Multinationales Kommando Operative Führung

Dienststelle der Streitkräftebasis der Bundeswehr mit Sitz in Ulm

Das Multinationale Kommando Operative Führung (MN KdoOpFü; englisch Multinational Joint Headquarters UlmMN JHQ Ulm) ist seit dem Jahre 2013 eine Dienststelle der Bundeswehr mit Sitz in Ulm. Es stellt Personal und Material zur Planung und Führung multinationaler Einsätze der Land-, Luft- und Seestreitkräfte der Europäischen Union und der NATO in einem Spektrum von humanitären und friedenssichernden Operationen bis hin zu Kampfeinsätzen. Das Kommando ist in der Wilhelmsburg-Kaserne untergebracht.

Multinationales Kommando
Operative Führung
— MN KdoOpFü —

Internal crest
Internes Verbandsabzeichen
Aufstellung 1. Jul. 2013
Staat Deutschland
Streitkräfte Bundeswehr
Truppenteile Unterstützungsverband MN KdoOpFü
Stärke 450 (Stab)
340 (UstgVbd)
Unterstellung Kommando Streitkräftebasis
Stationierungsort Ulm
Marsch König-Karl-Marsch
Führung
Befehlshaber Generalleutnant
Kai Rohrschneider
Stellvertretender Befehlshaber Generalmajor Reinhard Trischak
Chef des Stabes Brigadegeneral Thomas Seifert

Geschichte

Bearbeiten

Das Multinationale Kommando Operative Führung ging im Juli 2013 aus dem Kommando Operative Führung Eingreifkräfte hervor.[1] Ab Aufstellung war es dem Kommando Streitkräftebasis unterstellt.

Bereits mit der im April 2017 durchgeführten Übung „Steadfast Cobalt“ in Kaunas in Litauen begannen die Vorbereitungen des Multinationalen Kommandos Operative Führung aus Ulm auf die NATO-Zertifizierung im Mai 2018. Während der Übung „Trident Jaguar 2018“ im Joint Warfare Centre (JWC) in Stavanger in Norwegen an der 500 Soldaten teilnahmen, wurde dann die Fähigkeitsbescheinigung erteilt, multinationale und teilstreitkraftübergreifende Einsätze zu planen und zu führen. Als Joint Taskforce Headquarters ist das Multinationale Kommando Operative Führung dann für ein Jahr in Rufbereitschaft, um im Krisenfall weltweit NATO-Kräfte mit bis zu 60.000 Soldaten zu führen.

2022 wechselte die Unterstellung zum Territorialen Führungskommando der Bundeswehr und am 1. Oktober 2024 zurück zum Kommando Streitkräftebasis. Zum 1. April 2025 soll es zum Unterstützungsbereich wechseln.[2][3]

Hintergrund

Bearbeiten

Zur weltweiten Krisenintervention kann die EU im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) auf Streitkräfte ihrer Mitgliedsländer mit einer Stärke von bis zu 60.000 Soldaten zurückgreifen. Deutschland hat sich dabei zu einem Beitrag von bis zu 18.000 Soldaten und zur Führung dieser Kräfte verpflichtet.

Aufgaben

Bearbeiten

Mit dem Ulmer Kommando stellt die Bundeswehr Personal und Material für ein Hauptquartier bereit, das im Bedarfsfall innerhalb kürzester Zeit militärische Operationen führen kann. Für Einsätze im Rahmen der GSVP, zum Beispiel bei einer Aktivierung einer EU Battlegroup (EU BG), kann das Kommando dabei sowohl auf militärstrategischer Ebene als Operation Headquarters (OHQ), als auch auf operativer Ebene als Force Headquarters (FHQ) eingesetzt werden.

Einsatz als Operation Headquarters (OHQ)

Bearbeiten

Ein OHQ untersteht für den Einsatz direkt dem entsprechenden politischen Führungsgremium der EU, dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee (PSK). Die Aufgabe als OHQ besteht primär darin, die Vorgaben der Politik in militärische Weisungen und Aufträge umzusetzen. Eine Vorgabe kann zum Beispiel die Sicherung einer Wahl in einem Staat sein. Das OHQ übersetzt diese politische Forderung in ein militärisches Gesamtkonzept und identifiziert die dazu notwendigen Kräfte. So wurde zum Beispiel die EU-Mission im Kongo (EUFOR RD Congo) vom durch Deutschland gestellten OHQ in Potsdam aus geführt.

In einem Einsatz greift es auf die ortsfeste Infrastruktur in der Henning-von-Tresckow-Kaserne bei Potsdam, in welcher auch das Einsatzführungskommando der Bundeswehr liegt, zurück. Dort sind notwendige Einrichtungen wie etwa eine Operationszentrale mit Satellitenverbindungen zur weltweiten Kommunikation vorhanden. Neben dem designierten Personal des Ulmer Kommandos werden Verstärkungskräfte anderer EU-Staaten hinzugezogen. Die Personalstärke des OHQ ist von Art und Umfang der Mission abhängig.

Einsatz als Force Headquarters (FHQ)

Bearbeiten
 
Das Force Headquarters (FHQ) des KdoOpFüEingrKr in Modulbauweise aus Zelten während einer Übung

Die Aufgabe als Force Headquarters (FHQ) auf operativer Ebene bedeutet, dass die strategischen, militärpolitischen Vorgaben in konkrete Befehle und Planungen für die ausführenden Streitkräfte umgesetzt werden. Das FHQ führt im äußersten Fall Truppen bis zu einer Gesamtstärke von 60.000 Mann. Diese werden je nach Art des Einsatzes modular zusammengestellt und können Land-, Luft-, Seestreitkräfte sowie Spezialkräfte umfassen.

Das FHQ verlegt in das Einsatzland beziehungsweise in dessen Nähe, um von dort die Kräfte zu führen. Für den Gefechtsstand werden luftverlastbare Zelte vorgehalten.

Das Kommando bindet bei seinen Übungen bereits frühzeitig auch andere Akteure, wie Polizeikräfte sowie Mitarbeiter staatlicher wie nicht-staatlicher Organisationen mit ein.

Einsatz als Joint Support and Enabling Command (JSEC)

Bearbeiten

Seit dem Beschluss der NATO-Verteidigungsminister im Juni 2018, das neue JSEC in Deutschland anzusiedeln, haben in Ulm die Vorbereitungen dazu begonnen. Das Joint Support and Enabling Command (JSEC) befindet sich derzeit im Aufbau und soll neben Logistik auch die Verantwortung für Ausbildung, Führung, Übung und Schutz für die NATO übernehmen. Aktuell werden die Voraussetzungen für alle Dienstposten geschaffen. Ende 2021 soll das Kommando funktionsfähig sein.[4]

Organisation

Bearbeiten

Das MN KdoOpFü untersteht dem Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr, im Einsatz direkt den Führungsebenen der EU bzw. NATO sowie für rein nationale Einsätze dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr.

Geführt wird das MN KdoOpFü von einem Befehlshaber im Dienstgrad Generalleutnant. Er wird unterstützt durch einen Stab mit rund 450 Dienstposten, von denen 170 für multinationale Soldaten offenstehen. Im Dezember 2016 gehörten Angehörige aller Teilstreitkräfte aus 13 Nationen dem Kommando an.[5] Für den Einsatz und bei Übungen werden modular multinationale Truppenteile unterstellt. Arbeitssprache ist Englisch. Dauerhaft untersteht dem MN KdoOpFü ein Unterstützungsverband mit rund 340 Soldaten.

Befehlshaber

Bearbeiten
Nr. Name Beginn der Berufung Ende der Berufung
1 Generalleutnant Richard Roßmanith 2. Juli 2013 30. Januar 2018
2 Generalleutnant Jürgen Knappe 30. Januar 2018 17. März 2022
3 Generalleutnant Alexander Sollfrank 17. März 2022 30. September 2024
4 Generalleutnant Kai Rohrschneider 1. Oktober 2024

Patenschaften

Bearbeiten
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. 01. Juli 2013 – Multinationales Kommando Operative Führung in Dienst gestellt. Neuausrichtungsticker. Presse- und Informationszentrum Streitkräftebasis, abgerufen am 9. Dezember 2013.
  2. Bundeswehr der Zeitenwende: Kriegstüchtig sein, um abschrecken zu können. In: bmvg.de. 4. April 2024, abgerufen am 4. April 2024 (auch gesprochenes Wort der Pressekonferenz).
  3. Umbau der Bundeswehr beginnt – Verteidigungsfähigkeit als Maßstab. In: bmvg.de. 1. Oktober 2024, abgerufen am 8. Oktober 2024.
  4. Multinational und sehr gefragt. Presse- und Informationszentrum BMVg, abgerufen am 24. August 2018.
  5. 2. Interview von Rudolf K. Schiwon mit Generalleutnant Richard Roßmanith. In "CPM forum - Das Magazin für Wehrtechnik und Logistik", Ausgabe Dezember 2016.

Koordinaten: 48° 25′ 1″ N, 9° 59′ 0″ O