Lieurey ist eine französische Gemeinde mit 1.477 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Eure in der Region Normandie. Sie gehört zum Kanton Beuzeville. Die römisch-katholische Gemeinschaft Communauté de Lieurey ist Teil der Pfarrei Montgeoly des Bistums Évreux.[1]

Lieurey
Lieurey (Frankreich)
Lieurey (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Normandie
Département (Nr.) Eure (27)
Arrondissement Bernay
Kanton Beuzeville
Gemeindeverband Lieuvin Pays d’Auge
Koordinaten 49° 14′ N, 0° 30′ OKoordinaten: 49° 14′ N, 0° 30′ O
Höhe 138–184 m
Fläche 18,21 km²
Einwohner 1.477 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 81 Einw./km²
Postleitzahl 27560
INSEE-Code
Website www.mairiedelieurey.com

Mairie

Geografie

Bearbeiten

Lieurey liegt im Lieuvin auf einer mittleren Höhe von 161 Metern über dem Meeresspiegel, 20 Kilometer nordöstlich von Lisieux und 80 Kilometer südwestlich von Rouen.[2] Das Gemeindegebiet hat eine Fläche von 18,21 Quadratkilometern. Lieurey ist umgeben von den Nachbargemeinden Morainville-Jouveaux, Saint-Sylvestre-de-Cormeilles, La Noë-Poulain und Noards.[3] Zu Lieurey gehören zahlreiche Weiler und Gehöfte, zum Beispiel La Mare Dabot, La Cauvinière, Le Bus, L’Angorie, Le Hameau-des-Champs und Le Hameau Picot.[4] Die Quelle des Bachs La Croix Blanche (‚das weiße Kreuz‘) liegt am östlichen Rand des Gemeindegebiets am Fuß des Berges Mont Rôti.[5]

Lieurey ist einer Klimazone des Typs Cfb (nach Köppen und Geiger) zugeordnet: Warmgemäßigtes Regenklima (C), vollfeucht (f), wärmster Monat unter 22 °C, mindestens vier Monate über 10 °C (b). Es herrscht Seeklima mit gemäßigtem Sommer.[3]

Geschichte

Bearbeiten

Lieurey wurde von den Kelten gegründet und in gallo-römischer Zeit (-52 bis 486) kreuzten sich dort mehrere Römerstraßen. Laut Ernest Nègre ist die Bedeutung des Ortsnamens unbekannt, er vermutet, dass er auf das lateinische Wort Ligurius, „transparenter Edelstein“, zurückgeht.[6] Allgemein nimmt man an, dass der Ortsname lieu du roi bedeutet, „Ort des Königs“, es ist aber nicht bekannt, welcher König damit gemeint sein soll. Der Name wurde 1076 in einem Briefwechsel zwischen Hugues, III. Vicomte de Meulan und dem Bischof von Avranches erstmals urkundlich erwähnt. Jedenfalls gibt es mehrere lateinische Formen des Ortsnamens, Lieurayum, Liarreyum und Liereyum.[7]

1190 schenkte Laurent de Mortagne 40 acre d’arpent Land in Lieurey der Abtei Le Bec.[8]

Ab 1484 erlaubte die Abtei Le Bec dem damaligen Seigneur von Lieurey einen wöchentlichen Markt am Samstag und einen jährlichen Markt am Martinstag durchzuführen.

Während der Reformation nahmen die Seigneurs des Hameau-des-Champs die protestantische Religion an. Auf einem Nachbargrundstück des Schlosses gab es einen kleinen protestantischen Friedhof. Nachdem in Rouen 1557 und in Évreux 1559 eine offizielle reformierte Kirche eingerichtet worden war, folgte Lieurey diesem Beispiel. Die protestantische Kirche in Lieurey bestand nicht bis ins 17. Jahrhundert.[9][10]

Im Ancien Régime gab es in Lieurey einen seigneurialen Gerichtshof (haute justice), der der Bailliage Orbec unterstellt war.[7]

1793 erhielt Lieurey im Zuge der Französischen Revolution (1789–1799) den Status einer Gemeinde und 1801 das Recht auf kommunale Selbstverwaltung. Von 1793 bis 1801 war es außerdem Kantonshauptort.

Jahr Einwohner[11]
1896 1420
1931 1043
1962 1128
1975 1051
1999 1186
2008 1374
2017 1451

Im Zweiten Weltkrieg (1939–1945) wurde Lieurey im Sommer 1944 während der Operation Overlord durch die Alliierte Luftwaffe bombardiert. Dabei wurde die Kirche schwer beschädigt.[12]

Die Blasonierung des Gemeindewappens ist: „D’azur à la croix cousue de gueules cantonnée de quatre molettes d’or.“ Bei der Erstellung des Gemeindewappens wurden zwei seigneuriale Wappen verwendet, das der Familie Mortagne und das der Familie du Fay (17. Jahrhundert). Aus deren Wappen wurden die Farben rot und blau und das Kreuz übernommen. Eines der Wappen zeigte die vier Sporenrädlein. Die goldene Farbe der Sporenrädlein stammt aus den Wappen der Familien Pommereuil und Lieurey (12. bis 14. Jahrhundert). Das Gemeindewappen ist am Mittelrisalit der Mairie dargestellt.[13]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bearbeiten

Bauwerke

Bearbeiten

Das Lehen Coudray wurde 1320 zum ersten Mal erwähnt. Das Schloss Coudray wurde im 16. Jahrhundert erbaut und im 18. und 19. Jahrhundert umgebaut. Es befindet sich im Privatbesitz.

Das Château des Champs wurde in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf den Fundamenten eines älteren Gebäudes erbaut. Ein Gewölbesaal des älteren Gebäudes ist erhalten geblieben. Es befindet sich ebenfalls im Privatbesitz.[14]

 
Statue in der Westfassade der Kirche Saint-Martin

Die Manufaktur Louis Aubert steht im Weiler Le Hameau Picot. Sie wurde 1827 gegründet und diente der Herstellung von Textilien. Die dort hergestellten Stoffe wurden Aubertines genannt. Die Manufaktur beherbergte 120 Jacquardwebstühle und beschäftigte in ihrer Blütezeit 200 Arbeiter. Sie wurde 1845 geschlossen.

Die Kapelle Sainte-Madeleine wurde im 18. Jahrhundert gebaut und im 19. Jahrhundert restauriert, wobei die Westfassade erneuert wurde. Sie steht auf den Fundamenten des alten Leprosoriums, das im 18. Jahrhundert aufgelöst worden war.[7] Die Kapelle befindet sich heute im Privatbesitz.

 
Die Kirche Saint-Martin

Die Pfarrkirche Saint-Martin wurde im 12. Jahrhundert erbaut. Aus dieser Zeit sind jedoch nur der Chor und der Glockenturm erhalten. Der südliche Teil des Querschiffs stammt aus dem 16. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert wurden Teile des Kirchenschiffs und des Chors restauriert, die Westfassade und der nördliche Teil des Querschiffs wurden 1875 erneuert.[15] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche erneut restauriert, wobei versucht wurde, den Stil des 16. Jahrhunderts nachzuahmen.[4]

In der Kirche gibt es mehrere Objekte, die als Monument historique („historisches Denkmal“) klassifiziert sind. Eine denkmalgeschützte Statue der „Jungfrau mit dem Kinde“ aus dem 15. Jahrhundert wurde 1968 gestohlen. Das Tabernakel stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Es ist mit einem Relief geschmückt und teilweise vergoldet. Eine Kasel aus dem 18. Jahrhundert ist reich bestickt und trägt eine Borte aus Goldfäden. Eine weitere Kasel ist nicht mit Gold, sondern mit Perlen bestickt.[16]

Regelmäßige Veranstaltungen

Bearbeiten

Eine besondere Touristische Attraktion ist die fête du hareng („Heringsfest“) am 11. November, dem Martinstag. Das Fest wird seit dem Hundertjährigen Krieg (1337–1453) jährlich zelebriert. Während der Belagerung von Orléans soll damals ein Transport von Heringen aufgrund eines Schneesturms in Lieurey steckengeblieben sein. Damit die Heringe nicht verderben, wurden sie unter lautem Geschrei zu Schleuderpreisen verkauft. Das heutige Fest umfasst einen großen Heringsmarkt sowie einen Wettbewerb im Heringsessen, dessen Gewinner sein Körpergewicht in Heringen als Preis erhält.[17]

Das Pferderennen Prix de Lieurey wurde nach der Gemeinde benannt. Es handelt sich dabei um ein 1972 gegründetes Listenrennen für dreijährige Stutenfohlen, das allerdings im etwa 35 Kilometer entfernten Deauville stattfindet.[18]

Wirtschaft und Infrastruktur

Bearbeiten

Auf dem Gemeindegebiet gelten kontrollierte Herkunftsbezeichnungen (AOC) für Pont-l’Évêque-Käse, Camembert (Camembert de normandie), Calvados und Pommeau (Pommeau de Normandie) sowie geschützte geographische Angaben (IGP) für Schweinefleisch (Porc de Normandie), Geflügel (Volailles de Normandie) und Cidre (Cidre de Normandie und Cidre normand).[3]

Es gibt einen Kindergarten und eine Grundschule in Lieurey. Weiterführende Schulen befinden sich in Cormeilles (Collège) und Pont-Audemer (Gymnasium).[2]

Der Tourismus ist ein wichtiger Erwerbszweig in Lieurey. Es gibt ein Restaurant, mehrere Ferienhäuser und Fremdenzimmer die an die Initiative Gîtes de France angeschlossen sind. Die Gîtes werden einer Klassifikation unterzogen, wobei 1 bis 5 Ähren als Gütezeichen vergeben werden.[19]

Bearbeiten
Commons: Lieurey – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Montgeoly. Diocèse d’Évreux, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. September 2015; abgerufen am 27. November 2011 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/evreux.catholique.fr
  2. a b Présentation de Lieurey. Communauté de communes du Vièvre-Lieuvin, abgerufen am 20. August 2011 (französisch).
  3. a b c Le village de Lieurey. In: Annuaire-Mairie.fr. Abgerufen am 18. August 2011 (französisch).
  4. a b Daniel Delattre, Emmanuel Delattre: L’Eure, les 675 communes. Editions Delattre, Grandvilliers 2000, S. 161 (französisch).
  5. Fiche cours d’eau. Ruisseau de la Croix Blanche (H6210600). In: Service d’Administration Nationale des Données et des Référentiels sur l’Eau (Sandre). Office international de l’eau (OIEau), abgerufen am 5. November 2011 (französisch).
  6. Ernest Nègre: Toponymie générale de la France. Band 1. Librairie Droz, 1990, ISBN 2-600-02884-6, S. 504 (französisch, in Google Books [abgerufen am 23. August 2011]).
  7. a b c Auguste Le Prévost: Mémoires et notes de M. Auguste Le Prevost pour servir à l’histoire du département de l’Eure. Hrsg.: Léopold Delisle, Louis Paulin Passy. Band 2. Auguste Herissey, Évreux 1864, S. 310 (französisch, online [abgerufen am 25. August 2011]).
  8. Anatole Caresme Charpillon: Dictionnaire historique de toutes les communes du département de l’Eure: histoire, géographie, statistique. Band 1. Delcroix, Les Andelys 1868, S. 141 (französisch, online [abgerufen am 23. August 2011]).
  9. Laurence Riviale: Le vitrail en Normandie entre Renaissance et Réforme (1517–1596). In: Corpus Vitrearum. Band 7. Presses Universitaires de Rennes, Rennes 2007, ISBN 978-2-7535-0525-4, S. 28 f. (französisch).
  10. Bernard Bodinier (Hrsg.): L’Eure de la Préhistoire à nos jours. Jean-Michel Bordessoules, Saint-Jean-d’Angély 2001, ISBN 2-913471-28-5, S. 248 f. (französisch).
  11. Lieurey. Notice Communal. In: cassini.ehess.fr. Abgerufen am 21. August 2011 (französisch).
  12. A.-V. de Walle: Évreux et l’Eure pendant la guerre. Charles Herissey, Évreux 2000, ISBN 2-914417-05-5, S. 176 179 (französisch, Erstausgabe: 1946).
  13. Denis Joulain, Jean-Paul Fernon: L’Eure des Blasons. Armorial des communes du département de l’Eure. Les Éditions d’Héligoland, Pont-Authou 2008, ISBN 978-2-914874-58-8, S. 89 139 (französisch).
  14. Franck Beaumont, Philippe Seydoux: Gentilhommières des pays de l’Eure. Editions de la Morande, Paris 1999, ISBN 2-902091-31-2 (formal falsch), S. 261.
  15. Architecture. In: Base Mérimée. Ministère de la culture, abgerufen am 18. August 2011 (französisch).
  16. Eintrag Nr. 27367 in der Base Palissy des französischen Kulturministeriums (französisch)
  17. Piers Letcher: Eccentric France. Bradt Travel Guides, 2003, ISBN 1-84162-068-8, S. 31 (online [abgerufen am 20. August 2011]).
  18. Prix de Lieurey. In: france-galop.com. France Galop, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 20. August 2011 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.france-galop.com
  19. Le classement. In: gites-de-france.com. Gîtes de France, abgerufen am 21. August 2011 (französisch).