Schinui
Schinui (hebräisch מפלגת שינוי Mifleget Schinui, deutsch ‚Partei des Wechsels‘ bzw. ‚der Veränderung‘) ist eine zionistische, säkulare und liberale Partei in Israel. Bis 2009 war sie Mitglied der Liberalen Internationale.
Mifleget Schinui מפלגת שינוי Partei des Wechsels | |
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Parteivorsitzender | Ron Levintal |
Gründung | 1974 |
Ausrichtung | Säkularer Zionismus Liberalismus |
Sitze Knesset | 0 / 120 (0 %) (2022)
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Geschichte
BearbeitenAnfänge
BearbeitenSchinui wurde 1974 noch unter dem Eindruck des Jom-Kippur-Krieges auf Initiative des Tel Aviver Juraprofessors Amnon Rubinstein gegründet. Sie hatte zunächst den Charakter einer Bürgerinitiative und war die erste basisdemokratisch verfasste Partei Israels. Wichtige Entscheidungen wurden von den Mitgliedern durch Urwahlen und -abstimmungen getroffen. Zur Parlamentswahl 1977 schloss sich Schinui mit der „Demokratischen Bewegung“ von Jigael Jadin zur Demokratische Bewegung für Veränderung (Dasch) zusammen. 87 Prozent der damals 1500 Schinui-Mitglieder stimmten für die Fusion.[1] Dasch wurde bei der Wahl mit 11,6 % der Stimmen und 15 der 120 Sitze in der Knesset drittstärkste Kraft. Anschließend wurde sie Teil der Likud-geführten Mitte-rechts-Regierung von Menachem Begin.
Die Koalition mit rechten und religiösen Parteien war, vor allem bei den vormaligen Schinui-Mitgliedern, sehr umstritten, die sich zudem vom Vorsitzenden Jadin übergangen fühlten und den Verlust basisdemokratischer Prinzipien beklagten. Weiteren Konfliktstoff boten die Friedensgespräche mit Ägypten: Während sich der Schinui-Flügel (sowie die Gruppe des Verkehrs- und Kommunikationsministers Meir Amit) für stärkere Zugeständnisse gegenüber der ägyptischen Seite aussprachen, verteidigte der Vizepremier Jigael Jadin die härtere Verhandlungslinie des Ministerpräsidenten Begin. So kam es bereits im August 1978 zur faktischen Spaltung der Dasch. Am 14. September 1978 bildete der Schinui, verstärkt um die Amit-Gruppe, eine eigene Fraktion mit sieben Abgeordneten. Diese nannte sich zunächst „Bewegung für Veränderung und Initiative“ (Schai) und ging in die Opposition.[2] Nachdem Amit und David Golomb zur Arbeitspartei zurückgekehrt waren, benannte sie sich in „Schinui – Zentrumspartei“ um.[3]
Bei den Wahlen 1981 trat Schinui allein an und erhielt nur noch 1,5 % der Stimmen und zwei Sitze. Dieses Niveau behielt er auch 1984. Anschließend trat Schinui der „Regierung der nationalen Einheit“ unter Schimon Peres und Jitzchak Schamir bei – Amnon Rubinstein wurde Kommunikationsminister – zog sich aber im Mai 1987 aus dieser zurück. Bei der Parlamentswahl 1988 erhielt Schinui abermals zwei Sitze und blieb in der Opposition.
Wahlbündnis Meretz
Bearbeiten1992 schloss sich Schinui mit Mapam und der Bürgerrechtsbewegung Ratz zum Parteienbündnis Meretz zusammen. Meretz konnte in der Wahl am 23. Juni 1992 mit 9,6 % der Stimmen und 12 Sitzen zur dritten Kraft hinter Awoda und Likud aufsteigen. Anschließend beteiligte sich Meretz an den Mitte-links-Regierungen von Jitzchak Rabin und Schimon Peres. 1996 beschlossen Mapam, Ratz und Schinui, ihr Bündnis in eine einheitliche Partei umzuformen. Der Schinui-Vorsitzende Amnon Rubinstein warb für die Fusion, aber eine Mehrheit der Parteimitglieder stand der sozialdemokratischen Ausrichtung der Meretz-Partei kritisch gegenüber.
Ära Poraz/Lapid
BearbeitenWährend Rubinstein bei Meretz blieb, spaltete sich 1997 wieder eine eigenständige Schinui unter Führung von Avraham Poraz ab. Sie gab sich ein liberales Profil, sowohl in der Wirtschaftspolitik als auch in religiösen Grundsatzfragen. 1999 übergab Poraz den Parteivorsitz an den TV-Journalisten Josef „Tommy“ Lapid. In der darauffolgenden Wahl zur 15. Knesset am 17. Mai 1999 konnte Schinui sechs Mandate erzielen.
Bei der Parlamentswahl 2003 stieg sie sogar zur drittstärksten Partei mit 12,3 % der Stimmen und 15 von 120 Sitzen auf und trat in die Mitte-rechts-Regierung von Ariel Scharon ein. Lapid wurde Vize-Regierungschef und Justizminister, Avraham Poraz Innenminister, Jehudit Naot Umweltministerin, Josef Paritzky Infrastrukturminister und Eli’ezer Sandberg Wissenschaftsminister. Schinui unterstützte Scharons Abzugsplan aus Gaza – auch später aus der Opposition heraus – und war treibender Motor hinter einer recht erfolgreichen liberalen Wirtschaftspolitik. Im Dezember 2004 zerbrach die Koalition mit Scharons Likud an Differenzen über den Haushalt. Schinui wollte Zahlungen von mehreren Millionen Euro an orthodox-religiöse Organisationen nicht mittragen und stimmte in erster Lesung gegen den Haushaltsentwurf der Regierung. Scharon entließ daraufhin am 4. Dezember 2004 die Schinui-Minister.
Niedergang
BearbeitenPoraz, Stellvertreter von Lapid im Parteivorsitz, verlor 2006 überraschend das Rennen um die Spitzenkandidatur 2006 gegen Ron Levintal. Als Reaktion verließen Poraz, Lapid und neun weitere Abgeordnete die Partei und bildeten am 26. Januar 2006 die Säkulare Fraktion. Bereits kurz darauf spalteten Hemi Doron und Eliezer Sandberg die neue Partei Nationale Heimat (הבית הלאומי, HaBayit HaLeumi) ab. Die Säkulare Fraktion sammelte sich in der radikalliberal-säkularen Partei Hetz (Pfeil, HaMiflaga HaChilonit-Zionit – Säkulare Zionistische Partei).
Ein weiterer Schlag für Schinui war die Gründung der liberalen Kadima, die ihr Wähler der politischen Mitte entzog. Infolgedessen erhielt Schinui bei der Wahl am 28. März 2006 nur noch 0,15 % der Stimmen, scheiterte also deutlich an der Zwei-Prozent-Hürde. 2009 trat sie nicht zur Wahl an.
Vorsitzende
Bearbeiten- 1974–1996 Amnon Rubinstein
- 1997–1999 Avraham Poraz
- 1999–2006 Josef Lapid
- 2006–Ron Levintal
Siehe auch
BearbeitenWeblinks
Bearbeiten- www.shinui.org.il – Offizielle Internetseite (nicht mehr abrufbar)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Michael Wolffsohn: Politik in Israel. Entwicklung und Struktur des politischen Systems. Leske Budrich, Opladen 1983, ISBN 3-8100-0349-2, S. 130.
- ↑ Michael Wolffsohn: Politik in Israel. Entwicklung und Struktur des politischen Systems. Leske Budrich, Opladen 1983, S. 132.
- ↑ Michael Wolffsohn: Politik in Israel. Entwicklung und Struktur des politischen Systems. Leske Budrich, Opladen 1983, S. 133–134.