Heinrich Christoph Koch

deutscher Musiktheoretiker

Heinrich Christoph Koch (* 10. Oktober 1749 in Rudolstadt; † 19. März 1816 ebenda) war ein deutscher Musiktheoretiker und -lexikograph sowie Kammermusiker und Komponist. Sein Musiklexikon fand weite Verbreitung in Deutschland und Dänemark; heute bedient man sich seiner Form- bzw. Syntaxtheorie zur Analyse von Musik des 18. und 19. Jahrhunderts.

Herkunft

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Seine Eltern waren der fürstliche Kammerdiener und -musiker Johann Nikolaus Koch und dessen Ehefrau Marie Catharina Baumgarten (* 1728).

Koch wirkte in seiner Jugend als Geiger in der Rudolstädter Hofkapelle, seit 1772 als Kammermusikus. Er bekam Geigen- und Kompositionsunterricht von Christian Gotthelf Scheinpflug und studierte vorübergehend in Weimar, Dresden, Berlin und Hamburg. Danach verbrachte er den Rest seines Lebens in Rudolstadt. 1792 wurde er dort zum Kapellmeister an der fürstlichen Hofkapelle[1] ernannt, kehrte aber nach einem Jahr freiwillig zur ersten Geige zurück. Danach war er weiterhin als Komponist und Musikschriftsteller aktiv. 1818 wurde er von der schwedischen Musikakademie, die über seinen Tod nicht informiert war, zum Mitglied gewählt. Sein Musiklexikon (1802) war das einflussreichste nach dem von Johann Gottfried Walther (1732) und vor den Enzyklopädien von Schilling (1835–38) und Mendel/Reissmann (1870–83); es fasst den Wissensbestand des Barock und der Frühklassik zusammen. Sein „Versuch einer Anleitung zur Komposition“ behandelt erstmals ausführlich und systematisch Harmonie-, Melodie- und Satzbau und ist damit der bedeutendste Vorläufer der (allerdings abweichenden) diesbezüglichen Theorien Hugo Riemanns.

Koch heiratete im Jahr 1778 Euphrosyne Henriette Cordula Sommer. Das Paar hatte eine Tochter und drei Söhne, darunter:

  • Johann Benjamin (1779–1864), Instrumentist in der fürstlichen Hofkapelle

Schriften

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Kompositionen

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Abgesehen von den Notenbeispielen in seinen theoretischen Werken sind Kochs kompositorische Werke verschollen, darunter Kantaten, ein Singspiel Die Stimme der Freude in Hygeens Haine (1790), Instrumental- und geistliche Musik. Im Bestand der Hofkapelle (im Landesarchiv Thüringen - Staatsarchiv Rudolstadt) finden sich sieben Sinfonien von „Koch“. Diese werden zwar nicht in zeitgenössischen Werklisten aufgeführt, jedoch verwendet Koch die Exposition des 1. Satzes einer dieser Sinfonien ohne Autorangabe als Notenbeispiel (Versuch, dritter und letzter Theil, S. 386ff.), was als Hinweis auf seine Autorschaft gelten kann.

Literatur

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  • Bernhard AnemüllerKoch, Heinrich Christoph. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 16, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 383.
  • Hugo Riemann: H. Chr. Koch als Erläuterer unregelmässigen Themenaufbaues. In: Präludien und Studien, Bd. 2 (Leipzig, 1900), S. 56–70.
  • Nancy Kovaleff Baker: From „Teil“ to „Tonstück“: the Significance of the „Versuch einer Anleitung zur Composition“ by Heinrich Christoph Koch. (Diss., Yale U., 1975); Auszüge in: Journal of Music Theory 20, 1976, S. 1–48, IRASM 8, 1977, S. 183–209 und Studi musicali 9, 1980, S. 303–316.
  • Carl Dahlhaus: Der rhetorische Formbegriff H.Chr. Kochs und die Theorie der Sonatenform. In: Archiv für Musikwissenschaft. 35, 1978, S. 155–177.
  • Gerhard Schuhmacher: Koch, Heinrich Christoph. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 263 f. (Digitalisat).
  • Elaine Sisman: Small and Expanded Forms: Koch’s Model and Haydn’s Music. In: Musical Quarterly 68, 1982, S. 444–475.
  • Wolfgang Budday: Grundlagen musikalischer Formen der Wiener Klassik: an Hand der zeitgenössischen Theorie von Joseph Riepel und Heinrich Christoph Koch dargestellt an Menuetten und Sonatensätzen (1750–1790). Basel 1983.
  • Shelly Davis: H.C. Koch, the Classic Concerto, and the Sonata-Form Retransition. In: Journal of Musicology 2, 1983, S. 45–61.
  • Ian M. Bent: The "Compositional Process" in Music Theory 1713–1850. In: Music Analysis 3, 1984, S. 29–55.
  • Günther Wagner: Anmerkungen zur Formtheorie Heinrich Christoph Kochs. In: Archiv für Musikwissenschaft 41, Nr. 2, 1984, S. 86–112.
  • Nancy Kovaleff Baker: Der Urstoff der Musik: Implications for Harmony and Melody in the Theory of Heinrich Koch. In: Music Analysis 7, 1988, S. 3–30.
  • Carl Dahlhaus: Logik, Grammatik und Syntax der Musik bei Heinrich Christoph Koch. In: J. Fricke [u. a.] (Hrsg.): Die Sprache der Musik: Festschrift Klaus Wolfgang Niemöller. Regensburg 1989, S. 99–109.
  • Ivan F. Waldbauer: Riemann’s Periodization Revisited and Revised. In: Journal of Music Theory 33, 1989, S. 333–391.
  • Joel Lester: Compositional Theory in the Eighteenth Century. Cambridge (MA) 1992.
  • Walther Dürr: Music as an Analogue of Speech: Musical Syntax in the Writings of Heinrich Christoph Koch and in the Works of Schubert. In: M. Parker (Hrsg.): Eighteenth-Century Music in Theory and Practice: Essays in Honor of Alfred Mann. Stuyvesant (NY) 1994, S. 227–240.
  • Nancy Kovaleff Baker, Thomas Christensen (Hrsg.): Aesthetics and the Art of Musical Composition in the German Enlightenment: Selected Writings of Johann G. Sulzer and Heinrich C. Koch. London 1995.
  • Musiktheoretische Quellen 1750-1800. Gedruckte Schriften von J. Riepel, H. Chr. Koch, J. F. Daube und J. A. Scheibe, hrsg. von Ulrich Kaiser, mit einem Vorwort und einer Bibliographie von Stefan Eckert und Ulrich Kaiser, Berlin 2007.
  • Felix Diergarten: "At times even Homer nodds off". Heinrich Christoph Koch’s polemic against Joseph Haydn. In: Music Theory Online 14.1 (2008)[1]
  • Felix Steiner: Heinrich Christoph Kochs Versuch einer Anleitung zur Composition im Spiegel der zeitgenössischen Kompositionslehren. Mainz 2016. DNB Deutsche National Bibliothek

Anmerkungen

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  1. Josef Zuth: Handbuch der Laute und Gitarre. Verlag der Zeitschrift für die Gitarre (Anton Goll), Wien 1926 (1928), S. 158.
  2. Inhaltsverzeichnis und PDF-Nachweis
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Wikisource: Heinrich Christoph Koch – Quellen und Volltexte