Unter Doppelkönigtum fasst man die gleichzeitige legitime Regentschaft zweier Könige auf – und grenzt gegenüber dem Begriff Gegenkönig ab, der einen Insult gegen die Thronfolge darstellt.

Im antiken Sparta der klassischen und nachklassischen Zeit (bis 2. Jahrhundert v. Chr.) gab es ein Doppelkönigtum, dessen zwei Könige sich aus den Familien der Agiaden und Eurypontiden rekrutierten. Die Könige waren „lebenslange Feldherrn“, sie vertraten die spartanische Polis nach außen und waren oberste Priester. Als militärische Führer standen die Könige unter der Aufsicht der bzw. im Gegensatz zu den Ephoren. Die Könige hatten sich vor der Volksversammlung (Apella) zu verantworten.

Bedeutende spartanische Könige waren: Leonidas, Pausanias (Regent), Agesilaos III., Kleomenes III., Agis IV., Nabis.

Heiliges Römisches Reich

Bearbeiten

In Abgrenzung zum Gegenkönigtum wird in der historischen Forschung in der deutschen Geschichte des (späten) Mittelalters ein Doppelkönigtum dann konstatiert, wenn zwei Könige aus einer zwiespältigen Wahl (der Kurfürsten) hervorgingen. Insgesamt gab es vier solcher Wahlentscheidungen, die kein in der Praxis eindeutiges Ergebnis lieferten.

Deutscher Thronstreit 1197: Philipp von Schwaben und Otto IV.

Bearbeiten

Nach dem Tod Heinrichs VI. 1197 führte der Deutsche Thronstreit zu einer Doppelwahl. Am 8. März 1198 wählten die der staufischen Partei anhängenden Kurfürsten Philipp von Schwaben, einen Bruder Heinrichs VI., zum König, am 9. Juni 1198 kürte die welfische Gegenpartei Otto von Braunschweig als Otto IV. zum Herrscher. De facto gab es nun bis zur Ermordung Philipps aufgrund einer vom Thronstreit unabhängigen Privatfehde im Jahre 1208 zwei gewählte Könige im Reich.

Doppelwahl 1256/57 und Interregnum bis 1273: Alfons X. und Richard von Cornwall

Bearbeiten

1256 starb der frühere Gegenkönig Friedrichs II., Wilhelm von Holland, der seit 1254 auch allgemein anerkannt wurde. Verwandte der Doppelkönige von 1198 setzten nun den Streit der Familien fort, wobei es diesmal allerdings eher um die Sicherstellung ausländischer Interessen in einem völlig geschwächten Reich ging. Nachdem einige Städte kurz nach Wilhelms Tod bereits Alfons X. von Kastilien, einen Enkel Philipps von Schwaben, zum König ausriefen, kam es zu Spannungen mit dem englischen König Heinrich III., die 1257 zu einer Doppelwahl zwischen Alfons und Richard von Cornwall, einem jüngeren Bruder des englischen Königs und Vetter Ottos IV., führten. Der König von Böhmen gab beiden Parteien seine Stimme, so dass nun beide Kandidaten mit je 4 Stimmen gewählt waren. Da allerdings Alfons nie Reichsboden betrat und auch Richard nur sporadisch seinen Thronanspruch vor Ort vertrat, war die Folge dieser Doppelwahl eine Epoche praktisch ohne ausgeübte Königsmacht. Diese ging als Königslose Zeit oder Interregnum in die Geschichte ein und endete erst mit dem Tod Richards 1272, der Wahl Rudolfs I. von Habsburg 1273 zum König und dem anschließenden Rücktritt Alfons’ X.

Doppelwahl 1314–1322, Trausnitzer Sühne, Doppelkönigtum bis 1330: Ludwig IV. und Friedrich der Schöne

Bearbeiten

Im Jahr 1314 war es zur Doppelwahl der Kurfürsten gekommen, als der Wittelsbacher Ludwig der Bayer (1314–1347) und der Habsburger Friedrich der Schöne (1314–1330) deutsche Könige wurden. Nach dem Sieg Ludwigs in der Schlacht bei Mühldorf (September 1322) und der Gefangennahme Friedrichs einigten sich die beiden Kontrahenten in der Trausnitzer Sühne und zwei Münchener Verträgen (März bzw. September 1325) auf eine gemeinsame Herrschaft des Wittelsbachers und des Habsburgers. Dieses Doppelkönigtum im eigentlichen Sinn, nämlich als gemeinsame Regierung, war somit eine Konsequenz aus dem Wahlprinzip im römisch-deutschen Reich und die Folge einer besonderen politischen Lage. Es funktionierte insofern reibungslos, als dass sich Ludwig zwischen 1327 und 1329 in Italien aufhielt und Friedrich schon im Januar 1330 starb, blieb aber politisch weitgehend wirkungslos.

Doppelwahl 1410/11: Sigismund von Luxemburg und Jobst von Mähren

Bearbeiten

Die vierte Doppelwahl folgte dem Tod König Ruprechts 1410. Als Kandidaten ließen sich die Vettern Jobst von Mähren und Sigismund, Letzterer ein jüngerer Bruder des früheren römischen Königs Wenzel, aufstellen. Am 1. Oktober 1410 wählte das Kurfürstenkollegium mit vier gegen drei Stimmen Jobst von Mähren zum König. Die vierte Stimme hatte hierzu Wenzel beigesteuert, der als König von Böhmen ebenfalls Kurfürst war. Sigismunds Partei erkannte diese Wahl nicht an, doch ehe es zu weiteren Streitigkeiten kommen konnte, verstarb Jobst plötzlich am 18. Januar 1411, und Sigismund wurde unbestrittener König des Reiches.

Königreich Bayern

Bearbeiten

Nach dem Tod von König Ludwig II im Jahr 1886 stand dessen Bruder Otto als nächster König von Bayern in der Thronfolge. Da Otto I unter schweren psychischen Problemen litt, wurden die Amtsgeschäfte von seinem Onkel, Prinzregent Luitpold, geführt. Als dieser 1912 verstarb, wurde das Amt des Prinzregenten von Luitpolds Sohn Ludwig übernommen.

Durch eine Änderung der bayerischen Verfassung, wurde die grundsätzliche Möglichkeit geschaffen, im Fall einer lange andauernden Krankheit des Königs die Regentschaft zu beenden und den nächsten Wittelsbacher in der Thronfolge zum König zu ernennen. Die Initiative zu dieser Verfassungsänderung ging dabei – entgegen weitläufiger Meinung – nicht von Prinzregent Ludwig aus, sondern von seinen Ministern. Nachdem der Staatsrat und die beiden Parlamentskammern zugestimmt hatten, trat das Gesetz zur Regentschaftsbeendigung am 4. November 1913 in Kraft. Am 5. November 1913 wurde Ludwig III. zum König von Bayern ausgerufen.

Da Titel und Würden König Ottos jedoch nicht angetastet wurden, gab es knapp drei Jahre lang, bis zum Tode Ottos am 11. Oktober 1916, de jure zwei Könige in Bayern.

Literatur

Bearbeiten
  • Jörg Rogge: Die deutschen Könige im Mittelalter. Wahl und Krönung (= Geschichte kompakt. Mittelalter.). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-15132-1, S. 36–44, 61 ff, 76 ff.
  • Raimund Schulz: Athen und Sparta (= Geschichte kompakt. Antike.). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-15493-2, S. 58–59.