Patty (Film)

Film von Paul Schrader (1988)

Patty (alternativ: Schreie im Dunkel) ist ein US-amerikanisches Filmdrama von Paul Schrader aus dem Jahr 1988. Nicholas Kazan schrieb das Drehbuch nach der Autobiografie Every Secret Thing von Patty Hearst.

Film
Titel Patty (Kino)
Schreie im Dunkel (Video/DVD)
Originaltitel Patty Hearst
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1988
Länge 108 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Paul Schrader
Drehbuch Nicholas Kazan
Produktion Marvin Worth
Musik Scott Johnson
Kamera Bojan Bazelli
Schnitt Michael R. Miller
Besetzung

Der Film schildert die Entführung der 19-jährigen Studentin Patricia „Patty“ Hearst, Enkelin des Medienzaren William Randolph Hearst, durch die linksradikale Symbionese Liberation Army (SLA). Sie schließt sich der Gruppe an, nimmt an mehreren Raubüberfällen teil, wird schließlich verhaftet und zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt.

Handlung

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1974 wird die 19-jährige Studentin Patty Hearst, Enkelin des Medienunternehmers Randolph Hearst, von Mitgliedern der Symbionese Liberation Army (SLA) aus ihrer Wohnung in Berkeley, Kalifornien, entführt. Die linksradikale Guerillagruppe um Anführer Cinque verlangt die Freilassung mehrerer inhaftierter Mitglieder; als diese verwehrt wird, erzwingen sie die Verteilung von Lebensmitteln an arme Bevölkerungsgruppen. Nach zwei Monaten Gefangenschaft in einem dunklen Wandschrank und propagandistischen Unterweisungen stellt die Gruppe ihre Geisel vor die Wahl, in die Freiheit zurückzukehren oder sich ihnen anzuschließen. Patty wird ein Mitglied der SLA, nimmt den Namen Tania an und beteiligt sich an einer Serie von Raubüberfällen. Nachdem sie bei einem fehlgeschlagenen Überfall beinahe verhaftet werden, taucht Patty mit Bandenmitglied Teko und seiner Frau Yolanda unter; im Fernsehen werden sie Zeugen, wie die restliche Gruppe um Cinque bei einem Feuergefecht getötet wird. Teko beginnt in San Francisco mit dem Anwerben neuer Mitglieder. Patty wird von der Polizei aufgespürt, verhaftet und zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Zum Schluss des Films bereitet sie sich mit Hilfe ihres Vaters auf ein Berufungsverfahren vor.

Hintergrund

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Patty feierte seine Premiere am 13. Mai 1988 während der Internationalen Filmfestspiele von Cannes, startete am 23. September 1988 in den amerikanischen und am 20. Oktober desselben Jahres in den bundesdeutschen Kinos. Das Einspielergebnis belief sich in den USA auf 1,2 Millionen US-Dollar.[1]

Das Projekt war bereits von mehreren Regisseuren abgelehnt worden, bevor Schrader akzeptierte. Nach dem Misserfolg seines vorherigen Films Light of Day – Im Lichte des Tages erklärte sich Schrader bereit, mit einem vergleichsweise geringen Budget (und Gehalt) zu arbeiten – was ihm nach seiner Aussage größere künstlerische Freiheiten verschaffte. Da Schrader sich eng an die (aus der Sicht Patty Hearsts geschilderten) Fakten halten wollte, ihm aber die Protagonistin als zu passiv für eine Filmfigur erschien, entschied er sich für eine visuell stark stilisierte Erzählweise: Die erste halbe Stunde des Films beschränkt sich auf einen klaustrophobischen, subjektiven Blick Hearsts auf ihre Entführer und ihre Umgebung. Auch im weiteren Verlauf wird durch stark kontrastierende Farben oder bühnenhafte Szenenbilder, die vereinzelt an Schraders Mishima – Ein Leben in vier Kapiteln erinnern, eine bewusste Stilisierung geschaffen.[2]

In einer Serie von Interviews mit Journalist Kevin Jackson gestand Schrader seine gemischten Gefühle gegenüber Patricia Hearst, aber ebenso sehr gegenüber der in seinen Worten „selbstmörderischen“ SLA ein: „Die SLA tat gerne so, als wäre sie eine große Bewegung, aber in Wahrheit war sie ein kleiner Kult. Für mich hatte sie viel gemein mit einem anderen Kult, der zur selben Zeit aus Oakland kam – der James-Jones-Sekte. […] Die SLA hatte definitiv keine Verbindungen zur Politik der Linken wie ich sie hatte.“ Gleichzeitig bekannte Schrader, dass er, wäre das Projekt nicht an ihn herangetragen, sondern von ihm angestoßen worden, den Film aus der Perspektive des Anführers Cinque erzählt hätte.[3]

Das Ende zeigt die Hauptfigur, wie in Schraders Ein Mann für gewisse Stunden oder Light Sleeper, im Gefängnis, wobei die Gefangenschaft jedoch nicht als Ende, sondern als Beginn eines neuen Lebensabschnittes begriffen wird (hier bereitet sich die Protagonistin auf einen Berufungsprozess vor). Schrader und Jackson bezeichneten Patricia Hearst übereinstimmend als die lebendigste Frauenfigur in seinen Filmen, eine Leistung, die Schrader seiner Hauptdarstellerin Natasha Richardson anrechnete: „[…] das ist zur Gänze ihr Verdienst – Ehre wem Ehre gebührt.“[4]

Kritiken

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„Trotz seines vergleichsweise geringen Budgets ist Patty Hearst ein wunderbar gemachter Film, der zur Gänze Pattys eingeschränkten Blickwinkel einnimmt. Er ist mitunter stilisiert, absolut direkt und gleichermaßen schockierend wie auf grimmige Weise komisch.“

Vincent Canby, The New York Times[5]

„Schrader verbindet in Patty Hearst B-Movie-Effekte mit Kunstkino-Taktiken, der Film ist ebenso schmierig wie hochnäsig. […] Schon bald nach Pattys Neuorientierung spüren wir Schraders Abneigung gegen seine Protagonistin, […] seine Unfähigkeit, sich mit irgendeiner seiner Figuren zu solidarisieren […] [Der Film] wahrt sicheren Abstand zu allen Positionen. Zum Schluss bringen wir nicht mehr Verständnis für Patty Hearst auf als vorher. […] Aber die Mehrdeutigkeit ist in diesem Fall kein Zeichen von Komplexität, sondern von Rückzug. Sie ist das Eingeständnis des eigenen Versagens.“

Hal Hinson, The Washington Post[6]

„[…] ein brütender, blasser, introspektiver Film, der sich offenbar vorgenommen hat, nicht der Sensationsgier anheim zu fallen […] Der gesamte Film dreht sich um die bemerkenswerte Darstellung von Natasha Richardson als Hearst.“

„Der Film erholt sich nie von der tödlichen ersten halben Stunde […] Richardson hinterlässt einen starken Eindruck, obwohl man ihr kaum Material zum Arbeiten gibt.“

„Richardson spielt ihre Rolle mit überwältigender Hingabe, inklusive eines perfekten amerikanischen Akzents, aber der Film ist luftleer und anstrengend.“

Brian Case, Time Out Film Guide[9]

„Nach dem autobiografischen Bericht der Tochter des amerikanischen Zeitungskönigs Hearst beschreibt der Film deren Entführung im Jahr 1974 durch eine Terroristengruppe demagogisch als Albtraum in den Fängen einer überdrehten Politsekte. Dabei wird der Stoff fast vollständig aus allen politischen Bezügen gelöst. Auch als Studie über Gruppendruck und Gruppenpsychose zu plakativ und vordergründig.“

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Literatur

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  • Patricia Campbell Hearst und Alvin Moscow: Every Secret Thing, Doubleday, New York 1981

Einzelnachweise

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  1. Patty. Internet Movie Database, abgerufen am 13. März 2022 (englisch).
  2. Kevin Jackson (Hrsg.): Schrader on Schrader and Other Writings, Faber & Faber, 2004.
  3. „The SLA liked to pretend that they were a huge movement, but in fact they were a tiny cult. In my mind I associated them with another cult that came out of Oakland at the very same time – James Jones's sect. […] The SLA certainly had no connection with any Left politics I ever had.“ – Kevin Jackson (Hrsg.): Schrader on Schrader and Other Writings, Faber & Faber, 2004.
  4. „[…] that's entirely down to her – credit where credit's due.“ – Kevin Jackson (Hrsg.): Schrader on Schrader and Other Writings, Faber & Faber, 2004.
  5. „Though made on a comparatively modest budget, Patty Hearst is a beautifully produced movie, seen entirely from Patty's limited point of view. It is stylized at times, utterly direct and both shocking and grimly funny.“ – Rezension in The New York Times vom 23. September 1988, abgerufen am 1. Dezember 2011.
  6. „In Patty Hearst, Schrader combines B-movie effects with art-house tactics; it's both sleazy and hoity-toity. […] It's early on in Patty's reorientation that we sense Schrader's distaste for his own protagonist, […] his inability to discover comradely feeling toward any of his subjects […] it maintains a safe distance from any definitive position. In the end, we have not come any closer to an understanding of Patty Hearst. But ambiguity, in this case, isn't an indication of complexity; it's a refuge. It's an admission of failure.“ – Rezension in The Washington Post vom 23. September 1988, abgerufen am 1. Dezember 2011.
  7. „[…] a brooding and pale film, an introspective one that seems determined not to exploit the sensationalism of the case. […] The entire film centers on the remarkable performance by Natasha Richardson as Hearst.“ – Rezension in der Chicago Sun-Times vom 23. September 1988, abgerufen am 1. Dezember 2011.
  8. „Film never recovers from a deadly opening half hour […] Richardson makes a strong impression, despite having almost nothing to work with.“ – Leonard Maltin's 2008 Movie Guide, Signet/New American Library, New York 2007.
  9. „Richardson brings terrific dedication to the role, including a perfect American accent, but it's an airless, exhausting film.“ – Time Out Film Guide, Seventh Edition 1999, Penguin, London 1998.
  10. Patty. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 1. Dezember 2011.