Frobeniushomomorphismus

Begriff der mathematischen Algebra

Der Frobeniushomomorphismus oder Frobenius-Endomorphismus ist in der Algebra ein Endomorphismus von Ringen, deren Charakteristik eine Primzahl ist. Der Frobeniushomomorphismus ist nach dem deutschen Mathematiker Ferdinand Georg Frobenius benannt.

Frobeniusendomorphismus eines Rings

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Definition

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Es sei   ein kommutativer unitärer Ring mit der Charakteristik  , wobei   eine Primzahl ist. Als Frobeniushomomorphismus wird die Abbildung

 

bezeichnet. Sie ist ein Ringhomomorphismus.

Ist  , dann ist auch

 

ein Ringhomomorphismus.

Beweis der Homomorphieeigenschaft

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Die Abbildung   ist verträglich mit der Multiplikation in  , da aufgrund der Potenzgesetze

 

gilt. Ebenso gilt   Interessanterweise ist die Abbildung zudem mit der Addition in   verträglich, das heißt, es gilt  . Mit Hilfe des Binomialsatzes folgt nämlich

 

Da   eine Primzahl ist, teilt   zwar  , aber nicht   für  . Da die Charakteristik   deshalb den Zähler, aber nicht den Nenner der Binomialkoeffizienten

 

teilt, verschwinden die Binomialkoeffizienten in der obigen Formel. Die Addition vereinfacht sich zu

 

Daher ist der Frobeniushomomorphismus verträglich mit der Addition in  . Diese Gleichung wird im englischsprachigen Raum als Freshman’s Dream (der Traum des Anfängers) bezeichnet.

Verwendung

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Im Folgenden ist   stets eine Primzahl und   eine Potenz von  . Alle vorkommenden Ringe oder Körper haben Charakteristik  .

  • Nach dem Kleinen Satz von Fermat ist   auf dem Restklassenring   die Identität. Allgemeiner: Ist   ein endlicher Körper, dann ist   die Identität.
  • Ist   ein Körper, dann ist  .
  • Ist   eine Erweiterung endlicher Körper, dann ist   ein Automorphismus von  , der   elementweise fest lässt. Die Galoisgruppe   ist zyklisch und wird von   erzeugt.
  • Ist   ein Ring, dann ist   genau dann injektiv, wenn   keine nichttrivialen nilpotenten Elemente enthält. (Der Kern von   ist  .)
  • Ist   ein Ring und ist   bijektiv, dann heißt der Ring perfekt (oder vollkommen).[1] In einem perfekten Ring besitzt jedes Element eine eindeutig bestimmte  -te Wurzel. Perfekte Körper zeichnen sich dadurch aus, dass sie keine inseparablen Erweiterungen besitzen.
  • Der perfekte Abschluss eines Rings   lässt sich als induktiver Limes darstellen:
 
  • Die Additivität der Abbildung   wird auch in der Artin-Schreier-Theorie ausgenutzt.

Frobeniusautomorphismen von lokalen und globalen Körpern

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Die folgenden Annahmen dienen dazu, sowohl den Fall einer endlichen Galoiserweiterung algebraischer Zahlkörper als auch lokaler Körper zu beschreiben. Sei   ein Dedekindring,   sein Quotientenkörper,   eine endliche Galoiserweiterung,   der ganze Abschluss von   in  . Dann ist   ein Dedekindring. Sei weiter   ein maximales Ideal in   mit endlichem Restklassenkörper  , außerdem   und  . Die Körpererweiterung   ist galoissch. Sei   die Galoisgruppe von  . Sie operiert transitiv auf den über   liegenden Primidealen von  . Sei   die Zerlegungsgruppe, d. h. der Stabilisator von  . Der induzierte Homomorphismus

 

ist surjektiv.[2] Sein Kern ist die Trägheitsgruppe.

Es sei nun   unverzweigt, d. h.  . Dann ist der Homomorphismus   ein Isomorphismus. Der Frobeniusautomorphismus   (auch Frobeniuselement) ist das Urbild des Frobeniusautomorphismus   unter  . Er ist durch die folgende Eigenschaft eindeutig charakterisiert:

 

Weil   auf den Primidealen über   transitiv operiert, sind die Frobeniusautomorphismen zu ihnen konjugiert, so dass ihre Konjugationsklasse durch   eindeutig festgelegt ist. Falls die Erweiterung   abelsch ist, erhält man einen eindeutigen Frobeniusautomorphismus  .

Frobeniusautomorphismen sind von zentraler Bedeutung für die Klassenkörpertheorie: In der idealtheoretischen Formulierung wird die Reziprozitätsabbildung von der Zuordnung   induziert. Konjugationsklassen von Frobeniusautomorphismen sind der Gegenstand des tschebotarjowschen Dichtigkeitssatzes. Ferdinand Georg Frobenius hatte die Aussage des Dichtigkeitssatzes bereits 1880 vermutet, deshalb sind die Automorphismen nach ihm benannt.[3]

Absoluter und relativer Frobenius für Schemata

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Definition

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Sei   eine Primzahl und   ein Schema über  . Der absolute Frobenius   ist definiert als Identität auf dem topologischen Raum und  -Potenzierung auf der Strukturgarbe. Auf einem affinen Schema   ist der absolute Frobenius durch den Frobenius des zugrundeliegenden Ringes gegeben, wie man an den globalen Schnitten ablesen kann. Dass die Primideale fest bleiben, übersetzt sich in die Äquivalenz  .

Sei nun   ein Morphismus von Schemata über  . Das Diagramm

 

kommutiert und induziert den relativen Frobeniusmorphismus

 

der ein Morphismus über   ist. Ist   das Spektrum eines perfekten Rings  , dann ist   ein Isomorphismus, also  , aber dieser Isomorphismus ist im Allgemeinen kein Morphismus über  .

Beispiel

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  • Mit   ist   (über  ), und der relative Frobenius ist in Koordinaten gegeben durch:
 
  • Ist  , dann ist  , wobei   bedeuten soll, dass die Koeffizienten in die  -te Potenz erhoben werden. Der relative Frobenius   wird von   induziert.

Eigenschaften

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  •   ist ganz, surjektiv und radiziell. Für   lokal von endlicher Präsentation ist   genau dann ein Isomorphismus, wenn   étale ist.[4]
  • Wenn   flach ist, besitzt   die folgende lokale Beschreibung: Sei   eine offene affine Karte von  . Mit der symmetrischen Gruppe   und   setze  . Die Multiplikation definiert einen Ringhomomorphismus  , und durch Verkleben von   erhält man das Schema  .[5]

Satz von Lang

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Ein Satz von Serge Lang besagt: Sei   ein algebraisches oder affines zusammenhängendes Gruppenschema über einem endlichen Körper  . Dann ist der Morphismus

 

treuflach. Ist   algebraisch und kommutativ, ist   also eine Isogenie mit Kern  , die Lang-Isogenie. Ein Korollar ist, dass jeder  -Torsor trivial ist.[6]

Beispiele:

  • Für   erhält man den Artin-Schreier-Morphismus.
  • Für   erhält man die Aussage, dass jede zentrale einfache Algebra vom Rang   über einem endlichen Körper eine Matrizenalgebra ist, für alle   zusammengenommen also den Satz von Wedderburn.

Frobenius und Verschiebung für kommutative Gruppen

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Sei   ein Schema und   ein flaches kommutatives Gruppenschema. Die obige Konstruktion realisiert   als Unterschema des symmetrischen Produkts   (falls dieses existiert, andernfalls muss man mit einem kleineren Unterschema von   arbeiten), und durch Verkettung mit der Gruppenmultiplikation erhält man einen kanonischen Morphismus  , die Verschiebung. Der Name kommt daher, dass die Verschiebung bei Wittvektoren die Abbildung

 

ist.

Es gilt:[7]

  •  
(Multiplikation mit   in der Gruppe   bzw.  ).
  •  
  • Ist   ein endliches flaches kommutatives Gruppenschema, dann vertauscht die Cartier-Dualität Frobenius und Verschiebung:
 

Eine endliche kommutative Gruppe   über einem Körper ist genau dann

  • vom multiplikativen Typ, wenn   ein Isomorphismus ist.
  • étale, wenn   ein Isomorphismus ist.
  • infinitesimal, wenn   für   groß.
  • unipotent, wenn   für   groß.

Die Charakterisierung von Gruppen durch Eigenschaften von   und   ist der Ausgangspunkt der Dieudonné-Theorie.

Beispiele:

  • Für konstante Gruppen ist   und  .
  • Für diagonalisierbare Gruppen ist   und  .
  • Für   ist   der gewöhnliche Frobeniushomomorphismus   für Ringe  . (Da der Frobeniusmorphismus ohne Rückgriff auf die Gruppenstruktur definiert ist, ist die Inklusion   mit ihm kompatibel.) Die Verschiebung ist trivial:  .
  • Ist   eine abelsche Varietät über einem Körper der Charakteristik   (allgemeiner ein abelsches Schema), dann ist die folgende Sequenz exakt, wenn   jeweils für den Kern des entsprechenden Morphismus   steht:[8]
 

Arithmetischer und geometrischer Frobenius

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Sei   ein Schema über  , weiter   ein algebraischer Abschluss von   und  . Der Frobeniusautomorphismus   wird in diesem Kontext arithmetischer Frobenius genannt, der inverse Automorphismus   geometrischer Frobenius. Weil   über   definiert ist, ist  , und der relative Frobenius ist  . Es gilt (auch nach der definierenden Gleichung des relativen Frobenius)

 

Ist   eine konstante Garbe auf  , induziert   die Identität auf der Kohomologie von  , so dass nach der obigen Gleichung der relative Frobenius   mit seiner aus der Geometrie kommenden Komponente   und der geometrische Frobenius   dieselbe Wirkung haben.[9]

Literatur

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  • Serge Lang: Algebra (= Graduate Texts in Mathematics. Band 211). 3. Auflage. Springer, New York 2002, ISBN 0-387-95385-X.
  • Michel Demazure, Pierre Gabriel: Groupes algébriques. Tome 1. North-Holland, Amsterdam 1970, ISBN 978-0-7204-2034-0.
  • Pierre Gabriel: Exposé VIIA. Étude infinitesimale des schémas en groupes. In: Michel Demazure, Alexander Grothendieck (Hrsg.): Séminaire de Géométrie Algébrique du Bois-Marie 1962–1964 (SGA 3): Schémas en groupes. Tome 1: Propriétés générales des schémas en groupes. Springer, Berlin 1970, ISBN 978-3-540-05180-0.
  • Christian Houzel: Exposé XV. Morphisme de Frobenius et rationalité des fonctions L. In: Luc Illusie (Hrsg.): Séminaire de Géometrie Algébrique du Bois-Marie 1965-66 (SGA 5): Cohomologie l-adique et Fonctions L (= Lecture Notes in Mathematics). Band 589. Springer, Berlin 1977, ISBN 3-540-08248-4.

Fußnoten

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  1. V §1 Definition 2 in: Nicolas Bourbaki: Elements of Mathematics. Algebra II. Chapters 4-7. Springer, Berlin 2003, ISBN 978-3-540-00706-7.
  2. Lang, VII §2
  3. Peter Stevenhagen, Hendrik Lenstra: Chebotarëv and his density theorem. In: Mathematical Intelligencer. Band 18, Nr. 2, 1996, S. 26–37. Die Originalarbeit ist: Georg Ferdinand Frobenius: Über Beziehungen zwischen den Primidealen eines algebraischen Körpers und den Substitutionen seiner Gruppe. In: Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1896, S. 689–703.
  4. Houzel, §1 Proposition 2
  5. Gabriel, 4.2
  6. Demazure-Gabriel, III §5, 7.2. Die Originalarbeit ist: Serge Lang: Algebraic Groups Over Finite Fields. In: Amer. J. Math. Band 78, Nr. 3, 1956, S. 555–563.
  7. Demazure-Gabriel, II §7
  8. Proposition 2.3 in: Tadao Oda: The first de Rham cohomology group and Dieudonné modules. In: Annales scientifiques de l'École Normale Supérieure, Sér. 4. Band 2, Nr. 1, 1969, S. 63–135 (online).
  9. Houzel, §2 Proposition 2