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Das Tigerauge

Chapter 36: Kapitel 36: Der Abschlusslacher

Summary:

Ein paar süße Dinge zum Abschluss

Notes:

Ahhh Hilfe, das ist jetzt echt das letzte Kapitel, ich heule 😭

Es tut mir echt so leid, dass das letzte Kapitel so wahnsinnig lang gedauert hat... Ich hatte den Stress meines Lebens, es war ganz schlimm. Habe meine Abschlussarbeit abgegeben, hatte eine sehr große Prüfung und bei mir auf der Arbeit ist ein viel zu junger Mensch gestorben, es war alles ganz furchtbar 😖

Ich will mich auf jeden Fall ganz ganz doll bei euch allen bedanken, dass ihr so sehr mitgefiebert habt und mir immer so wahnsinnig tolle Kommentare hinterlassen habt. Ohne euch wäre diese Geschichte vielleicht irgendwann im Sande verlaufen... Es hat mich echt sehr gepusht zu wissen, dass so viele Menschen so investiert in diese Story sind! Ich hätte im Leben nicht damit gerechnet, dass meine erste deutsche Geschichte hier auf der Plattform gleich so viel Zulauf bekommt, das bedeutet mir mega viel!!! Und vor allem ist das Tigerauge ja jetzt schon fast ein Jahr alt. Dass ihr so lange bei der Stange geblieben seid...? Ist irgendwie ne krasse Vorstellung für mich. Ich schicke euch ganz viel Liebe 🫶🏻🫶🏻🫶🏻

Dickes Shoutout auch an die cuten Tiktok-Leute, die sich in den Kommentaren über meine FFs unterhalten? Als ich das gesehen habe, habe ich fast geweint, ich hab das gar nicht verdient. (man muss dazu sagen, es war auch am Tag vor meiner Abgabe der Abschlussarbeit, als ich das gesehen habe, da hätte mich evtl viel zum Weinen bringen können, aber trotzdem: Ihr seid die süßesten und mich hat das sehr geflasht, dass Leute hinter meinem Rücken schöne Dinge über mich und meine Geschichten sagen 😭

So und jetzt höre ich auf zu labern und wünsche euch viel Spaß mit dem Kapitel. Es ist mal wieder korrekturgelesen von @Milopoli (Für Milopolis Geschichten kann ich auch nur Werbung machen, würde ich sehr empfehlen)

Hab euch lieb und bis bald.
Eure Chris

(See the end of the chapter for more notes.)

Chapter Text

Als Bob am Freitagnachmittag von seiner Vorlesung zurückkehrte und sein Wohnheimszimmer betrat, roch es nach Kirschkuchen. Er sog den Geruch ein und lächelte. Justus stand an der Küchenzeile und war gerade dabei, den Kuchen fachmännisch aus seiner Form zu befreien. 

Bob nahm seinen Rucksack ab und stellte ihn vor der Küchentheke ab.

„Nicht schlecht, Chef. Sag bloß, du hast deiner zukünftigen Schwiegermutter einen Kuchen gebacken?“

Justus verdrehte die Augen. „Irrtum, Dritter! Ich habe der Kronzeugin unseres Falls einen Kuchen gebacken. Schließlich hätten wir ihn ohne sie nie gelöst.“

„Wenn du das sagst, Erster…“ Bob verzog belustigt das Gesicht und betrachtete ihn. „Und für die Kronzeugin unseres Falls hast du dir auch ein Hemd angezogen?“

„Nein, das hat er angezogen, weil ich gesagt habe, dass er es anziehen soll“, rief Trevor aus dem Sessel, der ihnen mit dem Rücken zugewandt war. Bob hatte gar nicht gesehen, dass er hier saß. „Es steht ihm nämlich sehr gut. Ich nehme zu dieser Zeit keine Kritik entgegen, vielen Dank.“ Trevors Gesicht tauchte über der Sessellehne auf. Offenbar hatte er sich jetzt im Sessel umgedreht und sich auf die Sitzfläche gekniet. Er stützte seine Ellenbogen auf der Lehne ab und drapierte sein Gesicht kunstvoll auf seinen Händen.

Bob grinste Trevor an. „Ich hatte nicht vor, es zu kritisieren. Es sieht tatsächlich sehr gut aus. Hast du gut gemacht.“

„Siehst du?“, sagte Trevor stolz und machte eine Handgeste in Justus‘ Richtung. Justus lief ein wenig rot an und sah auf den Boden.

Bob betrachtete Trevor. „Wie war denn dein Treffen gestern Abend?“

„Ganz gut, denke ich. Er ist nett.“ Trevor zuckte mit den Schultern. „Wir haben uns ja gerade erst kennengelernt. Er hat vor allem viele interessierte Fragen gestellt. Was ich so mache und oberflächliche Dinge, die man halt so fragt, wenn man als lang verschollener Vater nicht mit der Tür ins Haus fallen will.“ Er betrachtete seine Fingernägel.

„Das klingt doch nach ‘nem guten Anfang.“

„Ja, ich denke auch. Wir treffen uns nächste Woche nochmal. Er zeigt Justus und mir das Druckereimuseum.“

Bob lachte.

„Ja, er hat mich eingeladen“, erklärte Trevor und hob herausfordernd die Augenbrauen, „und dann habe ich gesagt, dass mein, ähm… Mitbewohner, den er ja kennt, da sicher auch großes Interesse dran haben würde, und jetzt kriegen wir beide eine Führung.“ Er grinste triumphal.

„Ihr beide seid solche Nerds.“ Am liebsten hätte Bob noch hinzugefügt, dass das sicher ein toller Ort für ein Nerddate wäre, aber er verkniff es sich.

„Sagt der Mann, der eine alte Schreibmaschine auf seinem Regal stehen hat, für die Vibes“, neckte ihn Trevor.

„Das ist nicht nerdig, das ist retro“, erklärte Bob. 

Justus lachte. „Red dir das ruhig ein, Dritter.“

„Naja, anyways“, sagte Trevor und erhob sich katzenartig aus dem Sessel, „wo ist denn dein Boy? Wollen wir nicht langsam mal los?“

Bob zuckte mit den Schultern. „Ich gucke mal.“ Er hob seinen Rucksack wieder auf und schlenderte damit zu seiner Zimmertür.

Peter saß am Schreibtisch und grinste Bob über die Schulter zu. „Hey!“

Bob zog die Tür hinter sich zu. „Hey“, erwiderte er und grinste auch. Er stellte sich hinter ihn, beugte sich herunter und küsste ihn. Eigentlich hatte er ihm nur einen kurzen Begrüßungskuss geben wollen, aber Peter legte eine Hand in seinen Nacken und vertiefte den Kuss. Bob grinste und ließ es zu.

„Hab‘ dich vermisst“, flüsterte Peter gegen seine Lippen.

„Ich war nur ein paar Stunden weg.“ 

„Egal.“

Mit einer Handbewegung drehte Bob den Schreibtischstuhl, in dem Peter saß, um und setzte sich dann vorwärts auf seinen Schoß. Peter grinste und legte seine Arme um ihn. Bob strich mit seinen Händen durch die roten Haare und betrachtete das wunderschöne Gesicht, das nur eine Handbreit von seinem entfernt war. „Wie war dein Tag bisher?“

„Gut“, sagte Peter. „War joggen heute Morgen und dann in einer Vorlesung und jetzt habe ich ein bisschen an meinem Essay für nächste Woche gearbeitet. Und gepackt habe ich auch. Hast du schon alles fertig?“

„Eigentlich bin ich hierhergekommen, um dich das Gleiche zu fragen.“

Peter grinste. „Hat ja gut geklappt.“

Bob streckte ihm die Zunge heraus. „Mich hat halt jemand abgelenkt.“

„Wer könnte das nur gewesen sein?“

„Keine Ahnung, weiß ich auch nicht.“ Er lachte. „Naja, aber um deine Frage zu beantworten: Ich habe gestern schon alles fertiggepackt. Also meinetwegen können wir los.“

Peter nickte. „Meinetwegen auch.“

„Gut.“

„Allerdings müsstest du zuerst aufstehen, sonst komme ich nicht hoch“, merkte Peter an.

„Schwächling“, sagte Bob und grinste.

„Na warte“, erwiderte Peter. Dann griff er mit seinen Händen um Bobs Oberschenkel und hievte sich mitsamt Bob, der wie ein Klammeräffchen an ihm hängen blieb, umständlich in den Stand.

Bob lachte. „Okay, ich nehme alles zurück.“ Mit seinen Beinen hielt er sich um Peters Oberkörper geschlungen fest und verschränkte seine Arme hinter dessen Kopf.

Peter grinste breit. „Sowas kann ich ja nicht auf mir sitzen lassen.“ 

Bob grinste zurück. „Nein, das kannst du nicht, stimmt. Das hätte ich wissen müssen.“ Er adjustierte seine Position so, dass er Peter wieder küssen konnte. Es war ein alberner Kuss. Sie mussten kichern und sie schnauften beide von der körperlichen Anstrengung, aber es war genau das, was Bob gerade brauchte.

Peter zu küssen war, wie plötzlich an eine Ladestation angeschlossen zu sein, ohne vorher gewusst zu haben, dass man eine brauchte. Plötzlich fühlte sich alles unverhofft leichter an. Unkomplizierter.

Es klopfte an der Tür. „Kollegen, seid ihr soweit?“

Bob und Peter zuckten zusammen und lachten. „Ich denke, wir wollen los.“

„Dafür müsstest du mich runterlassen“, kicherte Bob.

„Dafür müsstest du deinen Klammergriff lösen.“ Peter sah ihn herausfordernd an. „Ich kann dich natürlich auch so zum Auto tragen. Nur dann muss Justus unsere Taschen tragen.“

„Da würde er sich sicher freuen“, sagte Bob grinsend. Dann ließ er los und stellte seine Füße wieder auf dem Boden ab. Seine Hände ließ er hinter Peters Kopf verschränkt, um ihm noch einen letzten Kuss zu geben. „Das ersparen wir ihm heute mal, oder?“

Peter lachte. „Ausnahmsweise.“

 

 

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Bei Tony hatte sich nicht viel verändert. Das Haus sah noch immer gleich aus – es war ja auch nicht viel Zeit vergangen. Allerdings wirkte Tony anders. Sie wirkte entspannter und leichter. Kein Wunder. Dadurch, dass das Tigerauge und mittlerweile auch der Großteil von deren Handlangern und Drahtziehern inhaftiert waren, musste Tony sich signifikant weniger Sorgen machen. Und jetzt, wo ihr Besuch nicht mehr geschäftlicher Natur war, war die Stimmung eindeutig angenehmer. Es war zwar eigentlich Trevor gewesen, der darauf bestanden hatte, dass die drei Fragezeichen noch einmal unter besseren Umständen nach Boulder City kamen, aber letztlich hatte sich herausgestellt, dass Tony wohl auch einen gehörigen Anteil an dem Vorschlag gehabt hatte. Das wurde vor allem darin deutlich, wie aufwändig sie die vier Jungen bekochte.

„Wisst ihr, Jungs, als mir Rick das erste Mal von euch erzählt hat, habe ich ehrlich gedacht, ihr könntet eine riesige Gefahr für mich darstellen“, sagte sie schließlich, als sie beim Nachtisch angekommen waren. „Ich bin froh, dass ich falsch lag.“ Sie lächelte in die Runde und strich sich eine ihrer langen Braids aus dem Gesicht.

„Eine durchaus berechtigte Sorge“, pflichtete Justus ihr bei. „Du kanntest uns schließlich noch nicht und befandst dich in einer durchaus prekären Lage.“

„Hm“, machte Tony. „Ich denke, wenn man so lange auf der Hut ist, wie ich es war, gewöhnt man sich irgendwann an diesen Zustand. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich mich jemals nicht mehr würde verstecken müssen. Irgendwann hat man sowas einfach akzeptiert. Und dass mich am Ende die drei Mitbewohner meines Sohnes aus meinem selbstgebauten Zeugenschutzprogramm befreien, war wirklich das Letzte, das ich erwartet hatte.“ Sie lachte.

Trevor grinste. „Und ich hätte nicht erwartet, dass die drei Typen, mit denen ich zusammenwohne, so schnell meine besten Freunde werden. Vor allem, weil sie sich schon kannten und ich der einzige Fremde in diesem Zimmer war.“

„Naja, das hat vor allem auch damit zu tun, dass du einfach ein toller Mensch bist, mit dem man gern befreundet ist“, warf Bob ein. Eigentlich hätte er noch sagen können, dass es auch daran lag, dass er sich Justus angelacht hatte und Justus eben Peter und Bob im Gepäck hatte, aber vielleicht verschwieg er das lieber. Und so ganz stimmte es ja auch nicht. Sie waren schließlich alle mit Trevor befreundet. Nicht nur wegen Justus.

Trevor legte eine Hand aufs Herz und sah gerührt in die Runde. „Ihr seid so süß, Leute, ich hab euch lieb.“

„Da sind wir auf jeden Fall an talentierte Leute geraten“, sagte Tony lachend. „Sie können gute Freunde sein und gleichzeitig Schwerverbrecher hinter Gitter bringen.“

„Das sollten wir auf unsere Visitenkarte schreiben“, warf Peter ein. „Die drei Fragezeichen: Gute Freunde, die Schwerverbrecher hinter Gitter bringen.“

„Ist dein Onkel ein Schwerverbrecher? Wir finden es heraus – Die drei Fragezeichen“, sagte Trevor sarkastisch und gestikulierte dabei ein Schild in die Luft. Dann machte er große Augen und sah in die Runde. „Zu früh?“

Tony zog die Mundwinkel nach unten. „Kaum zu fassen, dass ich all die Jahre nicht verstanden habe, wie er wirklich drauf ist.“

„Bei Menschen, die einem nahestehen, ist so etwas mit Ermessen eine Herausforderung“, pflichtete Justus ihr nun wieder bei.

„Außerdem können manche Menschen so etwas gut verstecken“, fügte Trevor hinzu. „Schaut euch Ben an. So ein richtiger Sunnyboy und dann passiert sowas.“

„Bei Ben habe ich aber auch das Gefühl, dass er eigentlich das Herz am rechten Fleck hat“, murmelte Peter. „Ihm wurde halt von klein auf vom Tigerauge das Gehirn durchgespült.“

Tony zuckte mit den Schultern. „Das sagt Annalise auch. Ich weiß nicht, ob ich das glauben kann. Aber sie hat jetzt einen befreundeten Anwalt gefunden, der sich für ihn einsetzen wird – auch wenn das sicher noch ziemlich schwierig wird. Wenn er Glück hat, wird nur das Jugendstrafrecht angewendet. Und möglicherweise lässt sich auch eine Strafmilderung herausschlagen, weil er geholfen hat, so viele andere Straftaten aufzudecken.“

„Es ist halt leider nicht so ganz ohne, was er sich da selbst an Straftaten angehäuft hat“, sagte Peter. „Sein Basketballstipendium wird er wohl nicht behalten können – falls er überhaupt weiterstudieren darf.“

„Und seine Eltern haben natürlich auch nicht gut darauf reagiert, dass er der Polizei so viel erzählt hat“, erklärte Tony weiter. „Die werden ihn also bestimmt nicht unterstützen. Annalise hat schon angekündigt, dass sie ihn aufnimmt, wenn’s hart auf hart kommt.“

„Und das, nachdem er sie entführt hat? Das ist echt stark“, sagte Bob. „Sie muss wohl echt an ihn glauben.“

Tony kratzte sich nachdenklich am Kinn und ließ ihren Blick abschweifen. „Ich habe den Eindruck, Annalise hat sich immer ein bisschen in ihm wiedererkannt. Sie redet oft über ihn. Sie ist, genau wie er, in den Strukturen der Gruppe aufgewachsen. Da so auszubrechen ist hart.“

Bob fragte sich, wie sehr dieses Gefühl von Annalise auch damit zusammenhing, dass sie beide queer waren. Als queerer Mensch in solchen Strukturen aufzuwachsen hatte sicherlich nochmal andere Implikationen als bei allen anderen. Vielleicht sah sie sich deshalb so sehr in Ben.

„Wie war es denn bei Rick und dir? Waren eure Eltern auch Teil der Gruppe?“, wollte Peter jetzt wissen.

Tony seufzte. „Wir wurden adoptiert, als wir noch jung waren. Rick war elf, ich war neun. Unsere Mutter war schon vor Jahren gestorben und unser Vater kam damals in Haft. Wir sind dann in einer Pflegefamilie gelandet, die Teil der Tigerauge-Gruppe war. Unsere Pflegeeltern, die uns dann später adoptiert haben, waren sehr gut mit Kaitlyn und Fred befreundet. Deren Haus war wie unser zweites Zuhause. Wir haben mit ihren Kindern gespielt, wir hatten unsere Riten und Feste dort… Die Situation mit unseren biologischen Eltern war nie besonders stabil gewesen. Und als wir dann in Calabasas ankamen, war es erstmal wie Himmel auf Erden. Dass Rick da nie rauswollte, kann ich gut verstehen. Aber für mich gab es einfach zu viel, mit dem ich nicht leben konnte. Je älter ich wurde, desto mehr habe ich gemerkt, was da eigentlich alles abging.“

Sie schwiegen kurz und ließen die Worte sacken.

„Und jetzt kann dieses blöde Versteckspiel endlich ein Ende haben.“ Sie lächelte wieder. „Ich kann euch gar nicht sagen, wie dankbar ich euch bin. Ich habe das Gefühl, ich kann endlich wieder atmen. Es hat zwar ein bisschen gedauert, aber so langsam kommt es in meinem Kopf an.“

Bob lächelte. Der ganze Stress hatte sich wirklich gelohnt. Sie hatten die Machenschaften der Tigerauge-Gruppe tatsächlich aufdecken können. Zwischendrin hatte es total ausweglos ausgesehen, aber letzten Endes hatten sie auch diesen Fall lösen können. Seltsam, wie das immer so funktionierte.

„Nun.“ Tony klatschte in die Hände. „Genug der Sentimentalitäten. Was habt ihr Schönes vor dieses Wochenende?“

„Ehm“, machte Bob, überrascht von dem schnellen Themenwechsel.

„Morgen schauen Bob und ich uns den Hoover Dam an“, kam ihm Peter zur Hilfe. „Und Justus kriegt eine persönliche Stadtführung von Trevor. Übermorgen wissen wir noch nicht.“

„Das klingt schön!“, sagte Tony.

Bob grinste und wechselte einen Blick mit Peter. Tatsächlich hätten sie beide auch Interesse an der persönlichen Stadtführung gehabt. Dass sie darauf verzichtet hatten, war auf Justus‘ Mist gewachsen, der sich für Trevor eine Überraschung überlegt hatte. Der wusste natürlich nichts davon und hatte sich über ihre Absage gewundert. Bob und Peter hatten dann schön scheinheilig betont, dass sie dringend ein Date zu zweit brauchten. Aber vielleicht brauchten sie das ja auch. Seit dem Pancake-Date, von dem Bob gar nicht gewusst hatte, dass es ein Date sein sollte, hatten sie nämlich tatsächlich noch kein richtiges Date gehabt. Also vielleicht wurde es jetzt wirklich mal Zeit.

 

 

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Der Damm war tatsächlich sehr beeindruckend. Es gab eine riesige Brücke über eine gigantische Kluft und eine massive Staumauer, die bilderbuchartig von Bergen und dem Stausee umrahmt wurden. Das Wetter spielte auch mit. Es war wunderschön sonnig, aber nicht zu heiß und es wehte ein leichter Wind. Sie liefen eine Weile umher, erkundeten das Umland und machten Fotos (größtenteils kitschige Pärchenselfies). Aber vor allem redeten sie einfach. Stundenlang. 

Es war zwar schon immer einfach gewesen, mit Peter zu reden – das wusste Bob – aber irgendwie hatte sich nochmal etwas verändert, seit sie zusammen waren. Es war irgendwie leichter geworden. Alles hatte eine neue Leichtigkeit für Bob bekommen. Den Trampelpfad neben dem See entlangzulaufen, mit Peter an der Hand. Zuzusehen, wie Peter versuchte, flache Steine über das Wasser flitschen zu lassen. Auf einem großen Stein zu sitzen und über die großen Dinge zu reden – wie sehr Peter Angst um ihn und Justus gehabt hatte, als sie entführt worden waren. Wie es für Bob gewesen war, als Peter von Ben im Wald niedergeschlagen worden war. Und auch darüber, wie Justus sich vor ein paar Tagen bei ihnen dafür entschuldigt hatte, dass er sich so waghalsig in den Fall gestürzt hatte. Er hatte Angst gehabt, dass Bob und Peter auf dem College mit den drei Fragezeichen aufhören wollen und dass das Tigerauge deshalb ihr letzter Fall sein könnte. Sie hatten Justus in den Arm genommen und ihm versichert, dass sie so schnell nicht aufhören würden. Das war doch klar – schließlich waren sie die drei Fragezeichen.

Die Art und Weise, wie er jetzt mit Peter reden konnte, fühlte sich für Bob an, wie ein Puzzlestück, das ihm die ganze Zeit gefehlt hatte. Verwundbar sein zu können. Die Tatsache, dass endlich alles auf dem Tisch war. Bob konnte es gar nicht so richtig greifen. Aber eins war sicher: Er war unfassbar verliebt.

 

Als sie am Ende des Tages in dem Diner ankamen, in dem sie sich mit Trevor und Justus verabredet hatten, waren die anderen beiden schon da. Es brauchte wirklich keinen Körpersprache-Experten, um zu sehen, dass sich zwischen ihnen etwas verändert hatte. Erstens saßen sie sehr viel näher aneinander als sonst. Und zweitens merkte man ihnen an, wie sie versuchten, sich das Grinsen zu unterdrücken.

„Ich nehme an, eure kleine Stadtführung war erfolgreich?“, sagte Peter grinsend, während er in die freie Bank rückte.

„Das würde ich ja wohl auch mal vermuten“, bestätigte Bob lachend und rückte neben ihn.

Trevor verdrehte die Augen. „Das habt ihr gut verheimlicht! Ich dachte schon, ihr hättet tatsächlich kein Interesse an meinen Tourguide-Qualitäten.“

„Nope“, rief Peter. „Wir wollten euch nur den Weg freimachen.“

Trevor sah ein wenig verlegen auf den Tisch. „Ihr seid süß, Leute.“

„Aber“, warf Peter ein, „dafür wollen wir jetzt auch Details wissen, bitte. Eine sehr Justus-artige Justus-Eigenschaft ist es nämlich, dass er immer alles für sich behält, damit er am Ende den größtmöglichen dramatischen Effekt erzielen kann. Und so wollte er uns natürlich partout nicht sagen, was er mit dir vorhat.“

„Und wir sind Detektive“, pflichtete Bob ihm bei. „Da ist Neugierde leider eine Berufskrankheit.“

„Ist ja gut, Kollegen“, sagte Justus lachend, „wir werden euch alles erzählen.“ Er wandte sich zu Trevor. „Möchtest du oder soll ich?“

Bob grinste. Justus, der freiwillig das Zepter aus der Hand gab. Spannend. Trevor brachte wohl ganz neue Seiten in ihrem Ersten heraus.

Trevor legte seine Hände flach auf den Tisch und zog die Augenbrauen hoch. „Also. Wir waren in der Stadt und ich habe Justus alles gezeigt. Und dann sind wir irgendwann in meinen Lieblingsbuchladen gegangen. Davon hatte ich Justus in LA schon ein paar Mal erzählt. Da gibt es eine dazugehörige Buchbinderei mit einer alten Dame, die kaputte Bücher mit neuen Covern einschlägt. Die sind alles Unikate und total schön. Ich habe schon ein paar von ihren Büchern gekauft.“

„Ein paar ist gut“, warf Justus ein, „du hast elf in unserem Zimmer und hier in deinem alten Kinderzimmer stehen auch nochmal 18.“ Bob grinste bei dem Gedanken, dass Justus die genaue Zahl wusste.

„Ja, möglicherweise bin ich süchtig“, erklärte Trevor und sah dabei an die Decke. „Egal, das ist es mir wert.“ Er nahm sich sein Getränk und nippte dramatisch an seinem Strohhalm. „Wer braucht Therapie, wenn man auch an Büchern riechen kann?“

Bob zog belustigt die Augenbrauen zusammen und lachte.

„Das ist ein Scherz, obviously, jeder sollte mal in Therapie gehen, das ist sehr gesund.“ Trevor sah bestimmt in die Runde. „Vor allem, wenn man schon etliche Male entführt wurde.“ Bei den Wörtern „etliche Male“ malte er Anführungszeichen mit seinen Fingern in die Luft.

„Tolle Idee“, sagte Peter sarkastisch, „besonders Bob hat damit großartige Erfahrung gemacht.“ 

Es war kurz still.

„Erkläre ich dir später“, sagte Justus und nahm Trevors Hand.

Ein bisschen unsicher sah Trevor in die Runde.

Bob lachte. „Wir haben nichts gegen Therapie. Nur gegen eine bestimmte Therapeutin, die wir nicht mögen. Ist egal, Trevor, erzähl einfach weiter.“

Trevor verschränkte seine Finger mit denen von Justus und erzählte weiter. Bob und Peter tauschten einen Blick aus.

„Auf jeden Fall hatte Justus bei der Frau ein Buch bestellt und ich hatte keine Ahnung davon. Eins meiner absoluten Lieblingsbücher.“

„Ich habe eine alte Ausgabe im Gebrauchtwarencenter gefunden, die echt abgenutzt war. Perfekt, um es mit einem neuen Cover auszustatten. Ich habe es ihr vor einigen Tagen per Post geschickt.“

„Und es hat eine persönliche Widmung.“ Trevor grinste.

„Justus, hast du etwa eine Liebesbotschaft in ein Buch geschrieben?“ Bob lachte. „Ich wusste gar nicht, dass du so ein Romantiker bist.“

Justus verdrehte die Augen. „Vielleicht kennt ihr mich einfach zu schlecht.“

„Na, und? Was steht drin?“, wollte Peter wissen.

„Das ist geheim!“, sagte Justus.

Peter fiel die Kinnlade nach unten. Trotzig verschränkte er die Arme vor der Brust.

„Naja“, sagte Bob mit amüsiertem Blick, „zumindest wissen wir, dass es gut genug war, um euren Beziehungsstatus zu verändern, oder?“ Er ließ seinen Blick wieder auf die verschränkten Hände der beiden auf dem Tisch wandern.

„Kollegen, das nenne ich Effizienz“, erklärte Justus und zuckte grinsend mit den Schultern.

Trevor verzog amüsiert das Gesicht. „Ich nenne es offene Kommunikation.“

„Ich nenne das: Ihr kennt euch nicht schon seit der Kindheit und musstet Angst haben, eine jahrelange Freundschaft mit euren Gefühlen zu zerstören“, sagte Peter.

„Ich nenne das: Signifikant weniger internalisierte Homophobie“, erklärte Bob. 

„Ist ja auch eigentlich egal, wie wir es nennen“, sagte Trevor mit einem Lächeln. „Ihr habt es geschafft, wir haben es geschafft, jetzt können wir wie eine kleine Kommune in unserem Wohnheimszimmer leben und unseren Pflanzen Namen geben.“

Peter lachte. „Solange wir uns keine Amulette umhängen und eine kleine Sekte daraus machen, bin ich dabei.“

„Ich würde mich in nächster Zeit von Amuletten jeglicher Art fernhalten“, sagte Bob und lachte mit.

Trevor verzog das Gesicht. „Die Dinger sind eh ein Fashion-Verbrechen, so etwas kommt mir nicht ins Haus.“

„Wenn das nur das einzige ihrer Verbrechen gewesen wäre“, sagte Justus und jetzt lachten sie alle vier.

Notes:

Sooo das wars :))))

Lasst mir gern etwas Liebe in den Kommentaren da, wenn euch die Geschichte gefallen hat, würde voll gern von euch hören!

Wir sehen uns bestimmt bald mit einer neuen Geschichte wieder ;)