Work Text:
„Nein!!!“, schrie Bob, „Nein, Peter – NICHT!!!“
Aber Peter schien nicht auf ihn hören zu wollen und stürzte sich mit Todesverachtung auf den mit einem Messer bewaffneten Bankräuber. Der war nicht nur größer sondern auch muskulöser als Peter und lachte boshaft als er den zweiten Detektiv kommen sah.
„Peter, das ist zu gefährlich!“, rief nun auch Justus, der neben Bob und drei weiteren Geiseln gefesselt auf dem Boden saß.
Seit einer Stunde verharrten sie in dieser unbequemen Position während der Verbrecher namens Wilson mit der Polizei über das Freikommen der Geiseln verhandelt hatte. Es schien nicht gut zu laufen, denn zuletzt hatte er in sein Handy gebrüllt, dass er jetzt mit der ersten Geisel anfangen würde. Und gerade als er mit gezückten Messer auf Justus und Bob zugegangen war, war Peter wie aus dem Nichts vor sie gesprungen und hatte sich Wilson in den Weg gestellt. „Da müssen sie erst an mir vorbei“, hatte er gesagt und kein bisschen ängstlich dabei gewirkt.
Bobs Herz hatte in diesem Moment einen wilden, schmerzhaften Schlag getan, denn einerseits bedeutete Peters Erscheinen, dass sie wieder eine Chance gegen den Verbrecher hatten, andrerseits war diese Chance sehr klein und Peter brachte sich in Lebensgefahr.
Jetzt gingen Peter und Wilson unter Peters Aufprall zu Boden und nach einem kurzen Handgemenge fiel dem Verbrecher das Messer aus der Hand. Peter wollte danach greifen, wurde aber von seinem Gegner wüst am Arm zurück gerissen. Der zweite Detektiv strampelte mit den Beinen und erwischte das Messer mit dem Fuß woraufhin es mit Schwung unter einen Geldautomaten rutschte. Wilson stieß ein derart wütendes Gebrüll aus, dass es Bob durch Mark und Bein ging.
„Na warte, du kleine Ratte“, fauchte er und packte Peter vorn am T-Shirt. „Dafür wirst du bezahlen. Ich wollte sowieso grade anfangen, den Bullen ein paar bessere Argumente zu bieten. Wenn ich mit dir fertig bin, können sie mit dir nur noch den Boden aufwischen!“
„Nein!!“, schrie Bob wieder.
„Sprechen Sie noch einmal mit der Polizei!“, rief Justus. „Bitte!“
Peter versuchte sich loszumachen, aber Wilson hielt ihn eisern fest. „Natürlich werde ich nochmal mit der Polizei sprechen. Wenn ich euren kleinen Freund erledigt habe.“
Und damit stieß er Peter mit voller Kraft gegen einen Metallaufsteller voller Informationsbroschüren, packte ihn wieder und stieß ihn noch einmal so fest dagegen, dass Peter mitsamt dem Aufsteller zu Boden ging. Der zweite Detektiv stöhnt unter Schmerzen und blieb liegen.
„Peter!!“, riefen Bob und Justus verzweifelt.
Bob fühlte eine eiskalte Angst in sich aufsteigen. Wilson schien es todernst zu meinen und auch nicht zu der Art Verbrecher zu gehören, die sich selbst gern reden hörte. Er ließ seine Fäuste sprechen. Nun trat er nach dem zweiten Detektiv, der gerade versuchte sich von dem Aufsteller zu rollen.
„Peter, bring dich in Sicherheit!!“, rief Justus.
Wilson trat wieder nach Peter, aber diesmal ging sein Fuß ins Leere. Schneller als Bob es nach diesem Sturz vermutet hätte rollte Peter plötzlich zur Seite, kam in der Hocke auf die Füße und griff mit beiden Händen nach den Seitenstangen des Aufstellers. Mit einem kräftigen Schwung schlug er mit dem Metallregal nach Wilson, so dass die Broschüren nach allen Seiten flogen. Er erwischte Wilson am Kinn, aber der schien ziemlich hart im Nehmen zu sein. Er taumelte nur einen Schritt nach hinten und als Peter wieder ausholte, packte er ebenfalls zu und entriss Peter den Aufsteller. Mit einem Wutschrei warf er das Teil nach Peter, aber der wich zur Seite aus.
Schwer atmend starrten sich die beiden an.
„Achso, du willst also tanzen. Kannst du haben.“
Und was dann folgte, war eines der schlimmsten Dinge, die Bob je mitansehen musste. Wilson stürzte sich mit vollem Körpereinsatz auf Peter und schlug wild auf ihn ein. Peter setzte sich zwar zur Wehr – er war schließlich ebenfalls stark und gut in Selbstverteidigung – aber es wurde schnell klar, dass er Wilsons brutaler Attacke nur wenig entgegenzusetzten hatte. Er war hauptsächlich damit beschäftigt, dessen Angriffe zu blocken, konnte aber selber kaum einen Treffer landen.
Wilson drängte ihn immer weiter nach hinten auf die Geldautomaten zu und stieß ihn schließlich mit voller Wucht dagegen. Peter sackte zusammen. Er blutete aus einer Platzwunde auf der Stirn und hatte am Kinn eine lange Schramme.
„Peter!!“, rief Bob immer wieder verzweifelt. Er zerrte an seinen Fesseln.
Justus dagegen schien komplett auf dem Kampf fokussiert. „Peter, pass auf!“, rief er jetzt. „Neben dir! Links!!“
Peter reagierte gerade noch rechtzeitig, griff den Mülleimer links neben sich und hielt schützend vor sich. Wilsons Faust, die sonst Peters Gesicht getroffen hätte, krachte auf den Mülleimer und verpasste ihm ein tiefe Delle. Wieder brüllte Wilson wie ein Stier. Er konnte es offenbar überhaupt nicht leiden, wenn seine Schläge nicht ihr Ziel trafen. Er holte aus, traf aber vor Jähzorn geblendet nur die Glasscheibe des Automaten. Dass er sich dabei seine Fingerknöchel blutig schlug schien er überhaupt nicht zu bemerken.
Peter rollte zur Seite, schien aber nicht die Kraft zum Aufstehen zu haben. Wilson war mit zwei Schritten bei ihm, beugte sich hinunter und packte Peter am Hals. Peter versuchte mit beiden Händen den Griff zu lösen, doch es war vergeblich. Er schlug blindlings auf Wilson ein, rang nach Luft und gab dabei die schrecklichsten Laute von sich.
„Peter! Peter!!“, schluchzte Bob. Tränen liefen ihm übers Gesicht und er zerrte immer noch an seinen Fesseln. Mittlerweile war ihm längst klar, dass er sie auf diese Weise nicht lösen konnte, aber er es war als könnte sein Körper nicht akzeptieren, dass er der Situation hilflos ausgeliefert war. Er musste Peter helfen! Peter durfte einfach nicht alleine… dort auf den Boden…
Plötzlich hörte Peter auf sich zu wehren. Seine Arme fielen schlaff neben ihm auf den Boden.
„Nein“, hauchte Justus. Bob senkte den Kopf und wimmerte.
„Ha!“, stieß Wilson aus und richtete sich auf. „Was für ein Schwächling.“
Breitbeinig baute er sich neben Peter auf und funkelte seine Geiseln an.
„Ich hoffe, ihr habt alle gut aufgepasst. Dem Nächsten wird’s genauso ergehen. Und weil ich grade so schön in Schwung bin, machen wir auch gleich weiter. Das wird den Bullen auf die Sprünge helfen.“
Doch gerade als er auf sie zugehen wollte, gab es zu seinen Füßen eine plötzliche Bewegung und er stolperte über den Mülleimer, den vor wenigen Sekunden verbeult hatte. Diesen kurzen Überraschungsmoment nutzte Peter. Er kam auf die Beine, machte einen Satz nach vorn und schlug Wilson mit einem sauberen Handkanten schlag in den Nacken. Der schrie auf, taumelte zur Seite, stolperte und knallte dann mit dem Kopf auf die seitliche Kante des Geldautomaten.
Er fiel zu Boden wie ein nasser Sack.
Und blieb liegen.
Sprachlos starrten Justus und Bob erst auf Wilson dann zu Peter. Es war so schnell gegangen, dass sie kaum realisiert hatten, dass Peter doch nicht bewusstlos – oder schlimmeres – war.
„Peter, du-„, fing Bob an.
Doch weiter kam er nicht, denn offenbar hatte Peter seine letzten Kräfte verbraucht. Er ging auf die Knie, schien sich noch abstützen zu wollen, aber kippte dann einfach um.
In der selben Sekunde flog die verbarrikadierte Eingangstür mit einem Knall auf und mehrere schwer bewaffnete Polizisten stürmten herein, gefolgt von Inspektor Cotta.
„Inspektor!“, rief Justus. „Schnell, Peter ist… er hat…“
Justus schien den Satz nicht vervollständigen zu können und Bob konnte es ihm nicht verübeln. Er war selber völlig erschüttert von dem, was sich in den letzten Minuten abgespielt hatte.
Cotta hatte zum Glück genug Erfahrung mit den drei Fragezeichen um sich augenblicklich nach Peter umzusehen. Er entdeckte ihn, stürzte zu ihm und kniete sich neben ihn auf den Boden. Nachdem Peter nicht auf seine Ansprache reagierte, bellte er Befehle an die Polizisten und einer von ihnen rannte wieder nach draußen.
„Was ist mit ihm?“, rief Justus.
Aber Cotta und die anderen Polizisten richteten ihre Aufmerksamkeit nun auf Wilson, der noch immer wie ein gefällter Baum am Boden lag. Cotta sprach auch ihn an und erhielt tatsächlich ein Grunzen als Antwort. Augenblicklich richteten die Polizisten sämtliche Waffen auf ihn. Zwei von ihnen hievten Wilson in eine aufrechte Position und Cotta legte ihm Handschellen an.
„Abführen!“
Bob beobachtete alles wie durch einen Nebel. Er bekam kaum mit, dass die übrigen Polizisten sich nun darum kümmerten die Geiseln von ihren Fesseln zu befreien. Gleichzeitig stürzte der ausgesandte Polizist wieder herein mit drei Sanitätern im Schlepptau. Sie fingen sofort an sich um Peter zu kümmern. Als der sich immer noch nicht regte, hoben sie ihn behutsam auf ihre Trage.
Bob und Justus waren endlich ihre Fesseln los und Bob wollte sofort aufspringen und den Sanitätern nachlaufen, doch seine Beine gehorchten ihm nicht. Nach dem langen Verharren in der gleichen Position waren sie völlig taub und klappten einfach unter ihm weg. Justus schien es ähnlich zu gehen, denn er saß ebenfalls noch am Boden und massierte seine Waden.
„Justus“, stieß Bob heiser hervor. „Ich will zu ihm.“
Die Tränen stiegen ihm erneut in die Augen, als die Sanitäter mit Peter durch die Tür nach draußen verschwanden.
„Sie werden sich um ihn kümmern“, sagte Justus. „Er wird sicher wieder… wieder…“ Seine Stimme versagte.
„Just?“
Justus senkte den Kopf. Seine Schultern bebten heftig. Bob schlang seine Arme um ihn. Justus atmete zitternd aus.
„Wieso hat er das nur gemacht? Es war doch von Anfang an offensichtlich, dass er gegen Wilson kaum eine Chance hatte.“
„Ich fürchte, das ist meine Schuld“, sagte eine Stimme neben ihnen. Sie sahen auf. Es war Cotta.
„Was? Wieso?“
Cotta seufzte. „Ich werde es euch erklären. Aber zuerst lasst ihr euch von einem Sanitäter durchchecken und dann von Goodwin nach Hause bringen. Ruht euch aus.“
„Aber Inspektor-„
„Wir können doch nicht-„
Aber Cotta würgte sie beide ab. „Ich will nichts hören! Ihr steht beide noch unter Schock und ihr helft niemandem, wenn ihr jetzt wie kopflose Hühner durch die Gegend lauft, am allerwenigsten Peter. Zu dem darf jetzt sowieso erstmal nur seine Familie und die Polizei.“
„Aber wir sind seine Familie!“, protestierte Bob. Justus griff nach seiner Hand.
Cotta warf ihnen einen Blick voller Mitleid und Verständnis zu.
„Nicht auf dem Papier. Los jetzt, raus mit euch. Morgen könnt ihr zu mir aufs Präsidium kommen, aber jetzt kümmert euch erstmal um euch selbst.“
?---?---?
Einen Tag später saßen Justus und Bob bei Inspektor Cotta im Büro und hörten sich seine Seite der Ereignisse an.
„Ihr habt das wahrscheinlich gar nicht mitbekommen, aber Peter ist, ohne dass Wilson es bemerkt hat, direkt hinter ihm in die Bank gegangen. Er hat sich im Eingangsbereich verborgen und mich von dort aus angerufen. Wilson hat ihn auch nicht entdeckt, als er die Tür verbarrikadiert hat. Peter ist auf meine Anweisung hin die ganze Zeit, als wir mit Wilson verhandelt haben, im seinem Versteck geblieben.“
Die beiden Detektive machten große Augen. Deshalb hatte Peter also so plötzlich einschreiten können, als Wilson sie mit dem Messer angreifen wollte.
„Ich hatte auch zu Peter die ganze Zeit eine übers Handy eine offene Leitung“, fuhr Cotta fort. „Aber wir als merkten, dass Wilson nicht zu Verhandlungen bereit war mussten wir zu Plan B wechseln. Wir wollten unbemerkt die verschlossene Tür aufbrechen.“
Justus sog scharf Luft ein. „Peter sollte Wilson ablenken.“
Cotta nickte und seufzte.
„Dass es dabei für ihn so gefährlich wurde, war nicht geplant. Ich hatte ihn sogar extra noch angewiesen sich dabei so vorsichtig und unprovokativ wie möglich zu verhalten.“
Bob lief ein kalter Schauer über den Rücken und er hatte die Szene wieder klar vor Augen.
„Wilson hat uns bedroht“, murmelte er.
Cotta nickte wieder.
„Ich weiß. Peter hat mir gesagt, dass er sehr schnell entscheiden musste. Ihr beide wart in Gefahr und gleichzeitig musste er unsere Aktion an der Tür verdecken. Er dachte sich, dass er Wilson so lange hinhalten könnte, bis wir die Tür aufgebrochen hätten.“
„Hinhalten? Wohl eher aushalten.“ Bob spürte, wie er wütend wurde. „Wilson hätte ihn fast umgebracht!“
„Moment mal!“, rief Justus. „Peter hat ihnen gesagt, dass er sich schnell entscheiden musste? Aber das muss ja danach gewesen sein! Waren Sie schon bei ihm im Krankenhaus? Haben Sie mit ihm gesprochen?!“
„Ja.“
„Und das sagen Sie uns erst jetzt?!“
„Was hat er gesagt? Wie geht es ihm? Wie lange-?
„Immer mit der Ruhe.“ Cotta hob beschwichtigend die Hände. „Ja, ich war gestern Abend noch kurz bei Peter. Es geht ihm den Umständen entsprechend, aber er ist nicht Lebensgefahr. Er hat ein paar schlimme Prellungen und wird noch wegen einer möglichen Gehirnerschütterung überwacht, aber wahrscheinlich darf er in ein paar Tagen wieder nach hause.“
Bob schluckte. Es fühlte sich so furchtbar falsch an von jemand anderem über Peters Zustand zu erfahren und nicht selbst bei ihm sein zu können.
„Dürfen wir zu ihm?“, fragte Justus.
Cotta lächelte matt. „Ich befürchte, dass müsst ihr mit seinen Eltern ausfechten. Ihr könnt euch sicher denken, dass sie alles andere als begeistert sind.“
„Aber diesmal sind wir doch gar nicht Schuld! Das war ja nicht mal ein richtiger Fall! Wir wollten doch nur Geld abheben“, protestierte Bob.
„Ich weiß“, sagte Cotta. „Und Peters Eltern wissen das auch. Aber ich musste ihnen auch erklären, weshalb Peter sich so in Gefahr gebracht hat.“
„Gewissermaßen auf Ihr Betreiben hin“, warf Justus ein.
Cotta presste kurz seine Lippen zusammen. „Ihr könnt euch vorstellen, wie sie darauf reagiert haben.“
Jetzt war es an Justus und Bob seufzend zu nicken. Für ein paar Atemzüge herrschte Schweigen in Inspektor Cottas Büro.
Bob versuchte seine Gedanken und Gefühle zu sortieren. Er musste sich beherrschen, seinen Frust über Peters Verletzungen nicht in Wut auf Inspektor Cotta umschlagen zu lassen. Er wusste, dass Cotta sie niemals freiwillig ins offene Messer laufen lassen würde. Im Gegenteil – er würde sie am liebsten jedes mal unter Hausarrest stellen, wenn ein Verbrechen in Rocky Beach verübt wurde. Trotzdem brodelte es in seiner Brust wie in einem Vulkan und er spürte, dass er dringend raus musste. Er wollte zu Peter!
Er wandte sich an Justus. „Wollen wir los?“
Justus nickte.
„Viel Glück“, sagte Cotta. „Wir hören uns.“
?---?---?
Sie durften weder am selben Tag noch in den zwei folgenden Tagen zu Peter. Alle Nachrichten, die sie ihm schickten, blieben unbeantwortet und alle Anrufe wurden sofort auf die Mailbox umgeleitet. Zuhause bei Peter mochten sie nicht anrufen, weil sie auf ein Gespräch mit Peters Eltern keine Lust hatten. Am dritten Tag hatte Bob das Gefühl er müsste vor Frust explodieren. Er konnte sich kaum erinnern, wann er das letzte Mal so lange keinen Kontakt zu Peter gehabt hatte.
Als seine Mutter ihn gegen 22 Uhr Abends ins Bett schicken wollte, blieb er mitten im Flur stehen und sah sie flehend an.
„Mom, ich kann unmöglich schlafen. Ich werde noch verrückt vor Sorge um Peter!“
Seine Mutter lächelte mitfühlend. „Ich weiß, mein Schatz. Aber ehrlich gesagt verstehe ich auch, dass seine Eltern jetzt erstmal möglichst viel Ruhe für ihn und sich wollen. Das war ja für alle Beteiligten ein traumatisches Ereignis.“
„Für uns auch!“
„Ich weiß.“ Sie legte ihm einen Arm um die Schultern.
„Mom, ich will ihn doch einfach nur sehen oder wenigstens mit ihm sprechen.“ Bob spürte Tränen in seinen Augenwinkeln brennen. „Kannst du… kannst du nicht bei ihnen anrufen und fragen?“
Seine Mutter schüttelte den Kopf. „Nein, ich möchte ihr Bedürfnis nach Ruhe respektieren. Und heute wäre es sowieso schon zu spät.“
Bob wollte etwas erwidern, da ging die Eingangstür auf und sein Vater kam herein. Er hatte mal wieder lange in der Redaktion gearbeitet und lächelte seine Familie müde an.
„Hallo, ihr zwei“, sagte er und stellte seine Tasche ab. „Bob, ich habe gerade Peters Vater getroffen.“
„Was?? Und?!“
„Peter ist heute morgen nach hause gekommen. Es geht ihm soweit gut.“
„Na, siehst du“, sagt Bobs Mutter. „Du brauchst dir keine Sorgen mehr zu machen.“
Bob zitterte vor Aufregung.
„Ich… ich muss zu ihm. Mom, bitte, ich fahr schnell rüber, ja? Nur ganz kurz. Bitte!“
Zweifelnd sah seine Mutter ihn an. „Ich weiß nicht, Bob. Ich glaube nicht, dass Peters Eltern-„
„Bitte, Mom, bitte!!“
Bobs Vater legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Janet, lass ihn gehen. Ich glaube nicht, dass Henry mir das einfach nur so erzählt hat. Er weiß doch auch, wie die drei sind.“
Bobs Mutter lächelte. „Unzertrennlich.“
„Genau.“
„Also gut, Bob, aber wirklich nur kurz und-„
Aber Bob war schon zur Tür draußen. Er rannte zu seinem Auto, sprang hinein und fuhr so schnell es der gelbe Käfer ihm erlaubte zu Peters Haus. Fünf Minuten später war er da. Er hastete zur Eingangstür, klingelte und hielt vor lauter Anspannung die Luft an.
Da! Schritte hinter der Tür, ein Schlüssel drehte sich im Schloss, die Tür öffnete sich.
„Bitte, kann ich zu-!“
Peter! Er hatte selbst die Tür auf gemacht!
Für einen Moment stand die Zeit still.
Peter nach diesen drei Tagen Trennung lebendig und aufrecht vor sich zu sehen, nachdem er bewusstlos weggetragen worden war, war für Bob ein beinahe körperlicher Schock.
„Bob“, sagte Peter überrascht und seine Stimme holte Bob aus seiner Starre.
„Peter, oh Gott, Peter!“
Bob zog Peter in seine Arme, presste ihn an sich und fühlte wie ihm ein riesengroßer Stein vom Herzen fiel. Tränen der Erleichterung rannen ihm über die Wangen während er immer wieder Peters Namen in dessen Halsbeuge murmelte. Peter hielt ihn nicht weniger fest umschlungen, aber irgendwann gab er ein ersticktes Schnaufen von sich und machte sich sanft von Bob los.
„Sorry, ich bin da nur noch etwas-„
Bob erschrak. „Oh Gott, tut mir Leid! Hab ich dir weh getan? Hast du da-?“
„Ja, am Rücken. Von dem Zusammenstoß mit… na, du weißt…
„Ja… oh, Peter.“
Peter lächelte ihn an.
„Jetzt schau nicht so unglücklich. Mir geht’s gut. Nur noch ein bisschen blau und grün. Nächste Woche gehe ich wieder surfen.“
Bob durchlief ein Schauer. Er erinnerte sich nur zu gut an die rohe Gewalt die zu Peters „blau und grün“ geführt hatten. Wie Wilson ihn geschlagen und getreten hatte. Ihn-
„Bob?“
„Hm?“
„Geht es dir gut?“
„Geht es mir…?“
„Geht es dir gut? Du bist ganz blass.“
Bob starrte Peter ungläubig an. Das war doch nicht zu fassen!
„Mir! Ob es mir gut geht! Peter, du unmöglicher, wahnsinniger, lebensmüder, mutiger Idiot!! Ob es mir gut geht! Ich glaub‘, ich spi-„
Peter küsste ihn.
Bob warf seine Arme um Peters Hals und erwiderte den Kuss mit allem was er fühlte. Er ließ seinen ganzen Frust, seine Angst, seine Wut, seine Liebe in tausend Küssen auf Peter herabregnen. Er küsste ihn verzweifelt, ungehemmt und besitzergreifend.
Er küsste und küsste und küsste ihn.
Bis sich jemand räusperte.
Sie trennten sich widerstrebend voneinander. Hinter ihnen stand Peters Vater in der Tür. Bob fuhr sich durchs Haar und zog sein T-Shirt glatt.
„Guten Abend, Mr. Shaw.“
Peters Vater verschränkte die Arme vor der Brust und hob die Augenbrauen. Bob setzte sein gewinnendstes Lächeln auf.
„Schöne Grüße von meinem Vater soll ich ausrichten.“
Da konnte Henry Shaw nicht mehr ernst bleiben. Er rollte zwar mit den Augen, aber er lachte.
„Verabschiedet euch, Jungs.“
Peter sah seinen Vater bittend an. „Kann Bob nicht noch kurz mit rein?“
„Nein, Peter. Du bist heute erst aus dem Krankenhaus gekommen. Deine Mutter macht uns beiden die Hölle heiß, wenn sie das mitkriegt. Du sollst dich noch mindestens eine Woche lang schonen und ausreichend Schlaf gehört dazu.“
Peter schnaubte genervt. „Aber morgen gehe ich auf den Schrottplatz.“
„Peter…“
„Ich werde auch nichts machen, außer mit Just und Bob in der Zentrale zu sitzen. Ehrenwort!“
Henry Shaw seufzte ergeben. „Wenn du deine Mutter davon überzeugen kannst – von mir aus.“
Peter strahlte. „Danke, Dad.“
Sie verabschiedeten sich und noch bevor er ins Auto einstieg rief Bob bei Justus an. Der hob sofort ab.
„Bob?“
„Just, Peter ist zuhause! Er ist zwar noch ziemlich angeschlagen aber munter. Er kommt morgen in die Zentrale!“
„Oh, Gott sei dank!! Woher weißt du das?“
Bob erzählte ihm alles, während er nach Hause fuhr und fiel dann erschöpft, aber mit einem Lächeln im Gesicht ins Bett. Er fühlte sich unsagbar glücklich.
?---?---?
Der nächste Tag war ein Montag, weshalb Justus und Bob bis nach der Schule darauf warten mussten Peter zu treffen. Der war natürlich vom Unterricht entschuldigt. Bob hatte das Gefühl, dass sein Kopf sich ebenfalls vom Unterricht entschuldigt hatte, denn er konnte sich nicht eine Minute lang konzentrieren. Justus schien es ähnlich zu gehen, denn obwohl er nach vorn an die Tafel schaute, meldete er sich kein einziges Mal.
Nach Unterrichtsende flitzen sie beide zu ihren Rädern und fuhren im Eiltempo zum Jonas’schen Schrottplatz.
„Da steht Mr. Shaws Auto!“, rief Justus.
Und tatsächlich, Vater und Sohn standen im Eingangsbereich des Gebrauchtwarencenters und sprachen mit Tante Mathilda. Sie tätschelte Peters Schulter und sah ihn besorgt an. Justus und Bob eilten zu ihnen.
„…wie ihr nur immer in solche Schwierigkeiten kommt, wenn ihr nicht mal danach sucht“, sagte Tante Mathilda. Dann entdeckte sie Bob und ihren Neffen. „Ach, da seid ihr ja. Ihr werdet schon erwartet.“
„Hi“, sagte Bob.
Peters Vater antwortete gleichermaßen, aber Peter sagte nichts. Er lächelte Bob kurz an aber dann galt sein Blick Justus, der ihn stumm von oben bis unten musterte.
Mr. Shaw räusperte sich. „Ähm, also dann lassen wir euch mal allein. Peter, ich hole dich in zwei Stunden wieder ab.“
Peter nickte, schaute aber weiterhin nur Justus an. Justus erwiderte den Blick mit scheinbar unbewegter Miene, aber in seinen Augen tobte ein Sturm.
Bob guckte verwirrt zwischen seinen Freunden hin und her, doch bevor er etwas sagen konnte wandte Justus sich ab, schritt auf das kalte Tor zu und verschwand darin.
Peter ließ den Kopf hängen und vergrub seine Hände in den Hosentaschen.
„Was zum Teufelsgeiger war das denn?“, stieß Bob endlich hervor.
„Er ist sauer auf mich.“
„Was? Wieso?!“
Peter hob den Kopf und traf kurz Bobs Blick. Dann setzte er sich ebenfalls in Bewegung. „Komm.“
Grummelnd lief Bob ihm nach. Wieso wollte ihm keiner sagen, was los war?
Sie schlüpften durch den alten Kühlschrank und betraten dann die Zentrale. Justus erwartete sie bereits. Er saß in einem der bequemen Sessel und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Wieder sah er Peter mit finsterem Blick an.
„Du kompletter Idiot!“
Peter schien auf Justus‘ angriffslustige Stimmung vorbereitet zu sein, denn anstatt selber zu explodieren (wie es sonst seine Art war) setzte er sich auf die Schreibtischkante und schüttelte den Kopf.
„Wärst du lieber von Wilson mit dem Messer aufgeschlitzt worden?“
Justus' Hände verkrampften sich in dem Stoff der Armlehnen. „Wenn ich stattdessen nicht hilflos hätte mitansehen müssen wie du von einem Wahnsinnigen fast zu Tode geprügelt wirst – liebend gern!“
Peter lachte trocken auf. „Aber ich hätte zuschauen sollen wie er euch kaltblütig umbringt? Obwohl ich in der Lage war euch zu helfen? Vergiss es.“
„Du hättest auf Inspektor Cotta hören und dich viel unprovokativer verhalten sollen!“
Jetzt wurde Peter doch ungeduldig.
„Just, ich hatte keine Zeit mehr für einen ausgeklügelten Ablenkungsplan! Ihr hattet sein Messer schon fast am Hals!“
„Aber nur fast!“
Peter schlug wütend mit der Faust neben sich auf den Schreibtisch, dass es nur so schepperte.
„Was willst du eigentlich von mir Justus Jonas?!“
Das fragte sich Bob auch, der den Schlagabtausch zwischen den beiden sprachlos verfolgte. Justus brauchte meistens etwas länger um seine Gefühle zu offenbaren. Peter dagegen, trug sein Herz auf der Zunge.
„Ich will“, sagte Justus jetzt mit bebender Stimme, „dass du dich nie wieder derart kopflos in eine solche Lebensgefahr bringst.“
„Dann kannst du mich auch gleich aus der Detektei schmeißen!“
Ein eisiger Schreck durchfuhr Bob. Nein, niemals! Er schaute zu Justus, der ebenfalls blass geworden war.
„Das… würde ich niemals tun, Peter“, stieß Justus hervor.
Peter stand auf. Er hatte seine Hände immer noch zu Fäusten geballt.
„Dann verlang‘ nicht von mir, dass ich euch nicht beschütze – egal wie groß die Gefahr ist! Dass ich nicht alles gebe um bei euch zu sein, dass ich nicht jede Chance nutze einen Verbrecher dingfest zu machen. Verlang‘ das nicht von mir, denn das kann ich genauso wenig wie du.“
Bob vergaß beinahe zu atmen. Peter setzte nun wirklich alles auf eine Karte um Justus aus der Reserve zu locken. Der holte nun zitternd Luft.
„Aber jetzt schau dich doch mal an. Du hast immer noch blaue Flecken im Gesicht und am Hals! Wie dein Rücken aussieht-„
Er brach ab und schlug sich eine Hand vor den Mund. Eine einzelne Träne rann ihm über die Wange. Peter machte einen Schritt auf ihn zu.
„Just-„
Aber Justus strecke abwehrend eine Hand aus.
„Nein! Nein, nein! Wilson war dir doch hundert mal überlegen! Das war selbst als Ablenkungsmanöver viel zu riskant! Wie konntest du das nur tun, Peter?!“
„Weil ich euch liebe!!!“
Da brachen bei Justus alle Dämme und er sackte schluchzend auf dem Sessel zusammen. Peter war innerhalb einer Nanosekunde bei ihm und zog ihn hoch in seine Arme. Er hielt ihn so fest, dass Bob wusste, dass es ihm wehtun musste, aber er ließ sich nichts anmerken. Justus klammerte sich wie ein Ertrinkender an den zweiten Detektiv und verbarg sein Gesicht an dessen Schulter.
Bob ließ sich auf den Schreibtischstuhl fallen. Er ließ den beiden nur zu gerne die Zeit die sie brauchten um wieder zueinander zu finden. Für Justus und Peter war das aufgrund ihres unterschiedlichen Naturells oft ziemlich schwierig und Bob fühlte sich schon vom Zuschauen wie erschlagen.
Jetzt hob Justus den Kopf und blickte Peter unverwandt an. Der lächelte, hob die Hände an Justus‘ Wangen und wischte zärtlich die Tränen weg. Sie lehnten ihre Stirnen aneinander. Justus entließ Peter aus seiner Umklammerung und verschränkte stattdessen ihre Finger miteinander. Tief durchatmend schloss er die Augen. Für ein paar Augenblick blieben sie einfach so stehen.
Bob lächelte. Doch gerade als er die beiden ansprechen wollte hob Justus sein Kinn und presste seine Lippen auf Peters Mund. Er legte beide Hände an Peters Hals, schob sie in dessen Nacken und Haar und vertiefte den Kuss immer mehr. Peter legte seine Arme wieder um Justus‘ Mitte und ließ sich von Justus küssen wie es diesem gefiel.
‚Wie bei mir gestern Abend‘, dachte Bob. Auch da hatte Peter Bob komplett die Führung überlassen. Er wusste einfach genau was seine Freunde brauchten.
Noch während er Peter küsste streckte Justus eine Hand nach Bob aus. Der sprang sofort auf und war mit zwei Schritten bei seinen Freunden. Justus zog ihn in die Umarmung, ließ von Peter ab und küsste dafür Bob mit gleicher Intensität. Bob ließ sich einfach mitreißen. Er schloss die Augen und fühlte Justus‘ und Peters Hände an seinem Körper. Er ließ Justus den Kuss dominieren und gab sich ganz den Brührungen seiner Freunde hin. Es war ein berauschendes Gefühl.
Als sie sich schließlich atemlos von einander lösten, sah Justus ihn dermaßen liebevoll an, dass Bob weiche Knie bekam.
„Just…“
Justus fuhr ihm sanft über die Arme und hielt dann seine Hände fest.
„Weißt du, Bob, es war schon schlimm genug mitanzusehen wie Peter von Wilson verprügelt wurde, aber dich so um ihn weinen zu hören hat mir noch einmal mehr das Herz zerissen.“
„Oh, Just… es tut mir Leid, ich war wie von Sinnen.“
Justus schüttelte den Kopf. „Es braucht dir nicht leidtun. Ich… ich will nur, dass du, nein, dass ihr beide wisst wie sehr mich so etwas mitnimmt. Wie sehr ich euch liebe“
Der letzte Satz war nur noch geflüstert, aber Bob und Peter hatten ihn klar und deutlich gehört und danach gab es kein Halten mehr zwischen ihnen. Unter endlosen Küssen und Liebesschwüren sanken sie auf ein improvisiertes Lager aus Kissen und Decken auf den Boden der Zentrale. Es dauerte nicht lange bis sie sich all ihrer Kleidungsstücke entledigt hatten. Justus und Bob warfen einen Blick auf Peters Rücken und nickten einander dann zu. Lachend ließ Peter sich auf das weiche Nest drücken und dann von ihnen verwöhnen.
Abwechselnd küssten und streichelten sie ihn, berührten ihn an all seinen empfindlichen Stellen, bauten seine Lust immer weiter auf bis er keuchend und stöhnend nach Halt suchte. Bob griff nach seiner Hand und Justus nach seiner Erektion. Peters Hüfte bäumte sich dem ersten Detektiv entgegen, der ihn immer schneller pumpte.
"Aah, Just, oh Gott, ja... mach schneller...aah!"
Justus tat genau das und Bob's Erregung wuchs immer mehr als er zusah, wie Peter seinem Orgasmus entgegenraste. Ein paar Sekunden später warf der zweite Detektiv unter unhemmntem Stöhnen seinen Kopf in den Nacken und ergoss sich über Justus' Hand.
Völlig erschlagen - auf die beste Art und Weise - und selig lächelnd lag Peter schließlich zwischen ihnen.
"Wow, das war... unbeschreiblich."
Bob küsste seine Schulter.
„Du verdienst alle Unbeschreiblichkeiten der Welt.“
Peter und Justus lachten.
„Ihr aber auch“, sagte Peter und wollte sich aufrichten.
Aber Justus schüttelte den Kopf und zog ihn zurück aufs Kissen. „Beim nächsten Mal wieder,“ sagte der erste Detektiv und küsste Peter zärtlich auf die Lippen.
„Ich liebe dich“, wisperte Peter.
Justus küsste ihn nochmal. Bob bekam eine Gänsehaut. Die zwei schafften es auch jedes Mal wieder, ihn auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle zu schicken. Er lächelte und ließ sie ihren Moment auskosten. Dabei fiel sein Blick auf die Wanduhr.
„Ähm, Kollegen, wir hätten auch gar keine Zeit mehr für noch eine Runde. Peters Vater steht in zehn Minuten wieder auf dem Schrottplatz.“
Peter fuhr erschrocken hoch.
„Oh Mist! Wenn ich nicht pünktlich draußen bin lässt er mich morgen nicht mehr wiederkommen.“
In der Zentrale brach eine mittelschwere Hektik aus, als alle drei gleichzeitig versuchten ihre Klamotten wiederzufinden und anzuziehen ohne dabei über die Decken und Kissen zu stolpern. Sie brachten sich gegenseitig ihre Haare einigermaßen in Ordnung und kicherten ungehalten über die Knutschflecken an Peters Hals.
„Da hast du ganz Arbeit geleistet, Bob.“
„Das sind die einzigen Flecken, die du haben solltest.“
„Kommt jetzt, es sind nur noch drei Minuten!“
Sie hasteten nach draußen. Peters Vater kam gleichzeitig mit ihnen am Tor des Schrottplatzes an. Er nickte ihnen zu.
Peter lächelte seine Freunde an. „Bis morgen, dann.“
Justus küsste ihn zum Abschied. „Bis morgen.“
Bob küsste Peter auch. Ihre Lippen trafen warm und weich aufeinander.
„Falls ich es nicht bis morgen aushalte,“ murmelte Bob gegen Peters Mund, „komme ich heute Abend wieder vorbei um dich küssen.“
Peter lachte und seine grünen Augen blitzen lebendig in der Sonne.
„Dann bis später.“