Archidiakonat Trinitatis

ehemaliger Kirchenbezirk der Speyerer Diözese

Das Archidiakonat Trinitatis war einer der drei rechtsrheinischen Kirchenbezirke der Speyerer Diözese und dem Propst des KollegiatstiftsSt. Trinitatis ac Omnium Sanctorum[1] in Speyer unterstellt. Sein Archidiakonat war wiederum in die drei Land- bzw. Ruralkapitel Weil der Stadt, Grüningen und Vaihingen unterteilt.

Geschichte

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Allerheiligenstift (C) und Ruine von St. Peter (N) um 1730 in Speyer
 
Die drei Landkapitel im Archidiakonat Trinitatis: Weil der Stadt (I), Grüningen (II) und Vaihingen (III)
 
Diözesan-Karte des gesamten Bistums (um 1500) mit Unterteilung in Archidiakonate und Landkapitel (von Glasschröder 1906)

Struktur und Lage

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Sitz des Archidiakonats Trinitatis war das innerhalb Speyers gelegene „Dreifaltigkeits-“ oder „Allerheiligenstift“, das unter anderem aus der im 11. Jahrhundert von Bischof Sigebodo erbauten Stiftskirche bestand. Das Stift war südwestlich vom Dom zwischen der Stadtmauer und der älteren Peterskirche angesiedelt.[2] Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde das Stift 1689 durch den Stadtbrand von Speyer zerstört und später wieder aufgebaut. Nach der Französischen Revolution wurde es im Zuge der französischen Annexion der linksrheinischen Gebiete auf Abbruch versteigert und abgerissen.

Die Speyerer Diözese war in vier Archidiakonate unterteilt, die von den Pröpsten der vier in Speyer ansässigen Stifte geleitet wurden: Hierarchisch am höchsten stand der Dompropst als erster Bischofsstellvertreter, Vorsitzender des Domkapitels und Archidiakon des gesamten linksrheinischen und damit ältesten Diözesanteils. Für die drei rechtsrheinischen Archidiakonate waren die Pröpste der drei Sekundarstifte St. German, St. Guido und St. Trinitatis (Heilige Dreifaltigkeit) zuständig.[3] Die Pröpste gehörten dem Domkapitel an und wurden in der Regel auch aus diesem heraus in ihre Position berufen.

Der Bezirk des Archidiakonats Trinitatis des Propsts des Allerheiligenstifts lag im Südosten der Speyerer Diözese und war in drei Sprengel, das Landkapitel Weil der Stadt, das Landkapitel Grüningen und das Landkapitel Vaihingen, unterteilt, in denen jeweils ein Dekan als Stellvertreter des Propstes schaltete und waltete (siehe Karten). Die südliche Grenze dieses Archidiakonats zur Diözese Konstanz entsprach dem Verlauf der um 500 nach Christus geschaffenen fränkisch-alemannischen Demarkationslinie, an der entlang sich das ursprünglich linksrheinische Bistum nach Osten ausdehnte und zusammen mit dem Kloster Weißenburg die Christianisierung des nun fränkisch dominierten Gebiets betrieb.

Durch die Reformation in Württemberg gingen der Diözese Speyer nach 1534 große Teile ihres rechtsrheinischen Gebiets und darunter das gesamte Archidiakonat Trinitatis verloren.

Stiftspröpste als Archidiakone

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Ein Propst (von lat. „praepositus“ abgeleitet) musste im Mittelalter kein Kleriker sein. Er war Vorsteher der Kanoniker seines jeweiligen Kollegiatstifts und Leiter der äußeren Angelegenheiten eines Dom- oder Stiftskapitels. Der Dompropst und die drei Stiftspröpste zu Speyer waren darüber hinaus in die Diözesanverwaltung eingebunden und genossen als Stellvertreter des Bischofs auch einige Pontifikalien. Wegen der im Hochmittelalter häufig gegebenen Doppelbelastung der Speyerer Bischöfe als Reichskanzler wurden die Stiftspröpste immer mehr in die Territorialpolitik des Bischofs und in die Kanzleiarbeit einbezogen. Dies führte bei der Archidiakonatsverwaltung zu einer Kompetenzverlagerung: Im Laufe des 13. Jahrhunderts ging die Besitzverwaltung der Stifte sukzessive von den Pröpsten auf die Stiftskapitel über, repräsentiert vom jeweiligen Dekan, der dadurch an Einfluss gewann. Mit der Visitation der Pfarreien beauftragten die Archidiakone zunehmend Offiziale und Vikare. Über die Konzentration auf „höhere Aufgaben“ schafften etliche Pröpste – auch vom Dreifaltigkeitsstift – den Karrieresprung zum Bischof.

Im Mittelalter erwähnte Archidiakone von Sankt Trinitatis:

  • 1152 erwähnte der Speyerer Bischof Günther von Henneberg in einer Urkunde fürs Kloster Maulbronn einen „magistro scolarum sanctęque Trinitatis preposito Winemaro“.[5] Am 13. März 1157 wurde derselbe „Winemarus, prepositus de sancta Trinitate et magister scolarum,“ in einer weiteren Urkunde dieses Bischofs letztmals erwähnt.[6]
  • 1157 bezeugten „Witichint prepositus“ und „Gozolt custos“ von „sanctę Trinitatis“ eine in Hirsau ausgestellte Urkunde des Speyerer Bischofs Günther von Henneberg für das im Archidiakonat Trinitatis gelegene Kloster Hirsau.[7] 1160 wurde erneut „Withekint, prepositus de sancta trinitate,“ in einer Urkunde des Bischofs aufgeführt.[8]
  • 1180 bezeugte ein „prepositus Cunradus de sancta Trinitate“ eine Urkunde des Speyrer Bischofs Ulrich II. von Rechberg zum Rechtsstreit zwischen dem Priester von Germersheim und dem Kloster Maulbronn.[9] 1181 wurde derselbe Konrad in einer Schenkungsurkunde für Maulbronn als „prepositus de Omnibus Sanctis“ bzw. Propst von Allerheiligen bezeichnet.[10] 1183 und 1186 wurde er wieder „prepositus de sancta Trinitate“ genannt.[11] 1188 bezeugte er erneut zweimal als „Cunradi prepositi ecclesiae Omnium Sanctorum“ (Allerheiligen),[12] um 1189 wieder als „Cunradus sancte trinitatis in Spira prepositus“ in Erscheinung zu treten.[13]
  • 1203 trat „Bertholdus ecclesie sancte trinitatis prepositus“ in einer Urkunde des Speyerer Bischofs und Reichskanzlers Konrad III. von Scharfenberg auf.[14] 1209 bezeugte „Bertholdus praepositus sanctae trinitatis in Spira“ eine Urkunde von Kaiser Otto IV.[15]
  • 1219 bezeugte „Cunradus prepositus sancte Trinitatis“, vermutlich bereits der spätere Bischof Konrad von Thann, einen Vergleich des Bischofs Konrad von Speyer und Metz zwischen dem Dorf St. Leon und dem Bauhof Altlußheim.[16] Danach trat dieser Stiftspropst erneut als Zeuge auf; 1224 und 1231 schließlich für den neuen Bischof Beringer von Entringen.[17] 1233 wurde Konrad von Thann, „in jungen Jahren bereits Propst des Dreifaltigkeitsstifts“, zum Bischof von Speyer ernannt.[18]
  • Der 1233 nachfolgende „C. prepositus sancti Trinitatis Spirensis“ (Propst „C[onrad]“ vom Dreifaltigkeitsstift zu Speyer) könnte laut Zölch Konrad von Eberstein gewesen sein, der 1237 auch als Bischof Nachfolger Konrads von Thann wurde.[19]
  • 1244 bezeugte „Bertholdus dictus de Hoenhart prepositus sancte trinitatis“ zwei Urkunden Bischofs Konrad von Eberstein.[20]
  • 1249 trat „Magister Adelvolcus, scolasticus et sancte trinitatis prepositus,“ als Zeuge für einen Tausch des erwählten Bischofs Heinrich von Leiningen auf.[21] 1250 beauftragte Papst Innozenz IV. in Lyon seinen „dilecto filio ... preposito ecclesie sancte Trinitatis Spirensis“ mit dem Vollzug des Entscheids des Kardinaldiakons Richard von St. Angelo zur Wiedereinsetzung von Kloster Odenheim in den Besitz der Kirche zu (Groß-)Gartach und die Verurteilung Alberts von Hohenstein zum Schadensersatz.[22] 1252 bezeugte „Adelvolcus prepositus sancte Trinitatis“ in Maulbronn die widerrufbare Ernennung Heinrichs von Enzberg zum Klostervogt.[23] 1255 genehmigten der erwählte Bischof Heinrich von Speyer und Würzburg, Dekan Werner der Domkirche und Propst Adelvolk zur Heiligen Dreifaltigkeit in Speyer (mit Siegel) die durch den edlen Vogt Berthold von Weißenstein im Wege des Verkaufes und der Schenkung an die Priorin und den Konvent von Rechentshofen geschehene Überlassung aller seiner Güter einschließlich des Patronatrechts zu Hohenhaslach.[24]
  • 1270 inkorporierte Egenolf von Landsberg, Propst und Archidiakon der Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit in Speyer, dem Stift Sindelfingen die Kirche in Dilgshausen und ihre Tochter, die Kapelle in Leonberg, deren Patronatsrecht dem Stift von seinem Propst Heinrich von Hailfingen geschenkt worden war.[25]
  • 1329 wählte man den Propst vom Dreifaltigkeitsstift Gerlach von Erbach zum Bischof von Worms, was jedoch der Papst nicht bestätigte. Es kam im Bistum Worms zum Schisma, in dessen Verlauf der Kleriker 1332 eines gewaltsamen Todes starb.
  • 1340 bestätigte Stiftspropst Rudolf von Fleckenstein die Stiftung einer Messpfründe in der „Pfarrkirche zu Grüningen“.[26]
  • 1358 bestätigte Archidiakon Eberhard von Sickingen, dass der Frühmesser des Altars St. Johanns des Evangelisten in der Pfarrkirche zu Grüningen vor ihm 33 Morgen Brachensacker in Vehinger Mark zu Erblehen verliehen hat.[27]

Domscholaster Karl Joseph von Mirbach wurde am 7. März 1758 vermutlich letzter Propst des Dreifaltigkeitsstifts, das durch die Reformation in Württemberg (ab 1534) seine territorialherrschaftliche Bedeutung längst eingebüßt hatte.[28]

Literatur

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  • Hans Ammerich: Das Bistum Speyer und seine Geschichte. Sechs Bände. Sadifa Media, Kehl am Rhein 1998–2003.
  • Franz Xaver Glasschröder: Das Archidiakonat in der Diözese Speier während des Mittelalters. In: Archivalische Zeitschrift. N.F. Bd. 10, 1902, S. 114–154, Digitalisat
  • Franz Xaver Remling: Geschichte der Bischöfe zu Speyer, Band 2. Mainz 1854. Digitalscan
  • Alois Seiler: Studien zu den Anfängen der Pfarrei- und Landdekanatsorganisation in den rechtsrheinischen Archidiakonaten des Bistums Speyer. Stuttgart 1959
  • Karl-Albert Zölch: Die Bischöfe von Speyer zur Zeit Kaiser Friedrichs II. (Dissertation an der Uni Heidelberg). Heidelberg 2014 PDF

Anmerkungen

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  1. Übersetzt: „Heilige Dreifaltigkeit zu Allerheiligen“; in mittelalterlichen Quellen verkürzt meist Dreifaltigkeitsstift oder Allerheiligenstift genannt: Landesarchiv BW online (A 602 Nr. 8788): „Der Propst des Dreifaltigkeitsstifts zu Speyer bestätigt die Stiftung der Johanneskaplanei zu Gröningen.“
  2. Möglicherweise diente die Peterskirche zuvor als Kirche des Stifts.
  3. Karl-Albert Zölch, Die Bischöfe von Speyer zur Zeit Kaiser Friedrichs II, Heidelberg 2014, S. 31.
  4. WUB Band II, Nr. 327, S. 43–45 WUB online
  5. WUB Band II., Nr. 339, S. 64–65 WUB online
  6. WUB Band II, Nr. 357, S. 106–108 WUB online
  7. WUB Band II., Nr. 355, S. 104 WUB online
  8. WUB Band II, Nr. 374, S. 132–134 WUB online
  9. WUB Band II., Nr. 421, S. 207 WUB online
  10. WUB Band II., Nr. 424, S. 211 WUB online
  11. WUB Band II., Nr. 435, S. 227 WUB online und WUB Band II., Nr. 446, S. 244–245 WUB online
  12. WUB Band II., Nr. 454, S. 252–253 WUB online
  13. WUB Band II, Nr. 458, S. 262–263 WUB online
  14. WUB Band II., Nr. 521, S. 342 WUB online
  15. Stephan Alexander Würdtwein: Monasticon Palatinum: chartis et diplomatibus instructum, notitiis a authenticis illustratum, Band 1, Cordon, Mannheim 1793, S. 259ff Digitalisat
  16. WUB Band III., Nr. 623, S. 91 WUB online
  17. WUB Band III., Nr. 678, S. 155–156 WUB online und WUB Band III., Nr. 793, S. 288–289 WUB online
  18. Karl-Albert Zölch, Die Bischöfe von Speyer zur Zeit Kaiser Friedrichs II, Heidelberg 2014, S. 123 u. 177.
  19. Karl-Albert Zölch: Die Bischöfe von Speyer zur Zeit Kaiser Friedrichs II. (Dissertation an der Uni Heidelberg). Heidelberg 2014, S. 155 und 178.
  20. WUB Band IV., Nr. 1027, S. 78–79 WUB online und WUB Band IV, Nr. 1028, S. 79–80 WUB online
  21. WUB Band IV., Nr. 1122, S. 186–187 WUB online
  22. WUB Band IV., Nr. N168, S. 469–470 WUB online
  23. WUB Band IV., Nr. 1237, S. 305–306 WUB online
  24. WUB Band V, Nr. 1341, S. 105–106 WUB online
  25. WUB Band VIII, Nr. 2707, S. 49–50 WUB online
  26. LABW, HStA Stgt., A 602, Nr. 8786 = WR 8786 LABW online.
  27. LABW, HStA Stgt., A 602, Nr. 8795a = WR 8795a recto, LABW online.
  28. Franz Xaver Remling: Geschichte der Bischöfe zu Speyer, Band 2, Mainz, 1854, Seite 667; Digitalisat
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Commons: Bistum Speyer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Archidiakonat – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Koordinaten: 49° 18′ 47,8″ N, 8° 26′ 13,8″ O