Pethidin

vollsynthetisches Opioid
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Pethidin oder Meperidin (in den USA auch als meperidine bezeichnet) ist das älteste vollsynthetische Opioid. Es wurde im Juli 1937 von Otto Schaumann und Otto Eisleb bei den I.G. Farben (Werk Hoechst) erstmals synthetisiert. 1939 wurde das morphinähnlich wirkende Piperidinderivat (in Form des Hydrochloridsalzes) für die medizinische Verwendung unter dem Handelsnamen Dolantin in den Markt eingeführt. Pethidin gehörte unter anderem zu den zur sogenannten Prämedikation vor operativen Eingriffen eingesetzten Arzneimitteln.[7] Während Pethidin in Deutschland mit dem Aufkommen neuerer Präparate an Bedeutung verlor, ist es weltweit nach wie vor eines der wichtigsten starken Analgetika. Pethidin besitzt eine gewisse chemisch-strukturelle Ähnlichkeit zu dem Naturstoff Morphin, ist jedoch weniger potent.

Strukturformel
Allgemeines
Freiname Pethidin
Andere Namen
  • 1-Methyl-4-phenylpiperidin-4-carbonsäureethylester (IUPAC)
  • Pethidinum (Latein)
  • Isonipecain
Summenformel
Kurzbeschreibung

weißes, kristallines Pulver (Pethidin·Hydrochlorid)[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 200-329-1
ECHA-InfoCard 100.000.299
PubChem 4058
ChemSpider 3918
DrugBank DB00454
Wikidata Q55434
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N02AB02

Wirkstoffklasse

Opioid-Analgetikum

Eigenschaften
Molare Masse
Schmelzpunkt
  • 30 °C[2]
  • 187–190 °C (Pethidin·Hydrochlorid)[3]
pKS-Wert

8,59[4]

Löslichkeit

Pethidinhydrochlorid ist sehr leicht löslich in Wasser und leicht löslich in Ethanol 96 %[5]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[6]

Hydrochlorid

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301
P: 301 310[6]
Toxikologische Daten

162 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Eigenschaften

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Schaumann und Eisleb erhielten das Pethidin beim Versuch, Spasmolytika in Anlehnung an das Alkaloid Atropin herzustellen. Die durch Verlegung der basischen Gruppe in den Säureteil der Atropinstruktur neu erhaltene Struktur hatte nicht nur eine direkte spasmolytische Wirkung an der glatten Muskulatur, sondern auch eine morphinähnliche analgetische Wirkung. Bei Mäusen bewirkte Pethidin wie Morphin eine S-förmige Krümmung des Schwanzes.[8] Pethidin hat mit Morphin das quartäre C-Atom und dessen Abstand zum basischen Stickstoff gemeinsam.[9]

 
Chemische Strukturformeln von Atropin (1), Pethidin (2) und Morphin (3) im Vergleich

Synthese

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Pethidin (3) kann in einer zweistufigen Synthese hergestellt werden. Im ersten Schritt erfolgt ausgehend von Benzylcyanid (1) und Bis(chlorethyl)-methylamin (2) in Gegenwart von Natriumamid die Cyclisierung zum Piperidinring (Das Zwischenprodukt ist das Pethidin-Intermediat A). Danach erfolgt die Bildung des Esters aus der Nitrilfunktion.[10]

 
Pethidin-Synthese, Reaktionsschema

Pharmakologie

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Pethidin ist ein Agonist an den µ-Rezeptoren, seine Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sind daher dem Morphin recht ähnlich. Allerdings bestehen einige relevante Unterschiede und Besonderheiten im Gegensatz zum Morphin:

  1. Pethidin bildet durch Demethylierung am Stickstoff den aktiven Metaboliten Norpethidin, welcher im Körper kumuliert und Krampfanfälle auslösen kann. Pethidin eignet sich daher nur als Analgetikum bei akuten Schmerzen, nicht zur Dauertherapie.
  2. Pethidin verursacht eher Tachykardien als Bradykardien.
  3. Pethidin ist bei postoperativem Zittern (englisch shivering) deutlich wirksamer als Morphin oder Piritramid, was in der postoperativen Schmerztherapie ausgenutzt werden kann.
  4. Die Wirkdauer ist mit 2 bis maximal 4 Stunden für ein Opioid eher kurz.
  5. Pethidin hemmt zudem die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin, indem es deren Transporter in ihrer Funktion blockiert.[11]

Nach intravenöser Gabe wird die maximale Wirkung innerhalb von 3–10 Minuten erreicht, nach intramuskulärer Gabe in 20–40 Minuten. Eine orale (als Tropfen) oder rektale (als Suppositorium) Applikation ist, bei guter Bioverfügbarkeit, ebenfalls möglich. Pethidin und seine Metaboliten werden vorwiegend über die Nieren ausgeschieden. Da Pethidin nur eine 0,1 bis 0,2-fache Morphinpotenz besitzt, beträgt die übliche Einzeldosis 50–100 mg i. m. oder 25–50 mg i. v. Eine Wiederholung ist nach 3–6 Stunden möglich, eine Tagesdosis von 500 mg sollte jedoch nicht überschritten werden. Im Gegensatz zu anderen Opioiden, die einen Spasmus des Sphincter oddi (Papilla vateri) auslösen können, wird Pethidin in der Schmerztherapie von Koliken bei Cholelithiasis eingesetzt.

Analytik

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Für die zuverlässige qualitative Bestimmung des Pethidins bei pharmakodynamischen oder forensischen Fragestellungen wird die Kopplung der Massenspektrometrie mit der Gaschromatographie und der Liquidchromatographie eingesetzt. Als Untersuchungsmaterial können Blut, Serum, Plasma,[12] Urin,[13] Finger- oder Fußnägel[14] oder Haare[15] nach adäquater Probenvorbereitung verwendet werden.

Rechtsstatus in Deutschland

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Polizeiverordnung über die Abgabe von Dolantin in den Apotheken vom 4. Juni 1940

Pethidin ist in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund seiner Aufführung in der Anlage 3 des BtMG ein verkehrsfähiges und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel. Der Umgang ohne Erlaubnis oder Verschreibung ist grundsätzlich strafbar.

Handelsnamen

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Alodan (A), Demerol (USA), Dolantin, Dolcontral (D), Pethidin (D, CH)

Literatur

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  • Fachinformation Dolantin.
  • E. Burgius: Intensivkurs allgemeine und spezielle Pharmakologie. Urban & Fischer, München/Jena 2001, ISBN 3-437-42611-7.
  • L. E. Mather, P. J. Meffin: Clinical pharmacokinetics of pethidine. In: Clin Pharmakinet. 3, 1980, S. 490 ff.
  • Demerol. RXList.

Einzelnachweise

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  1. Europäische Arzneibuch-Kommission (Hrsg.): Europäische Pharmakopöe 5. Ausgabe. Band 5.0–5.8, 2006.
  2. Eintrag zu Pethidin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 7. Juni 2014.
  3. Europäisches Arzneibuch. 6. Ausgabe. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-7692-3962-1, S. 3620–3621.
  4. a b Eintrag zu Meperidine in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  5. Europäisches Arzneibuch, 8. Ausgabe, Grundwerk 2014, S. 4509.
  6. a b Datenblatt Meperidine hydrochloride bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 18. April 2011 (PDF).
  7. Vgl. etwa L. Lindgren, L. Saarnivaara, J. J. Himberg: Comparison of i.m. pethidine, diazepam and flunitrazepam as premedicants in children undergoing otolaryngological surgery. In: British Journal of Anaesthesiology. Band 51, 1979, S. 321 ff.
  8. O. Eisleb, O. Schaumann: Dolantin, ein neuartiges Spasmolytikum und Analgetikum (Chemisches und Pharmakologisches). In: Deutsche Medizinische Wochenschrift. Band 65, Nr. 24, 1939, S. 967–968, doi:10.1055/s-0028-1120563.
  9. Harry Auterhoff: Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie, 9. Auflage 1977, WVG Stuttgart. S. 343.
  10. Patent Appl. DE 679 281 IG Farben 1937.
  11. Izenwasser S, Newman AH, Cox BM, Katz JL: The cocaine-like behavioral effects of meperidine are mediated by activity at the dopamine transporter. In: European Journal of Pharmacology. 297. Jahrgang, Nr. 1–2, Februar 1996, S. 9–17, doi:10.1016/0014-2999(95)00696-6, PMID 8851160.
  12. K. Eckart, J. Röhrich, D. Breitmeier, M. Ferner, R. Laufenberg-Feldmann, R. Urban: Development of a new multi-analyte assay for the simultaneous detection of opioids in serum and other body fluids using liquid chromatography-tandem mass spectrometry. In: J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci., 1001, 15. Sep 2015, S. 1–8. PMID 26241181
  13. M. Ramírez Fernández Mdel, F. Van Durme, S. M. Wille, V. di Fazio, N. Kummer, N. Samyn: Validation of an automated solid-phase extraction method for the analysis of 23 opioids, cocaine, and metabolites in urine with ultra-performance liquid chromatography-tandem mass spectrometry. In: J Anal Toxicol., 38(5), Jun 2014, S. 280–288. PMID 24790061
  14. I. Shu, J. Jones, M. Jones, D. Lewis, A. Negrusz: Detection of Drugs in Nails: Three Year Experience. In: J Anal Toxicol., 39(8), Okt 2015, S. 624–628. PMID 26378136
  15. K. Aleksa, P. Walasek, N. Fulga, B. Kapur, J. Gareri, G. Koren: Simultaneous detection of seventeen drugs of abuse and metabolites in hair using solid phase micro extraction (SPME) with GC/MS. In: Forensic Sci Int., 218(1–3), 10. Mai 2012, S. 31–36. PMID 22047752