Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 2023
Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 2023 war – nach der Zählung der Wiener Philharmoniker – das 83. Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker und fand am 1. Jänner 2023 im Wiener Musikverein statt. Dirigent war zum dritten Mal Franz Welser-Möst, der das Konzert zuvor in den Jahren 2011 und 2013 geleitet hatte.[1] Die Zählung der Wiener Philharmoniker bezieht die NS-Konzerte, genannt Außerordentliche Akademien, der Jahre 1941–1945 mit ein. Doch erst nach Konstituierung der freien und unabhängigen Republik Österreich 1945 wurde 1946 das Konzert erstmals als Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker bezeichnet: Als solches war es das 78. Konzert, was auch diesen Titel trug.
Besonderheiten
BearbeitenUnter der Regie von Michael Beyer, der zum zehnten Mal für die Umsetzung der Ballettproduktion sowie zum siebenten Mal für die Konzertübertragung verantwortlich zeichnet, wurden im Gegensatz zu den Vorjahren drei anstatt zwei Tanzeinlagen mit dem Wiener Staatsballett filmisch in Szene gesetzt. Für die Choreografie zeichnete nach 2013 und 2014 zum dritten Mal Ashley Page verantwortlich, die Ballettkostüme entwarf nach 2016 und 2020 Emma Ryott.[2]
Der Walzer Perlen der Liebe von Josef Strauss wurde mit vier Tanzpaaren im Rokoko-Schloss von Laxenburg und der Parkanlage gedreht. Zur Polka schnell Auf und davon von Eduard Strauß tanzte ein Paar im Gartenpavillon von Stift Melk. In den Innenräumen des Stiftes entstanden die Aufnahmen zur dritten Tanzeinlage zum Walzer An der schönen blauen Donau mit fünf Paaren, die ab 2023/24 jährlich zum Jahreswechsel im ORF-Fernsehen zu sehen sein soll.[2]
Es tanzten Davide Dato, Sonia Dvořák, Olga Esina, Calogero Failla, Lourenço Ferreira, Marian Furnica, Kang Hyo-jung, Aleksandra Liashenko, Marcos Menha, Ketevan Papava und Maria Yakovleva.[2][3][4][5]
Erstmals sangen neben den Wiener Sängerknaben auch die Wiener Chormädchen, die 2004 ins Leben gerufene weibliche Fraktion des Chores. Die Mädchen trugen ein Outfit von Designerin Eva Poleschinski. Die Wiener Sängerknaben feiern 2023 ihr 525-jähriges Bestehen.[6]
In der ZIB 2 stellte ORF-Moderator Martin Thür einige Tage vor dem Konzert dem Dirigenten Franz Welser-Möst die Frage, ob der Radetzky-Marsch „im Angesicht des Sterbens in der Ukraine ein richtiges Zeichen des Friedens aus Wien“ sei.[7] In der Folge wurde die Frage unter anderem von den Politikern Eva Blimlinger (Grüne), Laura Sachslehner (ÖVP) und Stefan Berger (FPÖ) kommentiert und diskutiert.[8]
Bundeskanzler Karl Nehammer lud den bulgarischen Präsidenten Rumen Radew zum Neujahrskonzert. Radew hatte zuvor die österreichische Ablehnung der Erweiterung des Schengen-Raums um Bulgarien und Rumänien kritisiert.[9] Unter den weiteren Besuchern des Konzertes waren unter anderem Alexander Schallenberg mit Subrahmanyam Jaishankar, Karoline Edtstadler mit Miltiadis Varvitsiotis, Bastian Schweinsteiger und Ana Ivanović[10] sowie Alexander Van der Bellen und Doris Schmidauer, Heinz Fischer und Margit Fischer, Kristina Hammer, Juan Diego Flórez, Wolfgang Sobotka und Hans Niessl.[11]
Klimaaktivisten wurden von Beamten vor einer möglichen Aktion aufgehalten: Die Organisation Letzte Generation bekannte sich zu dieser, bei der im Goldenen Saal ein Banner mit der Aufschrift Zwei Jahre noch als Appell an sofortiges Handeln entrollt werden sollte.[12]
Programm
BearbeitenDas Programm wurde am 30. September 2022 bekanntgegeben. Vierzehn der fünfzehn Werke sollen nach Angaben das erste Mal im Rahmen eines Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker aufgeführt werden. Als einziges Stück sei nur der Walzer Aquarellen von Josef Strauss schon mehrfach bei Neujahrskonzerten der Wiener Philharmoniker zu hören gewesen, erstmalig 1946 unter Josef Krips, zuletzt 2002 unter Seiji Ozawa.[1][13]
Dies trifft so nicht zu, auch die Polka Heiterer Muth war bereits siebenmal Bestandteil eines Neujahrskonzertes (1948, 1958, 1960, 1964, 1970, 1977 und 1984), neu war die mit Gesang unterlegte Fassung; eine nach Angaben des Kuriers vorgesehene gesungene Fassung der Schnellpolka For ever entfiel jedoch, sie wurde nur instrumental (erst-)aufgeführt.
1. Teil
Bearbeiten- Eduard Strauß: Wer tanzt mit?, Polka schnell, op. 251*
- Josef Strauss: Heldengedichte, Walzer, op. 87*
- Johann Strauss (Sohn): Zigeunerbaron-Quadrille. op. 422*
- Carl Michael Ziehrer: In lauschiger Nacht, Walzer, op. 488*
- Johann Strauss (Sohn): Frisch heran!, Polka schnell, op. 386*
2. Teil
Bearbeiten- Franz von Suppè: Ouvertüre zur komischen Operette Isabella*
- Josef Strauss: Perlen der Liebe, Konzert-Walzer, op. 39*
- Josef Strauss: Angelica-Polka, Polka française, op. 123*
- Eduard Strauß: Auf und davon, Polka schnell, op. 73*
- Josef Strauss: Heiterer Muth. Polka française, op. 281, mit den Wiener Sängerknaben sowie den Wiener Chormädchen
- Josef Strauss: For ever, Polka schnell, op. 193, geplant mit den Wiener Sängerknaben,[13] jedoch nur instrumental ausgeführt*
- Josef Strauss: Zeisserln, Walzer, op. 114*
- Joseph Hellmesberger junior: Glocken-Polka und Galopp aus dem Ballett Excelsior*
- Josef Strauss: Allegro fantastique, Orchesterfantasie, Anh. 26b*
- Josef Strauss: Aquarellen, Walzer, op. 258
Zugaben
Bearbeiten- Johann Strauss (Sohn): Banditen-Galopp, Polka schnell, op. 378
- Johann Strauss (Sohn): An der schönen blauen Donau, Walzer, op. 314
- Johann Strauss (Vater): Radetzky-Marsch, op. 228
Werkliste und Reihenfolge sind der Website der Wiener Philharmoniker entnommen,[14] jedoch ergänzt/korrigiert anhand der erfolgten Ausstrahlung am 1. Jänner 2023.
Mit * gekennzeichnete Werke standen erstmals in einem Programm eines Neujahrskonzertes.[15]
Besetzung (Auswahl)
Bearbeiten- Franz Welser-Möst, Dirigent
- Wiener Philharmoniker
- Wiener Sängerknaben, Wiener Chormädchen
- Daniel Froschauer, Andreas Großbauer, Violine
- Daniel Ottensamer, Klarinette
- Anneleen Lenaerts, Harfe
Pausenfilm
BearbeitenAllgemeines
BearbeitenDer Pausenfilm von Barbara Weissenbeck und Nicholas Pöschl unter dem Titel EXPO 1873 widmet sich dem 150-jährigen Jubiläums der Wiener Weltausstellung 1873. Dirigent Franz Welser-Möst blättert darin durch einen Bildband, in dem einzelne Aspekte des Ausstellung beleuchtet werden. Die Musiker der Wiener Philharmoniker spielen in verschiedenen Formationen unter anderem im Wurstelprater, in der Galopprennbahn Freudenau und in der computergenerierten Rotunde.[16][17]
Musik
Bearbeiten- Robert Fuchs: Serenade Nr. 1 D-Dur, op. 9, 3. Satz, Allegro Scherzando
- Pavel Kuzmichev, Liya Frass (Violine)
- Michael Strasser (Viola)
- Stefan Gartmayer (Violoncello)
- Alexander Matschinegg (Kontrabass)
- Astor Piazzolla: Fuga y Misterio, Arrangement Stephan Koncz
- Raphael Flieder, Edison Pashko, Sebastian Bru, Bernhard Naoki Hedenborg
- Die Strottern: Nix faluan, Musik Klemens Lendl und David Franz Müller, Bearbeitung Josef Reif
- Valerie Schatz (Harfe und Kontrabass)
- Josef Reif (Es-Trompete und Horn)
- Lukas Schmid (Fagott)
- Christoph Gigler (Harmonika und Tuba)
- Matthias Schorn (Klarinette)
- Johannes Brahms: Klarinettenquintett in h-Moll op. 115, 1. Satz, Allegro
- Gregor Hinterreiter (Klarinette)
- Katharina Engelbrecht, Júlia Gyenge (Violine)
- Ursula Ruppe (Viola)
- David Pennetzdorfer (Violoncello)
- Caribbean Tempest, Ludwig van Beethoven, Michel Camilo, Robert Schumann, Arrangement Tibor Kováč
- Carribe, Michel Camilo
- Tibor Kováč, Lara Kusztrich (Violine)
- Holger Tautscher-Groh (Viola)
- Orfeo Mandozzi (Violoncello)
- Adela Liculescu (Klavier)
- Fritz Kreisler: Kleiner Wiener Marsch
- Dietmar Küblböck (Altposaune)
- Wolfgang Strasser, Kelton Koch (Tenorposaune)
- Mark Gaal (Bassposaune)
- Albert Wieder (Cimbasso)
Übertragung
BearbeitenFür die 65. ORF-Übertragung zeichnete Michael Beyer verantwortlich, zum Einsatz kamen fünfzehn Kameras. Die Moderation für den ORF übernahm erstmals Teresa Vogl, die damit Barbara Rett (Moderation von 2008 bis 2022) nachfolgte.[17][18]
In Österreich verfolgten bis zu 1,221 Millionen Zuschauer das Konzert, der zweiten Konzertteil wurde im Schnitt von 1,177 Millionen Sehern bei einem Marktanteil von 60 Prozent gesehen, dem höchsten Marktanteil seit 2014. Der Pausenfilm erreichte durchschnittlich 1,051 Millionen Seher bei einem Marktanteil von 58 Prozent.[19]
Aufnahmen
BearbeitenDie Audio-Doppel-CD dieses Konzertes wurde am 13. Jänner 2023 veröffentlicht[20] und zählt in Österreich zu den meistverkauften Alben des Jahres 2023. DVD und Blu Ray-Disc erschienen am 27. Jänner 2023.[21]
Auszeichnungen
Bearbeiten- 2023: Venice TV Award in der Kategorie Performing Arts[22]
Weblinks
Bearbeiten- Neujahrskonzert 2023 mit Franz Welser-Möst (Pressemitteilung und weitere Informationen) auf wienerphilharmoniker.at
- Programm des Neujahrskonzerts 2023 auf wienerphilharmoniker.at
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Neujahrskonzert 2023: Ein Programm voller Neuerungen. In: DerStandard.at. 30. September 2022, abgerufen am 2. Oktober 2022.
- ↑ a b c ORF-Neujahrskonzertballett 2023 im Kasten: Drei Tanzeinlagen, darunter neuer „Donauwalzer“ für zukünftige Jahreswechsel. In: ots.at. 1. Oktober 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
- ↑ Neujahrskonzert tanzt in Melk und Laxenburg. In: ORF.at. 26. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
- ↑ Tanzeinlagen für das Neujahrskonzert sind bereits im Kasten. In: DerStandard.at/APA. 21. September 2022, abgerufen am 2. Oktober 2022.
- ↑ Tanzeinlagen fürs Neujahrskonzert sind bereits im Kasten. In: Kurier.at/APA. 21. September 2022, abgerufen am 2. Oktober 2022.
- ↑ Neujahr: Mädchen singen mit Sängerknaben. In: ORF.at. 14. November 2022, abgerufen am 14. November 2022.
- ↑ ORF-Anchor verteidigt Frage zum Radetzkymarsch. In: krone.at. 30. Dezember 2022, abgerufen am 1. Januar 2023.
- ↑ Jetzt Koalitions-Streit um den Radetzkymarsch. In: oe24.at. 31. Dezember 2022, abgerufen am 1. Januar 2023.
- ↑ Nehammer lädt bulgarischen Präsidenten zum Neujahrskonzert. In: ORF.at. 30. Dezember 2022, abgerufen am 30. Dezember 2022.
- ↑ Ministerin Edtstadler auf Selfiejagd – sie trifft Star. In: heute.at. 1. Januar 2023, abgerufen am 1. Januar 2023.
- ↑ Neujahrskonzert: Prominente Gäste und viel Polizei. In: krone.at. 1. Januar 2023, abgerufen am 2. Januar 2023.
- ↑ Klimaaktivisten noch vor Störaktion bei Neujahrskonzert angehalten. In: DerStandard.at/APA. 1. Januar 2023, abgerufen am 1. Januar 2023.
- ↑ a b Georg Leyrer: Neujahrskonzert 2023: Diese Werke spielen die Wiener Philharmoniker. In: Kurier.at. 30. September 2022, abgerufen am 2. Oktober 2022.
- ↑ Wiener Philharmoniker: Neujahrskonzert 2023, abgerufen am 3. Januar 2023
- ↑ Programme der Wiener Philharmoniker auf wienerphilharmoniker.at, bis 1996 auch Kurt Dieman-Dichtl: Wiens goldener Klang. Geschichten um die Wiener Philharmoniker und ihr Neujahrskonzert. Amalthea, Wien 1996. ISBN 3-85002-391-5, S. 145–149.
- ↑ Neujahrskonzertfilm zur Weltausstellung. In: ORF.at. 6. Dezember 2022, abgerufen am 6. Dezember 2022.
- ↑ a b Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 2023. In: ORF.at. Abgerufen am 6. Dezember 2022.
- ↑ Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 2023: ORF überträgt zum 65. Mal live aus dem Musikverein in die ganze Welt. In: ots.at. 29. Dezember 2022, abgerufen am 29. Dezember 2022.
- ↑ Millionenpublikum für Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker: Bis zu 1,221 Millionen sahen Live-Übertragung in ORF 2. In: ots.at. 2. Januar 2023, abgerufen am 4. Januar 2023.
- ↑ Claus Fischer: Album der Woche: 16.01. - 22.01.2023 Neujahrskonzert 2023 der Wiener Philharmoniker. In: rbb-online.de. 18. Januar 2023, abgerufen am 18. Januar 2023.
- ↑ Neujahrskonzert 2023 der Wiener Philharmoniker erscheint im Januar bei Sony Classical. In: kulturfreak.de. 26. Dezember 2022, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 26. Dezember 2022; abgerufen am 26. Dezember 2022.
- ↑ Venice TV Award für ORF-Übertragung des Neujahrskonzerts 2023. In: ots.at. 28. September 2023, abgerufen am 28. September 2023.