Straton von Sardis

griechischer Dichter

Straton war ein aus Sardes stammender griechischer Dichter des 2. Jahrhunderts n. Chr.

Straton kann wegen der Nennung des Arztes Artemidorus Capito[1] in die Regierungszeit des Kaisers Hadrian (117–138) datiert werden. Er wird am Beginn des 3. Jahrhunderts von Diogenes Laertios erwähnt. Ansonsten ist kaum etwas zu seinem Leben bekannt.

Auf Straton geht die Anthologie Μοῦσα Παιδική (Musa Puerilis, die Knabenmuse) zurück, die in der später redigierten, als 12. Buch der Griechischen Anthologie überlieferten Fassung insgesamt 258 Epigramme von 30 Autoren aus fünf Jahrhunderten enthält.[2] Von Straton selbst sind darin 94 Epigramme enthalten. Hinzu kommen fünf weitere im 11. Buch und eines im 16. Buch der Griechischen Anthologie; insgesamt sind damit 100 Epigramme von Straton bekannt, die sich durch ihr fast ausschließliches Thema Päderastie und durch ihre formale Gewandtheit auszeichnen.

Stratons Verse waren offenbar noch im 4. Jahrhundert im lateinischsprachigen Westen des Römischen Reichs bekannt, denn ein scherzhaftes erotisch-mathematisches Rätselepigramm des Ausonius nimmt deutlich darauf Bezug.[3] Im 10. Jahrhundert wurden sie – mit einer entschuldigenden Vorbemerkung – von byzantinischen Gelehrten in die Anthologia Palatina aufgenommen. Als Maximos Planudes im späten 13. Jahrhundert seine Anthologie zusammenstellte, nahm er von den 258 Epigrammen des 12. Buchs lediglich 16 auf.[4] Die neuzeitliche Rezeption konnte erst vergleichsweise spät einsetzen, da die Griechische Anthologie insgesamt erst 1772–1776 erstmals gedruckt wurde.[5] Die Sammlung des 12. Buchs ließ sich erst ab der zweiten Ausgabe von Friedrich Jacobs (Band 2, 1814), die der Reihenfolge der Epigramme im Codex Palatinus folgte, im Zusammenhang erfassen.

Die Ausgabe von Johann Friedrich Dübner (Band 2, Paris 1872) bot Gelehrten neben dem griechischen Text auch die bereits im 17. Jahrhundert erstellte lateinische Versübersetzung von Hugo Grotius. Übersetzungen von Epigrammen der Griechischen Anthologie in die Volkssprachen enthielten höchstens eine kleine Auswahl von Stratons Versen; ihr hauptsächliches Thema fiel unter ein religiös-moralisches Tabu.[6][7] Um 1900 entdeckten homosexuelle Dichter und Publizisten (beispielsweise Elisar von Kupffer) Straton für sich und ihr Publikum wieder. Weitere Verbreitung fanden dann die vollständigen Übersetzungen im Rahmen der zweisprachigen Anthologie-Gesamtausgaben von William Roger Paton (Loeb Classical Library, griechisch/englisch, 5 Bände, 1916–18) und Hermann Beckby (Sammlung Tusculum, griechisch/deutsch, 4 Bände, 1957–58).

Literatur

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Ausgaben und Übersetzungen siehe auch im Artikel Griechische Anthologie.

  • Dietrich Ebener (Hrsg.): Die Griechische Anthologie in drei Bänden (Bibliothek der Antike). Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar 1981 (die Übersetzung von Buch 12 ist im dritten Band enthalten).
  • Daryl Hine (Übersetzer): Puerilities. Erotic Epigrams of The Greek Anthology (= Lockert Library of Poetry in Translation). Princeton 2001, ISBN 0-691-08820-9.
  • Johannes Geffcken: Straton 12. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band IV A,1, Stuttgart 1931, Sp. 276–278 (mit stark abwertender Tendenz: „Poetaster“, „Dichterling“, „Themen und Motive einer zumeist ekelhaften Dichtungsart“ usw.; Schwerpunkt des Artikels sind die motivischen Vorbilder, die Straton nach Geffckens Auffassung nachgeahmt hat).
  • Paul Kroh: Lexikon der antiken Autoren (= Kröners Taschenausgabe. Band 366). Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1972, ISBN 3-520-36601-0, S. 587.
  • Rudolf Keydell: Straton 2. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 5, Stuttgart 1975, Sp. 392 f.
  • Maria Grazia Albiani, Übersetzung: Th. Zinsmaier: Straton 8. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 11, Metzler, Stuttgart 2001, ISBN 3-476-01481-9, Sp. 1044.

Einzelnachweise

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  1. Straton verspottet Artemidorus Capito in Anth. Gr. 11,117; damit ist dies Stratons einziges Epigramm mit einem nicht-erotischen Sujet. – Zu dem Arzt siehe Max Wellmann: Artemidoros 34. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,1, Stuttgart 1895, Sp. 1332. – Vivian Nutton, Übersetzung: Leonie von Reppert-Bismarck: Artemidoros 8. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 2, Metzler, Stuttgart 1997, ISBN 3-476-01472-X, Sp. 52. – Diese übliche hadrianische Datierung Stratons setzt voraus, dass man den in der Anthologie für dieses Epigramm überlieferten Dichternamen akzeptiert. Wenn man das Epigramm für „unecht“ hält (wie Friedrich Jacobs und Rudolf Keydell), muss man versuchen, Stratons Leben und Werk anhand philologischer Kriterien zu datieren. Keydell schlägt einen Ansatz in neronische Zeit vor. Diese Frühdatierung ermöglicht, bestimmte Ähnlichkeiten zwischen Epigrammen von Straton und Martial als Straton-Nachahmung durch den lateinischen Epigrammatiker zu erklären. Doch wenn man mit Johannes Geffcken, Maria Grazia Albani und auch Keydell der Ansicht ist, dass Straton in den meisten Epigrammen topische Motive gestaltet hat, kann man auch annehmen, dass beide Dichter unabhängig voneinander diese Motive in Verse gefasst haben. – Zwei Martial-Kommentare versäumen, die relative Chronologie der Dichter zu diskutieren: Rosario Moreno Soldevila: Martial, Book IV. A Commentary (= Mnemosyne. Suppl. 278). Brill, Leiden/Boston 2006, ISBN 978-90-04-15192-5, S. 133 zu Martial 4,7 (Latein, englisch): “This poem bears striking resemblance to an epigram by Strato of Sardis (A. P. 12.191).” – Christer Henriksén: Martial, Book IX. A Commentary (= Acta Universitatis Upsaliensis. Studia Latina Upsaliensia. Band 24.1). Band 1. Uppsala 1998, ISBN 91-554-4293-5, S. 136 zu Martial 9,25 (Latein, englisch): “The present epigram is clearly influenced by AP 12,175 (Strato).”
  2. Louis Crompton: Greek Literature, Ancient. In: Claude J. Summers (Hrsg.): The Gay and Lesbian Literary Heritage. Bloomsbury Publishing, London 1997, ISBN 0-7475-3295-8, S. 342–348, hier S. 347 (englisch).
  3. Ausonius epigr. 43 kombiniert Anth. Gr. 11,225 und 12,210. – Ausonius (Dichter): The Works of Ausonius. Edited with Introduction and Commentary by R. P. H. Green. Clarendon Press, Oxford 1991, ISBN 0-19-814463-6, S. 77, 398 (Latein, englisch).
  4. Dietrich Ebener: Einleitung. In: Die Griechische Anthologie in drei Bänden (Bibliothek der Antike). Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar 1981, S. V–LXXVIII, hier S. LVII.
  5. Eine bereits 1764 in Altenburg erschienene griechische Einzelausgabe des Straton, die gelegentlich als erste Ausgabe des 12. Buches genannt wird, enthält nur 45 Epigramme, darunter 18 von Straton selbst. – Straton: Stratonis aliorumque veterum poetarum epigrammata nunc primum a Christ. Adolpho Klotzio edita. Ex officina Richteria, Altenburg 1764, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10234257-7 (altgriechisch, Latein).
  6. Beispielsweise bietet die neunbändige deutsche Übersetzung von Wilhelm Ernst Weber, Georg Thudichum und Gottlieb Lukas Friedrich Tafel (1838–1870) lediglich acht der 100 überlieferten Epigramme des Straton. Da die Übersetzung anders als heute üblich gegliedert ist, ist sie umständlich zu benutzen. – Georg Thudichum: Griechische Anthologie. Nach der Anlage von Brunck’s Analekten metrisch übersetzt (= Christian Nathanael von Osiander, Gustav Schwab [Hrsg.]: Griechische Dichter in neuen metrischen Übersetzungen. Band 73). Band 8. Verlag der J. B. Metzler’schen Buchhandlung, Stuttgart 1870, S. 1025–1027, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10994789-8.
  7. Die griechisch-englische Epigramm-Auswahlausgabe von John William Mackail enthält Prosaübersetzungen von 32 der 258 Epigramme des 12. Buchs. – J. W. Mackail: Select Epigrams from the Greek Anthology. Longmans, Green, and Co., London/New York/Bombay 1906 (altgriechisch, englisch, archive.org – “new edition revised throughout”, benutzbar mittels der Nummernkonkordanz auf S. 433).