Haltung in Kastenständen, bei der das Leerkauen häufig beobachtet werden kann.

Leerkauen ist eine Verhaltensstörung bei verschiedenener Tiere wie Schweine und Pferde. Leerkauen zeichnet sich durch Kaubewegungen ohne Futter oder anderes Material im Maul aus.[1]

Schweine

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Leerkauen tritt unter bestimmten Bedingungen in der Schweineproduktion auf. Begleiterscheinungen des Leerkauens können Saugen, Zähneknirschen und verstärkte Speichelabgabe mit Schaumbildung sein. Unter Umständen kann sich die Verhaltensstörung zu einer Stereotypie entwickeln.[2]

Beobachtet wird das Phänomen oft bei Sauen im Kasten- oder Anbindestand, sowie bei Mastschweinen in der Haltung ohne Einstreu. Als Ursache werden Beschäftigungsdefizite im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme beziehungsweise -suche angenommen. Mit Maßnahmen für eine artgerechtere Haltung, wie etwa der Verwendung von Einstreu oder Beschäftigungsmaterial, kann dem Leerkauen vorbeugt werden.

Andere Verhaltensstörungen bei Schweinen, die auf ähnliche Ursachen zurückzuführen sind, sind Stangenbeißen, Trauern und Weben. Tierrechtsorganisationen wie die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt kritisieren, dass die Störungen in der Massentierhaltung für eine höhere Produktivität in Kauf genommen werden.[3]

Bei Pferden ist das Leerkauen definiert als eine horizontale Kaubewegung außerhalb der Futteraufnahme.

Das Leerkauen bei der Bodenarbeit stellt aus ethologischer Sicht ein sichtbares Zeichen des Spannungsabbaus dar.

Aus physiologischer Sicht bewirkt die Kaubewegung eine Aktivierung des Parasympathikus. Auch das Leerkauen trägt somit je nach Dauer der Kautätigkeit mehr oder weniger stark zur Entspannung bei. Das Erreichen eines Zustandes reduzierter physischer und psychischer Aktivität wird begünstigt und in der Folge das Auftreten neuer Aktivitäten ermöglicht.


Bei der Bodenarbeit wird eine Begegnungsphase, bei der Meiden (Motivation A) dominiert, von einer nachfolgenden Lernphase, bei der das Pferd nach einer Belohnung strebt (Motivation B), unterschieden. Mit einem für das Pferd unspezifischen Reiz schafft der Trainer eine zunächst unerwünschte Situation, die beim Pferd eine Anspannung bewirkt. Ein Wegbleiben des Reizes nach erfolgreicher Bewältigung der Aufgabe führt zu einer nachfolgend erwünschten Situation für das Pferd. Die Erfahrung ausreichender Bewältigungsfähigkeit vermittelt dem Pferd Sicherheit und führt zu Entspannung. Eben in dieser Übergangsphase von Anspannung zu Entspannung zeigt sich das Leerkauen. Bei Wiederholung der Übung wird der unspezifische Reiz zu einem spezifischen Reiz: Motivation A weicht Motivation B, das Pferd lernt. Die Erfahrung unzureichender Bewältigungsfähigkeit, die zuvor zu emotionaler Unsicherheit und Anspannung geführt hat, bleibt aus. Ohne vorangehende Anspannung mit nachfolgender Entspannung erfolgt auch kein Leerkauen mehr. Die Abnahme der Leerkautätigkeit während mehrtägiger Bodenarbeit war nachweisbar.

Bei den wildlebenden Pferden in Dülmen kann aufgrund der Komplexität der Umwelt keine saubere Aufarbeitung des Leerkauens erfolgen.

Bei der Bodenarbeit ist das Leerkauen immer in Übergangsphasen von Anspannung zu Entspannung zu beobachten. Seine Bedeutung ist das sichtbare Erreichen eines Zustandes reduzierter Aktivität und somit das Schaffen der Voraussetzung für das Auf- kommen einer neuen Handlungsbereitschaft.

[4]

Einzelnachweise

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  1. Barbara Kamphues: Vergleich von Haltungsvarianten für die Einzelhaltung von säugenden Sauen unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Tierverhalten und der Wirtschaftlichkeit. 2004, abgerufen am 10. Dezember 2015.
  2. Schweinezucht und Schweinefleischerzeugung. Empfehlungen für die Praxis. Wilfried Brade, Gerhard Flachowsky, 2006, abgerufen am 10. Dezember 2015.
  3. Massentierhaltung - Schweine. Vermeidbarkeit und Forderungen. Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, abgerufen am 10. Dezember 2015.
  4. Marion Wickert: Die Bedeutung des Leerkauens bei Pferden aus Sicht der Physiologie und der Ethologie. 2012, abgerufen am 10. Dezember 2015.

Kategorie:Krankheitsbild in der Veterinärmedizin Kategorie:Verhaltensbiologie Kategorie:Schweinehaltung