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Tanzen: Salsa: Musik und Rhythmus

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Allgemeine Rhythmustheorie

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Salsa basiert auf einer ganzen Reihe lateinamerikanischer und afrikanischer Rhythmen; und obwohl sie alle es wert sind, genauer betrachtet zu werden, werden wir dies hier noch nicht tun. Stattdessen werden wir in diesem Unterkapitel eine eher nüchterne Analyse des rhythmischen Grundgefüges des Salsa durchführen. Keine Sorge: Vorkenntnisse der Musiktheorie oder des Notenlesens sind dazu nicht erforderlich.

Schläge und Takte

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Genauso wie Längen in Zentimetern und Zeit in Sekunden gemessen wird, wird Musik in Schlägen gemessen. Die menschliche Wahrnehmung versucht beim Hören von Musik stets, Schläge zu kleinen, regelmäßig wiederkehrenden Gruppen anzuordnen; man nennt eine solche Gruppe Takt. In der Salsa-Musik bilden immer vier aufeinanderfolgende Schläge eine solche Gruppe, einen sogenannten 4/4-Takt:

Ein 4/4-Takt besteht aus 4 Schlägen, hier durch die Viertelnoten dargestellt.
Ein 4/4-Takt besteht aus 4 Schlägen, hier durch die Viertelnoten dargestellt.

Um darüber sprechen zu können, wann beim Tanzen welcher Schritt gemacht wird, nummeriert man die Schläge eines Taktes wie in der oben stehenden Abbildung durch.

Ein echtes Notenbeispiel sieht natürlich um einiges komplizierter aus, stellt aber im Grunde den gleichen Sachverhalt dar. Die folgende Abbildung zeigt einen einzelnen Takt aus der Klavierbegleitung eines Salsa-Stückes:

Klicken Sie hier, um sich dieses Notenbeispiel anzuhören.

Hört man sich dieses Notenbeispiel an, so stellt man fest, dass es abrupt und unerwartet endet und daher unvollständig klingt.

Phrasen

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Dieser Eindruck der Unvollständigkeit entsteht dadurch, dass in der Salsa-Musik zwar ein Takt die kleinste rhythmische Einheit ist, jedoch nicht die kleinste melodische. Die kleinste Einheit eines Salsa-Stückes, die ein abgeschlossenes Stückchen Melodie enthält, ist die Phrase. Eine Phrase ist nichts anderes als zwei aufeinander folgende Takte:

Eine Phrase besteht in der Salsa-Musik aus zwei Takten.
Eine Phrase besteht in der Salsa-Musik aus zwei Takten.

Wie wichtig die Phrase ist, zeigt sich darin, dass die Zählweise beim Tanzen an der Phrase ausgerichtet ist und nicht am Takt: Anstatt zweimal „1, 2, 3, 4“ zu zählen, zählt man einmal „1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8“.

Aus dem oben stehenden Notenbeispiel lässt sich also eine Phrase machen, indem man einfach einen passenden Takt anhängt:

Klicken Sie hier, um sich dieses Notenbeispiel anzuhören.

Akzente

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Wenn man Musik hört, stellt man leicht fest, dass es einige Schläge gibt, die einen zum Mitklatschen oder Kopfnicken einladen; diese Schläge nennt man Akzente, man sagt auch sie seien betont. Das menschliche Gehör nimmt insbesondere den jeweils ersten Schlag rhythmischer Strukturen (z.B. Takte) wahr. Die folgende Abbildung verdeutlicht die betonten und unbetonten Schläge innerhalb einer Phrase. Je dunkler eine Note dargestellt ist, desto stärker ist sie betont:

Die betonten Schläge in einem 4/4-Takt
Die betonten Schläge in einem 4/4-Takt

Innerhalb der Phrase sind also die Schläge 1 und 5 als die jeweils ersten Schläge der beiden Takte betont. Daneben sind auch die Schläge 3 und 7 betont, allerdings viel schwächer. Dies rührt daher, dass die Wahrnehmung Schläge zu Paaren aus betont-unbetont zusammenfasst und ist beim Salsa-Tanzen vernachlässigbar. Schlag 1 kommt eine besondere Bedeutung zu, denn er ist nicht nur der erste Schlag eines Taktes sondern auch der erste Schlag der Phrase; er erfährt dadurch eine zusätzliche Betonung.

Die bis jetzt beschriebenen Prinzipien treffen auf fast alle Arten von Musik im 4/4-Takt zu. Wir wenden uns deshalb jetzt der Beschreibung der nur für Salsa-Musik charakteristischen Merkmalen zu.

Clave

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Statt Schläge zu zählen richten sich Salsa-Musiker nach einem zweitaktigen Rhythmusschema, das Clave genannt wird. „Clave“ bedeutet übersetzt „Schlüssel“. Tatsächlich ist die Clave der Schlüssel zu vielen Arten lateinamerikanischer Musik. Die folgende Abbildung zeigt die in der Salsa verbreitete 3-2 Son Clave:

Klicken Sie hier, um sich dieses Notenbeispiel anzuhören.

Die Benennung „3-2“ rührt ganz einfach daher, dass im ersten Takt drei Noten und im zweiten Takt zwei Noten stehen. Da diese Clave der kubanischen Musikrichtung „Son“ entstammt und es noch weitere Arten der Clave gibt, hat man diesen Ursprung im Namen beibehalten.

Nicht weniger verbreitet ist die 2-3 Son Clave, die man erhält, wenn man die beiden Takte der 3-2 Clave einfach vertauscht:

Klicken Sie hier, um sich dieses Notenbeispiel anzuhören.

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet die Anwendung der Clave: Lege das Clave-Schema wie eine Schablone über eine Phrase. Alle Schläge, die in der Clave hervorgehoben werden, werden in der Phrase betont gespielt. Dabei wird die Besonderheit der Clave deutlich: Die 3-2 Clave betont z. B. die Schläge 1, 4, 6, 7 sowie die Stelle zwischen den Schlägen 2 und 3. Man erkennt, dass nur die Schläge 1 und 7 mit der gewöhnlichen Betonung des 4/4-Taktes übereinstimmen. Bei der 2-3 Clave verhält es sich ganz genauso, nur eben „seitenverkehrt“.

Offbeat und Synkopen

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Die Verschiebung einer Betonung bezeichnet man als Offbeat bzw. Synkope. Beide Begriffe bezeichnen die Tatsache, dass ein normalerweise unbetonter Schlag innerhalb eines Taktes plötzlich betont wird. Von Synkopierung spricht man, wenn dadurch der ursprüngliche Rhythmus des Taktes deutlich verändert wird, bei der Offbeat-Phrasierung hingegen bleibt der gewöhnliche Grundrhythmus des Taktes erhalten. In der Salsa-Musik kommen beide Techniken zum Einsatz, die Musiker scheren sich für gewöhnlich aber nicht viel um diese Begriffe.

Zählweisen

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Welche Auswirkungen hat dieses komplexe Rhythmussystem auf den Tanz? Diese Frage soll in diesem Unterkapitel beantwortet werden.

Grundschritt

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Ein Salsa-Grundschritt lässt sich aufteilen in zwei Basics zu je drei Schritten. Sie folgen einem Rhythmusmuster, das man mit „Schritt, Schritt, Schritt, Pause“ bezeichnen könnte. Unter Tänzern üblicher ist die Zählweise „quick, quick, slow“. Grafisch veranschaulicht kann man sich das Ganze etwa so vorstellen:

So weit so gut. Wie verteilt man jetzt aber die Schritte am besten auf eine Phrase? Die einfachste und offensichtlichste Methode ist diese hier:

Auf jedem der hervorgehobenen Schläge macht man genau einen Schritt. Man beginnt mit dem ersten Schlag und legt dann einfach die Schablone „Schritt, Schritt, Schritt, Pause“ über alle weiteren Schläge. Auf diese Weise erreicht man eine Verteilung, bei der der erste Schritt jedes Basics mit einem betonten Schlag zusammenfällt. Aus diesem Grund ist diese Zählweise on 1 die beliebteste, denn auch Anfänger finden schnell heraus, wann sie anfangen müssen, sich zu bewegen. Die Zählweisen werden nach dem Schlag benannt, auf den der erste Vorwärtsschritt des Herrn fällt; hier ist das Schlag 1, demzufolge zählt man hier „auf die 1“.

Obwohl die on 1 Zählweise die am weitesten verbreitete ist, ist sie nicht die einzige. Wenn man das on 1 Schema um einen Schlag nach hinten verschiebt erhält man:

Die on 2 Zählweise ist vor allem im New York Style sehr beliebt, denn Salsa stammt unter anderem vom Mambo ab, und Mambo wird „auf die 2“ gezählt. Viele Leute haben jedoch mit dieser Zählweise Probleme, da im Gegensatz zu oben die Akzente der Takte und Phrasen gerade nicht mit den Schritten zusammenfallen; eine Tatsache die dazu führt, dass gerade Anfänger häufig den Rhythmus nicht halten können oder gar nicht erst hineinfinden. Außerdem zeigt die Erfahrung: Wer mit on 1 anfängt, hat später mit on 2 Probleme und umgekehrt - dem kann aber durch reichlich Übung abgeholfen werden.

Unter dem Gesichtspunkt der Clave wird die Zähl- und Tanzweise on 2 später noch einmal genauer unter die Lupe genommen. Da die einzelnen Zählweisen durch bloße Verschiebung auseinander hervorgehen, ist es ein leichtes, die hier on 1 beschriebenen Figuren auch on 2 oder on 3 zu tanzen.

Wenn es On 1 und On 2 gibt, wie sieht es dann mit On 3 aus? Tatsächlich wird auch das Tanzen auf die 3 praktiziert, das stellt sich folgendermaßen dar:

Man erkennt deutlich, dass beim Tanzen on 3 ein Basic zum Takt verschoben ist. Dadurch kann beim Tanzen das Rhythmusempfinden dieser Zählweise „umklappen“, so dass man nicht mehr „quick, quick, slow“ sondern „slow, quick, quick“ zählt – das wäre der Samba-Rhythmus, der kleine aber feine Unterschiede zum Salsa-Rhythmus aufweist. Dadurch, dass viele Schritte mit den Akzenten zusammenfallen ist die Zählweise on 3 recht gut hör- und fühlbar. Der von vielen Menschen als betont empfundene lange Schritt (slow) fällt beim Tanzen on 3 mit dem betontesten Taktschlag, der 1 zusammen.

On 4, On 5, On 7, On 8

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Ja toll, mögen Sie jetzt sagen, das kann ich ja ewig so fortsetzen: auf die 4, die 5, die 6 … Nun, versuchen kann man es, aber angewandt wird es kaum. Die on 4 Zählweise ist nicht verbreitet, denn sie erzeugt dadurch, dass eher unwichtige Schritte mit betonten Schlägen zusammenfallen ein sehr holpriges Gefühl. Die on 5 Zählweise ist durch die gleiche Verteilung der Schritte innerhalb der Phrase fast identisch mit der on 1 Zählweise; der einzige Unterschied ist, dass der erste Basic des Herrn nach hinten geht statt nach vorne – und das ist in den Tanzstilen on 1, die meistens machohaft ausgeprägt sind, eher ungewöhnlich. Ebenso ergeht es der on 7 und on 8 Zählweise, denn da bereits ihre „großen Brüder“ on 3 und on 4 kaum getanzt werden, werden diese Sonderlinge erst recht nicht angewandt.

Die einzige Sonderberechtigung kommt der Zählweise on 6 zu, die auch Lady Style genannt wird und auf die weiter unten noch einmal ausführlicher eingegangen wird.

Clave

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Warum also nicht hier Schluss machen und glücklich bis ans Ende aller Tage tanzen? Eine gute Frage. Mit dem, was bisher behandelt wurde, ist der Großteil der Durchschnittstänzer zufrieden. Er ist mit diesem System in der Lage, problemlos auf jede Art von Salsa-Musik zu tanzen, und viele Tänzer entwickeln daher niemals das Bedürfnis, ihr Wissen über Rhythmen zu erweitern. Aber alles, was bisher getan wurde, war ein bisschen Zählarbeit auf Basis des 4/4 Rhythmus; alles bisher Beschriebene passt ebenso auf Techno- und Pop-Musik wie auf Salsa. Und das ist der Punkt, an dem Profis mehr wollen, denn sie wollen nicht nur im Takt bleiben, sondern die Musik, auf die sie tanzen, auch interpretieren. Werfen Sie deswegen jetzt einen Blick auf das eigentliche Rhythmusgerüst der Salsa:

Das Instrument Clave besteht aus 2 Klanghölzern, die aufeinander geschlagen werden. Die Clave spielt immer eines der beiden oben stehenden rhythmischen Muster. Deswegen sind diese beiden Rhythmen auch nach dem Instrument benannt: 3-2 Clave oder 2-3 Clave. Aber was ist so wichtig an der Clave?

Die Clave spielt das eigentliche rhythmische Grundmuster der Salsa-Musik, d. h., ein Musiker zählt nicht „1, 2, 3, 4“ um im Takt zu bleiben, sondern er hat die Schläge der Clave im Hinterkopf und richtet daran seine eigene Spielweise aus. Deshalb ist die Clave so wichtig und, obwohl in moderneren Liedern das Instrument selbst gar nicht mehr mitspielt, ist ihr Grundrhythmus, an dem sich alle Musiker ausrichten, immer noch da. Und da Profis der Meinung waren, es sollte keinen Unterschied zwischen der Zählweise der Musiker und der der Tänzer geben, entwickelten sie die Zählweise…

On Clave

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Die folgende Abbildung zeigt, was passiert, wenn man versucht, die on 2 mit der Clave Zählweise zu kombinieren:

Man sieht, dass auf den Schlägen 2, 3 und 8 Schritte mit Clave Schlägen zusammenfallen, an anderen Stellen Schritte und Clave-Schläge aber nicht recht zueinander passen. Die Lösung des Problems ist recht einfach: Mache deine Schritte wie bisher, aber zähle innerlich nicht „2, 3, 4 – 6, 7, 8“ sondern den Clave-Takt. Das Ergebnis sieht in etwa so aus:

Die Schritte auf den Schlägen 2, 3 und 8 tanzt man betont, indem man sie sauber und zeitlich exakt setzt. Der Schritt auf Schlag 4 wird so unauffällig wie möglich gemacht, während die Schritte auf den Schlägen 6 und 7 zeitlich nicht mehr exakt mit den Schlägen zusammenfallen müssen, sondern oft etwas zu früh oder zu spät gemacht werden.

Ob man nur der Dame den Vortritt lassen wollte oder ob man vermeiden wollte, der Partnerin gleich mit dem ersten Schritt auf den Fuß zu treten, ist nicht ganz klar, jedenfalls ist eine klassische Spielart des New York Style Salsa on 6 getanzt. On 6 bedeutet allerdings nicht, dass man fünf Schläge lang still steht und dann auf dem sechsten Schlag den Vorwärtsbasic beginnt. Stattdessen bedeutet on 6 nicht mehr und nicht weniger als dass der Herr auf dem zweiten Schlag mit dem Rückwärts-Basic beginnt. Dadurch fällt der Einstieg in ein neues Lied etwas leichter, denn die Dame muss nicht sofort reagieren um ihren Fuß in Sicherheit zu bringen, sondern kann gemütlicher einsteigen.




Inhaltsverzeichnis

  1. 80% fertigEinleitung - Vorwort, Inhalt, Hinweise zur Benutzung dieses Buchs
  2. 20% fertigPraxis - Salsa tanzen
    1. 60% fertigNY-Style - Figuren
      1. Basics: Basic Steps, Basic Turns
      2. Anfänger: Enchufla Varianten
      3. Mittelstufe: diverse Platzwechsel und Drehungen
      4. Fortgeschrittene:
      5. Shines - Schrittkombinationen für Einzeltänzer, Improvisation
    2. 90% fertigRueda de Casino - Salsa als Gruppentanz, Kommandos, Figuren
    3. 10% fertigTechnik - Übergreifende Techniken der Salsa
      1. Führung - Richtige Führungstechnik, richtig führen lassen
      2. Styling - Den eigenen Tanzstil verfeinern
      3. Kleidung - Die richtige Kleidung auswählen
      4. Interpretation - Musik durch Tanz interpretieren
  3. 10% fertigTheorie - Hintergrundwissen
    1. Geschichte - Entstehung, Verbreitung und Persönlichkeiten der Salsa
    2. Musik und Rhythmus - Rhythmuslehre, Zusammenhang zwischen Tanz und Musik
    3. Stilkunde - Stile der Salsa, Merkmale und Unterscheidungskriterien
  4. Anhang - Weiterführende Quellen, Verzeichnisse
  5. Index - Stichwort- und Figurenverzeichnis

Dieses Buch ist Teil der Wikibook-Buchreihe Tanzen.



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