Baileychlor

Mineral, Schichtsilikat aus der Chlorit-Gruppe

Das Mineral Baileychlor ist ein selten vorkommendes Schichtsilikat (Phyllosilikat) aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung (Zn,Fe2 ,Al,Mg)6[(OH)2|(OH)6|(Si,Al)4O10].[3] Baileychlor ist damit chemisch gesehen bei idealisierter Zusammensetzung ein Zink-Silikat mit zusätzlichen Hydroxidionen. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente Zink, Eisen, Aluminium und Magnesium sowie Silicium und Aluminium können sich dabei in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Stoffmengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals. Baileychlor stellt zudem das Zinkendglied der Chloritgruppe dar.

Baileychlor
Baileychlor (Prullans, Katalonien)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1986-056[1]

IMA-Symbol

Blc[2]

Chemische Formel
  • (Zn,Fe2 ,Al,Mg)6(Si,Al)4O10(OH)8[1]
  • (Zn,Fe2 ,Al,Mg)6[(OH)2|(OH)6|(Si,Al)4O10][3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Schichtsilikate (Phyllosilikate)
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/H.23-050[4]

9.EC.55
71.04.01.06
Kristallographische Daten
Kristallsystem triklin
Kristallklasse; Symbol triklin-pedial; 1 oder triklin-pinakoidal; 1[5]
Raumgruppe C1 (Nr. 1, Stellung 2)[6]Vorlage:Raumgruppe/1.2 oder C1 (Nr. 2, Stellung 3)[6]Vorlage:Raumgruppe/2.3[3]
Gitterparameter a = 5,35 Å; b = 9,26 Å; c = 14,40 Å
α = 90°; β = 97,1°; γ = 90°[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5 bis 3[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,18(2); berechnet: 3,195[7]
Spaltbarkeit glimmerartig vollkommen[7] nach {001}[8]
Farbe gelbgrün bis dunkelgrün, hellblau, zoniert[4][7]
Strichfarbe hellgrün bis weiß[4]
Transparenz durchsichtig[7]
Glanz Perlglanz[5]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,582[8]
nγ = 1,614[8]
Doppelbrechung δ = 0,032[8]
Optischer Charakter zweiachsig
Pleochroismus Sichtbar: grün – gelbgrün[8]

Baileychlor kristallisiert im triklinen Kristallsystem und entwickelt meist feinkörnige oder faserige Mineral-Aggregate mit einem perlmuttähnlichen Glanz auf den Oberflächen. Baileychlorkristalle sind im Allgemeinen durchsichtig und von gelbgrüner bis dunkelgrüner oder auch hellblauer Farbe, wobei die Farbzentren auch zoniert auftreten können.[9] Die Strichfarbe des eigenfarbigen Minerals ist hellgrün.

Etymologie und Geschichte

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Benannt wurde das Mineral zu Ehren des Leiters der Abteilung Geologie und Geophysik der University of Wisconsin–Madison, Professor Sturges W. Bailey (1919–1994). Der zweite Teil -chlor weist auf darauf hin, dass es ein Mitglied der Chloritgruppe ist.[10]

Entdeckt wurde Baileychlor in Mineralproben aus der „Red Dome Mine“ in der Nähe der Ortschaften Chillagoe und Herberton im australischen Tablelands Regional Council. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch Audrey C. Rule und Frank Radke, die ihre Untersuchungsergebnisse und den gewählten Namen 1986 zur Prüfung an die International Mineralogical Association (interne Eingangsnummer der IMA: 1986-056[1]) sandte. Diese erkannte den Baileychlor als eigenständige Mineralart an.

Typmaterial des Minerals befindet sich im Smithsonian Institution (Register-Nr. NMNH 164430), im South Australian Museum (Register-Nr. 13592) und im Geologischen Museum der University of Wisconsin–Madison (Register-Nr. 6000/1).[10]

Klassifikation

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Da der Baileychlor erst 1986 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der letztmalig 1977 überarbeiteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VIII/H.23-050. Dies entspricht der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung „Schichtsilikate“, wo Baileychlor zusammen mit Borocookeit, Chamosit, Cookeit, Donbassit, Franklinfurnaceit, Gonyerit, Jadarit, Klinochlor, Manandonit, Nimit, Pennantit und Sudoit die „Chloritgruppe“ mit der Systemnummer VIII/H.23 bildet.[4]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Baileychlor in die erweiterte Klasse der „Silikate und Germanate“, dort aber ebenfalls in die Abteilung „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der Kristallstruktur, sodass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Schichtsilikate (Phyllosilikate) mit Glimmertafeln, zusammengesetzt aus tetraedrischen und oktaedrischen Netzen“ zu finden, wo es zusammen mit Borocookeit, Chamosit, Cookeit, Donbassit, Franklinfurnaceit, Glagolevit, Gonyerit, Klinochlor, Nimit, Odinit, Pennantit und Sudoit die „Chloritgruppe“ mit der Systemnummer 9.EC.55 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Baileychlor die System- und Mineralnummer 71.04.01.06. Das entspricht ebenfalls der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung „Schichtsilikatminerale“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Schichtsilikate: Schichten von sechsgliedrigen Ringen, abwechselnd 1:1, 2:1 und oktaedrisch“ in der „Chloritgruppe (Tri-Dioktaedrisch)“, in der auch Donbassit, Cookeit, Sudoit, Klinochlor, Nimit, Chamosit, Pennantit und Borocookeit eingeordnet sind.

Kristallstruktur

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Baileychlor kristallisiert triklin in der Raumgruppe C1 (Raumgruppen-Nr. 1, Stellung 2)[6]Vorlage:Raumgruppe/1.2 oder C1 (Nr. 2, Stellung 3)[6]Vorlage:Raumgruppe/2.3 mit den Gitterparametern a = 5,35 Å; b = 9,26 Å; c = 14,40 Å; α = 90°; β = 97,1° und γ = 90° sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Bildung und Fundorte

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Baileychlor bildet sich an den Kanten von kolloiden Calcit-Adern innerhalb stark oxidierter Einstürze von Karst-Brekzien von Skarnen. Dort tritt es in Paragenese unter anderem mit Andesin, Granaten, Vesuvianit, zinkhaltigem Chamosit, Goethit, Hämatit, Chalkosin, gediegen Kupfer und Malachit auf.

Als seltene Mineralbildung konnte Baileychlor nur an wenigen Orten nachgewiesen, wobei weltweit bisher rund 20 Vorkommen dokumentiert sind (Stand 2024).[12] In Australien fand man das Mineral außer an seiner Typlokalität „Red Dome Mine“ (Queensland) noch in der Lagerstätte Prairie Downs im Meekatharra Shire von Westaustralien sowie in der „Kara Mine“ und bei bodenkundlichen Untersuchungen in Zeehan auf Tasmanien.

Das für Österreich angegebene Vorkommen im Marmor-Steinbruch Malaschofsky bei Brunn am Walde (Gemeinde Lichtenau im Waldviertel, Niederösterreich) ist vermutlich falsch, da das als Baileychlor angesprochene Material einen für dieses Mineral untypisch hohen Magnesiumgehalt aufwies. Es könnte sich daher möglicherweise auch um ein neues, bisher unbekanntes Glied aus der Chloritgruppe handeln. Das untersuchte Material hatte der Sammler Erwin Löffler einem Mineralogenteam um Gerhard Niedermayr zur Verfügung gestellt.[13]

In der Schweiz trat das Mineral in der Grube Lengenbach und in einem natürlichen Aufschluss am nahe gelegenen Messerbach (auch Mässerbach) bei Fäld im Binntal auf.

Weitere bisher bekannte Fundorte sind unter anderem[14]

Siehe auch

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Literatur

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  • Audrey C. Rule, Frank Radke: Baileychlore, the Zn end member of the trioctahedral chlorite series. In: American Mineralogist. Band 73, 1988, S. 135–139 (rruff.info [PDF; 927 kB; abgerufen am 25. November 2024]).
  • Seungyeol Lee, Huifang Xu: Powder XRD and TEM study on crystal structure and interstratification of Zn-chlorite (baileychlore). In: Powder Diffraction. Band 32, 2017, S. 118–123, doi:10.1017/S0885715617000410 (englisch, Download verfügbar bei researchgate.net [PDF; 2,3 MB; abgerufen am 25. November 2024]).
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Commons: Baileychlore – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2024. (PDF; 3,1 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2024, abgerufen am 25. November 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 25. November 2024]).
  3. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 673 (englisch).
  4. a b c d e Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. a b David Barthelmy: Baileychlore Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 25. November 2024 (englisch).
  6. a b c d Die Nummerierung dieser Achsenstellung entspricht nicht der Reihenfolge der International Tables for Crystallography, da diese dort nicht aufgeführt wird.
  7. a b c d Baileychlore. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 76 kB; abgerufen am 25. November 2024]).
  8. a b c d e Baileychlore. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. November 2024 (englisch).
  9. Bildbeispiel mit zoniertem Baileychlore (grünlich) als Dünnschliff im Durchlicht mit Calcit (farblos) und Fe-Oxiden (schwarz). In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. November 2024 (englisch).
  10. a b Audrey C. Rule, Frank Radke: Baileychlore, the Zn end member of the trioctahedral chlorite series. In: American Mineralogist. Band 73, 1988, S. 135–139 (englisch, rruff.info [PDF; 927 kB; abgerufen am 25. November 2024]).
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  12. Localities for Baileychlore. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. November 2024 (englisch).
  13. Gerhard Niedermayr, Christian Auer, Franz Bernhard, Hans-Peter Bojar, Franz Brandstätter, Andreas Ertl, Karl Ettinger, Vera M. F. Hammer, Barbara Leikauf, Walter Postl, Markus Sabor, Ralf Schuster, Robert Seemann, Franz Walter: Neue Mineralfunde aus Österreich LIV. In: Carinthia II. Band 195, 2005, S. 277–315; hier: 296 (opac.geologie.ac.at [PDF; 20,8 MB; abgerufen am 25. November 2024]).
  14. Fundortliste für Baileychlor beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 25. November 2024.