Trägheitsmoment

skalares Maß für die Rotationsträgheit eines Körpers bezüglich einer festen Rotationsachse

Das Trägheitsmoment, auch Massenträgheitsmoment oder Inertialmoment, gibt die Trägheit eines starren Körpers gegenüber einer Änderung seiner Winkelgeschwindigkeit bei der Drehung um eine gegebene Achse an (Drehmoment geteilt durch Winkelbeschleunigung, gleichbedeutend Drehimpuls geteilt durch Winkelgeschwindigkeit). Damit spielt es die gleiche Rolle wie die Masse im Verhältnis von Kraft und Beschleunigung (bzw. von Impuls und Geschwindigkeit); deswegen ist in der älteren Literatur auch die Bezeichnung Drehmasse gebräuchlich. Als physikalische Größe kommt es erstmals 1749 im Werk Scientia Navalis von Leonhard Euler vor.[1]

Physikalische Größe
Name Trägheitsmoment
Formelzeichen
Größen- und
Einheitensystem
Einheit Dimension
SI kg·m2 M·L2
cgs g·cm2 M·L2
Siehe auch: Trägheitstensor, Schwungmoment

Das Trägheitsmoment hängt von der Massenverteilung in Bezug auf die Drehachse ab. Je weiter ein Massenelement von der Drehachse entfernt ist, desto mehr trägt es zum Trägheitsmoment bei; der Abstand geht quadratisch ein. Nimmt die Dichte des Körpers zur Drehachse hin zu, ist sein Trägheitsmoment kleiner, als wenn seine Masse im selben Volumen homogen verteilt wäre. Bei rasch rotierenden Planeten lässt sich deshalb aus der Abplattung auf den Dichteverlauf schließen.

Ist die Drehachse nicht fest vorgegeben, so reicht zur Beschreibung des Trägheitsverhaltens eine einzelne Zahl nicht aus. Aus dem Trägheitstensor kann das Trägheitsmoment für jede beliebige Achse durch den Schwerpunkt berechnet werden.

Anschauliche Beispiele

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Balancierhilfe

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Hochseilartisten mit Balancierstangen

Beim Seiltanz werden als Balancierhilfe bevorzugt lange Stangen quer zum Seil gehalten. Im Vergleich zu einem gleich schweren kompakten Körper, etwa einem Sandsack, den der Artist am Körper trägt, hat so eine Stange in Bezug zum Seil als Drehachse ein größeres Trägheitsmoment. Ein Zur-Seite-Kippen wird dadurch nicht verhindert, aber so verlangsamt, dass genügend Zeit für eine ausgleichende Bewegung bleibt.

Den Effekt kann man leicht selbst ausprobieren: Ein 30-cm-Lineal (kürzer ist schwieriger) lässt sich hochkant auf der Handfläche balancieren. Quer jedoch, auf eine seiner langen Kanten gestellt, fällt es komplett um, bevor man reagieren kann. Die Drehachse ist in beiden Fällen die aufliegende Kante, während das mittlere Abstandsquadrat von dieser Achse mit über 300 cm2 bzw. rund 5,3 cm2 stark verschieden ist.

Dass der Abstand quadratisch in das Trägheitsmoment eingeht, lässt sich leicht einsehen: Ein Massenelement in doppeltem Abstand muss bei einer bestimmten Winkelbeschleunigung doppelt so stark tangential beschleunigt werden. Das erforderliche Drehmoment (doppelte Kraft × doppelter Hebelarm) ist damit vierfach so groß.

Drehstuhl und Pirouette

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Drehstuhl-Experiment im Film

Mit einem weiteren einfachen Experiment kann man eine Änderung des Trägheitsmoments veranschaulichen. Man setzt sich möglichst mittig auf einen drehbaren Bürostuhl und lässt sich mit gestreckten Armen und Beinen in Drehung versetzen. Wenn man dann die Arme und Beine an den Körper heranzieht, nimmt das Trägheitsmoment ab. Weil der Drehimpuls, also das Produkt aus Trägheitsmoment und Winkelgeschwindigkeit, sich nicht ändern kann (Drehimpulserhaltung), wird die Drehbewegung schneller. Erneutes Ausstrecken verlangsamt die Bewegung wieder. Um den Effekt zu verstärken, kann man in jede Hand schwere Gegenstände nehmen, etwa Hanteln. Je größer deren Masse, desto deutlicher wird der Effekt.

Ein ähnliches Beispiel ist der Pirouetteneffekt, der aus dem Eiskunstlaufen bekannt ist. Die Kontrolle der Drehgeschwindigkeit kann allein aus der Verlagerung der Körpermasse relativ zur Drehachse erfolgen. Zieht der Eiskunstläufer die Arme an, dreht er sich schneller – ein erneutes Schwungholen ist nicht nötig.

Formelzeichen und Einheit

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Die geläufigsten Formelzeichen für das Trägheitsmoment sind   und  , zurückgehend auf das lateinische Wort iners, das untätig und träge bedeutet. Um Verwechselung mit der elektrischen Stromstärke   zu vermeiden, ist auch ein   (großes Theta) gebräuchlich. In diesem Artikel wird durchgehend   verwendet.

Die SI-Einheit des Trägheitsmoments ist kg·m2.

Allgemeine Definition

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Das Massenträgheitsmoment   lässt sich bei bekannter Dichte   eines Körpers aus folgendem Volumenintegral berechnen:

 .

Dabei ist   der zur Rotationsachse   (Winkelgeschwindigkeit) senkrechte Vektor von der Achse zum Volumenelement (siehe untenstehende Abbildung).

Motivation der Definition

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Gezeigt ist eine beliebig geformte Massen­verteilung der Dichte  , die um die Achse   rotiert. Ein Massen­element   dieser Verteilung hat den Abstand   von der Drehachse und die Bahn­geschwindigkeit  .

Starrer Körper bestehend aus Massenpunkten

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Werden Massen­elemente parallel zur Rotations­achse ver­schoben, ändert sich das Trägheits­moment nicht. Ein Stab, der den Winkel   mit der Rotations­achse   ein­schließt, wird zer­schnitten und die ent­standenen Einzel­teile parallel zur Rotations­achse so ver­schoben und zusammen­gefügt, dass sich ein horizontal gelagerter, kürzerer Stab ergibt. Die Masse, die Massen­verteilung und folglich das Trägheits­moment bezüglich der  -Achse bleiben dadurch gleich.

Die gesamte kinetische Energie eines starren Körpers, der aus   Massenpunkten besteht, ergibt sich aus der Summe der kinetischen Energien der einzelnen Massenpunkte:

 .

Dabei ist   die Bahngeschwindigkeit des  -ten Massenpunktes. Nun soll der gesamte Körper um die Achse   rotieren. Jeder einzelne Massenpunkt beschreibt daher eine Kreisbahn. Die Bahngeschwindigkeit   eines Teilchens, das auf einer Kreisbahn mit Radius   mit der Winkelgeschwindigkeit   rotiert, beträgt  . Daher folgt:

 .

Analog zur Definition der Bewegungsenergie

 

eines linear bewegten starren Körpers aus   Massenpunkten mit der Gesamtmasse  , definiert man das Trägheitsmoment eines rotierenden starren Körpers aus   Massenpunkten als

 .

Damit gilt

 .

Durch diese Definition kann man folgende Größen rotierender Massenpunkte mit den Größen linear bewegter Massenpunkte identifizieren:

  1. Die Masse eines rotierenden Körpers entspricht dem Trägheitsmoment  .
  2. Die Geschwindigkeit eines rotierenden Körpers entspricht der Winkelgeschwindigkeit  .

Oftmals beschreibt man den Körper in Kartesischen Koordinaten und legt die  -Achse des Koordinatensystems in Richtung der Rotationsachse. Sind   die Koordinaten des  -ten Massenpunktes, so gilt   und man erhält die Formel

 .

Der Index „ “ ist wichtig, da das Trägheitsmoment eines Körpers immer auf eine Rotationsachse (hier die  -Achse) bezogen ist. Aus der Gleichung ist auch ersichtlich, dass das Trägheitsmoment nicht von den  -Koordinaten der einzelnen Massenpunkte abhängt.

Starrer Körper mit kontinuierlicher Massenverteilung

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Die Formel für das Massenträgheitsmoment eines Körpers   mit einer kontinuierlichen Massenverteilung erhält man, indem man den Körper gedanklich in viele kleine Teilvolumina zerlegt. Ist   die Masse des  -ten Teilvolumens und   der Abstand eines Punktes im  -ten Teilvolumens zur Drehachse, so beträgt die Rotationsenergie näherungsweise

 .

Wählt man nun eine immer feinere Zerlegung und lässt schließlich die Größe der Teilvolumina gegen null und damit einhergehend deren Anzahl gegen unendlich gehen  , so geht auch jeweils die Masse in jedem der Teilvolumina gegen null  , und die Gleichung wird exakt:

 .

Wenn man die Massen   durch die Größe   des Volumenelements am Ort   und die dort herrschende Massendichte   ausdrückt, folgt:

 

Die eingeklammerte Summe ist das Volumenintegral der Funktion   über das Volumen   des aus den infinitesimalen Massenelementen   zusammengesetzten Körpers.

 

Hieraus ergibt sich die oben angegebene allgemeine Definition des Trägheitsmomentes.[2] Im Falle eines homogenen Körpers, also einer räumlich konstanten Dichte  , vereinfacht sich das zu

 .

Zusammenhang zwischen Trägheitsmoment und Drehimpuls

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Der Gesamtdrehimpuls   des starren Körpers zeigt i. d. R. nicht in dieselbe Richtung wie die Winkelgeschwindigkeit  . Die achsenparallele Komponente   jedoch ist durch   gegeben. Dies lässt sich wie folgt einsehen. Der Ortsvektor eines einzelnen Massenelementes   wird nach   in einen zu   parallelen und einen dazu senkrechten Anteil aufgeteilt. Zur achsenparallelen Komponente des Drehimpulses dieses Massenelements   trägt der parallele Anteil des Ortsvektors nichts bei, es bleibt:

 .

Die achsenparallele Komponente des Gesamtdrehimpulses ergibt sich dann zu

 .

Außerdem folgt daraus sofort  .

Vergleich mit der Masse bei linearer Bewegung

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Das Trägheitsmoment   bei einer rotierenden Bewegung ist vergleichbar mit der Masse   einer linearen (geradlinigen) Bewegung (ausführlich siehe Rotation (Physik)#Vergleich mit der Translationsbewegung). Man vergleiche folgende Gleichungen:

Rotationsbewegung Translationsbewegung
  Drehmoment = Trägheitsmoment mal Winkelbeschleunigung   Kraft = Masse mal Beschleunigung (Zweites Newtonsches Gesetz)
  Drehimpuls = Trägheitsmoment mal Winkelgeschwindigkeit   Impuls = Masse mal Geschwindigkeit
  Energie = Trägheitsmoment mal Quadrat der Winkelgeschwindigkeit durch 2   Energie = Masse mal Quadrat der Geschwindigkeit durch 2

Formeln für wichtige Spezialfälle

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Trägheitsmoment eines homogenen rotationssymmetrischen Körpers

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Das Trägheitsmoment eines rotationssymmetrischen Körpers, der um seine Symmetrieachse ( -Achse) rotiert, kann mit Hilfe von Zylinderkoordinaten berechnet werden.

Ist   der Radius des Körpers bei der Höhe  , dann ist das Volumenelement durch eine Kreisscheibe der Dicke   gegeben:  . Daher gilt für einen Körper, der von   bis   reicht:

 .

Ist die Oberfläche des Körpers stattdessen (wie z. B. bei einem Kegel möglich) durch die beim Radius   erreichte Höhe   gegeben, kann man das Volumenelement als Mantel eines Zylinders mit Radius   so wählen:  . Zu integrieren ist dann über alle Radien von   bis zum maximalen Radius  

 .

Trägheitsmomente für zwei zueinander parallele Achsen (Steinerscher Satz)

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Illustration der Steiner-Regel. Drehachse 1 geht durch den Schwerpunkt des Körpers der Masse m. Drehachse 2 ist um den Abstand d verschoben.

Ist das Trägheitsmoment   für eine Achse durch den Schwerpunkt eines Körpers bekannt, so ist das Trägheitsmoment   für eine beliebige parallel verschobene Drehachse

 .

Dabei gibt   den Abstand des Schwerpunkts von der parallel verschobenen Drehachse an.

Man kann den Steinerschen Satz für zwei beliebige parallele Drehachsen verallgemeinern. Dazu muss der Satz zweimal hintereinander angewendet werden: Zunächst verschiebe man die Drehachse so, dass sie durch den Schwerpunkt des Körpers geht, danach auf den gewünschten Zielort.

 .

Satz über zueinander senkrechte Achsen

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Dünne Kreisscheibe mit Radius  

Der Satz über senkrechte Achsen[3] behandelt den Sonderfall einer beliebig geformten Scheibe, deren Dicke im Vergleich zu ihrer Ausdehnung vernachlässigt werden kann. Dann ist das Trägheitsmoment um eine beliebige Drehachse senkrecht zur Scheibenebene gleich der Summe der Trägheitsmomente um zwei beliebige Drehachsen in der Scheibenebene, die zueinander senkrecht sind und deren Schnittpunkt auf der erstgenannten Drehachse liegt. Für einen Körper in der xy-Ebene bei   wie im Bild heißt das:

 .

Denn dann berechnet sich

 .

Verallgemeinerung durch Trägheitstensor

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Der Trägheitstensor   mit Komponenten   eines Körpers ist eine Verallgemeinerung des Trägheitsmomentes. In einem kartesischen Koordinatensystem lässt sich der Trägheitstensor als Matrix darstellen, die sich aus den Trägheitsmomenten bezüglich der drei Koordinatenachsen und den Deviationsmomenten zusammensetzt. Die drei Trägheitsmomente bilden die Hauptdiagonale der Matrix, die Deviationsmomente sind die Nebendiagonalelemente. Mit Hilfe des Trägheitstensors lässt sich z. B. das Trägheitsmoment bezüglich einer beliebigen durch den Schwerpunkt gehenden Achse berechnen. Wenn ein starrer Körper um eine solche Achse mit der Winkelgeschwindigkeit   rotiert, so ergibt sich das Trägheitsmoment zu

 

oder in Matrixschreibweise

 .

Drehung des Koordinatensystems

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Eine Achse in beliebiger Raumrichtung wird beschrieben durch den Einheitsvektor  . Man kann diesen z. B. dadurch erhalten, dass man den Einheitsvektor in z-Richtung mittels einer Drehmatrix R dreht:

 

Mit

 

erhält man

 .

Mit Hilfe dieser Drehmatrix kann nun der Trägheitstensor in ein Koordinatensystem transformiert werden, in dem die z-Achse in Richtung der Rotationsachse zeigt:

 .

Das Trägheitsmoment für die neue z-Achse ist jetzt einfach das 3. Diagonalelement des Tensors in der neuen Darstellung. Nach Ausführung der Matrizenmultiplikation und trigonometrischen Umformungen ergibt sich

 .

Beispielrechnung: Rotationssymmetrischer Körper

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Wir betrachten als Beispiel dazu den Trägheitstensor eines rotationssymmetrischen Körpers. Wenn eine der Koordinatenachsen (hier die z-Achse) mit der Symmetrieachse zusammenfällt, dann ist dieser Tensor diagonal. Die Trägheitsmomente für Rotation um die x-Achse und die y-Achse sind gleich ( ). Für die z-Achse kann das Trägheitsmoment verschieden sein ( ). Der Trägheitstensor hat damit folgende Gestalt:

 .

Transformiert man diesen Tensor wie oben beschrieben in ein Koordinatensystem, das um den Winkel   um die y-Achse gedreht ist, so erhält man:

 .

Daraus ergibt sich:

  1. Für   sind die Trägheitsmomente für die x- und z-Achse von   abhängig.
  2. Für   ist der Trägheitstensor nicht mehr diagonal, es treten Deviationsmomente auf.
  3. Das Trägheitsmoment für die neue z-Achse ist:  .
  4. Für   hängt wegen   das Trägheitsmoment nicht von der Richtung der Drehachse ab.

Besondere Trägheitsmomente

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Hauptträgheitsmoment

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Die Hauptträgheitsachsen des Quaders: x-Achse das Minimum und z-Achse das Maximum und senkrecht dazu die resultierende y-Achse

Betrachtet man einen beliebig geformten Körper, der um eine Achse durch seinen Massenmittelpunkt rotiert, so variiert dessen Trägheitsmoment je nach Lage dieser Drehachse. Dabei gibt es – im Allgemeinen – eine Achse, bezüglich der das Trägheitsmoment des Körpers maximal anliegt, und eine, für das es minimal anliegt. Diese beiden Achsen stehen immer senkrecht zueinander und bilden zusammen mit einer dritten, wiederum senkrecht auf den beiden anderen stehenden Achse, die Hauptträgheitsachsen oder kurz Hauptachsen des Körpers.

In einem von den Hauptträgheitsachsen aufgespannten Koordinatensystem (Hauptträgheitssystem oder Hauptachsensystem genannt) ist der Trägheitstensor diagonal. Die zu den Hauptträgheitsachsen gehörenden Trägheitsmomente sind also die Eigenwerte des Trägheitstensors, sie heißen Hauptträgheitsmomente.

Ist wie im Bild ein kartesisches Koordinatensystem im Massenmittelpunkt parallel zum Hauptträgheitssystem ausgerichtet, dann berechnen sich die Hauptträgheitsmomente zu:

 

wenn, wie üblich, die Koordinaten nach dem Schema x→x1, y→x2 und z→x3 nummeriert werden.

Mit dem Binet’schen Trägheitsmoment (nach Jacques Philippe Marie Binet)[4]

 

sind die Hauptträgheitsmomente auch darstellbar als:

 

Daraus ergibt sich:

 

Die Summe zweier Hauptträgheitsmomente ist immer größer als das dritte; sie erfüllen die Dreiecksungleichungen.

Die Hauptträgheitsachsen fallen bei homogener Massenverteilung mit eventuell vorhandenen Symmetrieachsen des Körpers zusammen.

Sind zwei Hauptträgheitsmomente gleich groß, so wird der starre Körper symmetrischer Kreisel genannt. Alle Drehachsen in der Äquatorebene, die von den zugehörigen Hauptträgheitsachsen aufgespannt wird, sind ebenfalls Hauptträgheitsachsen mit dem gleichen Trägheitsmoment. Das ist bei zylindersymmetrischen Körpern unmittelbar klar, gilt aber z. B. ebenso für einen Stab mit quadratischer oder hexagonaler Grundfläche.

Für den Fall, dass alle drei Hauptträgheitsmomente identisch sind, ist, wie oben gezeigt wurde, jede Drehachse durch den Massenmittelpunkt eine Hauptträgheitsachse mit dem gleichen Trägheitsmoment. Dies gilt für alle regelmäßigen Körper wie Kugel, gleichseitiges Tetraeder, Würfel usw., siehe Kugelkreisel.

Zwei Hauptachsen spannen eine Hauptebene auf.[5]

Trägheitsmoment zur eingespannten Achse

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Wenn ein starrer Körper um eine fest eingespannte Achse mit der Winkelgeschwindigkeit   rotiert (die Richtung des Vektors   ist die Richtung der Drehachse), so lässt sich der Drehimpuls   aus der allgemeinen Formel   berechnen. Dabei ist   im Gegensatz zur oben angegebenen Formel nicht das Trägheitsmoment, sondern der Trägheitstensor. Im Allgemeinen hat der Drehimpuls   jetzt nicht die Richtung der Drehachse   und ist zeitlich nicht konstant, so dass die Lager ständig Drehmomente aufbringen müssen (dynamische Unwucht). Nur bei Rotation um eine der Hauptträgheitsachsen ist  .

Für die Drehimpulskomponente   entlang der Drehachse gilt  , dabei ist   die Winkelgeschwindigkeit und   das Trägheitsmoment bezüglich der Drehachse  . Die kinetische Energie der Rotation, auch kurz als Rotationsenergie bezeichnet, kann durch

 

ausgedrückt werden. Diese Formeln zeigen die Analogie zu den entsprechenden Formeln für Impuls und kinetische Energie der Translationsbewegung.

Beispiele

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Trägheitsmomente von Himmelskörpern

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Fast alle größeren Körper im Weltall (Sterne, Planeten) sind annähernd kugelförmig und rotieren mehr oder weniger schnell. Das Trägheitsmoment um die Rotationsachse ist immer das größte des jeweiligen Himmelskörpers.

Die Differenz dieses „polaren“ und des äquatorialen Trägheitmoments hängt mit der Abplattung des Körpers zusammen, also seiner Verformung der reinen Kugelgestalt durch die Fliehkraft der Rotation. Bei der Erde liegt die Differenz dieser zwei Hauptträgheitsmomente bei 0,3 Prozent, entspricht also etwa der Erdabplattung von 1:298,24. Beim rasch rotierenden Jupiter ist die Differenz und die Abplattung rund 20-mal größer.

Hauptträgheitsmomente einfacher geometrischer Körper mit konstanter Dichte

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Wenn nicht ausdrücklich anders angegeben, liegt der Schwerpunkt der geometrischen Körper auf der Drehachse, auf die sich das Trägheitsmoment bezieht.   ist die Masse des rotierenden Körpers. Das Trägheitsmoment für Drehungen um andere Achsen kann man dann mit Hilfe des Satzes von Steiner berechnen. Für Drehungen um beliebige Achsen kann man die Liste von Trägheitstensoren heranziehen.

Abbildung Beschreibung Trägheitsmoment
  Eine Punktmasse im Abstand   um eine Drehachse.  
b)  Ein Zylindermantel, der um seine Symmetrieachse rotiert, für eine Wandstärke  .  [6]
c)  Ein Vollzylinder, der um seine Symmetrieachse rotiert.  [6]
d)  Ein Hohlzylinder, der um seine Symmetrieachse rotiert. Schließt die vorgenannten Grenzfälle Zylindermantel und Vollzylinder mit ein.


 [7]
  Ein Vollzylinder, der um eine Querachse (zweizählige Symmetrieachse) rotiert.  [7]
  Ein Zylindermantel, der um eine Querachse (zweizählige Symmetrieachse) rotiert.  [8]
  Ein dünner Stab, der um eine Querachse (zweizählige Symmetrieachse) rotiert. Diese Formel ist eine Näherung für einen Zylinder mit  .  [7]
  Dünner Stab, der um eine Querachse durch ein Ende rotiert. Diese Formel ist die Anwendung der Steiner-Regel auf den Fall g).  [9]
  Eine massive Kugel, die um eine Achse durch den Mittelpunkt rotiert.  [10]
  Eine Kugelschale, die um eine Achse durch den Mittelpunkt rotiert, für eine Wandstärke  .  [10]
  Eine Hohlkugel, die um eine Achse durch den Mittelpunkt rotiert, für wesentliche Wandstärke mit    
  Ein Quader, der um eine Achse durch den Mittelpunkt rotiert, die parallel zu seinen Kanten c liegt.  [10]
  Ein massiver Kegel, der um seine Achse rotiert.  [7]
  Ein Kegelmantel, der um seine Achse rotiert. Die Gleichheit mit dem Trägheitsmoment eines Vollzylinders kann man sich so vorstellen, dass man jeden Kegelmantel zu einer Kreisscheibe „plattdrücken“ kann, ohne sein Trägheitsmoment zu verändern.  
  Ein massiver Kegelstumpf, der um seine Achse rotiert.  [11]
  Eine vierseitige, regelmäßige, massive Pyramide, die um ihre Symmetrieachse rotiert.  [12]
  Volltorus mit dem Radius   (rot) und der halben Dicke   (gelb), der um die Symmetrieachse rotiert. (Der Radius   ist so gemeint, dass der Außenradius des Torus   ergibt)  [13]

Beispielrechnung: Trägheitsmoment der homogenen Vollkugel

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Zum Verständnis dieses Abschnittes sind grundlegende Kenntnisse der Integralrechnung und Koordinatentransformation hilfreich.

Um das Trägheitsmoment einer massiven homogenen Kugel bezüglich einer Drehachse durch den Kugelmittelpunkt zu berechnen, wird das im Abschnitt „Berechnung“ angegebene Integral verwendet. Der Einfachheit halber soll der Kugelmittelpunkt im Ursprung eines kartesischen Koordinatensystems liegen und die Drehachse entlang der  -Achse verlaufen. Um das Integral

 

auszuwerten, empfiehlt es sich, Kugelkoordinaten anstatt kartesischer Koordinaten zu verwenden. Beim Übergang müssen dabei die kartesischen Koordinaten   und das Volumenelement   durch die Kugelkoordinaten   ausgedrückt werden. Das geschieht mithilfe der Ersetzungsregeln

 
 
 

und der Funktionaldeterminanten

 .

Einsetzen in den Ausdruck für das Trägheitsmoment liefert

 .

Hier zeigt sich der Vorteil der Kugelkoordinaten: Die Integralgrenzen hängen nicht voneinander ab. Die beiden Integrationen über   und   lassen sich daher elementar ausführen. Das verbleibende Integral in

 

kann durch Substitution   gelöst werden:

 .

Für das Trägheitsmoment ergibt sich schließlich:

 .

Zur Messung eines Trägheitsmoments eines Körpers verwendet man einen Drehtisch. Dieser besteht aus einer Kreisscheibe, die um ihre Symmetrieachse drehbar ist und einer Schneckenfeder (Spiralfeder). Sie bewirkt bei einer Drehung der Scheibe ein rücktreibendes Drehmoment  , das direkt proportional zum Auslenkwinkel   ist:  . Die Proportionalitätskonstante   nennt man Direktionsmoment oder Richtmoment. Ihr Wert hängt von der Stärke der Feder ab. Die Scheibe führt nun harmonische Schwingungen mit der Schwingungsdauer

 ,

aus, wobei   das Trägheitsmoment der Scheibe ist. Legt man nun zusätzlich einen Körper mit bekanntem Trägheitsmoment   auf die Scheibe, so ändert sich die Schwingungsdauer zu

 .

Aus der Differenz der Quadrate der jeweiligen Schwingungsdauer

 

lässt sich das Direktionsmoment   des Drehtisches bestimmen und aus obiger Formel für   erhält man dann das Trägheitsmoment   des Drehtisches. Legt man nun einen beliebigen Körper auf den Drehtisch, so kann man sein Trägheitsmoment   bezüglich der Rotationsachse aus der gemessenen Schwingungsdauer

 

berechnen.

Moment (Integration)

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Momente sind in Naturwissenschaften und Technik Kenngrößen einer Verteilung, welche die Lage und Form dieser Verteilung beschreiben. Sie werden durch Integration über die mit einem potenzierten Abstand gewichtete Verteilung berechnet. In diesem Sinne ist das Massenträgheitsmoment mit dem Flächenträgheitsmoment verwandt.

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Wikibooks: Mechanik starrer Körper – Lern- und Lehrmaterialien
Commons: Trägheitsmomente – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Trägheitsmoment – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Das Trägheitsmoment wird erstmals dort in Band 1 (§165, S. 70) von Euler explizit definiert, um einen einfachen Ausdruck für die Momentenwirkung träger Massenelemente bei Drehungen um eine feste Achse zu erhalten. Die Vorstellung, dass Materie eine Momentenwirkung hat, die zum Produkt aus der Masse des jeweiligen Körperelementes und zu dem zur Drehachse senkrechten Abstandsquadrat proportional ist, geht allerdings weiter zurück. Sie ist sowohl in früheren Schriften Eulers als auch in denen seiner Vorgänger zu finden, die sich mit Problemen des Schwingungsmittelpunktes zusammengesetzter Körperelemente beschäftigten. Eine erste umfassende Theorie der starren Körper und ihrer Trägheitsmomente publizierte Euler 1765 in Theoria motus corporum solidorum seu rigidorum. Siehe dazu Paul Stäckel: Elementare Dynamik der Punktsysteme und starren Körper. In: F. Klein, C. Müller (Hrsg.): Encyklopädie der Mathematischen Wissenschaften, Band 4 (Mechanik), Heft 4, Leipzig 1908. S. 542–547. Encyklopädie der mathematischen Wissenschaften
  2. Wolfgang Demtröder: Experimentalphysik 1. 2008, S. 145.
  3. Douglas C. Giancoli: Physik. Hrsg.: Oliver Eibl. Pearson Deutschland GmbH, München 2006, ISBN 978-3-8273-7157-7, S. 343 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 20. Januar 2018]).
  4. R. Gammel: Der Kreisel. Seine Theorie und seine Anwendungen. 2. überarb. Auflage. Band 2. Springer, Berlin, Göttingen, Heidelberg 1950, DNB 451641280, S. 26–29.
  5. Grammel (1950), S. 33.
  6. a b Wolfgang Demtröder: Experimentalphysik 1: Mechanik und Wärme. Gabler Wissenschaftsverlage, 2008, ISBN 978-3-540-79294-9, S. 147 (books.google.com [abgerufen am 30. Mai 2012]).
  7. a b c d Murray R. Spiegel, John Liu: Mathematical Handbook of Formulas and Tables. McGraw-Hill Professional, 1999, ISBN 978-0-07-038203-9, S. 38 (books.google.com [abgerufen am 30. Mai 2012]).
  8. M. Alonso, E. Finn: Physics. Addison-Wesley, 1995, ISBN 0-201-56518-8, S. 324.
  9. Wolfgang Demtröder: Experimentalphysik 1: Mechanik und Wärme. Gabler Wissenschaftsverlage, 2008, ISBN 978-3-540-79294-9, S. 148 (books.google.com [abgerufen am 30. Mai 2012]).
  10. a b c Wolfgang Demtröder: Experimentalphysik 1: Mechanik und Wärme. Gabler Wissenschaftsverlage, 2008, ISBN 978-3-540-79294-9, S. 149 (books.google.com [abgerufen am 30. Mai 2012]).
  11. Gitin M. Maitra, L. V. Prasad: Handbook of Mechanical Design. Tata McGraw-Hill Education, Neu-Delhi 1995, ISBN 0-07-460238-1, S. 2–36 (books.google.com [abgerufen am 30. Mai 2012]).
  12. Gitin M. Maitra, L. V. Prasad: Handbook of Mechanical Design. Tata McGraw-Hill Education, Neu-Delhi 1995, ISBN 0-07-460238-1, S. 2–35 (books.google.com [abgerufen am 30. Mai 2012]).
  13. Eric W. Weisstein: Torus. In: MathWorld (englisch).

Literatur

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