Flecainid ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Antiarrhythmika, der zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen eingesetzt wird. Als Natriumkanalblocker ohne Wirkung auf die Dauer des Aktionspotentials wird es zur Klasse Ic (ohne Veränderung der Dauer des Aktionspotentials) der Vaughan/Williams-Klassifikation gezählt. Flecainid wurde 1997 in den Riker Laboratories hergestellt und ist ein aus Mexiletin weiterentwickeltes Präparat.[5] Verwendet wird das Acetat.[2]

Strukturformel
Struktur von Flecainid
1:1-Gemisch aus (R)-Form (oben) und (S)-Form (unten)
Allgemeines
Freiname Flecainid
Andere Namen
  • (RS)-N-(2-Piperidylmethyl)-2,5-bis(2,2,2-trifluorethoxy)benzamid (IUPAC)
  • (±)-N-(2-Piperidylmethyl)-2,5-bis(2,2,2-trifluorethoxy)benzamid
Summenformel
  • C17H20F6N2O3(Flecainid)
  • C17H20F6N2O3·C2H4O2(Flecainid·Acetat)
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer (Listennummer) 685-650-9
ECHA-InfoCard 100.211.334
PubChem 3356
ChemSpider 3239
DrugBank DB01195
Wikidata Q421381
Arzneistoffangaben
ATC-Code

C01BC04

Wirkstoffklasse

Antiarrhythmikum

Wirkmechanismus

Natriumkanalblocker

Eigenschaften
Molare Masse
  • 414,34 g·mol−1 (Flecainid)
  • 474,39 g·mol−1 (Flecainid·Acetat)
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

145–147 °C (Flecainid·Acetat)[1]

pKS-Wert

9,3[2]

Löslichkeit

Flecainid-Acetat: 3,0 mg/ml in Ethanol; 48,4 mg/ml in Wasser[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​315​‐​319​‐​335​‐​360
P: 201​‐​261​‐​305 351 338​‐​308 313[3]
Toxikologische Daten

1346 mg·kg−1 (LD50Ratteoral, Acetat)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Darstellung und Gewinnung

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Die Synthese von Flecainid gelingt in drei Schritten. Das Ausgangsmaterial 2,5-Dihydroxybenzoesäure wird im ersten Schritt mittels 2,2,2-Trifluorethyltrifluormethansulfonat in Gegenwart von Natriumhydrogencarbonat vollständig verethert und verestert. Im zweiten Schritt erfolgt die Bildung eines Säureamids durch Umsetzung mit 2-Picolylamin. Die Zielverbindung entsteht dann durch die Hydrierung des Pyridinrings in Gegenwart von Palladiumkohle.[6][7] Aus der Synthesesequenz resultiert das Racemat [1:1-Gemisch aus (R)-Form und (S)-Form].

 

Anwendung

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Supraventrikuläre Tachykardien (z. B. AV-junktionale Tachykardien, supraventrikuläre Tachykardien bei WPW-Syndrom, paroxysmales Vorhofflimmern), wenn sie symptomatisch und behandlungsbedürftig sind. Lebensbedrohliche ventrikuläre Tachykardien.

Gegenanzeigen und Warnhinweise

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Drei Monate nach Myokardinfarkt (= Herzinfarkt), bei dekompensierter Herzinsuffizienz, bedeutsamer Elektrolytstörung oder ausgeprägter Hypotonie darf Flecainid nicht angewandt werden, bei schwerer Bradykardie, SA-Blockierungen und höhergradigen AV-Blockierungen sowie Sinusknoten-Syndrom nur, wenn ein Herzschrittmacher implantiert ist. Bei eingeschränkter Pumpfunktion des Herzens (Auswurffraktion < 35 %) darf es nur im Fall lebensbedrohlicher ventrikulärer Arrhythmien eingesetzt werden.

Bei eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion muss die Dosis angepasst werden. Unter der Therapie sollten die Nierenfunktion und die Breite des QRS-Komplexes im Ruhe-EKG überwacht werden. Flecainid hat einen sehr engen therapeutischen Bereich zwischen 0,2 und 1,0 μg/ml im Serum. Der toxische (schädliche bzw. giftige) Bereich beginnt bereits ab Serumspiegeln von 1,5 μg/ml. Überdosierungen – auch bedingt durch reduzierte Ausscheidung bei Niereninsuffizienz – müssen vermieden werden.

Mögliche Nebenwirkungen

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Blutdruckabfall, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen (Bradykardie, AV-Block, ventrikuläre Extrasystolen, Kammerflattern), Sehstörungen (Doppelbilder), Schwindel, Kopfschmerzen, Verwirrtheitszustand, Übelkeit, Transaminasenanstieg, cholestatische Hepatitis,[8] Kurzatmigkeit und Verdauungsstörungen. Selten Müdigkeit und vermehrte Schweißneigung. Sehr selten Mundtrockenheit, Fieber, Muskel- oder Gelenkschmerzen, Angstzustände, allergische Hautreaktionen und vorübergehende Potenzstörungen.

Bereits 1991 wurde in der CAST-Studie gezeigt, dass bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit Medikamente wie Flecainid trotz nachgewiesener Wirksamkeit gegen die ventrikulären Arrhythmien das Risiko des plötzlichen Herztodes erhöhen. Das wird dadurch erklärt, dass das Flecainid selbst gefährliche (maligne) Rhythmusstörungen auslösen kann (proarrhythmischer Effekt). Diese proarrhythmischen Effekte scheinen auch genetisch mitbestimmt zu sein.[9]

Handelsnamen

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Monopräparate

Aristocor (A), Flecagamma (D), Tambocor (D, CH), diverse Generika (D)[10][11][12]

Literatur

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  • Anne Paschen: Herz. In: Jörg Braun, Roland Preuss (Hrsg.): Klinikleitfaden Intensivmedizin. 9. Auflage. Elsevier, München 2016, ISBN 978-3-437-23763-8, S. 185–283, hier: S. 253 f. (Flecainid).

Einzelnachweise

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  1. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 700, ISBN 978-0-911910-00-1.
  2. a b c Eintrag zu Flecainid. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 1. Juli 2019.
  3. a b Datenblatt Flecainide acetate salt bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 1. April 2011 (PDF).
  4. Eintrag FLECAINIDE ACETATE CRS beim Europäisches Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM), abgerufen am 3. August 2008.
  5. Wolf-Dieter Müller-Jahncke, Christoph Friedrich, Ulrich Meyer: Arzneimittelgeschichte. 2., überarb. und erw. Auflage. Wiss. Verl.-Ges, Stuttgart 2005, ISBN 978-3-8047-2113-5, S. 164.
  6. E. H. Banitt, W. E. Coyne, J. R. Schmid, A. Mendel: Antiarrhythmics. N-(Aminoalkylene)trifluoroethoxybenzamides and N-(aminoalkylene)trifluoroethoxynaphthamide. In: J. Med. Chem., 18, 1975, S. 1130–1134, doi:10.1021/jm00245a017.
  7. E. H. Banitt, W. R. Bronn, W. E. Coyne, J. R. Schmid: Antiarrhythmics. 2. Synthesis and antiarrhythmic activity of N-(piperidylalkyl)trifluoroethoxybenzamides. In: J. Med. Chem., 20, 1977, S. 821–826, doi:10.1021/jm00216a016.
  8. Anne Paschen: Herz. 2016, S. 254.
  9. A. M. Nia, E. Caglayan, N. Gassanov, T. Zimmermann, O. Aslan, M. Hellmich, F. Duru, E. Erdmann, S. Rosenkranz, F. Er: Beta1-adrenoceptor polymorphism predicts flecainide action in patients with atrial fibrillation. In: PLoS ONE. Band 5, Nr. 7, Juli 2010, S. e11421–e11421, doi:10.1371/journal.pone.0011421, PMID 20625396, PMC 2896398 (freier Volltext).
  10. Rote Liste Online, Stand: August 2009.
  11. Arzneimittelkompendium der Schweiz, Stand: August 2009.
  12. AGES-PharmMed, Stand: August 2009.