Diskussion:Auszug aus Ägypten

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Forschermeinungen zur Historizität des Exodus

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Ich eröffne an dieser Stelle einen neuen Abschnitt, um verschiedene Forschermeinungen bezüglich der Historizität des Exodus zu sammeln. Die Meinungen sollen hier möglichst nah zu den Originalen zusammengetragen werden, also möglichst mit Zitaten, damit hier der Interpretationsspielraum möglichst eingegrenzt wird.

Allgemein bietet der folgende Sammelband einen guten Einstieg ins Thema: Thomas E. Levy, Thomas Schneider, William H. C. Propp (Hrsg.): Israel's Exodus in Transdisciplinary Perspective. Springer, Cham u.a., 2015. Dort finden sich die aktuellsten Forschermeinungen zu verschiedensten Bereichen. So bietet er a majority of the consensus-making scholars of the Exodus in einem Band vereinigt.

Zunächst werde ich diejenigen Autoren und Meinungen zusammentragen, die einen Überblick über die Forschung verschaffen. Daraus sollte sich nicht zuletzt ein Bild abzeichnen, wie die Forschermeinungen verteilt sind.

Den Anfang macht:

Lawrence T. Geraty: Exodus Dates and Theories. In: Levy, Schneider, Propp: Isreal's Exodus in Transdisciplinary Perspective., S. 55-64:

  • Während einige Wissenschaftler bezweifeln, dass es so etwas wie einen historischen Exodus der Israeliten aus Ägypten gab (wie Fleming, Halpern, Hendel und Propp), schlagen viele andere irgendeinen Kern von Historizität vor, wenn sich auch die Details stark unterscheiden (Allen, Assmann, Batto, Benz, Berner, Bietak, Bloch, Dever, Faust, Finkelstein, Friedman, Galvin, Harris, Hoffmeier, Hollis, Maeir, Matthews, Moro, Moshier, Mullins, Na’aman, Noegel, Redford, Rendsburg, Russell, Schneider, Sparks). Andere plädieren für einen wissenschafts-basierten Ansatz (Bronk Ramsey, Dee, Grattan, Higham, Levy, McCoy, Salamon, Ward, Wiener). Die meisten anderen anerkennen die Bedeutung des Themas in erster Linie in Israels Gedächtnis. (Englisches Original: While several scholars doubt there was any such thing as a historical exodus of Israelites from Egypt (such as Fleming, Halpern, Hendel and Propp), many others propose some kernel of historicity though details differ widely (Allen, Assmann, Batto, Benz, Berner, Bietak, Bloch, Dever, Faust, Finkelstein, Friedman, Galvin, Harris, Hoffmeier, Hollis, Maeir, Matthews, Moro, Moshier, Mullins, Na’aman, Noegel, Redford, Rendsburg, Russell, Schneider, Sparks). Others advocate a science-based approach (Bronk Ramsey, Dee, Grattan, Higham, Levy, McCoy, Salamon, Ward, Wiener). Most others recognize the theme’s importance primarily in Israelite memory.) (S. 55)
  • Meine Aufgabe ist es, einen kurzen Überblick über Theorien und Daten zu geben als Hintergrund für die restlichen Kapitel. [...] Mein Ziel ist es nicht, Neuland zu betreten, sondern „Exodus-Daten, die ich kenne“, zusammenzufassen. (Englisches Original: My assignment is to give a brief overview of theories and dates as a backdrop for the rest of the chapters. [...] My purpose is not to break new ground but rather to summarize what I call „Exodus dates I have known!“) (S. 55)
  • Ich beginne mit dem traditionellen Datum in der 18. Dynastie, bewege mich dann auf ein derzeitiges Konsens-Datum in der 19. Dynastie, und berühre dann kurz mehrere andere Exodus-Theorien. Ansichten, dass er nie stattfand liefern kein Datum, da sie ihn nicht als Ereignis betrachten. Ansichten, dass er nicht in ähnlicher Weise wie in der Bibel beschrieben stattfand, sind ebenfalls nicht sehr datierbar. Mit anderen Worten, diese Übersicht über Daten betrifft notwendigerweise mehr „zentristische“ und weniger „minimalistische“ Positionen [...] (Englisches Original: I begin with the traditional date in the 18th dynasty, move to the current consensus date in the 19th dynasty, and then even more briefly touch on several other Exodus theories. Views that it never happened do not give us a date since it is a nonevent. Views that it did not happen in much like the way described in the Bible are not very datable either. In other words, this overview of dates necessarily pertains more to „centrist“ rather than „minimalist“ positions [...]) (S. 56)

Die Einleitung von Albertz wurde ja schon mehrfach zitiert:

Rainer Albertz: Exodus 1-18 (Zürcher Bibelkommentare), Zürich, 2012:

  • Die Frage, ob und wieweit die im Exodusbuch geschilderten Ereignisse als historisch eingeschätzt werden können, wird in der gegenwärtigen Forschung sehr kontrovers beantwortet. Auf der einen Seite stehen Forscher, welche die Historizität zumindest der Grundzüge der Herausführung Isreals aus Ägypten verteidigen, auf der anderen Seite solche, welche die Historizität des Exodus mehr oder minder radikal leugnen und die geschilderten Ereignisse in die Mythenbildung späterer Epochen verweisen. (Fussnote: Zur ersten Gruppe gehören z.B. Kitchen, Reliability, 241-274; Hoffmeier, Israel, 107-175; ders. Ancient Israel, 50-73, zur zweiten z.B. Redford, Egyptological Perspective, 138-151; Van Seters, Geography, 255-275.) (S. 27; FN 20)
  • Für beide Positionen liefert der Text von Ex 1-15 Anhaltspunkte, teilweise sogar auf engstem Raum [...] Mag sich im Fall von Ramses noch schemenhaft eine alte Erinnerung bewahrt haben, so scheint dies bei der parallel genannten Vorratsstadt Pitom nicht der Fall zu sein. (S. 26-27)
  • Die Anachronismen, sachlichen Fehler und relativ wenigen zutreffenden Kenntnisse deuten darauf hin, dass die Erzählungen vom Auszug aus Ägypten kaum aus konkreter historischer Erinnerung heraus erwachsen sind. (S. 30)
  • Nun geben „Gedächtnisgeschichten“ zwar primär Auskunft über die geschichtliche Lage ihrer Autoren und mischen vielerlei rein erzählerische Elemente hinzu, dich ist ihr Gegenstand meistens keine reine Fiktion. Auch Gründungsmythen sind normalerweise nicht bloße Erfindungen, sondern beruhen auf geschichtlichen Erfahrungen. Dass dies auch für die Exoduserzählung gilt, kann allein schon die Tatsache verdeutlichen, dass der Typ des brutalen Fremdherrschers, von dem Israel befreit wurde, ausgerechnet aus den ägyptischen Pharaonen gewonnen wird. Denn dafür bestand in der späteren Geschichte Israels überhaupt kein Anlass. (S. 30)
  • Fragt man, aus welcher Epoche die negativen Erfahrungen mit der ägyptischen Supermacht stammen können, dann wird man durch die Bewahrung des Namens der alten ägyptischen Hauptstadt Ramses (Ex 1,11:12,37) am ehesten in die Ramessidenzeit gewiesen (ca. 1290-1130 v.Chr.). Zu dieser Zeit war Kanaan, das Gebiet, in dem ab Ende des 13. Jh.v.Chr. auch die Israeliten siedelten, eine ägyptische Provinz. (S. 31)

Shmuel Aḥituv: The Exodus - Survey of the Theories of the Last Fifty Years. In: Irene Shirun-Grumach: Jerusalem Studies in Egyptology. Wiesbaden, 1998.

  • Das Problem der Historizität des Exodus ist Teil des grösseren Komplex von Israel in Ägypten auf der einen Seite und der Eroberung Kanaans auf der anderen Seite. In dieser Untersuchung kann ich mich nicht mit allen Problemen dieses komplexen und grossen Gebietes beschäftigen, und dies wird auch nicht von mir erwartet. Allerdings können wir die Diskussion über die Historizität des Exodus nicht von den biblischen Traditionen über den israelitischen Aufenthalt in Ägypten trennen, wovon die Exodus-Trodition ein fester Bestandteil ist. Diese lange Perikope (Gen 37 - Ex 14) wird im Mittelpunkt unserer Untersuchung sein. (Englisches Original: The problem of the historicity of the Exodus is part of the wider complex of Israel in Egypt on the one hand and the conquest of Canaan on the other hand. In this survey I cannot, and I am not expected, to deal with all the problems involved in this extensive complex. However, we cannot sever the discussion of the historicity of the Exodus form that of the biblical traditions about the Israelite sojourn in Egypt, of which the Exodus tradition is an itegral part. This long pericope (Gen 37 - Ex 14) will be the focus of our survey.) (S. 127)
  • Eine abschliessende Bemerkung: Wo steht die Untersuchung von Ägypten und dem Exodus jetzt? Verfügen wir jetzt über mehr Wissen also die Wissenschaftler vor 50 Jahren? Ich denke, dass wir anspruchsvoller/differenzierter/gebildeter sind, aber im Prinzip steht das Problem nicht dort, wo es vor 50 Jahren stand, sondern vor 90 Jahren. Im Jahr 1904 veröffentlichte Wilhelm Spiegelberg ein kleines Buch - eine Broschüre - Der Aufenthalt Israels im Lichte der ägyptischen Dokumente. Darin schloss er, dass das ägyptische „Couleur“ des Israel in Ägypten Geschichten aus dem 7. Jh.v.Chr. und des Deltas ist. Es könnte sein, dass die Autoren von J und E über Ägypten erfuhren, von dem, was sie von ägyptischen Soldaten oder Händlern hörten, die neugierigen Israeliten von zu Hause erzählten. Oder ein jüdischer Besucher im Delta im 7. Jh. v.Chr. brachte solche Geschichte mit sich. Er leugnete nicht die historische Gültigkeit des Exodus, oder eines israelitischen Aufenthalts in Ägypten, aber die ägyptischen Elemente in den biblischen Geschichten sind für die Geschichte wertlos, sie sind nur für die Geschichte der Traditionen selbst relevant: nur für die Geschichte der Tradition wert - für unsere Fragen ist es balanglos. (Englisches Original: A final note: Where does the study of Egypt and the Exodus stand now? Are we more knowledgeable than scholars fifty years ago? I think we are more sophisticated, but in principle the problem stands now where it stood not 50 years ago, but 90 years ago. In 1904 Wilhelm Spiegelberg published a small book - a brochure - Der Aufenthalt Israels im Lichte der ägyptischen Dokumente. In it he concluded that the Egyptian colour of the Israel in Egypt stories is of the 7th century BCE and of the Delta. It might be that the authors of J and E learnt about Egypt form what they heard for Egyptian soldiers or merchants, telling curious Israelites of theri home. Or a Jewish visitor to the Delta in the 7th century BCE brought with him such stories. He did not deny the historical validity of the Exodus, or of an Israelite sojourn in Egypt, but the Egyptian elements in the biblical stories are worthless for history, the are relevant only for the historiy of the traditions themselves: nur für die Geschichte der Traditin wert - für unsere Fragen ist es belanglos.) (S. 132)

Nun zu einer ersten, differenzierteren Forschermeinung:

Manfred Bietak: On the Historicity of the Exodus: What Egyptology Today Can Contribute to Assessing the Biblical Account of the Sojourn in Egypt. In: Levy, Schneider, Propp: Isreal's Exodus in Transdisciplinary Perspective., S. 17-38:

  • Diese Studie gibt einen Überblick über die verfügbaren Belege aus Ägypten über die Ansiedlung von „Proto-Israeliten“ während der späten Ramessidenzeit. Es wird vorgeschlagen, dass solche Gruppen gleichzeitig mit Proto-Israeliten in Kanaan ansiedelten. Die kollektive Erinnerung an die Proto-Israeliten, die in Kanaan unter ägyptischer Unterdrückung litten, verschmolz in der Entstehung von Israels Herkunfts-Geschichte aus der Umwandlung der oralen Tradition in geschriebenen Text. Der spätere Glaube an einen Aufenthalt der Israeliten in Tanis/Zoan wurde durch den Transport von archäologischen Überresten von Pi-Ramesse nach Tanis und Bubastis inspiriert. (Englisches Original: This study reviews the available evidence from Egypt on the settlement of “Proto-Israelites” during the later Ramesside period. Such groups are proposed to have settled in Egypt simultaneously with the Proto-Israelites in Canaan. The collective memory of the Proto-Israelites suffering in Canaan under Egyptian oppression and those suffering in Egypt merged in the genesis of Israel’s story of origin from the transformation of oral tradition into written text. The later belief in a stay of the Israelites at Tanis/Zoan was inspired by the transfer of archaeological remains from Pi-Ramesse to Tanis and Bubastis.) (S. 17)

S. 30-31, ohne Übersetzung:

  1. We have evidence for the presence of population groups of the southern Levant in Egypt in the late Ramesside Period that were culturally and ethnically close to what represents early Israel in the Iron Age. We have to bear in mind that, in all likelihood, the ethnogenesis of Israel was concurrent and had not yet by that time been finalized. According to Egyptian texts, a number of Near Easterners came into the country as prisoners of war. Others immigrated peacefully as cattle and livestock keepers.
  2. Scanty archaeological remains such as one or two Four-Room Houses in Western Thebes during the 20th Dynasty (twelfth century BC) show that people of the same or very similar Iron Age culture and who started to spread at the same time in the Judaean hill country and in the Negev were in Egypt during the 20th Dynasty. Most probably the latter were temple slaves, originating from a raid of Ramses III in Transjordan.
  3. There are areas at the eastern borders of Egypt that had Semitic toponyms used even by Egyptian scribes. This situation can only be reasonably explained by assuming that Semitic-speaking people inhabited such areas during the New Kingdom. One has to mention particularly in this respect Wadi Tumilat, which would fulfill in every respect the model of the land of Goshen (or the land of Ramses) in the Bible.
  4. If we assume a sojourn of early Israelites in Egypt, the likeliest period is the late New Kingdom (late thirteenth and twelfth century BC). This chapter supports the opinion that, in the late thirteenth century, people identified in the Merenptah stela as Israel were still in Transjordan and had not yet settled in Canaan. It is however likely that some groups of their kinsmen had already entered Canaan. It is also likely that the settlement in Canaan and at the boundary areas of Egypt happened simultaneously and not consecutively.
  5. At least some ideas about the topographical conditions of the Eastern Delta reflected in Genesis and the Exodus story go back to the Ramesside Period.
  6. The town Raamses in the Bible is likely to represent a memory of Pi-Ramesse, the Eastern Delta capital of the 19th and 20th Dynasty identified with Tell el-Dab‘a–Qantir.
  7. Pithom in the Bible can be identified with the only known settlement of the Ramesside Period in the Wadi Tumilat, at Tell el-Retaba, not with Tell el-Maskhuta which according to the archaeological record did not yet exist.
  8. The collective memory of the Egyptian oppression endured by the segment of early Israel in Canaan seems to have merged with the experience of suffering by Proto-Israelites in Egypt. The excessive brick making fits in only with large Egyptian construction sites tied to the Egyptian toponyms Pithom and Raamses. In Canaan, the bulk of Egyptian constructions made of brick was concentrated on relatively small fortresses while in Canaanite towns stone as building material was indispensable but not mentioned in the relevant biblical texts. The late arrival of the Iron Age culture identified with early Israel at the end of the thirteenth and during the twelfth centuries BC slipped inexorably into full political decline in the southern Levant.
  9. The quarrying and dissemination of inscribed stone blocks and of statues from Pi-Ramesse to Tanis, Bubastis, and other places spawned secondary cults of the gods of Ramses in the fourth century in Bubastis and of the gods of Ramses of Pi-Ramesse in the third century BC at Tanis. This development goes hand in hand with the thought that Pi-Ramesse—whose location was forgotten in between—was at Tanis and/or near Bubastis in the time of the 30th Dynasty. Such opinions were advocated by the diaspora in exile and developed into the northern and southern theories of the Exodus routes at that time.

Soviel für den Anfang. Es sollen hier natürlich noch viele weitere Forschermeinungen zusammengetragen werden.--Didia (Diskussion) 21:30, 28. Feb. 2016 (CET)Beantworten

Donald B. Redford: An Egyptological Perspective on the Exodus Narrative. In: Anson F. Rainey (Hrsg.): Archaeological and Historical Relationships in the Biblical Period. 1987, S. 137-162:

  • Alle Nationen schätzen die Erinnerung einer Gründerfigur in ihrer fernen Vergangenheit, geweiht durch die Grösse seiner Errungenschaft. Was Arthur für Britannien ist, war Aeneas für Rom. Ägypten hatte seinen Osiris, Athen seinen Gyges, die Sarazenen ihren Mohammed; und die Hebräer hatten ihren Moses. In jedem Zeitalter der Aufklärung würden die meisten Menschen, die über den Mann uns sein Alter sinnieren, zugeben, dass historisch gesehen die Gestalt und die Ereignisse um diese herum einer genauen Prüfung nicht standhalten, obwohl sie die Gültigkeit des grossen Mythos für das Selbstbewusstsein der Nation eingestehen. In Bezug auf Moses uns seine signalwirkende Grosstat würden solche kritischen Denker wahrscheinlich Sir Alan Gardiner zustimmen, der vor über 60 Jahren von einem „semi-legendenhaften, fantastischen Charakter“ der Darstellung der Ereignisse sprach (Gardiner, 1922:215). Doch die Zeiten ändern sich und das Rad dreht sich weiter. Gegenstösse wie Gardiners, gegen eine naive konservative Akzeptanz der Schriften sind zu einem Gemeinplatz geworden; und nun ist es am konservativen Apologeten, die Rolle des Aussenseiter zu spielen, von der Neuheit seiner Haltung überzeugt. Einmal mehr wohnen wir dem Schauspiel des Orthodoxen bei, das als seriöse Wissenschaft daherkommt, für welche sogar die Chronologie des MT [Anm.: Masoretischer Text] Wahrhaftigkeit hat. (Englisches Original: All nations treasure the memory of a founding figure in their remote past, hallowed by the magnitude of his accomplishment. What Arthur is to Britain, Aeneas was to Rome; Egypt had its Osiris, Athens its Agyges, the Saracens their Muhammed; and the Hebrews had their Moses. In any age of of enlightenment most people who ponder soberly upon "the Man and His Age", while admitting the validity of the great myth for the self-awareness of the nation he founded, would have to admit that historically the figure and the events surrounding him do not stand up to scrutiny. With respect to Moses and his signal feat, such serious thinkers would probably agree with Sir Alan Gardiner who, over 60 years ago, spoke of the „semi-legendary, frenciful character“ of the account of the event (Gardiner, 1922:215). However, times change and the wheel turns. Counterblasts, like Gardiners's, against a naive conservative acceptance of the scriptures have become a commonplace; and not it is the turn of conservative apologist to play the part of the maverrick, convincing by the very novelty of his posturing. Once again we are treated to the spectacle of the orthodox appearing as the serious scholar from whom even the chronology of the MT has veracity (Bimson, 1978).) (S. 137)
  • Nun gibt es in der Tat eine kleine ägyptische Färbung in der Exodus-Erzählung, fast gänzlich toponymischer Natur; aber der Ägyptologe würde bald spüren, dass sie anachronistisch ist. (Englisches Original: Now, indeed, there is a little Egyptian colouring in the Exodus account, almost wholly toponymic nature; but the Egyptologist would soon sense that it is anachronistic.) (S. 138)

Im Folgenden untersucht Redford die Toponyme und kommt zum Schluss:

  • Fazit: Wer auch immer für das topographische Material verantwortlich war, welches jetzt in den Erzählungen über den Aufenthalt und den Exodus informiert, sei es P oder auch J, die Konfiguration des östlichen Deltas, die ihm bekannt war, entsprach im Wesentlichen der der 26. Dynastie und frühen Perserzeit. (Englisches Original: To sum up: whoever was responsible for the topographic meterial which now informs the stories of the Sojourn and the Exodus, be it P or even J, the configuration of the eastern Delta known to them was essentially that of the 26th Dynasty and the early Persion period.) (S. 144)

Danach untersucht Redford die Rolle von Asiaten in Ägypten. Insgesamt kommt er zu folgendem Fazit:

Our conclusions to this point may be summarized as follows:
  1. The account of the Bondage and Exodus, as it now stands in the Book of Exodus, contains little if any material, historical, literary or folkloristic, which may be said to be of Egyptian origin.
  2. The little topographical information the narrative contains points without exception to the Saite or Persian period as the time of origin.
  3. The few specific which describe the nature of the Bondage in Exodus do not square with what is known of the origin, composition, status and function of the Asiatic element in Egypt during the New Kingdom.
  4. Egyptian tales of an Asiatic descent into Egypt followed by an expulsion have no independent value as a witness to the Hebrew tradition. (dazu FN 22: It seems to me, therefore, that any modern historical interpretation which depends heavily on the details of this Exodus tradition is at once both naive and gratuitous, if not downright dishonest. Debate over one or two Exodoi (de Vaux, 1973:349f; Schmid, 1965:260f; Malamat, 1973;88f) or which tribes may or may not have taken part (Eissfeldt, 1975II:ch26) is wholly fanciful and cannot be taken seriously)
The further conclusion is, I think, virtually forced upon us that the present version of the account in Exodus is a post-Exilic composition which, in the absence of genuine historical detail, was obliged to draw on contemporary toponymy: but to draw such a conclusion is not, needless to say, tantamount to branding the Biblical tradition a wholly late fabrication. When all is said, the following points remain unassailable:
  1. There was an early and strong reminiscence of a voluntary descent into Egypt by pastoralists, in which one Jacob played a leading part, and was later to achieve a reputation as an ancestral figure.
  2. Those who made the descent hat not only prospered and multiplied, but hat also for a time become exceedingly influential in Egypt.
  3. Subsequently, strong antipathy hat arisen between the autochthonous in habitants and the Asiatic newcomers.
  4. This had resulted in the enforced retirement onf the intrusive element to the Levantine littoral whence they hat emerged. (FN 23: …)
The only chain of historical events which will fit this vague reminiscence in late tradition is the Hyksos descent into and accupation of Egypt. The memory of this epochal movement must have lived on among the Semitic-speaking inhabitans of the area whence the chieftains who had descended to the Nile had emerged, and whither their progeny, four of five generations later, had retired. This area, as is now known, is the southern coast lands of the eastern Mediterranean, called in Egyptian Dj3hy and H3rw, i.e., Palestine and the Phoenician coast. Here the tradition took shape of the great ancestral figure Jacub (possibly derivet ultimately from the Hyksos petantate) the divine promise of a sojourn in Egypt, the 4-generation span, the recollection of having been a great nation, etc. Here emerged also the rationalized account of the retreat form Egypt: it had not been a military defeat in battle and an ignomious expulsion, but the salvation of innocents from tyranny, told with folkloristic panache at the expense of the Egyptians. It is, as it were, the „Hyksos“ versrion of events that we are listening to (Gardiner, 1922:204). In fact, in the Exodus account we are confronted by the tradition of those events to which the entire Semitic-speaking population of Palestine and Syria had fallen heir, and which, as subsequent events were to transpire, was perserved in the lore of only one, small and peripheral part of that population, viz., the Shasu, the ancestral Hebrews. Originally at hme on the southern fringe of the Levant, these predatory tribesmen had long been one of the principal elements of resistance to Pharaonic encroachment, and owed no allegiance to Egypt. Their eventual westward movement and peacful settlement among the Canaanite cities resulted in the adoption by the new-comers of the more sophisticated traditions long since the intellectual baggage of the urban civilization they and others were in the process of supplanting during the 13th and 12th Centuries.

Jan Assmann: Exodus. Die Revolution der Alten Welt. München, 2015.

Über die Position von Jan Assmann und seinen gedächtnisgeschichtlichen Ansatz wurde ja schon ausführlich diskutiert. Hier nochmals seine Einführung ins Kapitel „Der historische Hintergrund - Ereignis und Erinnerung“, S. 53ff:

Jedem Leser des Buches Exodus stellt sich zuerst die Frage nach dem historischen Ereignis, das hinter dieser Erzählung steht. Wie einfach stünden die Dinge, wenn es sich beim Buch Exodus um schlichte Geschichtsschreibung handelte und die hierin aufgezeichneten Ereignissin ferner Vergangenheit wirklich passiert wären. Da es hier um wahrhaftungeheuerliche Ereignisse geht – genozidale Unterdrückung, Naturkatastrophen, die Teilung eines Meers, das den einen freien Durchzug ermöglicht und sich über den Verfolgern wieder schließt, gewaltige Offenbarungen in der Wüste Sinai –, braucht man sich nicht zuwundern, dass sich an solche Erlebnisse Erzählungen heften, die ihren Sinn in nichts anderem haben, als das Geschehene für immer im Gedächtnis zu bewahren und in immer neuer Beleuchtung auszulegen. Ewürde sich dann einerseits um eine Folge außerordentlicher Ereignisse und andererseits um ihre Verarbeitung und Überlieferung, ihre Wirkung und Rezeptionsgeschichte handeln, durch deren Studium man – unter Heranziehung möglichst vieler unabhängiger Zeugnisse, Quellen und Spuren – hoffen kann, ein objektives Bild dieser Ereignisse, zum Beispieldes historischen Mose, zu gewinnen.
Gerade diesen Aufschluss über den historischen Hintergrund der in der Bibel berichteten Ereignisse erhoffte man sich von der Ägyptologie. Sagedenn die ägyptischen Quellen nichts über den Aufenthalt der Israeliten imLande, nichts über ihren Auszug?[2] War Mose nicht nach Ausweis seine Namens ein Ägypter? Vielleicht musste er als ein Anhänger Echnatons, des monotheistischen Ketzerkönigs, nach dem Sieg der Restauration dasLand verlassen?[3] Oder steckt der historische Mose hinter einem anderen, später vertriebenen Usurpator ähnlichen Namens wie Amenmesse[4] oder dem Syrer Beja, der einen mit Ramses, also Ramosegebildeten Hofnamen trug?[5] Neben der Ägyptologie war vor allem die Archäologie Palästinas fixiert auf die Aufgabe, Spuren der Eroberung zu finden, die dem Auszug folgte – Zerstörungshorizonte, signifikanter Wandel der materiellen Kultur –, aber nichts tauchte auf, was den biblischen Bericht eindeutig bestätigen konnte.[6] Jericho, von dessen Ausgrabung man sich die meisten Aufschlüsse über die «Landnahme» erhoffte, war längst vor den in der Bibel geschilderten Ereignissen untergegangen und erst viel später wieder besiedelt worden.
Diese Fragen nach der historischen Wirklichkeit führen ins Leere. Die biblischen Erzählungen sind in sich widersprüchlich und außerbiblische Quellen und Spuren haben sich kaum finden lassen. Der «historische Mose» ist in nichts zerfallen und ein Auszugsgeschehen lässt sich aus den Erzählungen nicht rekonstruieren.
In diesem Buch möchte ich daher den Sinn der Exodus-Mose-Tradition nicht darin suchen, was sie an realer Geschichte bewahrt, sondern darin, was sie ihren jeweiligen Zeitgenossen und uns bis heute mit der Berufung auf die Vergangenheit sagen will. Nicht «Was ist eigentlich geschehen beim Auszug aus Ägypten?» und «Wer war Mose wirklich?» sind die Fragen, die sich an die Exodus-und-Mose-Tradition sinnvoll stellen lassen, sondern: «Warum wird die Geschichte erzählt, in welcher Beleuchtung und Bewertung?» Wenn wir einmal das historische Ereignis und den historischen Mose methodisch einklammern und die Überlieferung als eine symbolische Erzählung betrachten – etsi Moses non daretur – so wie das Buch Jona oder das Buch Esther, bei denen niemand auf den Gedanken käme, nach der historischen Wirklichkeit der darin vorkommenden Personen und Ereignisse zu suchen, dann sind wir frei, nach der Bedeutung der Überlieferung zu fragen und sie nicht in dem zu suchen, was sie an historischen Fakten enthalten mag, sondern in dem,was sie uns und allen, die im Lauf der Jahrtausende diese Geschichte gehört und gelesen haben, über uns selbst, unsere Herkunft und Zukunft, unser Gottes- und Weltverhältnis sagen kann.
Darin liegt die Lebendigkeit einer Tradition und damit auch des Buches Exodus, das gewiss zu den lebendigsten der biblischen Bücher gehört. Es gilt dreierlei zu unterscheiden: Geschichte (im Sinne von «was wirklich geschah»), Mythos (was man sich davon erzählt) und Literatur (wie diese Überlieferungen schriftlich verarbeitet wurden). An die Geschichte kommen wir, wie gesagt, nicht heran. Das heißt aber nicht, dass die biblischen Erzählungen nicht einen wahren Kern haben könnten. Ich halte es sogar viel eher für wahrscheinlich, dass es ein als wundersame Rettung erfahrenes Ereignis gegeben hat, das zum Kristallisationspunkt einer Erzählung – oder eines Zyklus von Erzählungen – wurde, in die dann eine ganze Reihe verschiedener historischer Erfahrungen und Erinnerungen eingegangen sein könnten. Aber damit ist zugleich auch gesagt, dass es das eine, entscheidende, alles wendende und gründende Großereignis, von dem das Buch Exodus erzählt, zumindest in dieser Form in der geschichtlichen Wirklichkeit nie gegeben hat.
Die Methode der Gedächtnisgeschichte fragt nicht danach, «wie es eigentlich gewesen», sondern danach, wie es erinnert wurde, das heißt wann, warum, von wem, für wen, in welchen Formen diese Vergangenheit wichtig wurde. Man kann die Fragerichtung aber auch umkehren und nicht von der Überlieferung ausgehend nach den historischen Ereignissen fragen, die ihnen zugrunde liegen könnten, sondern von den aus den Quellen und Bodenfunden bekannten Ereignissen ausgehend nach den Überlieferungen fragen, die sich an sie geknüpft haben könnten. Auch das gehört zur Gedächtnisgeschichte. Auf die geschichtlichen Zeiten und Regionen angewandt, auf die sich die Exodus-Überlieferung bezieht und in denen sie sich entfaltet hat, ergeben sich eine ganze Reihe von Möglichkeiten, sie mit historischen Kontexten zu verbinden. Dabei interessieren vor allem die fraglos nachweisbaren, sich über viele Jahrhunderte hinziehenden verschiedenen Berührungen zwischen den Ägyptern und ihren westsemitischen Nachbarn (nennen wir sie nun Kanaanäer, Bewohner Palästinas, Syrer oder Hebräer), die nicht nur in der archäologischen Hinterlassenschaft,[7] sondern auch in der mündlichen und literarischen Überlieferung, das heißt im kulturellen Gedächtnis der betroffenen Völker und Stämme, Spuren hinterlassen haben müssen.

Israel Finkelstein: The Wilderness Narrative and Itineraries and the Evolution of the Exodus Tradition. In: In: Levy, Schneider, Propp: Isreal's Exodus in Transdisciplinary Perspective. 2015, S. 39-54:

Abstract:

  • Dieses Kapitel untersucht den Exodus und die Wander-Tradition aus der Perspektive der Archäologie von verschiedenen entscheidenden Fundplätzen in der Wüste. Es stellt sich die Frage: „Was, wie und wann wussten die biblischen Autoren über die südliche Wüste?“ Die Antowrt hilft, die Geschichte der Exodus-Wanderungs-Tradition von seinem vagen Anfang als Erlösung-von-Ägypten im 16. bis 10. Jh. v.chr. In Kanaan, über die Einbindung des Nordreichs entlang der Handelswege in der Wüste in der ersten Hälfte des 8. Jh. [v.Chr.], und der Anwesenheit von Judäern im Süden während des „Assyrischen Jahrhunderts“, bis zu prieterlichen Schreibern in der nach-exilischen Zeit. (Englisches Original: This chapter examines the Exodus and wandering tradition from the perspective of the archaeology of several pivotal sites in the desert. It poses the question, “What, how, and when did the biblical authors know about the southern desert?” The answer helps to reconstruct the history of the Exodus-wandering tradition from its vague beginning as salvation-from-Egypt memories in sixteenth to tenth century BCE Canaan, through the involvement of the Northern Kingdom along the desert trade routes in the first half of the eighth century, and the presence of Judahites in the south during the “Assyrian Century,” to the Priestly scribes in post-exilic times.)

Zur Einleitung in die Problematik, S. 39-40:

  • Wissenschaftler, die versucht haben, sich mit der historischen Realität hinter dem Exodus und Wüstenwanderungs-Erzählung auseinanderzusetzen (für die Verbindung der beiden, zum Beispiel Dozeman 2000: 64), sind zum grössten Teil in zwei Lager geteilt. Anhänger des einen Lagers haften der traditionellen Auffassung in der Forschung an, dass das biblische Material die Situation in der Spätbronzezeit widerspiegelt, im 13. Jh. v. Chr. - der Zeitraum, der nach der Logik der biblischen Chronologie berechnet wurde (z.B. Kitchen 1998; Halpern 1993; Hoffmeier 1997 , 2005). Diese Wissenschaftler sind mit zwei Haupt-Problemen konfrontiert:
Erstens ist es heute klar, dass es keine signifikante schriftliche Aktivität in Isreal gab bis etwa 800 v.Chr. (Finkelstein und Sass 2013), und daher brauchen sie eine mündliche Überlieferung der Erzählung mit all ihren Details über einen Zeitraum von vier Jahrhunderten anzunehmen ohne Infiltartion von Wirklichkeiten aus der Zeit, die verging.
Zweitens gibt es keinen einzigen Beleg, der einen Ursprung der Tradition in der späten Bronzezeit unterstützt, der nicht auch vor dem Hintergrund einer anderen, späteren Periode verstanden werden kann (z.B. Na'aman 2011: 56-60).
(Englisches Original: Scholars that have attempted to deal with the historical reality behind the Exodus and desert wandering narrative (for the two being connected see, e.g., Dozeman 2000: 64) are for the most part divided into two camps. Members of one camp adhere to the traditional research notion that the biblical material portrays the situation in the Late Bronze Age, in the thirteenth century BCE — the time calculated according to the logic of biblical chronology (e.g., Kitchen 1998; Halpern 1993; Hoffmeier 1997, 2005). These scholars face two major problems: First, it is clear today that there was no significant scribal activity in Ancient Israel until close to 800 BCE (Finkelstein and Sass 2013), and hence, they need to assume an oral transmission of the story with all its details over a period of four centuries with no infiltration of realities from the time passed. Second, there is no single piece of evidence to support a Late Bronze Age origin of the tradition that cannot be understood against the background of other, later periods (e.g., Na’aman 2011: 56–60).)
  • Anhänger des zweiten Lagers schlagen vor, dass der Text die Realitäten beschreibt, die in die Zeit der Erstellung des Textes passen - in spät-monarchischer bis nach-exilischen Tagen (Redford, 1992: 408-422; Van Seters 2001; Finkelstein und Silberman 2001: 48-71; Liverani 2005: 277-282). Die Haupt-Schwierigkeit, der diese Forscher gegenüberstehen ist die starke Tradition sowohl des Exodus als auch der Wüstenwanderungs-Erfahrung in den Schriften der nördlichen Propheten des 8. Jh. v.Chr. Die folgenden Punkte müssen berücksichtigt werden, wenn man die biblischen Texte der Exodus-Wander-Tradition betrachtet:
1. Diese Tradition hatte einen wichtigen Status in Nordisrael schon im 8. Jh. v.Chr. (z.B. Hoffman 1983; 1989; Van der Toorn 1996: 287-315; Dozeman 2000);
2. Sie enthält eine "innere" Literaturgeschichte (zum Beispiel Dozeman 1989; Römer 2003; Carr 2012 für Moses);
3. Ursprünglich war sie unabhängig von - und früher als - die patriarchalen Geschichten;
4. Die beiden Blöcke - Patriarchen und Exodus - wurden zu einem relativ späten Zeitpunkt verbunden;
5. In seiner jetztigen Form repräsentiert die Erzählung priesterliche (oder sogar spät-priesterliche und/oder nach-prietsrliche) Zusammenstellungen (für Punkte 3-5 siehe z.B Römer 1990; Gertz 2000: 380-388; Kratz 2005: 248-308; Schmid 2010; 2012; verschiedene Artikel in Dozeman und Schmid 2006; Römer und Schmid 2007).
(Englisches Original: Members of the second camp propose that the text describes realities that fit the time of compilation of the text—in late-monarchic to post-exilic days (Redford 1992: 408–422; Van Seters 2001; Finkelstein and Silberman 2001: 48–71; Liverani 2005: 277–282). The main difficulty that these researchers face is in explaining the strong tradition of both the Exodus and the desert experience in the writings of the northern prophets of the eighth century BCE. The following points need to be taken into consideration when dealing with the biblical texts of the Exodus-wandering tradition: 1. This tradition had an important status in Northern Israel as early as the eighth century BCE (e.g., Hoffman 1983; 1989; Van der Toorn 1996: 287–315; Dozeman 2000); 2. It contains an “inner” literary history (e.g., Dozeman 1989; Roömer 2003; Carr 2012 for Moses); 3. Originally it was independent from - and earlier than - the patriarchal stories; 4. The two blocks — patriarchs and Exodus - were connected at a relatively late date; 5. In its present form the narrative represents Priestly (or even late Priestly and/or post-Priestly) compilations (for Points 3-5 see, e.g., Römer 1990; Gertz 2000: 380–388; Kratz 2005: 248–308; Schmid 2010; 2012; various articles in Dozeman and Schmid 2006; Römer and Schmid 2007).)

Zum Vorgehen:

  • Ich möchte hier das Motiv aus der Sicht der Archäologie betrachten, aber eine andere Spur verfolgen als die übliche „Jagd“ nach spätbronzezeitlichen Funden und Fundstätten, die im Text erwähnt werden. Ich möchte mich mit dem Wüsten-Wanderungs-Material im Blickwinkel von Toponymen befassen, die in der Erzählung und den Orts/Routen-Listen in Exodus, Zahlen [4. Buch Mose] und Deuteronomium erscheinen. Diese wurden intensiv in Bezug auf Struktur, Quellen, Redaktion, und Geographie studiert (Dozeman 2011, vor kurzem Roskop 2011 und mehr unten). Doch die Frage der historischen Wirklichkeit hinter ihnen wurde selten angesprochen. Mit anderen Worten, obwohl die Listen der Routen zur späten Redaktion des Pentateuch gehören, besieren sie möglicherweise auf frühere Quellen, aus Gründen, die unten ausgeführt werden. Ich werde versuchen, diese früheren Materialien zu identifizieren, in einem Versuch, die Exodus-Wander-Tradition zu rekonstruieren. Um dies zu tun, stelle ich die folgende Frage: Was könnten biblische Autoren verschiedener Schulen und Zeiten über die südliche Wüste gewusst haben? (Englisches Original: Here, I wish to look at the subject from the standpoint of archaeology, but to take a different track from the usual “hunt” for Late Bronze finds at sites and regions mentioned in the text. I wish to deal with the wilderness wandering material through the lens of toponyms that appear in the narrative and the itinerary lists in Exodus, Numbers, and Deuteronomy. These itineraries have been studied intensively on issues such as structure, sources, redactions, and geography (recently Roskop 2011; Dozeman 2011; and more below). Yet the question of historical reality behind them has seldom been addressed. In other words, though the itinerary lists belong to late redactions of the Pentateuch, for reasons which will be explained below, they are probably based on earlier sources. I will try to identify these earlier materials in an attempt to reconstruct the history of the Exodus-wandering tradition. In order to do this, I ask the following question: What could biblical authors of different schools and times have known about the southern desert?)

Finkelstein hält die folgende Schlussfolgerung fest:

  • Die Exodus-Wander-Tradition ist somit das finale Produkt von vielen Jahrhunderten von Akkumulation und Wachstum, zuerst mündlich und dann schriftlich, mit einer komplexen Geschichte von Redaktionen in Licht von sich verändernden politischen und historischen Realitäten. (Englisches Original: The Exodus-wandering tradition is therefore the final product of many centuries of accumulation and growth, first oral and then written, with a complex history of redactions in the light of changing political and historical realities.) (S. 50)

Kenneth A. Kitchen: On the Reliability of the Old Testament. Cambridge, 2003, S. 310-312:

  • Under negatives we may classify the following facts. No Egyptian records mention specifically Israelites working in the East Delta (or anywhere else), or a Moses who spoke for such a group, or an exodus by a group ot this name. (Israel). Nowhere in Sinai has a body of Late Bronze Age people passing through left texplicit traces, still less traces that are labeled as Israelite. That applies also to Qadesh-Barnea. And so on. Modern complaints about lack of evicence are often heard. But they usually come from folk who have not done their homework or thought things through with sufficent rigor.
  • Under neutrals we have to regiser the reasons for the defective state of our existing ancient documentation of all kinds, and those factors in ancient attitudes and cultural usage that militate against our ever recovering the kind of Byzantine-or medieval-style "proofs" that ostensibly "critical" schalars and naive folk alike seem to hanker after. It is no use asking the pharaohs to blazon their defeat and loss of a top chariot squadron high on temple walls for all to see. Egyptian gods gave only victories to kings - and defeats indicated divine disapproval, not applause! It is no use looking for administrative registers giving the Hebrews "custom clearance" to clear out of Egypt. In fact, 99 percent of all New Kingdom papyri are irrevocably lost (administrative and otherwise), the more so in the sopping mud of the Delta; the few survivors hail from the dry sands of Saqqara and Upper Egypt, far away form Pi-Ramesse's brickfields. A handful of wine-vintage dockets from broken jars is the sum total of our administrative texts so far recovered from Pi-Ramesse! No buildings at Pi-Ramesse are above ground level, either mighty temples or proud palaces - so why should we expect to find the fleeting mud an reed hovels of slaves, long since returned to the mire? And a group of people traveling through Sinai's landscapes would not be burdened with tonloads of clumsy pottery specially to delight archaeologists when they themselves expected to go from Sinai within a year into Canaan; and still less so during their unplanned, much-extended wilderness travels. Compare, long before, other margin-land travelers who explicitly used water skins (Gen. 21:14), not clumsy amphorae! That goes for their visits to Qadesh-Barnea as well.
  • Under positives, the picture is far from a total blank. A series of significant features may be briefly enumerated. (1) Esoduses happened in the second millennium, and the Isrealite one is echoed all over the Hebrew Bible's writing as a key event. (2) Israel (as a people group) and neighbors Edom and Moab are mentioned in firsthand Egyptian sources shortly before 1200; they were for real then. (3) The Remeside Nineteenth Dynasty was a perticularly cosmopolitan epoch in Egyptian history and culture; Semites and others abounded in Egyptian society at all levels, from Pharaoh's court down to slaves. (4) The Hebrew narratives in Exodus to Deuteronomy directly reflect earthy reality, not burgeoning fantasy. Salt-tolerant reeds, water reeds, water from rock, habits of quals, kewirs, etc. reflect real local conditions, requiring local knowledge (not book learning in Babylon or Jerusalem). These narratives are thus in total contrast to such texts as the "King of Battle" tale of Sargon of Akkad, with mountains bounded with gold and boulders of lapis lazuli gemstone, and trees with thorns sixty cubits (100 feet) long! (5) The ban on going by a north route to Canaan is a direct response to Egyptian military presence there in precisely the thirteenth century. (6) The tabernacle is an ancient Semitic concept, here with Eyptian technology involved, all from pre-1000, even centuries earlier. (7) the form and content of Sinai convenant fit only the late second millennium, on the evience of ample firsthand sources. (8) Brick-slaves were not diplomats; the format of covenant demants a leader from court circles at that time who did learn of such things there. We would be obliged to invent a Moses if one were not ready available. (9) The apparent gap of 600 years between the origin of Deuteronomy and its possible seventh-century role is nothing unusual, and is most likely a modern illusion, as biblical texts exist which should be placed in that "gap". (10) The so-called Deuteronomic theology is wrongly so described; its main features (DPCD and other concepts) go back to at least the second millennium, and are not special to Isreal anyway. And, as already demonstrated in chapter 2 (using firsthand examplex from known history), ancient inclusions of theological elements in narratives does not automatically turn them into fiction.
  • In the light of all the foregoing considerations, the exodus and Sinai events are not hereby proven to have happened, or the tabernacle and covenant, etc., to have been made then. But their correspondence not just with attested realities (not Sargon-style fantasy) but with known usage of the late second millennium B.C. and earlier does favor acceptance of their having had a definite historical basis.

Ronald Hendel: The Exodus as Cultural Memory: Egyptian Bondage and the Song of the Sea. In: Levy, Schneider, Propp: Israel’s Exodus in Transdisciplinary Perspective. S. 65ff.:

Vertritt einen sehr assmann'schen Ansatz...

Abstract, S. 65:

  • This essay situates the cultural memory of the Exodus in a dialectic between historical memory and ethnic self-fashioning. Memories of the Egyptian Empire in Canaan have been transformed into a memory of liberation from Egyptian bondage, with this political transition mapped onto the geographical space of Egypt and Canaan. The mnemohistory of the Exodus has roots in the LB/Iron Age transition, which has been narrativized as an ethnic myth of origins. The oldest expression of this ethnic myth, the Song of the Sea, transmutes the memory of Egyptian collapse into a song of the Divine Warrior, wherein Yahweh is the sole king and Pharaoh is chaos vanquished.

Einleitung, S. 65:

  • The biblical narrative of the exodus is approached as a production of cultural memory, not as an inerrant divine witness. This involves the task of what Jan Assmann calls mnemohistory, in which historical memory, folklore, ethnic self-fashioning, and literary artistry converge. The mnemohistory of the Exodus is an interdisciplinary inquiry. It is unnecessary to include geological events, such as volcanic eruptions, in this explanatory model.

Fazit, S. 76:

  • The memory of Egyptian bondage is countered by Yahweh’s victory and the creation of a new people, the ‘am zu ga’alta, the “people that you redeemed” (Exod 15:13). In the song — a mythomoteur of Israel’s cultural memory — Egypt’s fall is a prelude to Israel’s ascent.

Christoph Berner: The Exodus Narrative Between History and Literary Fiction: The Portrayal of the Egyptian Burden as a Test Case. In: Levy, Schneider, Propp: Israel’s Exodus in Transdisciplinary Perspective. S. 285:

  • It is beyond dispute that the Exodus Narrative (Exod 1–15) provides a detailed account of the Egyptian bondage and the circumstances of the Israelites’ liberation. At the same time, it is obvious that these details do not form a coherent picture, but often stand in tension with, if not in flat contradiction to each other. The paper argues that the complexity of the account is best understood as the result of a continuous process of literary expansions (Fortschreibungen) by which the Exodus Narrative gradually took shape. Taking the references to the Israelites’ forced labor as a test case, the paper suggests that substantial parts of the narrative did not exist prior to the earliest priestly layer (P 1), but belong to an extensive post-priestly stage of development. As a result, the Exodus Narrative reveals only little about the historical circumstances of the Exodus events, yet all the more about how different generations of postexilic scribes imagined these circumstances and took their share in the literary development of the biblical account.

James K. Hoffmeier: Ancient Isreal in Sinai. The Evidence for the Authenticity of the Wilderness Tradition. Oxford, 2005

  • The book concludes (chapter 11) with several other important elements of Israel’s religious heritage that appear to originate in the wilderness, including the problem of the origin of the name of Israel’s God, Yahweh. This investigation of the wilderness tradition determines that it is vital to understand both ancient Israel as a people and the foundation of its religious heritage. Furthermore, the evidence considered in this volume not only affirms the authenticity of the wilderness tradition but also further supports the biblical tradition that Israel resided in Egypt for a sufficient period of time to have been influenced by the remarkable culture of the Nile Valley. (S. XI)
  • The nature of Israel’s origins has been the subject of considerable scholarly discussion over the past two decades. Although there are a number of different theories about who early Israel was and where they came from, the theories fall into three groups: first, those that believe that Israel entered Canaan from the outside (either as invaders or peacefully infiltrating emigrants); second, those that maintain that Israel was an indigenous development within Canaan; and third, those that advocate some sort of combination of the two. The material present in this study tends to support the first model, while casting serious doubt on the indigenous development theory. (S. 235)

Werner H. Schmidt: Einführung in das Alte Textament. 5. Auflage, 1995, S. 10:

Als Erfüllung von Verheissung (Ex 3f; 6) stellt sich auch die Herausführung aus Ägypten dar, die für Israel zum fundamentalen Glaubensbekenntnis wurde (20,2; Hos 13,4; Ez 20,5; Ps 81,11 u.a.). Aller historischer Einsicht nach weilte aber nur eine Gruppe in Ägypten, die später im Volk Israel – vermutlich genauer im Nordreich – aufging.

So eingeschränkt, enthält die Überlieferung jedoch einen zuverlässigen Kern. Israels Vorfahren, am ehesten durch drohende Hungsersnot (Gen 12,10; 42 f) zum Übergang nach Ägypten gezwungen, wurden dort zur Fronarbeit beim Bau der „Vorratsstädte“ Pitom und Ramses verplichtet (Ex 1,11). Diese Angabe führt in das 13. Jh. v. Chr., in dem Ramses II. im Ostdelta am Nordostrand seines Reiches eine neue Hauptstadt („Haus des Ramses“) errichten liess. Als die Arbeitergruppe floh (vgl. 14,5) wurde sie verfolgt, aber gerettet – vielleicht durch eine Naturkatastrophe. Frühestes Zeugnis ist ein Lied, das dieses Ereignis nicht als Sieg Israels, sondern ausschliesslich als Tat Gottes ohne menschliche Mithilfe beschreibt …

Christian Frevel: Grundriss der Geschichte Israels. In: Erich Zenger, u.a.: Einleitung in das Alte Testament. 7. Auflage, 2008, S. 600:

  • Der Exodus - so wie die Bibel ihn schildert - ist nicht historisch.

Die Google-Books-Vorschau lässt hier leider nicht mehr zu, wer das Buch bei sich stehen hat, bitte ergänzen...

Wolfgang Oswald: Artikel Exodusbuch In: www.bibelwissenschaft.de:

  • Wir fragen hier nur nach dem historischen Hintergrund der ältesten Schichten des Exodusbuches, die jüngeren Schichten stehen in Beziehung zur Redaktion des Pentateuchs insgesamt. Zu unterscheiden ist zudem der historische Bezugspunkt der sehr viel älteren Exodus-Tradition von dem der jüngeren Exodus-Erzählung. Einen historischen Anhaltspunkt für Letztere bietet die Erwähnung der Stadt → Pitom (Ex 1,11), die unter Pharao Necho II. (609-595) im Zuge des Kanalbaus durch das Wādī eṭ-Ṭumēlāt [Wadi et-Tumelat] gebaut wurde. Weiter ist bekannt, dass Necho II. den judäischen König Joahas nach Ägypten verschleppte (2Kön 23,34) und einen hohen Tribut von Juda erhob, der in Form einer Kopfsteuer aufgebracht wurde (2Kön 23,33.35). Es ist plausibel anzunehmen, dass im Zuge dieser Politik auch Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter nach Ägypten kamen. Ägyptische Quellen belegen jedenfalls zahlreiche fremdländische Zwangsarbeiter unter Necho II., wenn auch nicht explizit judäische. Nach dem Tod Nechos wurden die Baumaßnahmen am Kanal und im Wadi eingestellt, möglicherweise wurden in diesem Zusammenhang Zwangsarbeiter freigesetzt. Dieses Geschehen könnte den Anlass für die Aktualisierung der alten Exodus-Tradition gebildet und zur Verschriftung der Tradition in der Exodus-Erzählung geführt haben.
  • Etwas anders rekonstruiert Otto (2000) den historischen Hintergrund. Danach bezieht sich die Exodus-Erzählung auf Ereignisse unter König Manasse von Juda (ca. 696-642), während dessen Regierungszeit Judäer Zwangsarbeiten für den assyrischen König Asarhaddon (680-669) ausführen mussten.
  • Tatsächlich könnte die Exodus-Erzählung alle drei Hegemonien, die assyrische (bis etwa 612) und die ägyptische (bis 605) und die babylonische (ab 604) zum Hintergrund haben, die Namenlosigkeit des Pharao und die Nichtdatierung der Ereignisse ermöglichen eine multiple Applikation.
  • Akzeptiert man, dass der dritte Teil des Exodusbuches, die Gottesberg-Perikope, von Anfang an mit der Gesetzgebung verbunden war, so ergeben sich daraus weitreichende historische Schlussfolgerungen. Im Alten Orient war es eine fraglose Selbstverständlichkeit, dass der König für die Gesetzgebung zuständig war und darüber hinaus die einheits- und identitätsbildende Person schlechthin darstellte. Wenn nun die politische, kulturelle und religiöse Identität Israels im Exodusbuch ohne einen König konstituiert wird, dann handelt es sich um ein Stück Literatur, das für Menschen geschrieben wurde, die keinen König haben, oder für solche, die zwar einen haben, ihn aber ablehnen. Im ersteren Falle stammt die Exodus-Gottesberg-Erzählung aus nach-monarchischer Zeit (Oswald, 1998), im zweiten aus Oppositionskreisen, als es in Juda noch einen König gab (Otto, 2000). Auf keinen Fall kann es sich um offizielle Literatur aus monarchischer Zeit handeln, da der König völlig übergangen wäre.

Niels Peter Lemche: Ancient Israel. A New History of Society. 1988, S. 109:

  • It is generally acknowledged by scholars that the traditions about Israel's sojourn in Egypt and the exodus of Israelites are legendary and epic in nature.

Vorgeschlagene Daten und Theorien für den Exodus Tabelle Geraty, S. 60:

Approximate date ( -50 to -100 years) Theory/pharaoh identification Scholars (non-exhaustive list)
ca. 2100 BC MB I/EB IV (IBA) Exodus R.Cohen (1983), Anati (1985), Neev and Emery (1995), Alon (1999); cf. Nigro (2014)
ca. 1600 BC / ca. 150-1450 BC Thera eruption Bruins and van der Plicht (1996) / Bennett (1963), Galanopoulos (1964), Vitaliano (1968, 1973), Goedicke (1981, 2004)
ca. 1550 BC Hyksos expulsion as Exodus Manetho (Josephus agrees; dated ca. 1700 BC), Hall (1927)
ca. 1350 BC Leper expulsion as Exodus Manetho (Josephus disputes; dated ca. 1500 BC)
ca. 1500 BC Ramses II as pharaoh of oppression Archbishop Ussher (1650) (dated Exodus 1491 BC)
ca. 1450 BC Traditional early date Exodus (Thutmose III or Amenhotep II) Watzinger (1913), Peet (1922), Horn (1977), Goedicke (1981, 2004), Petrovich (2013), Billington (2013), et al.
ca. 1400 BC (1840s dating of Ramses II Dyn.19—current dating ca. 1250 BC) Ramses II as pharaoh of oppression Lepsius (1849) (dated Exodus ca. 1314 BC)
ca. 1300 BC Traditional Jewish date (ca. 1313 BC) R. Yose b. Halafta, Seder Olam (ca. 160 AD)
ca. 1250 BC (Ramses II and/or Merneptah) Late date Exodus Current consensus
ca. 1170 BC Sea Peoples-Philistine era Exodus D.N.Freedman (1980, 2006), Rendsburg (1992), Gordon (1997)
ca. 650 BC Egyptian Saite period Exodus Redford (1992)

Auswertung

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Ich möchte nun nicht mehr weitere Meinungen zusammentragen, da die Situation nun sicherlich im Groben ganz gut umrissen ist. Für eine ausführliche Übersicht sei auf Geraty verwiesen. Die Übersicht hier zeigt schon deutlich, dass sich die Forschermeinungen in einem extremen Spektrum bewegen. Von einem Konsens zu sprechen, wäre verfehlt. Die Schwierigkeit liegt darin, dass die Exodus-Erzählung für verschiedene Ansichten Anhaltspunkte liefert, teilweise sogar auf engstem Raum.

Einige wenige Forscher befürworten eine Historizität der Ereignisse mehr oder weniger wie geschildert (am extremsten wohl Hoffmeier und Schmidt, aber auch noch Kitchen). Auf der anderen Seite stehen Forscher, welche eine Historizität komplett verneinen und die Erzählung als rein ahistorischer Mythos betrachten (so Lemche, Frevel, bis zu einem gewissen Grad auch noch Redford). Dazwischen stehen Positionen, die Geraty als „zentristisch“ bezeichnet, d.h. irgendeinen Kern von Historizität vorschlagen, wenn sie sich auch stark unterscheiden. Insgesamt dürften die Meinungen normalverteilt sein, d.h. es gibt eher wenige Extrempositionen und verhältnismässig viele zentristische Positionen.

Innerhalb der zentristischen Positionen existieren wiederum die unterschiedlichsten Theorien und Datierungen eines möglichen Auszugs aus Ägypten. Diese reichen von einem Hyksos-Auszug bis zu einem Auszug in saitischer Zeit. Geraty ermittelt als Konsens einen „Late date Exodus“ zur Zeit Ramses II. und / oder Merenptah.

Eine etwas eigenständige Position nimmt der gedächtnisgeschichtliche Ansatz ein, der insbesondere von Jan Assmann geprägt wurde, und der in der Folge relativ oft rezipiert wurde (so Hendel, Albertz oder auch Zenger, Einleitung in das Alte Testament). Die Methode der Gedächtnisgeschichte fragt nicht danach, was geschehen ist, sondern, wie etwas erinnert wurde. Sie fragt nach möglichen Spuren historischer Kontexte im kulturellen Gedächtnis, d.h. hier in der literarischen Überlieferung.

Auch Finkelstein kommt aus archäologischer Betrachtung verschiedener Fundplätze zum Schluss: Die Exodus-Wander-Tradition ist somit das finale Produkt von vielen Jahrhunderten von Akkumulation und Wachstum, zuerst mündlich und dann schriftlich, mit einer komplexen Geschichte von Redaktionen in Licht von sich verändernden politischen und historischen Realitäten.

Forschermeinungen zur Textentstehung / Textredaktion

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Die Entstehung der hier behandelten Passagen des Exodusbuches steht im Zusammenhang mit der Entstehung des gesamten Pentateuch oder sogar mit dem Gesamtzusammenhang Gen-2Kön. Das heisst, um das Thema für den Laien zugänglich zu machen, muss ein Stück weit auf die gesamte Pentateuch-Forschung eingegangen werden. Da es sich auch hier um ein äusserst umstrittenes Thema handelt, sollten wiederum zuerst die Forschermeinungen zusammengetragen werden, bevor man sich an die Ausarbeitung des Textes wagt.

Was spricht dagegen auf den Hauptartikel zu verweisen? Wir haben doch einen Artikel Pentateuch mit den entsprechenden Unterabschnitten. In jedem Artikel wieder alles zu schreiben, halte ich für nicht sinnvoll. --Ganomed (Diskussion) 15:55, 5. Mär. 2016 (CET)Beantworten
Dagegen spricht eigentlich nichts. Den entsprechenden Abschnitt hatte ich gar nicht gesehen. Dann gilt es natürlich insbesondere herauszuarbeiten, was aus der Pentateuch-Forschung für die Exodus-Forschung relevant ist...
Dazu sei an dieser Stelle noch auf zwei neuere Artikel verwiesen, auf die ich unlängst gestossen bin:
  • Christoph Berner: Der literarische Charakter der Priesterschrift in der Exoduserzählung. Dargestellt an Exodus 1 bis 14. In: Friedhelm Hartenstein, Konrad Schmid: Abschied von der Priesterschrift? Zum Stand der Pantateuchdebatte. Leipzig, 2015, S. 94-133.
  • Thomas Römer: Von Moses Berufung zur Spaltung des Meers. Überlegungen zur priesterschriftlichen Version der Exoduserzählung. In: Friedhalm Hartenstein, Konrad Schmid: Abschied von der Priesterschrift? Zum Stand der Pantateuchdebatte. Leipzig, 2015, S. 134-160.
--Didia (Diskussion) 16:07, 5. Mär. 2016 (CET)Beantworten

Erich Zenger: Die Entstehung des Pentateuch In: Zenger et al. Einleitung in das Alte Testament. 3. Aufl. 1998, S. 87ff.:

  • Mit der Promulgation der Tora/des Pentateuch durch Esra kam der durch mehrere Jahrhunderte lebendige Prozess der Traditionsbildung über die Ursprünge Isreals zu einem literarisch fixierten Abschluss der Endkomposition, an der danach nur noch punktuell weitergearbeitet wurde. Schon die im vorangehenden Abschnitt sichtbar gewordene Eigenart der Tora als Kompromissdokument lässt vermuten, dass die kanonische Traditionsbildung sehr komplex verlaufen ist. Über diesen Prozess haben wir keine Nachrichten. Er muss von der Forschung aus der vorliegenden Textgestalt des Pentateuch erschlossen werden, und zwar in Kombination von Rückschluss- und Analogieverfahren. Dabei ist zu fragen, wie es zu den in der Endkomposition des Pentateuch vorliegenden Eigenheiten gekommen sein kann; zur Beantwortung dieser Frage werden vergleichbare literatur- und religionsgeschichtliche Vorgänge in Israel und in Israels Umwelt herangezogen.
  • Die Traditionsbildung kann man sich (mit 'J. Assmann) als lebendigen Fluss vorstellen: »Er verlagert sein Bett und führt bald mehr, bald weniger Wasser. Texte geraten in Vergessenheit, andere kommen hinzu, sie werden erweitert, abgekürzt, umgeschrieben, anthologisiert in wechselnden Zusammenstellungen. Allmählich prägen sich Strukturen von Zentrum und Peripherie heraus. Gewisse Texte erringen aufgrund besonderer Bedeutsamkeit zentralen Rang, werden öfter als andere kopiert und zitiert und schliesslich ... zum Inbegriff normativer und formativer Werke« (J. Assmann, Das kulturelle Gedächtnis, 92). Dass wir nichts über die vergessenen oder gezielt ausgeschiedenen Texte wissen, ist eine unüberwindbare Grenze aller Theorien über den kanonischen Prozess. Hinzu kommt das Problem des ungeklärten Verhältnisses von mündlicher zu schriftlicher Überlieferung. Zwar ist in den letzten Jahren durch archäologische und kulturvergleichende Forschung unser Wissen über die technischen und soziologischen Voraussetzungen einer in Israel ab dem 8. Jh. breiter um sich greifenden Schriftkultur (Papyrusrollen, Schreiberschulen, ausgebautes Verwaltungs- und Ausbildungswesen am Königshof bzw. im Umfeld des Tempels; rudimentäre Lesefähigkeit der Ober- und Mittelschicht bei weitgehendem Analphabetismus der Gesamtbevölkerung) gewachsen, dich ist dieses Wissen immer noch so begrenzt, dass es zur Theoriebildung über die Entstehung des Pentateuch ebenfalls nur sehr bedingt herangezogen werden kann.
  • Dass der Pentateuch nicht von einem einzigen Verfasser, in einem einzigen Formulierungsprozess und als ein von Anfang bis Ende konsequent durchgeführtes Werk entstanden sein kann, ist Konsens der kritischen Pentateuchforschung. Sie arbeitet vor allem mit der Methode der Litarturkritik. Diese überprüft die literarische Einheitlichkeit und Kohärenz eines Textes. Stellt sie sachliche und terminologische Spannungen bzw. Widersprüche, Wiederholungen und Doppelungen, syntaktische Brüche und konkurrierende Vorstellungen fest, schliesst sie auf unterschiedliche Herkunft der entsprechenden Textteile.

Als literarkritisch relavante Beobachtungen listet Zenger auf:

  • Wechsel von Gottesname, Gottesbezeichnung und Gottestitel
  • Doppelungen und (zugleich) Spannungen zwischen aufeinanderfolgenden Erzählungen
  • Doppelungen und (zugleich) Spannungen innerhalb eines einzigen Erzählzusammenhangs
  • Konkurrierende ethische und kultische Regulative/Appellative

Wolfgang Oswald: Artikel Exodusbuch: In: www.bibelwissenschaft.de

Bietet einen guten Überblick über die Forschung.

  • Einigkeit besteht weitgehend darin, dass das fertige Exodusbuch nicht von einem Verfasser geschrieben wurde, auch der im Luthertum gebräuchliche Name „2. Buch Mose“ kann nicht in dem Sinne verstanden werden, dass Mose der Autor dieses Buches war. Vielmehr haben im Exodusbuch mehrere Autoren ihre Handschrift hinterlassen, was daran zu erkennen ist, dass das Exodusbuch in seiner Sprache und Theologie uneinheitlich ist. Der Schluss ist unausweichlich, dass mehrere ältere Texte in diesem Buch zu einem neuen Ganzen vereint worden sind. Will man die Entstehung des Exodusbuches nachzeichnen, ist es unabdingbar, diese älteren Texte zu ermitteln (Literarkritik) und den Prozess ihrer Aufnahme in das Exodusbuch darzustellen (Redaktions- oder Kompositionsgeschichte). Über diese Geschichte der Buchwerdung (Literargeschichte) ist allerdings noch kein Konsens erzielt worden, manche meinen sogar, ganz auf die Erforschung dieser Geschichte verzichten zu müssen (etwa Dohmen, 2004).

Oswald bietet nun eine Zusammenfassung verschiedener Theorien:

4.1. Drei durchlaufende Erzählfäden – J, E und P

Die älteste Hypothese zur Literargeschichte des Exodusbuches und des Pentateuchs überhaupt basiert auf der Beobachtung, dass Gott an einigen Stellen mit seinem Namen jhwh (ausgesprochen „Jahwe“) bezeichnet wird, an anderen jedoch einfach „Gott“ (hebr. ’älohîm) genannt wird. Daraus entwickelte sich im 19. Jh. die sog. „Neuere Urkundenhypothese“. Danach ist das Exodusbuch (wie der gesamte Pentateuch) das Ergebnis eines Redaktionsprozesses, an dessen Anfang zwei Erzählungen aus der frühen Königszeit stehen. Die mutmaßlich ältere der beiden (10. Jh. v. Chr.) benutzt den Gottesnamen jhwh („Jahwe“) und erstreckt sich von der Schöpfungsgeschichte bis zur Landnahme, ihr Autor wird „Jahwist“ (vom Gottesnamen „Jahwe“ abgeleitet) genannt, das Werk selber oft mit „J“ abgekürzt. Die jüngere (9./8. Jh. v. Chr.) benutzt die Gottesbezeichnung ’älohîm (hebr. für „Gott“) und beginnt in den Vätergeschichten der Genesis, ihr Autor wird als „Elohist“ bezeichnet, das Werk selbst mit dem Sigel „E“ versehen. Von beiden Erzählungen wurde vermutet, dass sie auf ältere mündliche Tradition zurückgehen, die recht nahe an die erzählten Ereignisse heranreicht. Daher werden diese beiden Erzählungen auch als „Quellenschriften“ bezeichnet, weil man meint, sie als historische Quellen benutzen zu können. Die nachträgliche Separierung dieser Schriften aus dem heute vorliegenden Text bezeichnet man daher als „Quellenscheidung“.

In der fortgeschrittenen Königszeit wurden diese beiden Erzählungen zu einem Werk vereinigt, den Redaktor, der dies ausgeführt hat, nennt man „Jehowist“ (Kombination aus Jahwe und Elohim), das Werk selbst „JE“. Zur Zeit des babylonischen Exils (6. Jh.) schließlich verfassten priesterliche Autoren abermals ein Werk, das von der Schöpfung bis zur Landnahme reicht, die → „Priesterschrift“, abgekürzt „P“. Eine „Pentateuch-Redaktor“ genannte Person hat schließlich den Jehowisten und die Priesterschrift zusammengearbeitet und auch das Buch → Deuteronomium eingefügt.

Die Exodus-Kommentare von Martin Noth (ATD 5) und Josef Scharbert (NEB) arbeiten nach diesem Modell, ebenso der ausführliche Kommentar von W.H. Schmidt (BKAT), Letzterer ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Eine komprimierte und doch zugleich umfassende Darstellung dieser Hypothese für das Exodusbuch bietet P.Weimar, Art. Exodusbuch, Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001, 1, 636-648.

Das jahwistische wie auch das elohistische „Exodusbuch“ hatten nach diesem Modell ein vom heutigen ganz erheblich abweichendes Aussehen. Die ausladenden Anordnungen und Ausführungen zum Heiligtumsbau (Ex 25-31; 35-40) stammen aus der priesterlichen Tradition, sind also erst relativ spät eingefügt worden. Aber auch das Bundesbuch (Ex 20,22-23,33) und die größten Teile der Passa- bzw. Mazzenfest-Verordnungen (Ex 12f*) waren nach dieser Auffassung noch nicht Bestandteil der älteren Werke. Nur die beiden relativ kurzen Gebotsreihen wurden von manchen Autoren den Quellenschriften zugerechnet, der Dekalog Ex 20 meistens dem Elohisten, die Gebotsreihe Ex 34,11-26 („kultischer Dekalog“) dem Jahwisten. Die älteren Erzählungen waren gemäß der Urkunden-Hypothese in erster Linie Geschichts-Erzählungen, zu Gesetzestexten wurden sie erst spät.

4.2. Zwei durchlaufende Erzählfäden – J und P

Die Rekonstruktion der elohistischen Quellenschrift bereitete stets Probleme, so dass schon früh vermutet wurde, dass diese Schrift nicht mehr vollständig erhalten geblieben ist („Fragmenten-Hypothese“). Einen letzten Versuch diesen Elohisten zu rekonstruieren hat Graupner, 2002, unternommen.

Andere Forscher meinen, dass E niemals eine eigenständige Schrift war, sondern eine redaktionelle Schicht in J darstellt. Zuletzt hat Hans-Christoph Schmitt vorgeschlagen, J als Sammelwerk zu verstehen, dessen Abfassung sich über den Zeitraum von König Salomo (10. Jh.) bis in die nachexilische Zeit erstreckt, während E eine Schicht bildet, welche auf die älteren, frühkönigzeitlichen J-Texte aufgesetzt wurde (Schmitt, 2005, 208-233).

Ebenso wie Schmitt vertritt auch Christoph Levin die Auffassung, dass es neben der Priesterschrift (P) nur einen, den Tetrateuch durchlaufenden Erzählfaden gegeben habe, und zwar den jahwistischen, der im Exodusbuch mit Ex 1,8 beginnt und zunächst bis Ex 34,28 reicht, aber in Num 10.11.22 noch eine knappe Weiterführung besitzt (Levin, 1993, 75-78). Dieser Jahwist habe im 6. Jh. in Babylon geschrieben (Levin, 1993, 430-435). Auch diese Modelle gehen davon aus, dass die Gesetzestexte erst später in den Pentateuch (und damit auch in das Exodusbuch) gekommen sind.

4.3. Ein durchlaufender Erzählfaden – P

Nach Reinhard G. Kratz hat es nur einen, den gesamten Pentateuch umfassenden Erzählfaden gegeben, die Priesterschrift (P). Davor habe es zwei konkurrierende, nicht-priesterliche Ursprungs-Erzählungen Israels gegeben, zum einen den Jahwisten (J), der jedoch nur die Urgeschichte und die Vätergeschichte der Genesis umfasst, zum andern die Exodus-Erzählung (E), welche in Ex 2,1 beginnt und in Jos 12,24 endet (Kratz, 2000, 288f, Übersicht 303). Die ursprüngliche Geschiedenheit und spätere Verbindung von Genesis und Exodusbuch haben Konrad Schmid, 1999, und Jan Chr. Gertz, 2000, ausführlich begründet. Die wenigen und zumeist sehr formelhaften Hinweise auf die Erzväter, die im Exodusbuch auf die Vätergeschichte der Genesis zurückverweisen (Ex 1,1-7; Ex 3,6.16 u.ö.) waren für die Vertreter der Urkunden-Hypothese selbstverständlich Teil der alten durchlaufenden Quellenschriften E und J, für die neueren Hypothesen sind sie jedoch späte redaktionelle Einfügungen, mit deren Hilfe die Verbindung zwischen den Erzählungen erst hergestellt wird.

4.4. Kein durchlaufender Erzählfaden

Nach Erhard Blum bildet auch P keine von der Schöpfung bis zur Landnahme durchlaufende Quellenschrift, sondern eine Komposition (KP), die eine etwas früher veröffentlichte, spät-deuteronomistische Komposition (KD) voraussetzt und überarbeitet. KD wiederum basiert auf einer älteren Erzählung, die in Ex 1 beginnt und über den Gottesberg hinaus möglicherweise bis zum Tod Mose gereicht hat (Blum, 1990, 216). Die Verbindung von Exodusbuch und Genesis wurde nach Blum, 1990 (189), von KD, nach revidierter Auffassung in Blum, 2002 (151ff), der sich damit Schmid (1999) annähert, von KP geschaffen.

4.5. Einseitige oder ausgleichende Redaktion?

Die These einer priesterlichen Komposition (KP) bestreitet, dass es eine selbständige Priesterschrift (P) gegeben hat, vielmehr seien die priesterlichen Texte überwiegend in Auseinandersetzung mit und in Beziehung zu den etwas älteren nicht-priesterlichen verfasst worden. Die Hauptkomposition des Exodusbuches geht nach dieser Auffassung nicht auf eine ausgleichende Hand zurück, welche die nicht-priesterliche und die priesterliche Erzählung harmonisierend vereinigt hat („Pentateuch-Redaktion“), sondern ist eine einseitige Maßnahme, die den vormals nicht-priesterlich geprägten Text in einen von priesterlichen Interessen geprägten umgestaltet. Die gegenteilige Auffassung, wonach es eine harmonisierende Pentateuch-Redaktion (auch im Exodusbuch) gegeben habe, wurde in jüngster Zeit von Otto, 1996, und Gertz, 2000, ausgearbeitet.

4.6. Erzählung und Gesetz

Alle genannten Entwürfe stimmen darin überein, dass die Erzählung bzw. Erzählungen im Bereich des Exodusbuches in ihren jeweils ältesten Fassungen das Bundesbuch und meistenteils auch den Dekalog und die Gebotsreihe Ex 34,11-26 nicht enthielten. Freilich lassen derartige Rekonstruktionen einen Grund für die Theophanie in Ex 19 vermissen. Oswald, 1998, 102-113, hat daher vorgeschlagen, eine Exodus-Gottesberg-Erzählung (EG-Erzählung) als älteste Erzählung des Exodusbuches anzunehmen, die auch den Aufenthalt am Gottesberg mit Gesetzesgabe einschließt (vgl. auch Levin, 1985; Houtman, 1997, 16; Aurelius, 2003, 158). Danach war die Erzählung nie anders gedacht denn als Rahmen für die Gesetzesverkündung. Während die nicht-priesterliche EG-Erzählung überwiegend zivil- und strafrechtliche Bestimmungen enthielt, lag der Schwerpunkt der priesterlichen Erzählung auf den kultrechtlichen Ordnungen. Im fertigen Exodusbuch sind beide Anteile vertreten, wobei vom Umfang her die priesterlichen Regelungen das Übergewicht haben, was im Übrigen auch für den gesamten Pentateuch gilt.

4.7. Berg und Wüste

Es ist ein auffälliger und oft diskutierter Befund, dass im Alten Testament nur sehr sporadisch auf die in Ex 20ff erzählte Gesetzgebung Bezug genommen wird (z.B. Neh 9,13), während Auszug und Landnahme immer wieder Gegenstand des erinnernden Lobpreises sind (z.B. Pss 105; 106; 136). Nach dem Urteil von Julius Wellhausen (1895, 349) war „die wahre und alte Bedeutung des Sinai … ganz unabhängig von der Gesetzgebung. Er war der Sitz der Gottheit, der heilige Berg“. Für Martin Noth (1948, 66.238) war der Sinai ein Wallfahrtsort der südlichen Stämme Israels. Nach Gerhard von Rad (1938/1965, 42) war die Sinaiüberlieferung Bestandteil der Festliturgie des Herbstfestes und wurde daher unabhängig von den anderen Pentateuch-Themen überliefert.

Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass der Name Sinai erst spät auf den Gottesberg übertragen wurde (Levin, 1993, 78.364; Levin, 1985, 191, etwas anders Oswald, 1998, 250, eine ganz andere These vertritt Perlitt, 1977). In den ältesten Texten des Exodusbuches ist nur von einem bewusst namen- und ortlosen Gottesberg die Rede. Der utopische Charakter und die Anonymität des Gottesberges gehören zur Konzeption dieser Erzählung (Knauf, 1988, 157; Oswald, 1998, 251-254). Die deuteronomistischen Texte sprechen von einem ebenfalls namenlosen Gottesberg in der Einöde (hebr. chôreb). Horeb ist daher ursprünglich gar kein Name, sondern ein Appellativum (Klassenbezeichnung). Die priesterlichen Texte kennen zwar eine „Wüste Sinai“ (Ex 19,1f), dafür aber überhaupt keinen Berg. Erst als die priesterliche und die nicht-priesterliche Erzählung verbunden wurden, wurde der Name der Wüste auf den Berg, der darin aufragend vorgestellt wurde, übertragen. Die Suche nach dem Berg Sinai im geographischen Sinne ist mithin sinnlos, da dieser eine rein literarische Größe darstellt.

Materialsammlung: Exoduserzählung im Neuen Testament

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Kopilot (Diskussion) 16:45, 13. Mär. 2016 (CET)Beantworten

Theologische Deutung

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Ein Versuch theologischer Deutung trotz Infragestellung der historischen Aussagekraft:

"Damit erhalten diese Geschichten eine ganz andere Funktion, egal, wie man den – wie auch immer gearteten – „historischen Kern“ einschätzt: Im Erzählen sollen sie Perspektiven für die Gegenwart eröffnen, damit die eigenen Erfahrungen sowie die unmittelbare Vergangenheit verarbeitet werden können. Damit sind die Exodusüberlieferungen erzählerische Verdichtung geschichtlicher Erfahrungen – nicht unbedingt von einer historisch fixierbaren Versklavung in Ägypten, sondern von „Ägypten“, d.h. von Erfahrungen der Fremdherrschaft, Ausbeutung und Unfreiheit etwa durch die Assyrer, die Babylonier etc."

(Barbara Schmitz: Geschichte Israels (= Grundwissen Theologie. UTB Nr. 3547). 2. Auflage, Schöningh, Paderborn 2015, ISBN 978-3-8252-4358-6, S. 137)

--Karl-Hagemann (Diskussion) 15:28, 20. Mär. 2016 (CET)Beantworten

Doppelt gemoppelt ({{überarbeiten}}, {{QS-Religion}})?

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Welchen Sinn hat der doppelte Baustein?--Gerd Leibrock (Diskussion) 10:46, 30. Jun. 2016 (CEST)Beantworten

Keinen. Die QS war schon im Juli 2014 eingeschlafen, du kannst sie schließen und den QS-Baustein rausnehmen. Ich habe seit Februar 2015 eine Bastelseite für den Artikel und setze die Überarbeitung fort, sobald ich dafür Zeit finde. Kopilot (Diskussion) 11:48, 30. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
Der qualitative Unterschied ist, dass die QS als zeitlich begrenzte Maßnahme zur akuten Qualitätsverbesserung gedacht ist. Leider stapeln sich in der QS-Religion die abzuarbeitenden Altfälle. Der Überarbeiten-Baustein soll auf Probleme hinweisen, die nicht kurzfristig behoben werden können. Alte QS-Anträge können bspw. in ein Überarbeiten-Baustein umgewandelt werden, wenn sich in der QS einfach nichts tut. --$traight-$hoota {#} 12:28, 30. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
So ist es, also nimm ihn raus. Kopilot (Diskussion) 12:29, 30. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
Ich habe den Baustein jetzt endlich rausgenommen.--Zweioeltanks (Diskussion) 07:18, 14. Jan. 2020 (CET)Beantworten

kein Bericht

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Begründung: "Bericht bezeichnet ein Dokument, das einen Sachverhalt oder eine Handlung objektiv schildert, ohne Wertungen des Autors zu enthalten" (siehe: Bericht) mfG --EHaseler (Diskussion) 11:06, 30. Apr. 2017 (CEST)Beantworten

Bildbeschreibung und Dateiname: Rotes Meer?

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Ist aus der Quelle (Hortus Deliciarum) erkennbar, dass mit dem geteilten Meer auf dem Bild das rote Meer gemeint sei? Die Beschreibungen in Exodus verweisen auf das Schilfmeer, ein Haff, das sich zum Mittelmeer hin öffnete, auf dessen Nehrung sich eine Kultstätte befand. Ich vermute, dass die Annahme, das rote Meer sei gemeint gewesen, zwar von vielen Menschen, jedoch immer aufgrund mangelnder Ortskenntnis getroffen wurde.--Vollbracht (Diskussion) 01:47, 24. Aug. 2019 (CEST)Beantworten

Bei genauerer Betrachtung des Textes auf dem Bild ist erkennbar, dass Herrad selbst nur von "mare", nicht "Mare Rubrum" schrieb. In diesem Wiki mag auf das Schilfmeer mit den Diskussionen darum verwiesen sein. Da der Herrad aber diese Diskussion fremd war und ihr nichts in den Mund gelegt werden sollte, habe ich die Bildbeschreibung jetzt geändert. (nicht signierter Beitrag von Vollbracht (Diskussion | Beiträge) 15:57, 27. Jan. 2020 (CET))Beantworten

Flavius Josephus

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Die moderne deutsche Übersetzung von Contra Apionem ist online (Teilband 1: Digitalisat; Teilband 2: Digitalisat). Dann ist der Verweis auf die englische Uralt-Übersetzung von Whiston nicht sinnvoll.--Ktiv (Diskussion) 22:11, 22. Mai 2021 (CEST)Beantworten

. --2003:CA:6713:4D00:D104:6A06:D43B:CCFB 11:48, 8. Jun. 2023 (CEST)Beantworten

Wüste Sinai

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Da fehlt die Stellenangabe in Ex; Ex ?,? --95.113.136.253 10:02, 18. Aug. 2024 (CEST)Beantworten