Berlinale
Die Berlinale ist ein jährlich stattfindendes Filmfestival in Berlin, bei dem akkreditierte Filmschaffende aus aller Welt für 10 Tage durch die deutsche Hauptstadt irren, um das Kino zu finden, in dem ihr Beitrag dem Publikum präsentiert werden soll. Das ebenfalls aus aller Welt angereiste Publikum verbringt die meiste Zeit damit, vor Ticketschaltern herumzustehen, um eine Eintrittskarte für irgendeinen Film zu ergattern, der noch nicht ausverkauft ist.
Wettbewerb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das offizielle Wettbewerbsprogramm setzt sich zu 90% aus unerheblichen Nischen-Filmen zusammen, die es in den seltensten Fällen in die Kinos schaffen. Die nischigsten Filme werden von einer korrupten Filmjury bewertet und am Ende des Festivals mit einem goldenen Bären ausgezeichnet.
Die Einzelkategorien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Um sich selbst und dem Publikum zu suggerieren, man sei das angesagteste Filmfestival auf dem Globus hat die Festivalleitung etliche Filmkategorien definiert, deren Kriterien für den Laien jedoch nur schwer zu fassen sind:
Offizielles Wettbewerbsprogramm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wie eingangs erwähnt, tummeln sich in dieser Kategorie aus diversen Filmfördertöpfen finanzierte Nischenfilme, die nach der Berlinale in der Regel sang- und klanglos untergehen und von keiner Menschenseele jemals gesehen werden. Je politischer und problembeladener die Filme, desto höher ist ihre Chance, von der zeitgeistigen Jury pämiert zu werden.
Panorama[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Diese Kategorie gewährt einen Einblick in die zeitgenössische Kinokunst. Auch hier sucht man vergebens nach publikumstauglichen Werken, die Filme versuchen so avantgardistisch wie möglich zu sein und je verstörter das Publikum von der „ungewöhnlichen Filmästhetik“ ist, desto zufriedener sind die verursachenden Regisseure und Produzenten. Zwar behauptet die Festivalleitung, in dieser Kategorie eine Brücke zwischen Kunst und Kommerz schlagen zu wollen, die Präsentationen lassen aber im Regelfall jegliche Publikumsnähe vermissen und die eingeladenen Filmverleiher und Filmeinkäufer verlassen die Vorstellungen nicht selten schon nach wenigen Minuten, um sich im Kinofoyer mit ihresgleichen die Münder über das soeben Gesehene zu zerreißen oder sich im nächstgelegenen Multiplexkino einen unterhaltsamen Blockbuster, der nicht im Berlinale-Programm läuft, zu Gemüte zu führen.
Forum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Forumsprogramm werden hauptsächlich internationale Debütfilme junger Dilettanten gezeigt, die experimentierfreudig, ahnungslos und unkonventionell an die Lichtkunst herantreten. Das Mitleid der Juroren und Journalisten ist den jungen Filmemachern sicher und aus Gründen der Solidarität sind die Vorführungen des Forums meistens gut gefüllt.
Berlinale Special[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In dieser Kategorie werden Filme gezeigt, die aufgrund ihrer mangelnden Kompatibilität zu den diffusen Kategorien nicht im Wettbewerbsprogramm laufen und nur durch die guten Verbindungen der jeweiligen Produzenten zur Festivalleitung eine Chance haben, den vorherrschenden Medienhype für ihre marketingtechnischen Zwecke zu nutzen. Die Auswahl für diese Kategorie trifft Berlinale-Chef Dieter Kosslick persönlich, es ist also ratsam, sich mit diesem mächtigen Mann des Filmwesens gut zu stellen und ihn im Vorfeld des Festivals mit dem einen oder anderen Präsent auszustatten.
Berlinale Shorts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Unterfinanzierte Kurzfilme auf unterstem Niveau werden dem Publikum und Journalisten in dieser Kategorie präsentiert. Von der dahingeworfenen Filmskizze bis zum kontroversen Mysterium, das selbst der verantwortliche Filmemacher nicht mehr versteht, bietet diese Kategorie einen Überblick über das Unvermögen meist jüngerer Regisseure, die durch ihre Präsentationen gleichzeitig die Begründung dafür liefern, warum man sie keine größeren Filme machen lässt.
Die Vorführungen finden meistens am Nachmittag statt, damit die Zuschauer genügend Zeit haben, sich bis zum Abend von den Schreckensbildern zu erholen.
Perspektive Deutsches Kino[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wie der Name schon sagt, bietet diese Kategorie einen Überblick über die Perspektivlosigkeit des deutschen Kinos. Verunglückte Studentenfilme auf minimalistischer Basis, bei denen in leeren, kulissenfreien Räumen Nichts passiert und die verwackelte Kamera in endlosen Einstellungen ohne Schnitt die ausdruckslosen Gesichter der Protagonisten einfängt, sind Markenzeichen dieser Filme.
Generation Kplus und Generation 14plus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In dieser Sektion werden Kurz-, Mittel-, Mittelkurz-, Kurzmittel-, und Langfilme aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen gezeigt. Da nicht ersichtlich ist, was an dieser Perspektive so interessant sein soll und erwachsene Fachleute mit diesen Werken nichts anfangen können, hat man eine 11-köpfige Kinderjury auserwählt, die Filme zu bewerten. Im Jahr 2008 gewann der Horroschocker Knut der Eisklotz verkauft seinen Pullover und stirbt danach den Klimatod den mit einer von Haribo gesponsorten Tüte Goldbären dotierten Gläsernen Bären.
Retrospektive und Hommage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hier findet der Kinozuschauer endlich einmal Filme mit Substanz, Klassiker der Filmgeschichte, die den zeitgenössischen Filmemachern aufzeigen, was sie bei ihren Produktionen alles nicht berücksichtigen. Verstorbenen Großmeistern der Filmkunst wie dem Surrealisten Luis Buñuel werden großangelegte Retrospektiven gewidmet, die vor allem die Generation 60 in die zahlreichen Kinos lockt und bei dieser nostalgische Gefühle weckt. An dem hippen Jungpublikum ziehen diese Retrospektiven allerdings ungesehen vorbei, da die entstehende Frustration bei der Ansicht wirklich gelungener Filme vielen emporstrebenden Newcomern vollends den Mut nehmen würde, weiter an ihrem immer kurz bevorstehenden Durchbruch zu arbeiten.
Rahmenprogramm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Dieses Programm bietet Installationen, Ausstellungen und Videprogramme und existiert nur, damit die akkreditierten Journalisten und zugereisten Filmfanatiker nicht die ganze Zeit, in der sie nicht auf den nächsten Film warten oder vor Ticketschaltern herumstehen, im Berliner Zoo verbringen oder in rauchfreien Restaurants und Künstlercafés herumlungern müssen.
Publikum und aktive Teilnehmer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Während der Berlinale existiert - beinahe wie im richtigen Leben - eine Dreiklassengesellschaft, die sich aus folgenden Schichten zusammensetzt:
Festivalleitung, Jury und arrivierte Filmschaffende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ganz oben steht Festivalleiter Dieter Kosslick, der nur mit einem roten Künstlerschal und einem Schlapphut bekleidet von Empfang zu Empfang hetzt und kontrolliert, ob für die erlesenen Gäste auch genügend Champagner bereitgestellt wurde. Berühmte, für wenige Stunden nach Berlin eingeflogene Regisseure, internationale Schauspieler aus der zweiten und manchmal auch ersten Riege sowie angesagte Produzenten bilden das personelle Herzstück der Berlinale. In ihrer Nähe gesehen oder gar fotografiert zu werden gilt als Ritterschlag in der Filmindustrie und kann den Fortgang so mancher Karriere positiv beeinflussen.
Akkreditierte Filmschaffende und Journalisten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Diese Spezies ist deutlich an ihren Akkreditierungen im Scheckkartenformat zu erkennen, die an einem mit dem Logo des Hauptsponsors bedruckten Band prominent um ihren Hals baumelt. Freikarten und kostenloser Zugang zu Sonderveranstaltungen sind ein Privileg dieser Kaste und der Besitz einer solchen Plastikkarte löst beim gemeinen Fußvolk Ehrfurcht und Respekt aus. Es gibt Abstufungen in den Akkreditierungen, die A-Akkreditierung ist die höchste Auzeichnung und wird nur an Filmmenschen mit besonderen Beziehungen und Schleimpotential ausgegeben.
Das Fußvolk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das gemeine Filmvolk bildet die eigentliche Basis der Berlinale und beschert dem hiesigen Döner- und Imbissgewerbe sowie den zahlreiche Jugendherbergen in den zehn Festivaltagen satte Gewinne. Der Traum eines jeden Filmproletariers ist es, einmal in die Nähe eines echten Filmstars zu gelangen und wenn möglich sogar ein verwackeltes Handyfoto von diesem zu schießen.
Die Empfänge und Preisverleihungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Elitäre Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Filmpremieren und Preisverleihungen gehören zu den glamourösesten „Events“ der Berlinale. Obwohl eigentlich keiner der elitären Gäste das Herumstehen in unbequemen Abendroben bei Canapés und Champagner und belanglosem Smalltalk wirklich liebt, gehen doch alle immer wieder hin, um sich und die neusten Errungenschaften aus ihrem Kleiderschrank zur Schau zur stellen und sich auf dem roten Teppich dem Blitzlichtgewitter der Paparazzi auszusetzen. Manch weiblicher Gast macht im sündhaft teuren Abendkleid zwar eher einen presswurstartigen Eindruck, die anderen Gäste tragen diesen Anblick aber in der Regel mit Fassung und trinken sich ihre Impressionen schön, was durch den gesponsorten und im Überfluss vorhandenen Champagner leicht vonstatten geht.
Agentenpartys[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei diesen Veranstaltungen schließen sich Casting- und Schauspieleragenturen zusammen und mieten gemeinsam einen Saal an. Dort treffen dann aufstrebende und arrivierte Schauspielertalente bei Champagner, Kaviar, Lachs und Kokain auf Produzenten und Fernsehredakteure und lassen sich nicht selten zum Behufe ausgiebiger Materialtests auf die in einem Nebenraum aufgebauten Besetzungscouchen ziehen.
Bedeutung für Berlin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Einmal im Jahr wird Berlin für zehn Tage zum Mekka der Filmelite und kann seinen provinziellen Hauptstadtcharme für kurze Zeit vergessen machen. Zwar geht das Festival an den meisten der 3,5 Millionen Einwohnern der Stadt komplett vorbei, doch Wirtschaftszweige wie Gastronomie, Drogenhandel, Teppichindustrie und Prostitution verdienen prächtig an den zugereisten Filmfreaks. Auch das Taxigewerbe profitiert von dem Festival, viele Taxifahrer nutzen ihre akademische Ausbildung und trumpfen bei ihren internationalen Fahrgästen durch Fremdsprachenkenntnisse und die Präsentation eigentlich geheimer Internas aus der Filmszene, die sie während ihrer Fahrten aufschnappen, groß auf, was ihnen oftmals ein üppiges Trinkgeld beschert.
Ähnliche Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Berlinale hat zahlreiche Nachahmer in anderen deutschen Städten gefunden. So gibt es inzwischen nicht nur die Breminale, sondern auch die Kielale, die Kölnporzale und natürlich den Geheimtipp unter den Festivals, die Potzblitzhagenale.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Artikel der Woche 07/2008
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