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In dieser Weihnachtsnacht sind sie hier.
Ein Spuckefaden tropft aus Peters Mund auf den Bezug, als Mathilda vorsichtig den Kopf zu Justus' Zimmertür herein steckt. Nur knapp sabbert er an Bobs blonden Locken vorbei, die sich über das gesamte Kopfkissen ergießen. Beide haben die Augen geschlossen. Und obwohl sie sein Gesicht nicht sehen kann, weil er mit dem Rücken zu ihr liegt, ist Mathilda sich sicher, dass auch Justus tief und friedlich schläft. Die noch immer brennende Kerze auf dem Nachttisch wirft flackernd goldenes Licht über ihre ineinander verschlungenen Körper und lässt ihre flachen Schatten hoch über die Wand tanzen.
Für einen Moment bleibt Mathilda einfach dort in der Tür stehen und beobachtet ihre Schützlinge. Seit dem Beginn ihrer Studien und dem Umzug nach LA bekommt sie sie entschieden zu selten zu Gesicht.
Doch in dieser Weihnachtsnacht sind sie hier. In Rocky Beach. Auf dem Schrottplatz. Wo sie hingehören.
Mit einem Schmunzeln denkt Mathilda zurück an all die Male, die sie sich die Jungs auf den Mond gewünscht hatte, an all den Ärger, den sie ihr und sich eingebrockt, und den Schlamassel, den sie angerichtet hatten. Sie denkt an all die Male, die sie einen der drei mit mal mehr, mal weniger leichten Verletzungen aus dem Krankenhaus, oder mit einer mal mehr, mal weniger schwerwiegenden Anzeige vom Polizeirevier abholen musste.
Sie denkt an Inspektor Cotta, der beinahe regelmäßig an ihrer Haustür geklingelt hatte, um Justus nach der meist erfolgreichen Aufklärung eines viel zu gefährlichen Verbrechens mit mahnenden Worten wieder bei ihr abzuliefern, den sie irgendwann sogar zu Familien-Grillfeiern eingeladen hatte, der die Jungs so gut es ging beschützt, sich stets um sie gesorgt, und sie zurück zu ihr gebracht hatte.
Der Inspektor folgt ihren Einladungen noch immer, hat sich inzwischen gut mit Titus angefreundet.
Doch der Rest war einmal.
Jeder Tag war ein Abenteuer gewesen mit den drei Fragezeichen. Und irgendwie vermisst sie es.
Leise schleicht Mathilda zum Nachttisch und beugt sich über die Kerze, um sie auszupusten. In derselben Bewegung haucht sie erst Justus, und nach minimalem Zögern auch Peter und Bob je einen Kuss auf die Schläfe.
Ihre Jungs.
Lächelnd zieht die Bettdecke noch ein wenig höher. Sie hält kurz inne, als Justus daraufhin anfängt, sich zu bewegen. Mathilda befürchtet schon, sie habe ihn aufgeweckt. Doch er rutscht nur ein Stück näher an Bob heran, vergräbt die Nase in seinen Haaren und streckt die Hand nach Peter aus. Sie bekommt den Stoff seines Schlafanzugs zu fassen und krallt sich hinein.
In dieser Weihnachtsnacht sind sie hier. Schlafen wieder in Justus' viel zu kleinem Bett. Alle drei. So wie früher.
Und vielleicht, denkt Mathilda, ist sie nur ins Zimmer gekommen, um sich dem zu vergewissern. So wie früher.
Alte Gewohnheiten.
Lächelnd wirft sie einen letzten Blick auf das Bett hinab, bevor sie zurück zur Tür schreitet und diese leise hinter sich schließt.
Es ist sicher.
In dieser Weihnachtsnacht sind sie hier. Gesund und wohlauf. Geborgen und in Sicherheit. Nah bei ihr. Zuhause.
Dort, wo sie sie am liebsten hat.