Parlamentswahl in der Ukraine 2006

Wahl
Parlamentswahl
in der Ukraine 2006
2007
(in %) [1][2]
 %
40
30
20
10
0
32,14
22,29
13,95
5,69
3,66
22,27
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2002
 %p
 25
 20
 15
 10
   5
   0
  −5
−10
−15
−20
20,37
15,03
−9,62
−1,18
−16,32
−8,28
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Anmerkungen
Anmerkungen:

Die vierte Wahl des ukrainischen Parlaments Werchowna Rada seit der Unabhängigkeit 1991 fand am 26. März 2006 statt. Es war die erste Parlamentswahl seit der „orangefarbenen Revolution“. Sie wurde allgemein als Abstimmung über die Fortsetzung des liberalen, westorientierten Kurses des amtierenden Präsidenten Wiktor Juschtschenko gesehen. Dessen Partei büßte aufgrund der verbreiteten Unzufriedenheit mit der als falsch oder halbherzig empfundenen Politik des Präsidenten zahlreiche Stimmen ein, die Wahlliste der ehemaligen Ministerpräsidentin und radikalen Reformerin Julija Tymoschenko wurde allerdings zweitstärkste Kraft. Die Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Wiktor Janukowytsch wurde mit einem Stimmenanteil von 32,1 % stärkste Partei, die größte Unterstützung fand der bisher als Gegner der demokratischen Revolution und Unterstützer Wladimir Putins geltende Janukowytsch im meist russischsprachigen Osten und im Süden des Landes, während in Kiew und im Westen des Landes die Parteien Juschtschenkos und Tymoschenkos die Mehrheit erlangten.

Sitzverteilung
     
Insgesamt 450 Sitze

Wahlverfahren

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Die Parlamentswahl 2006 wurde ausschließlich auf der Basis des Verhältniswahlrechtes abgehalten. 450 Parlamentssitze wurden nach landeseinheitlichen Parteilisten vergeben. Es galt eine 3%ige Sperrklausel. Damit war es die erste Wahl, die ausschließlich nach dem Verhältniswahlrecht stattfand. Die Wahlen 1990 und 1994 wurden ausschließlich nach dem Mehrheitswahlrecht abgehalten. Dabei sollte der Kandidat die absolute Mehrheit in seinem Wahlkreis im ersten Wahlgang erzielen, was 1994 zu mehreren Nachwahlen und ständiger Unterbesetzung des Parlaments führte. 1998 und 2002 wurden 225 Sitze nach Parteilisten und die anderen 225 als Direktmandate vergeben, wobei jetzt nur eine relative Mehrheit der Stimmen im Wahlkreis reichte.

Die Direktmandate wurden meist von parteilosen Kandidaten erworben, was dann im Parlament die Bildung einer klaren Mehrheit erschwerte. Von der Wahl 2006 nach dem Verhältniswahlrecht wurde vor allem die Stärkung der Parteien im Parlament erwartet.

Eine besondere Bedeutung wurde dieser Wahl auch wegen der am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Verfassungsreform beigemessen.[3]

Die geänderte Verfassung begrenzte die Kompetenzen des Präsidenten bei der Regierungsbildung zugunsten des Parlaments. Jetzt wird der Ministerpräsident nicht mehr dem Parlament zur einfachen Bestätigung vorgeschlagen, der Präsident muss nun die Mehrheitsverhältnisse in der Werchowna Rada beachten und nur den Vertreter der Mehrheitspartei(-en) dem Parlament zur Wahl vorschlagen. Es wurde also erwartet, dass es zur ersten von den Parteien getragenen Koalitionsregierung komme. Die Kontrollrechte des Parlaments gegenüber der Regierung wurden erweitert und Weisungsbefugnisse des Präsidenten wurden eingeschränkt.

Endergebnis

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Stärkste Kraft nach Wahlkreisen
 
Zweitstärkste Kraft nach Wahlkreisen

Die Wahllokale schlossen am 26. März 2006 um 22 Uhr (Kiewer Zeit). Da neben der Parlamentswahl noch Kommunal- und Regionalwahlen stattfanden, wurde die Stimmenauszählung erst am Dienstag, dem 28. März, in der Frühe abgeschlossen, allerdings wurden bereits am Sonntagabend erste Hochrechnungen auf der Basis von Nachwahlbefragungen veröffentlicht. Nach amtlichen Angaben der Zentralen Wahlkommission[4] nahmen an der Wahl 67,13 % der wahlberechtigten Bürger teil.

Die zentrale Wahlkommission gab das amtliche Endergebnis am 10. April 2006 bekannt:

Amtliches Endergebnis der Wahlen zur Werchowna Rada 2006
Parteien und Wahlbündnisse Stimmen % Sitze
Partei der Regionen (Partija regioniw) 8.148.745 32,14 186
Block Julija Tymoschenko (Blok Juliji Tymoschenko) 5.652.876 22,29 129
Volksunion Unsere Ukraine (Narodnyj Sojus Nascha Ukrajina) 3.539.140 13,95 81
Sozialistische Partei der Ukraine (Sozialistytschna Partija Ukrajiny) 1.444.224 5,69 33
Kommunistische Partei der Ukraine (Komunistytschna Partija Ukrajiny) 929.591 3,66 21
Block Volksopposition (Blok Narodna oposyzija) 743.704 2,93 -
Volksblock Lytwyn (Narodnyj Blok Lytwyna) 619.905 2,44 -
Block Kostenko und Pljuschtsch (Blok Kostenka i Pluschtscha) 476.155 1,87 -
Witsche (Witsche) 441.912 1,74 -
Reformen und Ordnung - Pora! (Reformy i Porjadok – PORA!) 373.478 1,47 -
Oppositionsblock „Ne Tak“ 257.106 1.01 -
sonstige (unter 1 %) 2.042.405 7.11 -
„gegen alle“ 449.650 1,77 -
ungültige Stimmabgabe 490.595 1,93 -
Gesamt (Wahlbeteiligung: 67,13 %) 25.352.380 100 450

Angetretene Parteien, Bündnisse und Wahlblöcke

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Die Zentrale Wahlkommission der Ukraine hat zur Wahl am 26. März 2006 die Namenslisten der insgesamt 45 Parteien und Wahlblöcke zugelassen. Es kamen aber nur fünf Parteien über die 3 %-Hürde und zogen damit in Fraktionsstärke in die Werchowna Rada ein.

Hervorgehoben sind die Parteien, bei denen erwartet wurde, dass sie über 3 % der Stimmen erhalten. In Klammern ist die Anzahl der Kandidaten auf der bei der zentralen Wahlkommission eingereichten Namensliste der jeweiligen Partei angegeben (siehe auch: Liste der Parteien der Ukraine).

Regierungskrise

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Im Juni 2006 wurde zunächst eine Neuauflage der Koalition zwischen dem Block Julija Tymoschenko, der Volksunion Unsere Ukraine und der Sozialistischen Partei beschlossen. Tymoschenko sollte in das Amt des Ministerpräsidenten zurückkehren, der bisherige Ministerpräsident Jurij Jechanurow war als neuer Parlamentspräsident vorgesehen. Die Koalition zerbrach aber noch vor der Wahl des Ministerpräsidenten durch das Parlament.

In den folgenden Wochen wurde deutlich, dass nur eine Koalition von der Volksunion Unsere Ukraine mit Wiktor Janukowytsch Partei der Regionen eine stabile Mehrheit erreichen konnte. Die Parteien einigten sich nach zähen Verhandlungen auf eine gemeinsame Regierung; am 2. August 2006 kündigte Präsident Juschtschenko an, seinen ehemaligen Rivalen Janukowytsch für das Amt des Ministerpräsidenten vorzuschlagen. Mit der Koalitionsvereinbarung zwischen Janukowytsch und Juschtschenko endete die Regierungskrise der Ukraine vorerst. Janukowytsch wurde am 6. August von einer Mehrheit im Parlament bestätigt.[5]

Knapp 14 Monate später, am 30. September 2007, fand eine vorgezogene Parlamentswahl statt.

  1. The Elections of People’s Deputies of Ukraine, 2006 Central Election Commission of Ukraine (en)
  2. The Elections of People’s Deputies of Ukraine, 2002 (Memento des Originals vom 3. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cvk.gov.ua Central Election Commission of Ukraine (en)
  3. Das Verfassungsgericht erklärte diese Änderung am 1. Oktober 2010 – unter umstrittenen Umständen – für ungültig. (Kyryl Savin, Andreas Stein, Alexander Vorbrugg: Vorwärts in die Vergangenheit: Die ukrainische Verfassungsreform von 2004 wurde zurückgenommen. Heinrich-Böll-Stiftung, 25. Oktober 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. Februar 2014; abgerufen am 24. Mai 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.boell.de). Siehe auch en:Constitutional Court of Ukraine#Controversies.
  4. Шановні пані та панове! Щиро раді вітати вас на WEB-сайті Центральної виборчої комісії!, abgerufen am 21. Oktober 2018
  5. tagesschau.de: Juschtschenko schlägt Rivalen als Premier vor (tagesschau.de-Archiv), 3. August 2006
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