Bayerische Seenschifffahrt

Verkehrsunternehmen in Deutschland

Die Bayerische Seenschifffahrt GmbH ist ein Verkehrsunternehmen im Eigentum des Freistaats, das die Personenschifffahrt auf den vier bayerischen Seen Königssee, Starnberger See, Ammersee und Tegernsee betreibt.

Bayerische Seenschifffahrt GmbH

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Rechtsform GmbH
Gründung 1. Januar 1997 (Nachfolge)
Sitz Schönau am Königssee (Landkreis Berchtesgadener Land)
Leitung Michael Grießer (Geschäftsführer)
Mitarbeiterzahl 170[1]
Umsatz 10 Mio. Euro[1]
Branche Fahrgastschifffahrt
Website www.seenschifffahrt.de

Geschichte

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Am 9. April 1906 kaufte der Staat die Ammersee-Schifffahrt einschließlich der Schifffahrt auf der Amper von Reichsrat Hugo von Maffei und übertrug die Betriebsführung der Königlich bayerischen Staatseisenbahn (später Deutsche Reichsbahn). Begründet wurde die Ammersee-Schifffahrt bereits 30 Jahre zuvor (1876) von der privaten Dampfschiffahrt Gesellschaft Ammersee AG, die 1885 vom Hauptaktionär Hugo von Maffei übernommen wurde.

Die Motorschifffahrt auf dem Königssee wurde am 15. Juli 1909 mit dem von der Firma Siemens-Schuckert gelieferten Elektromotorboot „Accumulator“ gestartet.[2] Seit 1. April 1934 betreibt der Staat die Schifffahrt auf dem Königssee in Eigenregie.

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm der Staat am 1. September 1946 auch die Tegernseeschiffahrt von den Firmen Höss & Co und Kellerer sowie der Gemeinde Tegernsee.[3] 1959 übernahm die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen zudem die Betriebsführung der Schifffahrt auf dem Starnberger See und dem Ammersee von der Bundesbahndirektion München.

Am 1. Januar 1984 wurden die vier Schifffahrtsbetriebe (Ammersee, Starnberger See, Tegernsee und Königssee) zur Staatlichen Seenschiffahrt – einem Regiebetrieb des Freistaat Bayerns – zusammengeführt (herkömmliche Schreibweise mit zwei „f“).[4]

Die Bayerische Seenschifffahrt GmbH ist am 1. Januar 1997 durch die Überführung der Staatlichen Seenschiffahrt in eine private Rechtsform entstanden. Der Freistaat Bayern besitzt 100 Prozent der Geschäftsanteile der GmbH. Der Sitz des Unternehmens ist Schönau am Königssee in Oberbayern (Seestraße 55, Ortsteil Königssee). Mit einer Flotte von 34 Motorschiffen, mit jährlich rund 1,2 Mio. Fahrgästen und etwa 170 Mitarbeitern gehört sie zu den größten Binnenschifffahrtsunternehmen Deutschlands.

Schifffahrtsbetriebe

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Schifffahrt Königssee

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Ein Elektroboot der Bay. Seenschifffahrt am Königssee für ca. 80 Passagiere

Die Boote verkehren von der Seelände im Ortsteil Königssee an der Nordspitze des Sees zu den Anlegestellen St. Bartholomä unter der Watzmann-Ostwand, Saletalm am Südende des Sees und zum Bedarfsanleger Kessel am Ostufer. Auf etwa halber Fahrtstrecke nach St. Bartholomä wird den Gästen mit einem Flügelhorn oder einer Trompete vom Bootsführer das beeindruckende Echo an der Echowand demonstriert, das einfach oder selten auch zweifach zu hören ist. Früher wurde vom Schiff aus mit einem Böller geschossen und ein bis zu siebenfaches Echo erzeugt; allerdings ist das Mitführen von Schwarzpulver aus Sicherheitsgründen heute verboten.

Die Schifffahrt auf dem See wird ganzjährig betrieben (außer am 24. Dezember), soweit nicht eine Vereisung des Sees im Winter zur Einstellung des Schifffahrtsbetriebes zwingt. In dem Betrieb sind 80 Personen beschäftigt. Er ist der umsatzstärkste der vier Betriebe.

Aktuelle Flotte

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Die Schiffe werden in der eigenen Werft in Schönau – der höchstgelegenen und südlichsten Werft Deutschlands – gebaut und dort auch überholt. Es sind 18 Elektrofahrgastschiffe[5] mit einer Länge zwischen 20 und 22 Metern vorhanden. Hinzu kommt ein kleineres Elektrofahrgastschiff mit 9,50 m Länge für 25 Personen, bei dem es sich um das Meisterstück des Bootsbauers handelt. Während die Bootsrümpfe bis 1998 aus Holz gebaut wurden, erhielten die letzten fünf Neubauten (1998, EMB Bischofswiesen, 2003, EMB Berchtesgaden, 2011, EMB Maria Alm, 2017, EMB Marktschellenberg und 2021, EMB Königssee) einen Stahlrumpf.[6]

Name Baujahr Länge Breite Personen Sonstiges
EMB Untersberg 1920 20 m 3,50 93 eines von 13 annähernd baugleichen Schiffen mit Holzrumpf,[7] Sanierung 1978
EMB Watzmann 1920 20 m 3,50 93 Sanierung 1977
EMB Falkenstein 1922 20 m 3,50 93 Sanierung 1981
EMB Obersee 1922 20 m 3,50 93 Sanierung 1983
EMB Königssee (alt) 1926 20 m 3,50 93 Sanierung 1958, außer Betrieb 2023
EMB Hochkalter 1929 20 m 3,50 93 Sanierung 1979
EMB Staufen 1935 20 m 3,50 93 Sanierung 1976 und 2024
EMB Salzburg 1939 20 m 3,50 93 Sanierung 1971
EMB Jenner 1955 20 m 3,50 93 Sanierung 1993
EMB Schönau 1960 20 m 3,50 93 -
EMB St. Bartholomä 1965 20 m 3,50 93 -
EMB Bad Reichenhall 1971 20 m 3,50 93 Sanierung 2001
EMB Funtensee 1984 20 m 3,50 93
EMB Hoher Göll 1989 21 m 3,50 110 bis 2017 größtes Boot der Flotte
EMB Ramsau 1992 9,50 m 2,40 25 letztes Boot mit Holzrumpf
EMB Bischofswiesen 1998 20 m 3,50 93
EMB Berchtesgaden 2003 20 m 3,50 94
EMB Maria Alm 2011 21 m 3,50 93
EMB Marktschellenberg 2017 22m 3,90 120 bis dato größtes Boot der Flotte[8]
EMB Königssee 2021 22m 3,90 120 baugleich mit EMB Marktschellenberg

Schifffahrt Starnberger See

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Die Schiffe fahren von Ostersonntag bis Mitte Oktober vom Hafen bzw. den Stegen neben dem Bahnhof in Starnberg zu Anlegestellen in Berg, Leoni, Possenhofen, Tutzing, Bernried, Ambach und Seeshaupt. Hochwasser kann dazu führen, dass nur noch Tutzing angefahren werden kann. Neben dem fahrplanmäßigen Verkehr werden eine Reihe von Sonderfahrten durchgeführt.

Der Betriebsteil erzielt mit rund 30 Mitarbeitern den zweithöchsten Umsatz des Unternehmens.

 
Die Starnberg

Aktuelle Flotte

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Name Baujahr Länge Breite Personen Sonstiges
Seeshaupt 2012 60 m 12,50 m 800
Starnberg 2004 56 m 15 m 800 Katamaran, 30 Fahrräder
Bayern 1939 48 m 10,40 m 700
Bernried 1983 34 m 6,60 m 300
Berg[9] 2021 35 m 8,20 m 300 Elektroantrieb[10]

Ehemalige Flotte

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Name Baujahr Stilllegung Länge Breite Personen Sonstiges
Seeshaupt 1955 2011 60,20 m 12,20 m 900 abgewrackt
Berg 1951 2012 25,24 m 4,8 m 150 Arbeitsschiff in Starnberg
Tutzing 1937 1995 32,74 m 7,85 m 225 Museumsschiff vor Tutzing
Phantasie 1960 2019 20 m 4,10 m 148 ehemaliges Museumsschiff zum Museum der Phantasie, besser bekannt als Buchheim Museum in Bernried; 2019 dort ausgekrant, Nachnutzung für Museumszwecke[11]

Schifffahrt Ammersee

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Die Schiffe verkehren von Ostersonntag bis Mitte Oktober vom Hafen in Stegen am Nordende des Ammersees zu Anlegestellen in Buch, Schondorf, Breitbrunn, Utting, Holzhausen, Herrsching, Riederau und Dießen.

In dem Betriebsteil Schifffahrt Ammersee sind rund 20 Mitarbeiter beschäftigt.

Aktuelle Flotte

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Name Baujahr Länge Breite Personen Sonstiges
Diessen 1908 49 m 13 m 400 Schaufelradmotorschiff, Generalsanierung 2005/06
Herrsching 2002 54 m 14 m 400 Schaufelradmotorschiff
Utting 2017 50 m 9 m 500 Motorschiff
Augsburg 2008 36 m 7,80 m 300 Motorschiff

Ehemalige Flotte

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Name Baujahr Stilllegung Länge Breite Personen Sonstiges
Schondorf 1961 2012 24,60 m 5,60 m 170 seit Mai 2012 als MS Berg auf dem Starnberger See (Motorschiff)
Utting 1950 2016 36 m 7,50 m 400 Motorschiff, seit 2017 Veranstaltungsort in München-Sendling
Andechs 1907 1954 34 m 9,40 m 400 seit April 1956 Vereinsheim der Bayerischen Seglervereinigung e. V. in Utting
Herrsching 1956 2006 25 m ca. 250 verschrottet

Schifffahrt Tegernsee

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Auf den Rundfahrten werden die jeweils drei Anlegestellen in Tegernsee, Rottach-Egern und Bad Wiessee sowie der Steg in Gmund-Seeglas angelaufen. Die Schiffe fahren mit einer Betriebspause von Anfang November bis Mitte Dezember.

Der Heimathafen der Schiffe ist Tegernsee Ort.

In dem kleinsten Betriebsteil des Unternehmens sind rund 20 Mitarbeiter beschäftigt.

Aktuelle Flotte

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Name Baujahr Länge Breite Personen Sonstiges
Rottach-Egern 2002 31 m 7 m 250 Motorschiff
Tegernsee 2003 31 m 7 m 250 Motorschiff
Wallberg 1938 20 m 4 m 164 Motorschiff
Gmund 1968 20 m 4,20 m 130 Motorschiff
Kreuth 1977 20 m 4,20 m 130 Motorschiff

Siehe auch

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Commons: Bayerische Seenschifffahrt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Cornelia Knust: Da schau her – Im Vier-Seen-Land. In: Wirtschaft 11/2011. Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, November 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. März 2016; abgerufen am 10. November 2017.
  2. 100 Jahre Elektro-Motorschifffahrt auf dem Königssee. In: Chiemgau Blätter 2024 - Traunsteiner Tagblatt. 30. Mai 2009, abgerufen am 20. August 2024.
  3. Geschichte der Schiffahrt: Tegernsee. (PDF) In: schiffs-agentur.ch. 18. August 2024, abgerufen am 18. August 2024.
  4. Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1965
  5. Solarantrieb bei der Seenschifffahrt, Bayerischer Landtag, Drucksache 17/18726, Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 20.09.2018
  6. Presseinfo Schifffahrt Königssee (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive)
  7. Boote der Schiffahrt Königssee Internetseite der Bayerischen Seen-Schifffahrt, abgerufen am 20. April 2024.
  8. Sepp: Ein neues Elektro-Boot für die Flotte auf dem Königssee. In: Bergerlebnis Berchtesgaden Blog. 6. April 2017, abgerufen am 20. August 2024 (deutsch).
  9. Münchner Merkur: Das neue Passagierschiff auf dem Starnberger See heißt „Berg“. Abgerufen am 9. Mai 2021.
  10. Süddeutsche Zeitung: Deutschlands größtes Elektro-Schiff für Starnberger See. Abgerufen am 20. November 2020.
  11. MS Phantasie geht vor dem Buchheim-Museum vor Anker. Buchheim-Museum.de, 4. März 2012, abgerufen am 8. September 2020.