viruseigenschaft

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Das Genom des ECTV besteht aus einer linearen, doppelsträngigen DNA (dsDNA) von etwa 210 kBp. Als Mitglied der Gattung Orthopoxvirus hat das ECTV eine quaderförmige Gestalt mit einem Durchmesser von etwa 200 nm und einer Länge von 250 bis 300 nm. Bislang wurden vier Subtypen beschrieben (Belo-Horizonte-Virus, ECTV Typ Moskau, 'ECTV Typ Navel' und ECTV Typ ERPV). Der Subtyp ERPV (Erythromelalgia-Related Poxvirus, Erythromelalgie-assoziiertes Poxvirus) war als eigene Virusspezies beschrieben, das als möglicher Erreger der endemischen Form der Erythromelalgie bei Schülern in China isoliert wurde. 2012 wurde es als Subtyp des ECTV identifiziert.[5] Das ECTV ist sehr nahe mit dem Affenpocken-Virus (wissenschaftlich Orthopoxvirus simiae) und dem Vaccinia-Virus verwandt.

Das ECTV wird in der Erforschung der Krankheitsmechanismen verschiedener viraler Erreger als Modellvirus verwendet, an dem im Tiermodell die Verteilung des Virus im Organismus bei exanthemischen Virusinfektionen oder spezifische Abwehrmechanismen des Immunsystems untersucht werden können. Mit der Untersuchung des ECTV wurden wichtige Mechanismen des Immunsystems entdeckt und aufgeklärt, so die Bedeutung von Cytotoxischen T-Zellen für die Ausheilung einer Virusinfektion, die virale Immunevasion und die Bedeutung des Stickstoffmonoxid in der Funktion von Makrophagen und dendritischen Zellen. Neben der Funktion verschiedener Virusproteinen als Immunmodulatoren oder der Aktivierungsmechanismen für Natürliche Killerzellen[6] konnte im ECTV-Modell auch die Bedeutung des Toll-like-Rezeptors 9 für die Abwehr von Pockenviren gezeigt werden.[7] Das ECTV wird auch zur Testung von Impfstoffen und Virostatika gegen Pockenviren verwendet.

  • R. M. Buller et al.: Poxviridae, genus Orthopoxvirus. In: C. M. Fauquet, M. A. Mayo et al.: Eighth Report of the International Committee on Taxonomy of Viruses. London, San Diego 2005 S. 122f ISBN 0-12-249951-4, S. 122 f
  • David M. Knipe, Peter M. Howley (eds.-in-chief): Fields’ Virology. 5. Auflage, Philadelphia 2007, Band 2, ISBN 0-7817-6060-7, S. 2967
  • D. J. Esteban und R. M. Buller: Ectromelia virus: the causative agent of mousepox. In: J. Gen. Virol., Band 86, Nr. 10, 2005, S. 2645–2659; PMID 16186218 (englisch).

Einzelnachweise

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  1. a b c d e ICTV: ICTV Taxonomy history: Variola virus, EC 51, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35)
  2. J. Marchal: Infectious ectromelia. A hitherto undescribed virus disease of mice. In: J. Pathol. Bacteriol., Band 33, Nr. 3, 1930, S. 713–728; doi:10.1002/path.1700330317, ResearchGate:229827739, Epub Juni 2005 (englisch).
  3. L. Dickinson: The serological relationship between vaccinia and ectromelia viruses. In: J. Hyg., Band 46, Nr. 4, London 1948, S. 378–382; doi:10.1017/s0022172400036548, PMID 18129314 (englisch).
  4. K. H. Groppel: The occurrence of ectromelia (mousepox) in wild mice. In: Arch. Exp. Vet, Band 16, 1962, S. 243–278 (englisch).
  5. J. D. Mendez-Rios et al.: Genome sequence of erythromelalgia-related poxvirus identifies it as an ectromelia virus strain. In: PLoS One, Band 7, Nr. 4, 2012, S. e34604; PMID 22558090 (englisch).
  6. A. K. Parker et al.: Induction of natural killer cell responses by ectromelia virus controls infection. J. Virol. (2007) 81(8), PMID 17287257, S. 4070–4079
  7. C. Samuelsson et al.: Survival of lethal poxvirus infection in mice depends on TLR9, and therapeutic vaccination provides protection. J. Clin. Invest. (2008) 118(5), PMID 18398511, S. 1776–1784