Hintersteinau

Stadtteil von Steinau an der Straße

Hintersteinau ist ein Stadtteil von Steinau an der Straße im osthessischen Main-Kinzig-Kreis.

Hintersteinau
Koordinaten: 50° 25′ N, 9° 28′ OKoordinaten: 50° 24′ 59″ N, 9° 27′ 58″ O
Höhe: 353 m ü. NHN
Fläche: 12,32 km²[1]
Einwohner: 724 (30. Juni 2022)[2]
Bevölkerungsdichte: 59 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 1974
Postleitzahl: 36396
Vorwahl: 06666

Geografie

Bearbeiten

Hintersteinau liegt auf einer Höhe von 368 m über NN im Norden des Main-Kinzig-Kreises an den Ausläufern des Vogelsberges etwa 15 km nördlich des Ortszentrums von Steinau an der Straße und 8,5 km nordwestlich von Schlüchtern. Durch den Ort verläuft die Landesstraße 3292.

Hintersteinau grenzt im Nordosten an die Orte Kauppen und Magdlos, im Osten an den Ort Stork, im Südosten an den Ort Wallroth, im Süden an den Ort Kressenbach, im Südwesten an die Orte Uerzell und Neustall, im Westen an die Orte Holzmühl und Freiensteinau und im Nordwesten an den Ort Reinhards.

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung sind:[1]

  • Bethemühle
  • Christmühle
  • Haigmühle
  • Marxmühle
  • Schlagmühle
  • Schlagmühle Kempel
  • Schrumpfmühle

Geschichte

Bearbeiten
Historische Namensformen

In erhaltenen Urkunden wurde Hintersteinau unter den folgenden Namen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Steinaha (780-817), Wilnrode (1339), Steinaha (um 950), vicus Steinnahoa (1118), Stenaha pagus (1144), Hungerensteyna (1284), Hungersteyna (1299), Hingerstenaw (1535) und Hindersteina (1545).

Mittelalter

Bearbeiten
 
Die Evangelische Kirche in Hintersteinau

Die älteste erhaltene Erwähnung von Hintersteinau stammt aus der Zeit von 780 bis 817.[1] Das Kirchenpatronat lag beim Kloster Schlüchtern, mit dem ältesten erhaltenen Nachweis von 1167. Zunächst im Besitz derer von Grumbach erbten das Dorf 1243 die Herren von Trimberg als Teil des Gerichts Schlüchtern (später: Amt Schlüchtern), einem Lehen des Bischofs von Würzburg. 1377 erhielten es die Herren von Hanau (ab 1429: Grafschaft Hanau) im Tausch gegen die Burg Bütthard.[3] Bei der Hanauer Landesteilung von 1456 kam Hintersteinau zur Grafschaft Hanau-Münzenberg.

Frühe Neuzeit

Bearbeiten

Die Grafschaft Hanau-Münzenberg schloss sich in der Reformation zunächst der lutherischen Konfession an, ab 1597 war sie reformiert. Die Eigenschaft als Würzburger Lehen führte deshalb zu Spannungen zwischen der evangelischen Grafschaft Hanau-Münzenberg und dem weiter römisch-katholischen Bistum Würzburg. Ein langjähriger Prozess vor dem Reichskammergericht dauerte von 1571 bis 1624 und endete mit einem Restitutionsmandat über das Amt Schlüchtern zugunsten Würzburgs. 1628–1631 war es deshalb von Würzburg besetzt, im Zuge des Dreißigjährigen Krieges 1631 bis 1637 wieder von Hanau und ab 1637 erneut von Würzburg. 1656 kam es zu einem Vergleich zwischen Hanau und Würzburg, wobei Hanau das Amt Schlüchtern – und damit auch Hohenzell – erhielt und dem Bistum dafür Orb überließ.[4]

Mit dem Tod des letzten Hanauer Grafen, Johann Reinhard III., fiel Hintersteinau 1736 mit der ganzen Grafschaft Hanau-Münzenberg an die Landgrafschaft Hessen-Kassel, aus der 1803 das Kurfürstentum Hessen wurde.

Ab 1699 gibt es eine Aufzeichnung über die örtliche Schule. Das erste Schulgebäude entstand 1785.

Während der napoleonischen Zeit stand Hintersteinau ab 1806 unter französischer Militärverwaltung, gehörte 1807–1810 zum Fürstentum Hanau und dann von 1810 bis 1813 zum Großherzogtum Frankfurt, Departement Hanau. Anschließend fiel es wieder an das Kurfürstentum Hessen zurück. Nach der Verwaltungsreform des Kurfürstentums Hessen von 1821, im Rahmen derer Kurhessen in vier Provinzen und 22 Kreise eingeteilt wurde, gehörte Hintersteinau zum Landkreis Schlüchtern. 1866 wurde das Kurfürstentum nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg von Preußen annektiert und ist nach dem Zweiten Weltkrieg Bestandteil des Bundeslandes Hessen geworden.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Zum 1. Juli 1974 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Hintersteinau im Zuge der Gebietsreform in Hessen kraft Landesgesetz in die Stadt Steinau, heute „Steinau an der Straße“, eingemeindet. Zeitgleich wurde der Landkreis Schlüchtern aufgelöst und Hintersteinau liegt seitdem mit der Stadt Steinau im neu geschaffenen Main-Kinzig-Kreis.[5][6] Für den Stadtteil Hintersteinau wurde, wie für die anderen Stadtteile von Steinau, ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[7]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Bearbeiten

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Hintersteinau angehört(e):[1][8]

Bevölkerung

Bearbeiten

Einwohnerstruktur 2011

Bearbeiten

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Hintersteinau 738 Einwohner. Darunter waren 9 (1,2 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 132 Einwohner unter 18 Jahren, 297 waren zwischen 18 und 49, 168 zwischen 50 und 64 und 148 Einwohner waren älter.[11] Die Einwohner lebten in 285 Haushalten. Davon waren 60 Singlehaushalte, 84 Paare ohne Kinder und 108 Paare mit Kindern, sowie 27 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 48 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 183 Haushaltungen leben keine Senioren.[11]

Einwohnerentwicklung

Bearbeiten
Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1538: 045 Steuernde
• 1633: 072 Haushaltungen und 3 Gefreite
• 1753: 111 Haushaltungen, darunter 503 Personen (inklusive 3 Juden)
• 1812: 111 Feuerstellen, 887 Seelen
Hintersteinau: Einwohnerzahlen von 1812 bis 2022
Jahr  Einwohner
1812
  
887
1834
  
864
1840
  
884
1846
  
945
1852
  
896
1858
  
822
1864
  
740
1871
  
757
1875
  
778
1885
  
731
1895
  
746
1905
  
692
1910
  
764
1925
  
728
1939
  
693
1946
  
963
1950
  
924
1956
  
775
1961
  
739
1967
  
736
1970
  
730
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2008
  
781
2011
  
738
2015
  
728
2022
  
724
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Steinau[12][2]; Zensus 2011[11]

Historische Religionszugehörigkeit

Bearbeiten
• 1885: 648 evangelische (= 97,15 %), 2 katholische (= 0,30 %), 17 jüdische (= 2,55 %) Einwohner[1]
• 1961: 665 evangelische (= 89,99 %), 64 katholische (= 8,66 %) Einwohner[1]

Für Hintersteinau besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Hintersteinau) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[7] Der Ortsbeirat besteht aus fünf Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 49.67 %. Alle Kandidaten gehören der „Gemeinsamen Liste für Hintersteinau“ an.[13] Der Ortsbeirat wählte Holger Frischkorn zum Ortsvorsteher.[14]

Es besteht eine Städtepartnerschaft mit Naszály (Ungarn) seit dem 1. Juni 2002.

Wirtschaft und Infrastruktur

Bearbeiten

Der Ort ist heute noch stark landwirtschaftlich geprägt. Daneben befindet sich auf der Gemarkung ein Windpark mit 8 Mühlen des Typs VESTAS V126-3.45 MW (Nabenhöhe: 149 Meter, Rotordurchmesser: 126 Meter).[15]

In Hintersteinau befindet sich die kleinste Zwergschule des Main-Kinzig-Kreises. Die Schule wird von 12 Schülern besucht; alle vier Jahrgangsstufen werden in einer Klasse unterrichtet.

Daneben befindet sich in Hintersteinau auch ein Kindergarten in Trägerschaft der evangelischen Kirche, in dem 30 Kinder betreut werden.

Durch Hintersteinau verläuft die Landesstraße 3292 von Schlüchtern nach Freiensteinau. Eingeschränkt befahrbare Kreisstraßen verbinden den Ort mit Uerzell sowie Höf und Haid (Gemeinde Flieden).

Sonstiges

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Regenerus Engelhard: Erdbeschreibung der Hessischen Lande Casselischen Antheiles mit Anmerkungen aus der Geschichte und aus Urkunden erläutert. Teil 2. Cassel 1778, ND 2004, S. 805.
  • Hessisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen. Heft 2: Gebietsänderungen der hessischen Gemeinden und Kreise 1834 bis 1967. Wiesbaden o. J., S. 63.
  • Heinrich Reimer: Historisches Ortslexikon für Kurhessen. Marburg 1926, S. 455 [im Artikel „Steinau“].
  • Literatur über Steinau-Hintersteinau nach GND In: Hessische Bibliographie
Bearbeiten
Commons: Hintersteinau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

Bearbeiten

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Durch den Reichsdeputationshauptschluss.
  3. Infolge der Napoleonischen Kriege.
  4. Infolge der Beschlüsse des Wiener Kongresses.
  5. Trennung von Justiz (Justizamt Steinau (Assistenzamt Schlüchtern)) und Verwaltung.
  6. Infolge des Deutschen Krieges.
  7. Infolge des Zweiten Weltkriegs.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Hintersteinau, Main-Kinzig-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b Haushalt 2024. (PDF; 33 MB) Einwohnerstatistik Stadt Steinau an der Straße. Abgerufen im August 2024.
  3. Uta Löwenstein: Grafschaft Hanau. In: Ritter, Grafen und Fürsten – weltliche Herrschaften im hessischen Raum ca. 900-1806 = Handbuch der hessischen Geschichte 3 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 63. Marburg 2014. ISBN 978-3-942225-17-5, S. 196–230 (208).
  4. Dersch Wilhelm: Hessisches Klosterbuch. Quellenkunde zur Geschichte der im Regierungsbezirk Cassel, der Provinz Oberhessen und dem Fürstentum Waldeck gegründeten Stifter, Klöster und Niederlassungen von geistlichen Genossenschaften. Marburg 1915. S. 108f.
  5. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Gelnhausen, Hanau und Schlüchtern und der Stadt Hanau sowie die Rückkreisung der Städte Fulda, Hanau und Marburg (Lahn) betreffende Fragen (GVBl. 330–26) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 149, §§ 13 und 18 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 377 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
  7. a b Hauptsatzung. (PDF; 367 kB) § 5. In: Webauftritt. Stadt Steinau an der Straße, abgerufen im August 2024.
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 208 f. (online bei Google Books).
  10. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 76.
  11. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 30 und 84, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.
  12. 2008:Übersicht, Einwohnerzahlen (- ca. 50 Nebenwohnungen). In: Webauftritt. Gemeinde Steinau an der Straße, archiviert vom Original; abgerufen im Februar 2021.
    2015:Übersicht, Einwohnerzahlen (- ca. 50Nebenwohnungen). In: Webauftritt. Gemeinde Steinau an der Straße, archiviert vom Original; abgerufen im Februar 2021.
  13. Ortsbeiratswahl Hintersteinau. In: Votemanager. Stadt Steinau an der Straße, abgerufen im August 2024.
  14. Ortsbeirat Hintersteinau. In: Ratsinfosystem. Stadt Steinau an der Straße, abgerufen im August 2024.
  15. Windpark Steinau-Hintersteinau-. RENERTEC GmbH. Abgerufen im April 2019.
  16. Udo Bayer: Carl Laemmle und die Universal. Eine transatlantische Biografie. Würzburg, 2013. ISBN 978-3-8260-5120-3.
  17. imdb Julius Stern
  18. imdb Abe Stern