Nils Schmid

deutscher Politiker (SPD), MdB, MdL

Nils Schmid (* 11. Juli 1973 in Trier) ist ein deutscher Politiker und Jurist und seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. Dort ist er seit 2018 außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Zuvor war er von 2009 bis 2016 Landesvorsitzender der SPD in Baden-Württemberg. Bei der Landtagswahl 2011 trat er als SPD-Spitzenkandidat im Wahlkreis Reutlingen an; seine Partei wurde drittstärkste Kraft. Im Kabinett Kretschmann I war er von Mai 2011 bis Mai 2016 Landesminister für Finanzen und Wirtschaft und Stellvertreter des Ministerpräsidenten.

Nils Schmid (2021)

Ausbildung und Beruf

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Nach dem Abitur im Jahr 1993 am Eduard-Spranger-Gymnasium in Filderstadt und seinem Zivildienst in einem Altenheim absolvierte Schmid ein Studium der Rechtswissenschaft an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, das er im Jahr 1999 mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. Das anschließende Referendariat, während dessen er zeitweise bei dem Energieversorgungsunternehmen Energiedienst tätig war,[1] beendete er 2001 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen.

Seitdem ist er als Rechtsanwalt zugelassen, die Tätigkeit ruht jedoch seit 2011. Im Jahr 2006 wurde er durch die Universität Tübingen mit einer Dissertation zum Thema Staatliches Liegenschaftsmanagement, Staatsverschuldung und Staatsvermögen bei Ferdinand Kirchhof mit der Note summa cum laude promoviert.[2][3]

Politische Tätigkeit

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Parteilaufbahn

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Nils Schmid auf dem SPD-Landesparteitag 2011

Seit dem Jahr 1991 ist Nils Schmid Mitglied der SPD. Er engagierte sich zunächst bei den Jusos und war von 1993 bis 1997 Juso-Kreisvorsitzender in Esslingen. Daneben war er in den Jahren 1996 bis 1998 stellvertretender Landesvorsitzender der Jusos in Baden-Württemberg. 1993 bis 2011 gehörte er dem SPD-Kreisvorstand Esslingen an und 1999 bis 2010 war er Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Nürtingen.

Nachdem die damalige Landesvorsitzende der SPD Baden-Württemberg, Ute Vogt, von ihrem Amt als Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion zurückgetreten war, unterlag Schmid am 10. Januar 2008 in einer Kampfabstimmung um ihre Nachfolge in diesem Amt knapp (18 zu 20 Stimmen) gegen Claus Schmiedel. Im Jahr 2009 war er neben Schmiedel und Hilde Mattheis einer von drei Kandidaten für die Nachfolge von Ute Vogt als Vorsitzender des SPD-Landesverbands. Hierzu fand am 21. November 2009 eine Mitgliederbefragung in der SPD Baden-Württemberg statt. Bei einer Wahlbeteiligung von 47,35 % erhielt er in der Zweitauszählung unter Berücksichtigung der Zweitstimmen 56 % gegenüber 37 % für Hilde Mattheis. Bei den Erststimmen entfielen 46,2 % der Stimmen auf ihn, 29,1 % auf Hilde Mattheis und 22,8 % auf Claus Schmiedel.[4] Daraufhin wurde Schmid auf dem Landesparteitag der SPD in Karlsruhe am 27. November 2009 mit 265 von 299 Stimmen der Delegierten (88,63 %) zum Landesvorsitzenden gewählt.[5] Am 16. Oktober 2010 wurde Schmid auf dem Landesparteitag der SPD in Ulm mit über 92 % der Stimmen zum Spitzenkandidaten der SPD für die Landtagswahl 2011 und damit zum Herausforderer von Ministerpräsident Stefan Mappus gewählt. Mappus war im Februar 2010 Nachfolger des vorherigen Ministerpräsidenten Oettinger geworden, also noch nicht lange im Amt. Am 4. Juni 2016 gab Schmid bekannt, seinen Posten als SPD-Landesvorsitzender bald zu räumen.[6] Am 22. Oktober wurde Leni Breymaier zu seiner Nachfolgerin gewählt.

Abgeordnetentätigkeit und öffentliche Ämter

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Im Jahr 1997 rückte Schmid als Nachfolger von Werner Weinmann, der am 13. Februar 1997 nach einem Herzinfarkt verstarb, in den Landtag von Baden-Württemberg nach. Hier war er ab Juni 2001 finanzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Nach dem erneuten Einzug in den Landtag 2006 rückte er zum stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion auf. Nils Schmid ist in den Jahren 2001 und 2006 über ein Zweitmandat im Landtagswahlkreis Nürtingen in den Landtag eingezogen. Bei der Landtagswahl 2001 erreichte er hier 32,0 % der Stimmen, 2006 waren es 23,0 %. 2011 und 2016 kandidierte er im Landtagswahlkreis Reutlingen, wo er mit 24,7 % (2011) und 14,2 % (2016) der Stimmen wiederum ein Zweitmandat erreichte. Ab 2016 übte er die Funktion des kunstpolitischen Sprechers der SPD-Landtagsfraktion aus. Nach der Bundestagswahl 2017 legte er sein Landtagsmandat im Oktober 2017 nieder. Für ihn rückte Ramazan Selçuk nach.

Im Kabinett Kretschmann I übernahm Nils Schmid nach der Wahl von Winfried Kretschmann zum Ministerpräsidenten am 12. Mai 2011 die Rolle des stellvertretenden Regierungschefs und das Amt des Ministers für Finanzen und Wirtschaft.[7] Schmid gilt als Urheber der Volksabstimmung über das Bahnprojekt Stuttgart 21, die er zur Bedingung für eine Koalition mit den Grünen machte.[8] Weitere Forderungen aus dem Wahlprogramm der SPD, die Schmid in den Koalitionsverhandlungen durchsetzte, waren die Abschaffung der Studiengebühren, die Einführung von Gemeinschaftsschulen sowie die Schaffung eines eigenständigen Integrationsministeriums.[9] Unmittelbar in seinem Ressort erfolgte die Einführung des Tariftreue- und Mindestlohngesetzes sowie ein Gesetz zum Bildungsurlaub. Um den Ausbau der Ganztagsbetreuung zu finanzieren, erhöhte Schmid die Grunderwerbsteuer um 1,5 Prozentpunkte.[10] Im Zuge der Neuregelung der Erbschaftsteuer für Unternehmen forderte Schmid die Festsetzung der Untergrenze für die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene „Bedürfnisprüfung“ auf 100 Millionen €.[11] Mit dem umfassenden „Unternehmenswert“ sollte ausgeschlossen werden, dass durch Aufsplittung auf viele Familienmitglieder Werte von mehreren Hundertmillionen oder gar Milliarden Euro ohne Nachweis der Bedürftigkeit erbschaftssteuerfrei übertragen werden können. Eine kontroverse Debatte löste Schmid aus, als er neue Schwerpunkte bei der Förderpolitik des Landes setzte und dabei Subventionen für Landwirtschaft und Tourismus zugunsten von Infrastruktur, Bildung und Betreuung kürzen wollte.[12] Kritiker warfen ihm vor, damit den ländlichen Raum zu schwächen,[13][14] während Befürworter die Notwendigkeit von Prioritätensetzungen im Zuge der Haushaltskonsolidierung sahen.[15] Schmid selbst verwies darauf, es sei Konsens in der Koalition, dass die Frage des ländlichen Raumes eine Infrastrukturfrage sei.[16]

Mit Schmid als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 13. März 2016 erzielte die SPD mit 12,68 % ihr zum damaligen Zeitpunkt schlechtestes Wahlergebnis seit Bestehen des Bundeslandes,[17] das jedoch bei der darauffolgenden Landtagswahl mit 11,02 % abermals unterboten wurde.[18]

Zur Bundestagswahl 2017 trat Schmid als Kandidat der SPD im Wahlkreis Nürtingen an. Auf einer Mitgliedervollversammlung am 6. Dezember 2016 wurde er von 92,6 % der Mitglieder nominiert. In den Bundestag wurde er über die Landesliste der SPD gewählt.[19] Im März 2018 ist Schmid zum außenpolitischen Sprecher seiner Fraktion gewählt worden. Zudem gehört er der Deutsch-Französischen Arbeitsgruppe zum Élysée-Vertrag an, die sich aus je neun Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der französischen Nationalversammlung zusammensetzt, um ein „Deutsch-Französisches Parlamentsabkommen“ zu erarbeiten.[20] Seit 2019 ist Nils Schmid Mitglied der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung. Er ist Obmann des Auswärtigen Ausschusses und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur.[21]

In seinem Wahlkreis etablierte Schmid gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung das „Gipfeltreffen“ auf der Burg Hohenneuffen, hier waren 2018 Klaus Wowereit und 2019 Michelle Müntefering zu Gast.[22][23]

Bei der Bundestagswahl 2021 wurde er über Platz 2 der Landesliste erneut in den Deutschen Bundestag gewählt.[24]

Sonstige Ämter, Ehrungen und Auszeichnungen

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Im Jahr 2003 war er Gründungsmitglied des Stiftungsrats der Werner-Weinmann-Stiftung, die vor allem Einrichtungen der Alten- sowie Kinder- und Jugendhilfe im Raum Nürtingen und Filder fördert. Im Januar 2019 übernahm er den ehrenamtlichen Vorstandsvorsitz der Stiftung.[25] Seit 2003 ist er Mitglied des Kuratoriums der Kunststiftung Baden-Württemberg, bis 2011 und wieder seit 2016 als dessen Vorsitzender. Im Jahr 2004 wurde er in den Verwaltungsrat der Landesbank Baden-Württemberg berufen, aus dem er 2016 ausschied. Im Jahr 2006 wählten ihn die Mitglieder des Wilhelma-Fördervereins in den Vorstand; wegen seines Regierungsamtes ruhte dieses Mandat zwischen 2011 und 2016. In den Jahren 2007 bis 2011 und wieder seit 2016 ist er Mitglied des Kuratoriums der Akademie Schloss Solitude. Im Jahr 2008 wurde er Mitglied des Kuratoriums des Deutsch-Türkischen Forums Stuttgart. Seit 2011 ist er Ehrenmitglied der juristischen Vereinigung Phi Delta Phi. Mit Gründung der „Aktion Sterntaler“ 2012, die sich im Kreis Reutlingen für benachteiligte Kinder und Jugendliche einsetzt, war er bis 2017 Mitglied in deren Kuratorium. Ab 2016 war er Mitglied des Verwaltungsrats des Badischen Staatstheaters Karlsruhe sowie des Stiftungsrats des Zentrums für Kunst und Medien, Karlsruhe. In Zusammenhang mit seinem Bundestagsmandat und der Mitgliedschaft im Auswärtigen Ausschuss übernahm er eine Reihe von Mitgliedschaften und Ehrenämtern in Organisationen, die die Pflege der internationalen Zusammenarbeit zum Gegenstand haben.[26]

Familie und Privates

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Schmids türkischstämmige Ehefrau Tülay brachte einen Sohn mit in die Ehe,[27] außerdem hat das Paar eine gemeinsame Tochter. Schmid ist Anhänger des VfB Stuttgart.[28]

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Commons: Nils Schmid – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Nils Schmid will offene SPD: SPD-Landesvorsitzender im Redaktionsgespräch. In: Badische Zeitung. 3. November 2010.
  2. Staatliches Liegenschaftsmanagement, Staatsverschuldung und Staatsvermögen (= Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht. Band 76). Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-12196-0.
  3. Susanne Preuss: SPD-Mann aus Baden-Württemberg: Der leise und fleißige Nils Schmid. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 7. April 2019]).
  4. Wahlergebnis nach Kreisverbänden
  5. Wahlergebnis des Landesparteitags der SPD in Karlsruhe am 27. November 2009 auf www.spd-bw.de
  6. www.zeit.de: SPD-Landesvorsitzender Nils Schmid gibt Amt auf
  7. Kretschmann stellt sein Kabinett vor, Südwestrundfunk, 4. Mai 2011
  8. SPD: Stuttgart-21-Volksabstimmung Bedingung für Koalition. In: www.merkur.de. 1. April 2011, abgerufen am 28. November 2017.
  9. Michael Schlieben: Der unterschätzte Herr Dr. Schmid. In: www.zeit.de. 10. März 2011, abgerufen am 18. Dezember 2019.
  10. dpa: Grün-Rot erhöht Grunderwerbssteuer. In: www.stuttgarter-zeitung.de. 26. Oktober 2011, abgerufen am 18. Dezember 2019.
  11. Michael Hartmann: Die Abgehobenen. Wie die Eliten die Demokratie gefährden. Campus Verlag, Frankfurt/New York, 2018. S. 145 ff.
  12. Reiner Ruf: Förderpolitik. Abschied vom ländlichen Raum. In: Stuttgarter Zeitung. 31. Juli 2012, abgerufen am 26. März 2020.
  13. Reiner Ruf: Landwirtschaft im Südwesten. Schmid handelt sich Kritik ein. In: Stuttgarter Zeitung. 31. Juli 2012, abgerufen am 26. März 2020.
  14. Schmid liegt voll daneben – Leitartikel. In: focus.de. 3. August 2012, abgerufen am 4. November 2017: „Dann wächst im Schwarzwald halt mal ein Tal zu.“
  15. Reiner Ruf: Spardebatte. Rückzug auf den Rasenmäher. In: Stuttgarter Zeitung. 6. August 2012, abgerufen am 26. März 2020.
  16. dapd: Ländlicher Raum. Schmid überprüft Subventionen. In: Stuttgarter Zeitung. 2. August 2012, abgerufen am 26. März 2020.
  17. Landtagswahlen: SPD-Debakel in Baden-Württemberg – AfD feiert in Sachsen-Anhalt. In: www.ksta.de. 13. März 2016, abgerufen am 4. November 2017.
  18. Das Wahlergebnis zur Landtagswahl 2021 in Baden-Württemberg. In: www.landtagswahl-bw.de. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, abgerufen am 16. März 2021.
  19. Thomas Schorradt: Vier nach Berlin: Im Wahlkreis 262 rechnet sich eine Fahrgemeinschaft. In: Stuttgarter Nachrichten. 24. September 2017, abgerufen am 26. September 2017.
  20. Deutsch-französische Arbeitsgruppe zum Élysée-Vertrag – Arbeit und Aufgaben (Memento vom 29. Januar 2019 im Internet Archive) Deutscher Bundestag, aufgerufen im Juni 2020
  21. Deutscher Bundestag – Abgeordnete. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  22. Gipfeltreffen Hohenneuffen – Politik mit Weitblick: Wie kann Politik die Menschen (wieder) erreichen? In: www.fes.de. Abgerufen am 26. August 2019.
  23. Gipfeltreffen Hohenneuffen: Politik mit Weitblick Global denken, lokal handeln. In: www.fes.de. Abgerufen am 26. August 2019.
  24. Gewählte in Landeslisten der Parteien in Baden-Württemberg. In: www.bundeswahlleiter.de. Der Bundeswahlleiter, abgerufen am 9. November 2021.
  25. Die Stiftung – Werner Weinmann Stiftung. In: www.werner-weinmann-stiftung.de. Abgerufen am 26. August 2019.
  26. Deutscher Bundestag: Abgeordnete – Biografien
  27. Sandra Tjong: Gattin Tülay als positives Beispiel. In: Focus Online. 25. März 2011, abgerufen am 23. Januar 2016.
  28. Diese Promis tragen den VfB Stuttgart im Herzen. In: www.stuttgarter-nachrichten.de. 4. Februar 2013, abgerufen am 18. April 2021.