Chapter Text
"Schläfst du heute bei mir?"
Schon nachdem das letzte Wort seine Lippen verlassen hatte, bereute Bob was er gesagt hatte. Jetzt hatte er eine Grenze überschritten - das spürte er ganz deutlich. Erst klammerte er sich wie ein Idiot an Peters Hand, welche er auch noch verletzt hatte, und jetzt das? Peter würde endgültig denken, dass er den Verstand verloren hatte. Bob spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoß, und senkte den Blick auf ihre immer noch verschränkten Hände.
"Du meinst, in deinem Bett?", hörte er Peter fragen. Bob schaute auf und zwang sich, Peter anzusehen. Sein Blick war genauso weich wie noch vorhin und Bob bildete sich ein, einen Funken von Hoffnung in dessen Stimme gehört zu haben. Aber das war nur Einbildung. Nicht echt. Er hatte mal wieder von sich auf andere geschlossen. Bob presste die Lippen zusammen, sein Blick wanderte wieder auf ihre Hände. Zaghaft nickte er und Bob fühlte sich auf einmal so unsagbar klein. Wie ein Kind, dass ohne Mama und Papa nicht schlafen konnte. Nur dass Peter natürlich kein Elternteil von ihm war. Das wäre ja ziemlich merkwürdig, schließlich dachte Bob die Hälfte seiner Zeit daran, wie sich Peters Lippen wohl-
"Ja klar, natürlich! Dann aber jetzt, ich bin nämlich ziemlich müde.", riss ihn die Stimme des zweiten Detektivs aus seinen Gedanken. Überrascht schaute Bob wieder auf und beim Anblick von Peters strahlendem Gesicht wurde ihm ganz warm ums Herz. Jetzt musste auch er ein wenig lächeln und nickte zustimmend - auch er fühlte sich auf einmal wie lebendig begraben. Und er muss es ja wissen.
Und so kam es, dass Bob und Peter sich zum wiederholten Male ein Bett teilten - schon das zweite Mal in nur wenigen Tagen. Nur dass dieses Bett fast noch schmaler war als das alte Klappergestell in dem Motel, in dem sie gestern übernachten mussten. Egal wie Bob sich auch drehte und wendete, irgendwie berührte eines seiner Beine oder Arme immer die von Peter.
"Kannst du nicht schlafen?", fragte Peter leise in die Dunkelheit hinein, nachdem Bob sich zum wiederholten Male im Bett herumgewälzt hatte und diesmal auf dem Rücken landete.
"Nicht wirklich.", antwortete Bob, ohne dabei seinen Kopf such nur einen Stück in Peters Richtung zu bewegen. Zwar war es in Bobs Schlafzimmer stockduster, trotzdem wollte er nicht riskieren, dass Peter vielleicht doch bemerkte, wie rot er in seiner Nähe wurde. Er zog die Arme noch enger an seinen Körper, um keine Berührungen mehr zu riskieren. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen, Peter bei sich schlafen zu lassen... wie sollte Bob jetzt auch nur ein Auge zukriegen?
"Albträume?", fragte Peter nun. Bob schüttelte den Kopf, und obwohl es dunkel war, verstand Peter. Dieser drehte sich nun auf die linke Seite und wandte sich somit Bob zu. "Und was dann?"
Bobs Herz schlug mindestens doppelt so hoch als normal. Außerdem war ihm auf einmal so heiß. War es heiß hier drin?
"Bob?"
"Mhm?" Mehr als das bekam Bob in diesem Moment nicht heraus, zu sehr stand sein Körper unter Spannung.
Er hörte Peter seufzen.
"Komm schon her." Mit diesen Worten hob Peter die eigene Decke an und öffnete seine Arme und Bob glaubte, zu träumen. Verstand er das gerade richtig? Wollte Peter gerade ernsthaft mit ihm kuscheln? Oh Gott. Wie sollte er darauf reagieren, ohne es komisch wirken zu lassen? Er durfte nicht zu aufgeregt sein, nicht zu ablehnend, aber auch nicht zu lange warten mit seiner Antwort, sonst zieht er das Angebot vielleicht wieder zurück und dann kommt so eine Möglichkeit vielleicht nie wieder und dann-
"Mein Gott, Bob. Alles muss man selbst machen."
Bob spürte auf einmal, wie ihm seine eigene Decke weggezogen wurde und mit einem leiden Geräusch auf dem Boden landete. Bevor er begreifen konnte, was genau hier gerade passierte, fühlte er zwei starke Hände an seinen Schultern, die ihn vorsichtig in Peters Richtung zogen. Bobs Kopf hatte noch gar nicht realisiert, was genau hier gerade passiert war, da lag er auch schon in Peters Armen, unter Peters Decke, mit dem Kopf sanft an Peters Brust gedrückt.
"So besser?"
Bob spürte, wie Peters Oberkörper leicht vibrierte, als er sprach. Komischerweise war er auf einmal gar nicht mehr angespannt - und seine Gedanken fuhren wider erwarten keine Achterbahn. Obwohl er eben noch fast durchgedreht war, wenn sein Knie versehentlich Peters Bein streifte, war sein Kopf nun merkwürdig ruhig. Alles, was er spürte, war Peters leiser Herzschlag und sein eigener, welcher sich langsam wieder im Normalbereich einpendelte. Er spürte förmlich, wie sich seine Muskeln nach und nach in Peters Armen entspannten. Seine große Sorge, dass Peter irgendetwas von seinen Gefühlen für ihn merken könnte, schien auf einmal so ewig weit weg. Der Geruch von Peters Shirt, das sanfte Streichen von Peters Händen über seinen Rücken und dessen der warme Atem, den Bob an seinem Kopf spürte, war genug um seine Sinne komplett einzunehmen. Als würde er symbiotisch in Peter übergehen. Gedankenkarussell aus. Keine Sorgen mehr.
Hier bin ich sicher.
***
Am liebsten wäre Peter gar nicht mehr aufgestanden. Hier so zu liegen, irgendwo am Rande der Zivilisation, mit Bob friedlich schlafend in seinen Armen, war einfach nur wunderschön. Warum musste das Leben auch weitergehen? Warum konnte er nicht einfach liegen bleiben? Warum muss ausgerechnet jetzt jemand versuchen, einzubrechen?
Rumms. Da war es wieder. Das Zuschlagen einer Tür in der Küche. Das Geräusch, das ihn auch aus seinen Träumen gerissen hatte. Bestimmt durchsuchte der Einbrecher gerade die Küchenschränke nach Geld. Oder Diamanten. Oder Frühstück. Wenn man schon einbrach, könnte man wenigstens Frühstück machen.
Peter seufzte leise auf. Er war mehr genervt als ängstlich, aber das lag vielleicht auch an seiner Müdigkeit. Widerwillig löste er sich so vorsichtig er konnte von Bob und zog die Bettdecke bis über sein Kinn. Das Verlangen, einfach wieder zu ihm ins Bett zu springen, war riesig. Aber das Verlangen, nicht von einem Einbrecher erschlagen zu werden, war leider etwas größer. Deswegen atmete Peter jetzt tief durch und schlich sich auf leisen Sohlen Richtung Küche. Als er aus dem Schlafzimmer raus war, schloss er noch lautlos die Tür hinter sich - er wollte nicht, dass Bob von irgendwelchen ominösen Geräuschen geweckt wurde. Nicht jetzt, wo er endlich mal wieder durchgeschlafen hatte.
Durch die Fenster in der Küche schien Licht in die Diele hinein und Peter sah die Staubkörner im hineinfallenden Licht tanzen. Immer einen Fuß vor den anderen setzend tapste er Richtung Küche, bedacht darauf, auf keine der quietschenden Dielenbretter zu treten. Er hatte es fast zur Küche geschafft, da passierte es - ein Schatten trat aus der Tür heraus, bewaffnet mit einer Bratpfanne!
Bevor Peter auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte, hob er die Faust und wollte gerade zum Schlag ausholen, da-
"Guten Morgen, Zweiter. Ich musste mich leider selbst reinlassen, ihr habt wohl noch geschlafen. Den Zweitschlüssel solltest du unbedingt woanders verstecken, wenn du in Zukunft unbemerkte Einstiege wie meinen vermeiden willst."
"Justus?!", entfuhr es Peter entgeistert. Reflexartig ließ er die Faust sinken und trat aus dem beißenden Lichtstrahl hinein in den Schatten, um Justus besser sehen zu können. Dieser stand mit einem selbstzufriedenen Lächeln im Gesicht im Türrahmen zur Küche - aus der es bereits verdächtig nach Kaffee duftete. "Hast du etwa Frühstück gemacht?"
Justus runzelte die Stirn. "Ist das wirklich das einzige, was du von mir wissen möchtest?", hakte er nach. Peter zog die Augenbrauen hoch. Keine zwei Minuten Gespräch und schon fing Justus mit seinen Rätselfragen an... Dieser sah Peter die Verwirrung wohl an und hatte Erbarmen.
"Nun gut. Ich hatte erwartet, dich würde interessieren wie ich meine Anreisezeit von 17 Stunden auf gerade mal acht Stunden reduzieren konnte. Oder auch, wie ich dieses Juwel in der Wüste gefunden habe. Oder vielleicht auch, was der Anlass meines-"
"Justus! Was machst du hier?"
Peter fuhr herum. Hinter seinem Rücken hatte sich Bob aus dem Schlafzimmer geschlichen, welcher nun ebenfalls ziemlich entgeistert den ersten Detektiv anstarrte.
"Dir auch einen guten Morgen, Bob. Sag mal, freut sich hier keiner, mich zu sehen?"
Bob rieb sich über die Augen, als könnte er seinen Augen nicht trauen, schließlich hatte er von Peters Telefonat gestern Nacht nichts mitbekommen. Somit war Justus' Auftauchen eine ziemliche Überraschung - was allerdings auch für Peter galt, denn der hatte die am Telefon bekannt gemachten Absochten ihres Anführers längst vergessen. Dafür hatte Bob gestern Abend einfach zu viel Platz in seinem Kopf eingenommen. Bob... wie er in seinen Armen auf einmal so entspannt war... wie wunderbar vertraut er gerochen hatte. Und wie perfekt sein Bob in die Kuhle zwischen Peters Arm und Schulterblatt passte. Peter konnte sich selbst nicht erklären, woher er gestern Nacht den Mut genommen hatte, um Bob einfach so in die Arme zu schließen - aber es war geschehen und (Halleluja!) gut ausgegangen. Könnte es doch nur jeden Abend so sein...
"Zweiter, hörst du mir überhaupt zu?", riss ihn die hörbar genervte Stimme des ersten Detektivs aus den Gedanken. Peter schüttelte den Kopf, um die Gedanken an Bob zu vertreiben. Jedenfalls für jetzt. Zu groß war die Angst, Justus könnte heimlich seine Gedanken lesen...
"Man man man... ich hatte gerade Bob davon berichtet, dass ich gestern ein schlechtes Gefühl hatte und mich dann spontan in eine Maschine nach Clovis gesetzt habe. Von da aus bin ich dann per Anhalter hergefahren, für's Taxi haben meine finanziellen Mittel nach dem Flugticket nicht mehr gereicht..."
Peter nickte abwesend. Er hatte nur zur Hälfte zugehört und eigentlich war ihm auch schon klar gewesen, dass Justus hergeflogen statt -gefahren sein musste, um so früh hier anzukommen. Was wirklich interessant war, war, dass Justus vor Bob den wahren Grund für sein Auftauchen verschwieg - nämlich Peters verzweifelter Anruf nach seinem Ausbruch gestern. Peter und Justus guckten sich kurz an und tauschten einen vielsagenden Blick. "Danke", sagte Peters. "Darüber reden wir noch", sagte Justus'.
Bob schien das alles genauso wenig zu interessieren wie Peter. Schulterzuckend war eben neben Peter getreten und meldete sich nun meckernd auch zu Wort.
"Jaja, was auch immer. Schön, dass du auch hier bist, Erster. Aber können wir jetzt bitte was essen? Ich glaube, ich sterbe gleich!"