Netzhemd

grob gewirktes, luftdurchlässiges Kleidungsstück

Netzhemd, auch Netzshirt oder Fishnet-Shirt, bezeichnet ein Hemd aus netzartigem Gewebe oder Gewirk.[1]

Netzhemd getragen von dem koreanischen Künstler Jang Dong-woo
Netzhemd als Teil einer Cyber-Goth-Bekleidung, USA, 2012

Beschreibung

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Netzhemd, Verwendung als Unterwäsche

Das Material von Netzhemden ist durchlässig und besteht aus Webwaren bzw. Maschenwaren unterschiedlichster Zusammensetzungen, wie sie in der Textilindustrie genutzt werden. Grundmaterial sind Stoffe mit grober Loch- bzw. Fischnetzmusterung bis zu sehr feiner Häkel-Optik. Netzstoff, auch Mesh genannt, spielt außerdem zunehmend in der Sport- und Funktionsbekleidung eine Rolle.[2] Je nach Tragweise und Ausführung kann das Netzhemd der Unterwäsche oder der Sport- und Freizeitkleidung zugerechnet werden.[2]

Ab den 1890er Jahren wurden in Deutschland Netzhemden getragen, welche die Patent-Flachs-Wirkerei Köln, Schönherr & Cie. als sogenannte „Patent-Zellenstoff-Unterjacke“ herstellte. Die damals neuartigen Netzhemden wurden aus Gründen der Hygiene allgemein empfohlen und außerdem zur Tauglichkeit für militärische Verwendung in detaillierten Versuchsreihen geprüft.[3][4] In nordischen Ländern werden weitmaschige Netzhemden unter anderen Kleidungsstücken getragen, um eine Luftschicht, bessere Isolierung und bessere Lüftung der Kleidung zu erreichen.[5] Der norwegische Offizier Henrik Brun entwickelte 1933 erste Netzhemden zur Nutzung als militärische Unterwäsche. Etwa seit den 1950er Jahren wurden solche Hemden bei unterschiedlichen Streitkräften eingeführt und genutzt.[6] Der norwegische Hersteller „Brynje“ ist seit den 1950er Jahren ein Marktführer in diesem Segment von Unterwäsche. In den 1960er Jahren lieferte dieses Unternehmen sogenannte „Alert suit plus Bryne net string underwear“ als offizieller Lieferant an die NASA; weitere Lieferungen zur Ausrüstung von Astronauten folgten.[7][8] Netzhemden wurden auch von Modeschöpfern wie Wolfgang Joop selbst getragen oder in Kollektionen aufgenommen, so auch 2013 bei Hermès, Calvin Klein oder Versace.[9][2] In den 1980er Jahren traten die Mitglieder der Musikgruppen Wham! und Duran Duran sowie Madonna in Netzhemden auf.[2][10] In den 2010er Jahren waren Netzhemden aus Jersey, Nylon, Wolle und Leder wieder zeitweise modern, beispielsweise getragen von Bill Kaulitz.[11][2]

Weitere Bedeutungen

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Das Luftschiff Pax mit Netzhemd

Der Begriff Netzhemd wurde auch im Konstruktionswesen zur Ballonfahrt genutzt, um das Netz um die Ballonkörper zu bezeichnen, an denen weitere Bestandteile des Ballons oder des Luftschiffes befestigt wurden.[12][13]

Patent-Informationen

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Zu Netzhemden und in ähnlicher Weise gestalteter Unterwäsche wurden einige Patente angemeldet, die oft die hygienische Wirkung der Erfindungen betonen. Bereits in den 1890er Jahren bot Schönherr & Cie aus Köln eine „Patent-Zellenstoff-Unterjacke“ an. Nachfolgend eine Auswahl von dazu bekannten Patenten:

  • Patent CH8051A: Stoff für Leibwäsche mit vereinzelt aufliegenden erhabenen Fäden. Veröffentlicht am 15. August 1894, Erfinder: August Trautwetter.
  • Patent DE281090C: Hemd oder Unterhose. Veröffentlicht am 26. März 1913, Erfinder: Friedrich Schröpfer.
  • Patent CH68976A: Unterkleid. Veröffentlicht am 17. Mai 1915, Erfinder: Friedrich Volkmar Schroepfer.
  • Patent DE641010C: Netzhemd. Veröffentlicht am 18. Januar 1937, Erfinder: Karl Giesen.
  • Patent DE1728009U: Unterbekleidungsstück. Veröffentlicht am 16. August 1956, Erfinder: Walter Scheibe.

Literatur

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  • Shaun Cole: Die Geschichte der Herrenunterwäsche. Parkstone International, New York 2018, ISBN 978-1-68325-489-8.
  • Carsten Dombrowski, Heinz Volz: Überleben in Natur und Umwelt. 18. Auflage. Walhalla Fachverlag, Regensburg 2020, ISBN 978-3-8029-0583-4.
  • Jean Ufniarz: Outdoor, Abenteuer, Survival. ISBN 978-3-7528-9576-6, S. 142.
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Commons: Netzhemd – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Netzhemd. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 14. Oktober 2021.
  2. a b c d e Sebastian Schwarz: Mesh. In: Textilwirtschaft. Nr. 21, 23. Mai 2013.
  3. Carl Gerster: Wolle oder Leinen? In: Hygieia. Band 4, Heft XI. A. Zimmer, November 1891, S. 365–371.
  4. Schumburg: Zur Methodik der Unterkleideruntersuchung. Vierteljährliche Mitteilungen aus dem Gebiet des Militär-Sanitäts- und Versorgungswesens. In: Deutsche militärärztliche Zeitschrift. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1894, S. 417–432.
  5. Carsten Dombrowski, Heinz Volz: Überleben in Natur und Umwelt. 18. Auflage. Walhalla Fachverlag, Regensburg 2020, ISBN 978-3-8029-0583-4, S. 218–220.
  6. Shaun Cole: Die Geschichte der Herrenunterwäsche. Parkstone International, New York 2018, ISBN 978-1-68325-489-8.
  7. United States. National Aeronautics and Space Administration (Hrsg.): NASA Contractor Report. 1968, S. 54 (Ausgabe 1205, Teile 1–2).
  8. J. F. Parker (Jr): Bioastronautics Data Book. Second Edition Auflage. U.S. Government Printing Office, 1973, S. 113.
  9. Wolfgang Joop: Von der Ich-AG zur Ich-Armee. In: Der Spiegel. Nr. 5, 2003 (online).
  10. Sabrina Barr: How Madonna has shaped modern fashion trends over the last four decades. In: independent.co.uk. 16. August 2020, abgerufen am 14. Oktober 2021 (englisch).
  11. Bill Kaulitz trägt die Haare (nicht) schön: Bill und der 80er Jahre-Bob. Stuttgarter Zeitung, 10. Juli 2019, abgerufen am 10. Oktober 2021.
  12. Hermann Elias: Illustrierte Aeronautische Mitteilungen. Hrsg.: Deutscher Luftschiffer Verband. VTL – Verlag Technische Literatur, 1907, S. 357.
  13. Netzhemd. In: Luegers Lexikon der gesamten Technik. 2. Auflage. 1. Ergänzungsband. Deutsche Verlags-Anstalt, Leipzig / Stuttgart 1914, S. 563 (Digitalisat. zeno.org).