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Das mit dem Baum

Summary:

Nach seinem großem Theaterdebut muss Bob sich einiges anhören. Aber am Ende kommt es dann doch zu großen Geständnissen.

Notes:

Hallo ihr Lieben, ich habe mich mal vom Abschlusslacher der "Knochenmann"-Folge inspirieren lassen und habe daraus einen kleinen One-Shot gemacht. Ich spoilere die Geschichte selbst sich nicht, aber wenn ihr den Abschlusslacher (der nichts mit dem Fall zu tun hat) nicht vorher wissen wollt, dann müsst ihr jetzt wegklicken.
Viel Spaß
eure Chris

(See the end of the work for more notes.)

Work Text:

„Ein Baum, Dritter. Ein Baum.“ Justus prustete. „Wie konntest du uns nur bis heute einen so essenziellen Teil deiner kommenden Performance vorenthalten?“

Peter kicherte.

Bob setzte sich auf die leere Rückbank von Peters MG und verdrehte die Augen. Peter fuhr los.

„Kollegen, ich weiß gar nicht, was daran so witzig sein soll. Ihr durftet heute Abend kostenlos ein Theaterstück sehen – ein gutes noch dazu. Ihr solltet aufhören, euch so schamlos darüber lustig zu machen. Seid dankbar.“ Bob seufzte.

Justus und Peter lachten noch immer.

„Ach komm schon, Bobbele. Wie du da standst in der Strumpfhose und die Blätter hin und her gewogen hast, war schon ein ungewöhnliches Bild.“ Peter suchte Bobs Blick im Rückspiegel und grinste ihn an. „Stand dir gut, die Strumpfhose.“

„Ha. Ha“, sagte Bob.

„Nein, nein, sie hat sehr deine Beine betont.“

„Aha.“

Ein kurzes Schweigen entstand.

„Wie fandet ihr das Stück denn sonst?“

„Ganz grundsätzlich fand ich das Stück kulturell hochwertig, gesellschaftskritisch und auch satirisch zielgenau“, erklärte Justus.

„Es war ein gutes Stück“, sagte Peter. „Tolle Kostüme, gute Schauspielerinnen und Schauspieler, da kann man nichts sagen. Aber mein Highlight war trotzdem dein Auftritt als Baum. Der Ausdruck, die Eleganz, die Theatralik.“

„Ganz zu schweigen von der rhythmischen Passgenauigkeit“, fügte Justus hinzu.

„Ja genau, die rhythmische Passgenauigkeit. Die darf nicht unerwähnt bleiben.“ Peter schien selbst lachen zu müssen, über seinen eigenen ironischen Unterton.

Wieder verdrehte Bob die Augen. „Ihr werdet mich das nie vergessen lassen, oder?“

„Nope“, riefen Peter und Justus von vorne.

„Großartig…“, grummelte Bob.

Wieder kurze Stille.

„Wurde dir vorgeschrieben, wie du die Blätter zu wiegen hast, oder war das Teil deiner künstlerischen Freiheit?“, fing Peter schließlich wieder grinsend an.

Hätte Peter nicht am Steuer gesessen, hätte Bob ihn gerne mit etwas beworfen. Oder ihm an den Hinterkopf gehauen.

„Und durftest du die Strumpfhose behalten?“, wollte Justus feixend wissen. „Ich könnte mir vorstellen, dass der nächste Typ, der dich datet, großen Gefallen an dem Outfit haben könnte.

Bob vergrub sein Gesicht in seinen Händen.

„Ich denke, das Theater möchte die Strumpfhose bestimmt behalten“, mutmaßte Peter. „Die wird jetzt eingerahmt und im Theater ins Foyer gehängt, mit einer Plakette, auf der steht: Diese Strumpfhose wurde getragen von Robert Andrews, Recherchen und Archiv der Drei Fragezeichen aus Rocky Beach.“

„Jungschauspieler Robert Andrews in seiner Debutrolle als Baum im Wind“, ergänzte Justus.

Bob machte einen frustrierten Laut. „Seid ihr langsam mal fertig?“

„Naja, wir sind jetzt am Gebrauchtwarencenter, damit bist du wenigstens einen von uns los.“

Peter hielt den Wagen und Justus stieg aus. „Ach so, Dritter, bevor ich es vergesse: Ich habe natürlich Fotos von deinem großen Auftritt gemacht, die wir in der Zentrale aufhängen können. Soll ich sie dir schicken?“

„Du kannst mich mal, Just.“

Justus grinste noch einmal breit und schlug die Tür zu.

Jetzt waren sie allein, Peter und er.

„Willst du nach vorne kommen?“, fragte Peter.

„Nur wenn du mich nicht mehr mit meinem Kostüm aufziehst“, antwortete Bob.

„Versprochen!“, sagte Peter und hielt ihm seinen kleinen Finger hin. Bob verschränkte seinen kleinen Finger mit Peters. Dann kletterte er zwischen den Vordersitzen nach vorne und faltete sich in den Beifahrersitz.

Sie schwiegen kurz, während Peter den Wagen auf die Straße lenkte. Wahrscheinlich war er damit beschäftigt, sich noch weitere Sprüche zu verkneifen. „War es wirklich so schlimm?“

„Nein, natürlich nicht.“ Er legte seine rechte Hand auf Bobs Oberschenkel ab. Wärme breitete sich auf Bobs Bein aus. Bob schaute herunter auf die Hand. Ein bisschen befangen zog Peter sie wieder zu sich, als hätte er auf eine Herdplatte gefasst. Ein eigenartiger Moment.

Nach einer kleinen Pause sprach Peter weiter. „Naja, es ist nur so… Es ist schön, dich mal in einem ein bisschen weniger perfekten Licht zu sehen. Sonst bist du halt immer Bob. Bob, der immer so cool und selbstbewusst ist. Bob mit dem perfekten Style, Bob mit den perfekt sitzenden Haaren, Schwarm aller Mädchen…“

„An denen ich ja so interessiert bin…“ Bob verdrehte wieder die Augen.

Peter ließ kurz seinen Blick zu ihm schweifen, dann guckte er wieder auf die Straße. „Nur weil du dich geoutet hast, heißt das nicht, dass dich nicht immer noch alle Mädchen anhimmeln – nur kommen jetzt noch ein paar Jungs dazu.“

Bob lachte. „Das ist ja wohl nicht wahr.“

„Natürlich ist es das“, lachte Peter. „Ich verstehe eh nicht, warum du noch keinen Freund hast. Du könntest quasi jeden haben.“

Bob schaute aus dem Fenster und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, was für einen wunden Punkt Peter da getroffen hatte.

Es war eine Weile still.

„Ich mag halt immer die Falschen“, sagte er schließlich leise.

Das war eigentlich Quatsch. Es gab keine ‚die Falschen‘, es gab nur ‚den Falschen‘. Es gab nur Peter. Eigentlich wollte er nur Peter. Aber das ging eben nicht. Peter wollte ihn nicht. Peter würde ihn nie wollen.

„Das Problem kenne ich“, gab Peter nach einer weiteren kurzen Stille zu.

Bob schaute wieder Peter an, der jetzt ein bisschen rot wirkte und sich etwas zu verkrampft am Lenkrad festhielt. Es war ziemlich schlecht zu erkennen in der Dunkelheit der Nacht, die nur durch ein paar Straßenlaternen erhellt wurde, aber Bob war sich sicher, dass Peter ein bisschen unsicher wirkte.

„Ach so?“

„Am schlimmsten ist es, wenn man mit der Person auch noch viel Zeit verbringt und man jeden Tag daran erinnert wird, was man nicht haben kann“, sagte Peter, der nun den Wagen in Bobs Straße lenkte, vor seinem Haus stehenblieb und den Motor ausschaltete. Es war jetzt ganz still im Auto.

Bob überlegte und runzelte die Stirn. „Bist du immer noch in Kelly verliebt?“, hakte er vorsichtig nach. „Vielleicht war es doch nicht so die beste Idee, weiterhin befreundet zu bleiben.“

Peter seufzte. „Ach Quatsch.“

„Naja, wenn es dich so sehr quält? Vielleicht brauchst du ein bisschen Abstand–“

„Bob!“

Bob schloss den Mund, stockte kurz, setzte wieder an. „Sorry, ich wollte dir nicht vorschreiben, mit wem du befreundet zu sein hast. Das war dumm.“

Peter war kurz still.

„Es ist nicht Kelly.“

„Was?“

„Ich bin nicht in Kelly verliebt. Schon sehr lange nicht mehr.“

„Okay.“

Bob wusste nicht so ganz, was er sagen sollte. Er wusste auch nicht, mit welchen Mädchen Peter sonst Zeit verbrachte. Vielleicht eine von Kellys Freundinnen? Aber an sich konnte es ihm ja egal sein. Egal, wer es war, es würde eh alles genau gleich viel wehtun. Vielleicht sollte er einfach nicht weiter nachhaken. Aber wenn er jetzt darauf einging, dass er es auch gut kannte, in jemanden verliebt zu sein, mit dem er eindeutig zu viel Zeit verbrachte, dann würde er vielleicht nachher noch die Karten auf den Tisch legen müssen. Das war also auch keine Option. „Mir fallen irgendwie nicht so viele Mädchen ein, mit denen du viel Zeit verbringst, die es stattdessen sein könnten“, sagte er deshalb leise. Je weniger sie über ihn redeten, desto besser.

Peter presste die Lippen zusammen und schaute Bob an. Er legte den Kopf schief. „Bob.“ Und irgendwie war da etwas in seinem Blick. Etwas, was schwer zu entziffern war.

Bob schaute seinen besten Freund eindringlich an. Und dann verstand er es.

„Kein Mädchen?“ Er flüsterte fast.

„Kein Mädchen.“

Bob wurde heiß. Deshalb war Peter so nervös. Er war gerade dabei, sich zu outen. Okay. Bob erinnerte sich daran, wie schwierig er das vor ein paar Monaten gefunden hatte. Es saß ihm immer noch in den Knochen. Instinktiv legte er eine Hand auf Peters Oberschenkel ab, um ihm Sicherheit zu geben. Ihm zu signalisieren, dass es okay ist. Dass er für ihn da war.

„Bin ich der erste, dem du das sagst?“

„Jeffrey weiß es.“

„Hm.“

Jeffrey. Das ergab auf jeden Fall Sinn. Mit Jeffrey verbrachte Peter viel Zeit. Und Jeffrey war schwul. Bob schluckte. „Und du bist unglücklich in Jeffrey verliebt?“

Peter warf den Kopf nach hinten und lachte. Es war kein richtiges Lachen, sondern kam ganz gequält heraus. So wie jemand lachte, der verzweifelt war.

Bob versuchte, Peter so liebevoll wie möglich anzusehen. Das letzte, was Peter jetzt brauchte, war seine Eifersucht, er musste sich zusammenreißen. Er schnallte sich ab und drehte sich seitlich im Sitz, sodass er Peter zugewandt war. „Willst du drüber sprechen?“

Peter lehnte seinen Kopf an seiner Kopflehne an, schaute durch die Windschutzscheibe in die Nacht und seufzte. Dann schnallte er sich auch los und drehte sich in Bobs Richtung. Er schaute ihn so tief an, dass Bob das Gefühl bekam, Peter starrte durch seine Pupillen direkt in sein Innerstes. So als würde er etwas suchen, das er aber nicht fand.

„Bob, ich bin auch nicht in Jeffrey verliebt.“

Bob schluckte. Er versuchte, den Funken Hoffnung herunterzudrücken, den der Satz in seinem Bauch weckte. „Okay…“, sagte er mit belegter Stimme.

Peter schaute ihn immer noch so eindringlich an und seine Augen begannen, ein bisschen zu glitzern. Er schien mit den Tränen zu kämpfen.

„Ich bin in dich verliebt, Bob. Ich liebe dich.“

Bob starrte Peter an. Ihm stand der Mund offen. Er schloss ihn. Sein Kopf war im Kurzschlussmodus. Irgendwas war da falsch verknüpft. Er konnte überhaupt nicht reagieren.

Peter atmete scharf durch die Nase ein. Dann stammelte er weiter: „Und ich weiß, dass ich keine Chance bei dir habe, das ist mir klar. Ich hab auch wahnsinnige Angst, unsere Freundschaft damit kaputtzumachen, dass ich dir das jetzt sage, aber ich weiß nicht, wie viel länger ich das noch für mich hätte behalten können, ich musste das einfach mal aussprechen, damit ich das nicht mehr in mich reinfresse und–“

Während Peter redete, kamen die Informationen endlich in Bobs Hirn an. Und dann stammelte Peter weiter vor sich hin und Bob wusste gar nicht, wie er ihn aufhalten sollte, weil das hier ging gerade in die völlig falsche Richtung.

„Peter!“, versuchte er ihn zu unterbrechen.

„–ich kann verstehen, wenn du jetzt erstmal Abstand willst, oder so, ach keine Ahnung, aber naja, jetzt weißt du wenigstens, wie ich mich fühle, aber ich kann dir versprechen, dass mir die Freundschaft mit dir–“

„PETE!“

Peter hörte auf zu reden.

Bob griff nach Peters Händen. Hielt sie fest. Strich mit seinem Daumen über seine Finger. Dann musste er grinsen. „Weißt du noch, wie diese Konversation angefangen hat?“

Peter starrte Bob an. Eine Träne lief ihm die Wange herunter. Er weinte, aber er sah immer noch so unglaublich schön aus.

„Wir haben über dich als Baum geredet?“, sagte er leise und wirkte dabei sehr verwirrt.

Bob lachte. „Ja, das auch. Aber du hast auch gesagt, du wunderst dich, dass ich keinen Freund habe.“

Peter zuckte mit den Schultern. „Ja, ich mag dich halt. Wie du jetzt weißt.“ Beschämt schaute er nach unten in seinen Schoß.

Bob legte seine Hand an Peters Wange. „Hey, Pete, schau mich an.“ Unsicher schaute dieser wieder auf. Mit fester Stimme fuhr Bob fort. „Der Grund, dass ich keinen Freund habe, ist, dass ich die ganze Zeit Gefühle für meinen besten Freund hatte und dachte, ich hätte eh keine Chance bei ihm.“

Bob betrachtete Peters Gesicht, während dieser die Informationen verarbeitete. Sein Gesichtsausruck startete bei Verwirrung, ging dann über zu einem Moment des Verstehens und schließlich fiel ihm die Kinnlade etwas herunter und ein vorsichtiges Grinsen machte sich breit.

„Du meinst mich“, flüsterte Peter.

Bob lachte. „Natürlich meine ich dich. Wen soll ich denn sonst meinen?“

Peter wischte sich die Augen mit dem Handrücken ab und lachte auch. „Keine Ahnung… Just? Sax Sandler?“

Bob verdrehte die Augen. Dann sah er Peter wieder an. „Natürlich meine ich dich“, wiederholte er, jetzt wieder fast flüsternd. „Ich liebe dich so sehr.“

Es fühlte sich unglaublich zerbrechlich und verwundbar an, das so auszusprechen. Aber es war die Wahrheit. Und jetzt hier, wo sie hier saßen, in der Stille der Nacht, musste sie ausgesprochen werden. Es ging nicht anders.

„Wow“, flüsterte Peter.

Bob zuckte mit den Schultern. „Das trage ich auch schon eine ganze Weile mit mir herum.“

„Wie lange?“

„Keine Ahnung. Lang.“

„Hm.“

Wieder entstand eine kurze Stille. Sie saßen einfach da, seitlich in ihren Autositzen, lächelten sich an und hielten sich noch immer unsicher an den Händen.

„Ich weiß, ich bin ein bisschen verheult, aber ich würde dich echt gern küssen.“

Bob grinste. „Ich halte dich nicht auf.“

Wer letztlich wen küsste, war wirklich nicht mehr auseinander zu halten. Sie trafen sich in der Mitte, über der Konsole. Erst ganz zaghaft, dann etwas mutiger. Bobs ganzer Körper füllte sich mit Glücksgefühlen. Überall kribbelte es. Vorsichtig tastete Bob sich mit einer Hand zu Peters Hinterkopf vor, mit der anderen an Peters Seite. Sanft strich er ihm am Shirt entlang, versuchte, ihn näher an sich zu ziehen. Die Position im Auto machte das schwierig. Aber es war Alles. Peters Haut auf seiner zu spüren. Der leichte Druck seiner Lippen. Sein Geruch.

Sie lösten sich und grinsten sich an, Stirn an Stirn.

„Wow“, sagte Bob.

Peter schürzte die Lippen. Dann küsste er ihm auf die Wange. „Ich kann gar nicht aufhören.“

Bob grinste verschmitzt. „Willst du noch mit reinkommen? Ich will mich noch nicht verabschieden. Ich will noch mehr mit dir reden. Und dich vielleicht auch noch öfter küssen.“

Peter nickte leicht. „Ich will auch noch nicht gehen“, flüsterte er.

Schweigend stiegen sie aus. Peter verriegelte das Auto und nahm Bobs Hand auf dem Weg zur Tür.

„Und? Wie fühlt man sich so als Freund von dem berühmten Jungschauspieler Robert Andrews mit seiner Debutrolle als Baum im Wind?“ Bob strahlte Peter an.

Peter strahlte zurück. „So stolz!“ Er zog Bob zu sich heran und küsste ihm auf die Schläfe.

Bob schloss die Tür auf und wunderte sich, wie aus einem Abend in Strumpfhosen und Zweigen der beste Abend seines Lebens geworden war.

Notes:

Lasst mir gerne Kommentare da :)