Kliment Jefremowitsch Woroschilow (russisch Климент Ефремович Ворошилов , wiss. Transliteration Kliment Efremovič Vorošilov; * 23. Januarjul. / 4. Februar 1881greg. in Werchneje im Ujesd Bachmut, Gouvernement Jekaterinoslaw, Russisches Kaiserreich (heute zu Lyssytschansk, Ukraine); † 2. Dezember 1969 in Moskau) war als sowjetischer Offizier und Politiker eine einflussreiche Persönlichkeit in der Zeit des Stalinismus. Er war von 1925 bis 1940 Volkskommissar für Verteidigung, von 1953 bis 1960 als Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets sowjetisches Staatsoberhaupt sowie seit 1935 Marschall der Sowjetunion.
Frühes Leben
BearbeitenKliment Woroschilow wurde 1881 als Sohn des russischstämmigen Eisenbahnarbeiters Jefrem Andrejewitsch Woroschilow und dessen Frau Maria Wassiljewna (geb. Agafonowa) in einem Dorf nahe Bachmut in der heutigen Ukraine geboren. Kliment Woroschilow berief sich zeitlebens häufig auf seine russische Herkunft, während seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts neu entdeckte Quellen zusätzlich auf ukrainische Vorfahren schließen lassen. Er pflegte in seiner Jugend eine enge Freundschaft zu dem Sozialrevolutionär Semjon Ryzkow, der ihn unterrichtete und ab 1906 als Teil der Fraktion der Trudowiki zweiter Sekretär in der ersten Staatsduma im Russischen Kaiserreich wurde. Ab 1896 arbeitete Woroschilow in einem Stahlwerk in Altschewsk, wurde dort jedoch früh entlassen, da er an der Organisation eines Streiks mitgewirkt hatte. Später arbeitete er in der Lokomotivfabrik Luhansk in der gleichnamigen Stadt, die später zu seinen Ehren zwischen 1935 und 1992 den Namen Woroschilowgrad trug. Ende 1903 trat in die Fraktion der Bolschewiki unter Lenin innerhalb der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands ein.
Zeit bis 1917
BearbeitenAb 1904 beteiligte sich Woroschilow an organisierten politischen Aktionen der Bolschewiki. Als Vorsitzender der Bolschewiki in Lugansk wurde er im Zuge der Russischen Revolution 1905 zum ersten Mal festgenommen. Nach seiner Entlassung aus der halbjährigen Haft im Dezember 1905 nahm er seine Tätigkeit als Vorsitzender im neu begründeten Luhansker Sowjet wieder auf. 1906 nahm er als Delegierter am IV. Parteitag der SDAPR in Stockholm teil. Ein Jahr später wurde er erneut zum nun V. Parteitag seiner Partei nach London berufen. Parallel zu seiner Parteitätigkeit organisierte Woroschilow Streiks und bewaffnete Widerstände gegen zaristische Repressionen im Donezbecken, Sankt Petersburg (ex. Petrograd) und Wolgograd (ex. Zarizyn). In dieser Zeit wurde er mehrmals verhaftet und schließlich im Oktober 1907 in die Siedlung Pinega (Gouvernment Archangelsk) nach Nordrussland verbannt. Ende Dezember 1907 gelang ihm die Flucht nach Sankt Petersburg, wo er sich als Kliment Volodin wieder revolutionär betätigte. 1909 erneut verhaftet saß er kurzzeitig im Kresty-Gefängnis ein und wurde ein weiteres Mal in die Verbannung nach Mesen (Archangelsk) geschickt. Bis Juli 1912 stand er offiziell unter "polizeilicher Aufsicht", wurde mehrmals inhaftiert und organisierte ebenda Hungerstreiks sowie weitere aufständische Maßnahmen in den Dörfern.
Als vorgeblich freier Mann reiste Woroschilow im Sommer 1912 in die Stadt Archangelsk und anschließend zurück nach Luhansk, stand jedoch weiterhin unter verdeckter polizeilicher Beobachtung. Im März 1913 wurde er wieder verbannt, dieses Mal in die Provinz Tscherdynski (Gouvernement Perm). Dort setzte er seine revolutionären Tätigkeiten in der lokalen Bevölkerung heimlich fort, fiel jedoch den offiziellen Stellen nicht mehr negativ auf, wodurch sein zweijähriges Exil im Zuge von Maßnahmen zur 300-Jahr-Feier der Romanow-Dynastie auf ein Jahr verkürzt wurde. So reiste er im März 1914 wieder nach Luhansk ab. Dort fand er jedoch keine Arbeit und die extensiv vorangetriebene verdeckte Beobachtung durch die Polizei verhinderte jegliche weitere politische Tätigkeit. Als Reaktion darauf siedelte er nach Wolgograd über, wo er in einer Waffenfabrik arbeitete.
Über Woroschilows Tätigkeiten während des Ersten Weltkrieges gibt es keinen festen wissenschaftlichen Kanon - die offizielle Geschichtsschreibung der Sowjetunion zeigt sich insbesondere in den Biografien ihrer Persönlichkeiten als tendenziös, lückenhaft und unzuverlässig, teilweise sogar aktiv verfälscht. Die zwei verbreitetsten Varianten der Geschichte sind, dass Woroschilow die Zeit bis Kriegsende 1917 entweder als Arbeiter der Waffenfabrik verbracht habe und als Mitarbeiter kriegswichtiger Produktion nicht eingezogen worden sei, oder bereits im August 1914 mit einem bewilligten Gnadengesuch an den Zaren Nikolaus II., in dem er seinen "revolutionären Jugendsünden" abschwor, in die Kaiserlich Russische Armee eintrat und dort bis 1917 zuletzt als ausgezeichneter Unteroffizier gedient habe. Nach der Machtübernahme der Bolschewiki habe er wiederrum an Stalin ein Gnadengesuch verfasst, in dem er sich für seine "Patriotische Episode" entschuldige, dass dieser auch bewilligte.[1]
Oktoberrevolution und Russischer Bürgerkrieg
BearbeitenZwischenkriegszeit
BearbeitenZweiter Weltkrieg
BearbeitenWirken in der Nachkriegszeit
Bearbeitenründete die Zeitung Donezki Proletari.
Während des folgenden Bürgerkrieges beteiligte er sich an der Bildung der Roten Armee und spielte eine wichtige Rolle beim Kampf um Zarizyn (ab 1925: Stalingrad, seit 1961: Wolgograd), wobei er eng mit Stalin zusammenarbeitete und unter anderem die Massenerschießungen von Offizieren der zaristischen Armee organisierte.
Von 1926 bis 1957 war er Vollmitglied im Politbüro der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) und damit im Zentrum der politischen Macht.
In den 1920er und 1930er Jahren setzte sich Woroschilows militärischer Aufstieg auf verschiedenen Positionen der Roten Armee fort. Am 7. November 1925 wurde er Volkskommissar (Minister) für Armee und Marine (im Juni 1934 umbenannt in Volkskommissar für Verteidigung) sowie Vorsitzender des Revolutionären Kriegsrates. Am 20. November 1935 erfolgte die Ernennung zum Marschall der Sowjetunion. In der Zeit der politischen Säuberungen Ende der 1930er war Woroschilow als enger Vertrauter Stalins in sicherer Position und im März 1940 einer der vier Unterzeichner des von Lawrenti Beria vorgeschlagenen Exekutionsbefehls für polnische Kriegsgefangene, der zum Massaker von Katyn führte.
Nach den katastrophalen Verlusten der Roten Armee im sowjetischen Winterkrieg gegen Finnland wurde Woroschilow am 8. Mai 1940 im Amt des Volkskommissars für Verteidigung durch Marschall Timoschenko ersetzt. Er blieb bis 1953 einer der stellvertretenden Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare (ab 1946: Ministerrat der UdSSR). Zu Beginn des Großen Vaterländischen Krieges im Juni 1941 war er verantwortlich für den nordwestlichen Teil der Landesverteidigung. Es gelang ihm als Befehlshaber der Leningrader Front nicht, die am 8. September 1941 beginnende Leningrader Blockade durch Truppen der Wehrmacht zu verhindern. Woroschilow behielt das Vertrauen Stalins und hatte von 1945 bis 1947 den Vorsitz der sowjetischen Kontrollkommission in Ungarn inne.
Nach Stalins Tod im März 1953 war Woroschilow bis 1960 Vorsitzender des Obersten Sowjets und damit Staatsoberhaupt der UdSSR. 1956 erhielt er – zu Ehren seines 75. Geburtstages – erstmals die Auszeichnung „Held der Sowjetunion“. Zusammen mit Malenkow und Chruschtschow war er in die Aktivitäten gegen Geheimdienstchef Lawrenti Beria involviert, die mit dessen Todesurteil und Hinrichtung im Dezember 1953 endeten. An Chruschtschows Initiative zur Verurteilung des Personenkultes um Stalin beteiligte er sich hingegen als Mitverantwortlicher für die Repressionen der 1930er Jahre nicht. Malenkows gescheiterten Versuch, Chruschtschow 1957 als Ersten Sekretär der KPdSU abzusetzen, unterstützte er zunächst, um aber letztlich wieder auf Chruschtschows Seite zu wechseln.
1960 trat Woroschilow in den Ruhestand und wurde auf seinem Posten als Vorsitzender des Präsidium des Obersten Sowjets von Leonid Breschnew abgelöst. Als „lebende Legende der sowjetischen Geschichte“ wurde er jedoch von 1966 bis 1969 erneut ins Zentralkomitee berufen. Zum 50. Jubiläum der Roten Armee im Jahr 1968 wurde er zum zweiten Mal als Held der Sowjetunion ausgezeichnet.
In seinem 89. Lebensjahr starb Woroschilow in Moskau und wurde an der Kremlmauer am Roten Platz beigesetzt, wo man ein Denkmal für ihn auf seinem Grab aufstellte. Ebenso erinnert eine Tafel an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Granowski-Straße (улица Грановского), seit 1992 Romanow pereulok (Романов переулок), an ihn. In der Türkei, deren Unabhängigkeitskrieg durch sowjetische Militärhilfe unterstützt wurde, ist Woroschilow in der Personengruppe des Denkmals der Republik am Istanbuler Taksim-Platz abgebildet.
Namensgebungen
BearbeitenMit der KW-Serie war eine Reihe sowjetischer schwerer Panzer, die im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurden, nach Woroschilow benannt, ebenso der schwere Artillerieschlepper Woroschilowez. Drei Städte trugen seinen Namen: Woroschilowgrad in der Ukraine (von 1935 bis 1958 und von 1970 bis 1990, heute wieder Luhansk), Woroschilowsk in der RSFSR (von 1935 bis 1943, heute wieder Stawropol) und Woroschilow im russischen Fernen Osten (von 1935 bis 1960, heute Ussurijsk), sowie einige Dörfer und Kolchosen. Nach Woroschilow wurde auch eine Auszeichnung benannt, die in der Roten Armee zwischen 1932 und 1939 den besten Schützen verliehen wurde (Ворошиловский стрелок = Woroschilow-Schütze). Die Militärakademie des Generalstabes der UdSSR trug ebenfalls seinen Namen. In der DDR trugen das Ferienlager „Klim Woroschilow“ bei Templin und bis 1989/90 die „Kliment-Jefremowitsch-Woroschilow-Oberschule“ in der Leipziger Scharnhorststraße seinen Namen. Anlässlich seines Besuches wurde Woroschilow 1933 zum Ehrenbürger der türkischen Stadt Izmir ernannt; dort trug bis 1951 auch ein Boulevard seinen Namen (heute „Plevne Bulvarı“).[2] Bereits 1928 und 1929 nannten sich zwei Berliner Pionierlager bei Templin nach Woroschilow.[3]
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Bemerkungen zur Woroschilow-Biographie. In: Ost-Probleme. Band 3, Nr. 29, 1951, ISSN 0472-2027, S. 895–897 (JSTOR=44923068 [abgerufen am 15. August 2022]).
- ↑ http://dergiler.ankara.edu.tr/dergiler/45/794/10169.pdf
- ↑ Ulla Plener: Helmut Schinkel, 2. Aufl., Berlin 1998, S. 82 f.(Abbildungen) bzw. S. 237 (Zitat von Walter Ruge)
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Tomasosson/kv im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zeitungsartikel über Tomasosson/kv in den Historischen Pressearchiven der ZBW
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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– | Chef der Alliierten Kontrollkommission in Ungarn 1945–1946 | Wladimir Petrowitsch Swiridow |
Nikolai Schwernik | Staatsoberhaupt der Sowjetunion 1953–1960 | Leonid Breschnew |
Personendaten | |
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NAME | Woroschilow, Kliment Jefremowitsch |
ALTERNATIVNAMEN | Климент Ефремович Ворошилов (russisch) |
KURZBESCHREIBUNG | Partei- und Staatsfunktionär sowie Marschall der Sowjetunion |
GEBURTSDATUM | 4. Februar 1881 |
GEBURTSORT | Werchneje, Gouvernement Jekaterinoslaw, Russisches Kaiserreich |
STERBEDATUM | 2. Dezember 1969 |
STERBEORT | Moskau |